„Lutz Rathenow“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [ungesichtete Version] |
Zeile 4: | Zeile 4: | ||
Nach dem Dienst als [[Befehlsnotstand#Anwendungsf.C3.A4lle:_Mauersch.C3.BCtzen| Mauerschütze]] bei den Grenztruppen der [[Nationale_Volksarmee|Nationalen Volksarmee]] [http://literaturkalender.faz.net/autorenportraits.php?autor=131] begann Rathenow an der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena|Universität Jena]] ein Studium als Lehrer für Deutsch und Geschichte. Dort leitete er den [[Opposition|oppositionellen]] Arbeitskreis Literatur und Lyrik Jena. Dieser wurde 1975 im Hintergrund von der Staatssicherheit ("OV Pegasus") [[Stasi_2.0|observiert]]. Nach der Ausbürgerung [[Wolf Biermann]]s 1976 wurde er am 21. November 1976 der Staatssicherheit zugeführt [http://www.mdr.de/Drucken/102985-hintergrund-3716013.html] und Anfang 1977, drei Monate vor dem Examen, wegen "Zweifeln an Grundpositionen, Objektivismus und Intellektualisieren der Probleme" exmatrikuliert. |
Nach dem Dienst als [[Befehlsnotstand#Anwendungsf.C3.A4lle:_Mauersch.C3.BCtzen| Mauerschütze]] bei den Grenztruppen der [[Nationale_Volksarmee|Nationalen Volksarmee]] [http://literaturkalender.faz.net/autorenportraits.php?autor=131] begann Rathenow an der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena|Universität Jena]] ein Studium als Lehrer für Deutsch und Geschichte. Dort leitete er den [[Opposition|oppositionellen]] Arbeitskreis Literatur und Lyrik Jena. Dieser wurde 1975 im Hintergrund von der Staatssicherheit ("OV Pegasus") [[Stasi_2.0|observiert]]. Nach der Ausbürgerung [[Wolf Biermann]]s 1976 wurde er am 21. November 1976 der Staatssicherheit zugeführt [http://www.mdr.de/Drucken/102985-hintergrund-3716013.html] und Anfang 1977, drei Monate vor dem Examen, wegen "Zweifeln an Grundpositionen, Objektivismus und Intellektualisieren der Probleme" exmatrikuliert. |
||
Danach arbeitete er als Beifahrer und Transportarbeiter beim [[Carl_Zeiss_%28Unternehmen%29#Carl_Zeiss_in_Jena|VEB Carl Zeiss Jena]]. Ende 1977 folgte er seiner Frau nach (Ost)-Berlin, wo er als |
Danach arbeitete er als Beifahrer und Transportarbeiter beim [[Carl_Zeiss_%28Unternehmen%29#Carl_Zeiss_in_Jena|VEB Carl Zeiss Jena]]. Ende 1977 folgte er seiner Frau nach (Ost)-Berlin, wo er tagsüber als Staatsdiener des DDR-Unrechtsstaates bei einem staatlichen Theater arbeitete und abends nach sorgfältigem Abdichten der Türen und Fenster als freier Schriftsteller lebte. |
||
Nach der Veröffentlichung seines Buches ''"Mit dem Schlimmsten wurde schon gerechnet"'' in der BRD 1980 wurde Rathenow erneut verhaftet und und diesmal erst 10 Tagen später aus der Haft entlassen. Er blieb in der DDR und publizierte weiterhin in Westdeutschland. Er war aktiv in der unabhängigen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, u.a. mit [[Bärbel Bohley]] und [[Gerd Poppe]] in der ''"[[Initiative Frieden und Menschenrechte]]"''. Er hielt engen, oft konspirativen Kontakt zu [[Jürgen Fuchs]] im Westteil der Stadt. Außerdem hielt er sich wie alle Aktivisten der unabhängigen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung der DDR strikt an die Konspirationsregeln. Nach diesen sollte möglichst niemand in der DDR von etwaigen oppositionellen Auffassungen dieser Bewegungen etwas mitbekommen. Damit hielt Rathenow sich auch an die Vorgaben, die das DDR-Strafrecht für die öffentliche Äußern von Meinungen zog. Dies machte es dem [[MfS]] schwer, ihn erneut zu verhaften. |
Nach der Veröffentlichung seines Buches ''"Mit dem Schlimmsten wurde schon gerechnet"'' in der BRD 1980 wurde Rathenow erneut verhaftet und und diesmal erst 10 Tagen später aus der Haft entlassen. Er blieb in der DDR und publizierte weiterhin in Westdeutschland. Er war aktiv in der unabhängigen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, u.a. mit [[Bärbel Bohley]] und [[Gerd Poppe]] in der ''"[[Initiative Frieden und Menschenrechte]]"''. Er hielt engen, oft konspirativen Kontakt zu [[Jürgen Fuchs]] im Westteil der Stadt. Außerdem hielt er sich wie alle Aktivisten der unabhängigen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung der DDR strikt an die Konspirationsregeln. Nach diesen sollte möglichst niemand in der DDR von etwaigen oppositionellen Auffassungen dieser Bewegungen etwas mitbekommen. Damit hielt Rathenow sich auch an die Vorgaben, die das DDR-Strafrecht für die öffentliche Äußern von Meinungen zog. Dies machte es dem [[MfS]] schwer, ihn erneut zu verhaften. |
