„Keramik der Philister“ – Versionsunterschied

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Die '''Keramik der [[Philister]]''' gehört zu den charakteristischsten Merkmalen ihrer materiellen [[Kultur]]. Sie spielt auch in der [[Archäologie]] des historischen [[Palästina (Region)|Palästina]] eine wichtige Rolle, da sie hilfreich für die Datierung archäologischer Stätten ist und für ihre Zuordnung zu den unterschiedlichen Volksgruppen Palästinas. Die philistäische Keramik lässt sich grob untergliedern in Gebrauchskeramik und [[Kult|kultische]] Keramik.
{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem biblischen Volk der Philister. Weitere Bedeutungen siehe [[Philister (Begriffsklärung)]].}}


== Gebrauchskeramik ==
{{Infobox Hieroglyphen
|NAME = <hiero>Q3:Z7-D21:Z1-Aa18:Z1-U33-A1*B1:Z2</hiero>
|NAME-TRANSKRIPTION = ''Prst / Pw-r-s-t''
|NAME-ERKLÄRUNG = ''Peleset / Pelischti / Philister''<ref>{{Literatur |Autor=[[Rainer Hannig]] |Titel=Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch (2800–950 v.&nbsp;Chr.) |Auflage=4., überarbeitete |Verlag=von Zabern |Ort=Mainz |Datum=2006 |ISBN=3-8053-1771-9 |Seiten=304–305}}</ref>
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|NAME2-TRANSKRIPTION = ''Prwsṯ / Pw-r-s3-ṯ''<ref>{{Literatur |Autor=[[Frederik Christiaan Woudhuizen]] |Titel=The Ethnicity of the Sea Peoples |Verlag=Erasmus Universiteit |Ort=Rotterdam |Datum=2006 |Kapitel=A Historiographic Outline |Seiten=36 |Online=[https://www.yumpu.com/en/document/view/15569339/the-ethnicity-of-the-sea-peoples-repub-erasmus-universiteit-/36 Digitalisat] |Abruf=2016-04-13}}</ref>
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|BILD1 = Philister pentapolis.gif
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}}


Als „'''Philister'''“ (auch '''Pelischti'''; {{heS|פְּלִשְׁתִּים&lrm;|'''pəlištīm'''}}; [[Neuägyptische Sprache|neuägyptisch]] '''Peleset''') bezeichnet man heute häufig ein [[Volk]] oder mehrere Volksgruppen, die ab dem 12.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. die südliche Küste des [[Palästina (Region)|historischen Palästina]] bewohnten.

== Die alten Philister ==

=== Traditionelles Paradigma ===
[[Datei:Bas relief de prisonniers philistins sur la facade sud du deuxième pylône (2).JPG|mini|Relief: Gefangene Philister]]

Bevor sich auch in der Erforschung Palästinas die moderne Archäologie durchgesetzt hatte, waren „Philister“ vor allem bekannt aus der [[Bibel]] und ägyptischen Schriftquellen: In der Bibel werden sie dargestellt als eine homogene Ethnie (v.&nbsp;a. {{B|Gen|10|14}}), die vor allem in den fünf Stadtstaaten [[Aschdod]], [[Aschkelon]], [[Ekron]], [[Gat (Bibel)|Gat]] (vgl. [[Tell es-Safi]]) und [[Gaza (Stadt)#Geschichte|Gaza]] lebten ({{B|Jos|13|3}}; {{B|1 Sam|6|17}}). In der [[Abraham]]s-Erzählung tritt außerdem ein philistäischer König von [[Gerar]] auf, zu dessen Gebiet noch [[Be’er Scheva]] gehört haben soll ({{B|Gen|20}}), und in der [[Simson]]-Erzählung wird prominent von der Philister-Stadt [[Timna (Tel Batasch)|Timna]] erzählt.