||
Nach der friedlichen Revolution in der DDR wurde ihm im Januar 1992 zusammen mit der formellen [[Rehabilitierung]] von der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität nachträglich das Abschlussdiplom verliehen. |
Nach der friedlichen Revolution in der DDR wurde ihm im Januar 1992 zusammen mit der formellen [[Rehabilitierung]] von der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität nachträglich das Abschlussdiplom eines sozialistischen Pädagogen verliehen. |
||
Seit dem Ende der DDR |
Seit dem Ende der DDR äußert sich Lutz Rathenow auch nach Öffnen von Tür und Fenster zum Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR und zu all diesen Dingen, zu denen er sch in der DDR zu dürfen nie getraut hatte. Daneben arbeitet er als Rundfunkkolumnist, Kinderbuchautor, Essayist, auch zu literaturfernen Themen. Speziell die Friedrich-Naumann-Stiftung organisiert zahlreiche Lesungen mit Lutz Rathenow. Für die Stiftung arbeitet er u. a. als Redakteur der Zeitschrift "liberal". Meist halbjährlich organisiert er das Seminar "Schreiben, was im Kopf steckt". |
||
==Politisches Wirken== |
==Politisches Wirken== |
Version vom 18. Juli 2007, 17:53 Uhr
Lutz Rathenow (* 22. September 1952 in Jena) ist ein deutscher Lyriker und Prosaautor.
Leben
Nach dem Dienst als Mauerschütze bei den Grenztruppen der Nationalen Volksarmee [1] begann Rathenow an der Universität Jena ein Studium als Lehrer für Deutsch und Geschichte. Dort leitete er den oppositionellen Arbeitskreis Literatur und Lyrik Jena. Dieser wurde 1975 im Hintergrund von der Staatssicherheit ("OV Pegasus") observiert. Nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 wurde er am 21. November 1976 der Staatssicherheit zugeführt [2] und Anfang 1977, drei Monate vor dem Examen, wegen "Zweifeln an Grundpositionen, Objektivismus und Intellektualisieren der Probleme" exmatrikuliert.
Danach arbeitete er als Beifahrer und Transportarbeiter beim VEB Carl Zeiss Jena. Ende 1977 folgte er seiner Frau nach (Ost)-Berlin, wo er tagsüber als Staatsdiener des DDR-Unrechtsstaates bei einem staatlichen Theater arbeitete und abends nach sorgfältigem Abdichten der Türen und Fenster als freier Schriftsteller lebte.
Nach der Veröffentlichung seines Buches "Mit dem Schlimmsten wurde schon gerechnet" in der BRD 1980 wurde Rathenow erneut verhaftet und und diesmal erst 10 Tagen später aus der Haft entlassen. Er blieb in der DDR und publizierte weiterhin in Westdeutschland. Er war aktiv in der unabhängigen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, u.a. mit Bärbel Bohley und Gerd Poppe in der "Initiative Frieden und Menschenrechte". Er hielt engen, oft konspirativen Kontakt zu Jürgen Fuchs im Westteil der Stadt. Außerdem hielt er sich wie alle Aktivisten der unabhängigen Friedens- und Bürgerrechtsbewegung der DDR strikt an die Konspirationsregeln. Nach diesen sollte möglichst niemand in der DDR von etwaigen oppositionellen Auffassungen dieser Bewegungen etwas mitbekommen. Damit hielt Rathenow sich auch an die Vorgaben, die das DDR-Strafrecht für die öffentliche Äußern von Meinungen zog. Dies machte es dem MfS schwer, ihn erneut zu verhaften.
Nach der friedlichen Revolution in der DDR wurde ihm im Januar 1992 zusammen mit der formellen Rehabilitierung von der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität nachträglich das Abschlussdiplom eines sozialistischen Pädagogen verliehen.
Seit dem Ende der DDR äußert sich Lutz Rathenow auch nach Öffnen von Tür und Fenster zum Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR und zu all diesen Dingen, zu denen er sch in der DDR zu dürfen nie getraut hatte. Daneben arbeitet er als Rundfunkkolumnist, Kinderbuchautor, Essayist, auch zu literaturfernen Themen. Speziell die Friedrich-Naumann-Stiftung organisiert zahlreiche Lesungen mit Lutz Rathenow. Für die Stiftung arbeitet er u. a. als Redakteur der Zeitschrift "liberal". Meist halbjährlich organisiert er das Seminar "Schreiben, was im Kopf steckt".
Politisches Wirken
In der Diskussion um die Zahlung von Opferrenten für ehemalge politische Gefangene der DDR kritisierte Rathenow scharf die vorgesehen Regelung von Mindesthaftzeiten. Das Gesetz sieht eine solche Rente nur für Personen vor, die in der DDR aus Gründen politischer Verfolgung mindestens 6 Monate in Haft waren. Hier forderte Rathenow, eine solche Rente auch an Personen zu zahlen, die z.B. 10 Tage oder gar nicht in Haft waren [3].
Familie
Lutz Rathenow ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Werke
- "Zangengeburt. Gedichte" 1982 ISBN 3-492-02805-5
- "Mit dem Schlimmsten wurde schon gerechnet. Prosa." Frankfurt am Main: Berlin, Wien: Ullstein, 1980, 199 S., ISBN 3-550-06453-5
- "Boden 411. Stücke zum Lesen und Texte zum Spielen." Piper 1984 ISBN 3-492-02891-8
- "Jeder verschwindet so gut er kann", 1984 ISBN 3-922510-21-3
- "Ostberlin, die andere Seite einer Stadt in Texten und Bildern." von Lutz Rathenow, Harald Hauswald, Piper 1986 ISBN 3-492-02983-3
- "Der Tiger im Hochhaus" von Lutz Rathenow, Rüdiger A Westphal, 1986 ISBN 3-924695-16-4
- "Floh Dickbauch – Grobidon" 1988 ISBN 3-925944-71-0
- "Zärtlich kreist die Faust. Gedichte", 1989 ISBN 3-921365-95-3
- "Sterne Jonglieren" Ravensburger Buchverlag 1990 ISBN 3-473-51722-4
- "Eine Ameise spaziert" 1990 ISBN 3-742-10333-4
- "Tag der Wunder" von Lutz Rathenow, Frank Ruprecht, Nord-Süd-Verlag 1992 ISBN 3-314-00576-8
- "Verirrte Sterne oder Wenn alles wieder mal ganz anders kommt." Merlin, Vastorf/Lüneburg 1994 ISBN 3-926112-42-5
- "Sisyphos" Berlin Verlag 1995 ISBN 3-8270-0135-8
- "Wende gut, alles gut?" von Wolfgang Korall, Lutz Rathenow, Kindler 1995 ISBN 3-463-40264-5
- "Die lautere Bosheit" Maulwurf Verlagsges. 1997 ISBN 3-929007-11-8
- "Jahrhundert der Blicke" Landpresse Verlag 1997 ISBN 3-930137-56-9
- "Der Wettlauf mit dem Licht" Landpresse Verlag 1999 ISBN 3-930137-82-8
- "Sterben will gelernt sein" Landpresse Verlag 2000 ISBN 3-930137-94-1
- "Der Himmel ist heut blau" von Lutz Rathenow, Egbert Herfurth, Kinderbuchverlag Berlin 2000 ISBN 3-358-02222-6
- "Das RR Projekt. Texte Töne Trash. Heinz Ratz singt liest spielt Lutz Rathenow", CD - Hörzeichen, 2002 ISBN 3-934492-15-0
- "Die Fünfzig. Gedichte" Verlag Landpresse 2002 ISBN 3-935221-10-X
- "Frau K. läuft Amok mit Herrn Grell und dem Wolf", auf 2 Klopapierrollen von Rainer Würth, Lutz Rathenow Der Klo Verlag 2002 ISBN 3-936664-04-8
- "Die Zeit danach", Hohenheim Verlag 2003 ISBN 3-89850-071-3
- "Fortsetzung folgt" Landpresse 2004 ISBN 3-935221-28-2
- "Es war einmal ein Wolf – Rathenow: skurril, reizvoll, anders" Burgverlag zu Weißensee in Thüringen ISBN 3-931303-09-8
- Vom DDR-Grenzsoldaten zum Bürgerrechtler" Edition Temmen ISBN 3-86108-023-0
- "Oder was schwimmt da im Auge" ISBN 3-930137-03-8
- "Vom DDR-Bürger zum EU-Bürger – Spezifische Integrationsschübe und Integrationshemmnisse aus der Sicht eines ostdeutschen Schriftstellers" Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ISBN 3-933307-65-1
- "Ein Eisbär aus Apolda" von Lutz Rathenow, Egbert Herfurth, Leiv Buchhandels- und Verlagsanstalt 1. Auflage März 2006 ISBN 3-896032-57-7
- "Gewendet. Vor und nach dem Mauerfall: Fotos und Texte aus dem Osten", von Harald Hauswald, Lutz Rathenow, Jaron-Verlag 1. Auflage März 2006 ISBN 3-897735-32-6
Auszeichnungen
- Jörg-Mauthe-Preis für Prosa 1989
- Förderpreis zum Marburger Literaturpreis 1990
- Konrad-Adenauer-Preis für Literatur der Deutschlandstiftung München 1996
- Karl-Hermann-Flach-Preis 1998.
- Dulzinea-Lyrikpreis 2006.
Weblinks
- Vorlage:PND
- Lutz Rathenow im Poetenladen
- Lutz Rathenow bei der Einweihung des DDR-Museums (aktuelles Bild des Autors)
Personendaten | |
---|---|
NAME | Rathenow, Lutz |
KURZBESCHREIBUNG | Lyriker und Prosaautor |
GEBURTSDATUM | 22. September 1952 |
GEBURTSORT | Jena |