Nach Abraham gelten sie überwiegend als die Erzfeinde der Israeliten schlechthin: Schon beim [[Auszug aus Ägypten]] können die Israeliten nicht vom Süden her nach Palästina einwandern, weil sie sonst gegen die Philister kämpfen müssten ({{B|Ex|13|17}}). Der letzte [[Buch der Richter#Die Richter|Richter]], Simson, vernichtet Philister zu Hunderten ({{B|Ri|16|30}}). Israels erster König [[Saul]] (spätes 11.&nbsp;Jhd.) führt seine ganze Regierungszeit hindurch bis hinauf zum Berg [[Gilboa]] ({{B|1 Sam|31|1}}) Krieg gegen sie ({{B|1 Sam|14|52}}), um am Ende im Kampf gegen die Philister zu sterben ({{B|1 Sam|31}}). Der Aufstieg seines Nachfolgers, König [[David]] (frühes 10.&nbsp;Jhd.), nimmt bereits seinen Anfang mit dem sagenhaften Kampf gegen den Riesen [[Goliat]] ({{B|1 Sam|17|48–51}}), und wo allein Saul tausend Philister erschlagen hat, soll David gleich zehntausend getötet haben ({{B|1 Sam|18|6–7}}). Sein Sohn [[Salomo]] (Mitte 10.&nbsp;Jhd.) beherrscht dann ganz Israel inklusive dem Land der Philister ({{B|1 Kön|5|1}}). Etwas später vernichtet noch einmal König [[Asarja]] (Mitte 8.&nbsp;Jhd.) die Städte [[Aschdod]], [[Gat (Bibel)|Gat]] und [[Javne (Stadt)|Javne]] ({{B|2 Chr|26|6}}) und baut judäische Siedlungen auf ihrem Gebiet, und auch sein Urenkel [[Hiskija]] (spätes 8.&nbsp;Jhd.) schlägt die Philister ein letztes Mal vernichtend bis hinunter nach Gaza. Danach verschwinden sie überwiegend aus der biblischen Geschichte; nur in {{B|Neh|4|7}} ist noch einmal von feindseligen „Aschdodidern“ Mitte des 5.&nbsp;Jhds. die Rede.<br />Trotz vieler offensichtlich legendarischer Züge dieser Erzählungen wurde diese biblische Geschichte lange Zeit grosso modo als historisch zutreffend aufgefasst; selbst noch [[Carl S. Ehrlich]] liest in seinem Geschichtswerk über die Philister von 1996 die biblischen Geschichten als Tatsachenberichte.<ref>Carl S. Ehrlich (1996): [https://www.academia.edu/28030084/Carl_S_Ehrlich_The_Philistines_in_Transition_A_History_from_ca_1000_730_BCE_Studies_in_the_History_and_Culture_of_the_Ancient_Near_East_SHCANE_10_Leiden_New_York_K%C3%B6ln_E_J_Brill_1996_ ''The Philistines in Transition.''] Brill, Leiden / New York / Köln 1996, ISBN 90-04-10426-7.</ref>

Aus {{B|Am|9|7}} wurde außerdem oft der Herkunftsort der Philister abgeleitet. Dort spricht Gott: „Habe ich Israel nicht heraufgeführt aus dem Land Ägypten und ebenso die Philister aus [[Kaphtor|Kaftor]] und Aram aus [[Kir (Land)|Kir]]?“ (ähnlich {{B|Jer|47|4}}). Dieses „Kaftor“ wird für gewöhnlich mit dem ägyptischen ''[[Keftiu]]'' gleichgesetzt und als „[[Kreta]]“ gedeutet.<br />Diese angeblich kretische Herkunft der Philister hat man noch verschiedentlich zu stützen versucht. [[Eduard Meyer]] etwa verwies auf den [[Diskos von Phaistos]], wo er in einem der Schriftzeichen einen ähnlichen Kopfschmuck sehen wollte, wie ihn die „Philister“ auf einem Relief von [[Medinet Habu]] trugen.<ref>Eduard Meyer: ''Der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta.'' Sitzungsberichte der königlichen preußischen Akademie der Wissenschaften, 1909, S. 1022–1029.</ref> Ähnlich versuchte [[William Foxwell Albright|William F. Albright]], die Philister wegen des ähnlichen Namens mit den „[[Pelasger]]n“ zu identifizieren, die laut [[Homer]] auch auf Kreta gelebt hatten.<ref>William F. Albright: ''The Archaeology of Palestine.'' Penguin Books, Baltimore / Maryland 1960, S. 184 f.</ref>

Die Lücke zwischen Herkunft von Kreta und Ansiedlung in Palästina schließlich füllte man lange mit einem ägyptischen Bericht im [[Papyrus Harris I]], indem man annahm, dass Pharao [[Ramses III.]] (1187-1156 v.&nbsp;Chr.) darin von sich selbst berichtet hätte, er habe die auch in Ägypten einfallenden Philister heldenhaft besiegt und dann als seine Untertanen in den ägyptischen Festungen Palästinas angesiedelt.

Dieses traditionelle Paradigma gilt heute als überholt. So ist Am 9,7 nach der klassischen Deutung gewiss missverstanden: Ägypten und Kir sind in der Bibel nicht Herkunftsorte, sondern Exilsorte von Israeliten und Aramäern (zu Kir s. {{B|Am|1|5}}), was man dann entsprechend auch für Kreta annehmen müsste. Auch in {{B|Zef|2|5}} und wahrscheinlich {{B|Ez|25|16}} werden die Philister zwar als ''Kretim'' bezeichnet; gleichzeitig werden sie aber mit der häufigen biblischen Phrase „Kreti und Pleti“ gerade von den Kretern unterschieden,<ref>Christina Duncker (2019): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/24096/ ''Kreter und Pleter.''] In: ''WiBiLex.'' abgerufen am 18. Januar 2024.</ref> wie ähnlich auch {{B|Gen|10|14}} die Philister von den „Kaftoritern“ unterscheidet. Auch ist im Papyrus Harris von einer Ansiedlung der Philister in Palästina gar nicht die Rede – sondern von einer Ansiedlung in Ägypten.<ref>Dan'el Kahn (2011): [https://www.academia.edu/1056837/The_Campaign_of_Ramesses_III_against_Philistia ''The Campaign of Ramesses III against Philistia.''] In: ''Journal of Ancient Egyptian Interconnections.'' Band 3, Nr. 4, 2011, S. 1–11, hier 2.</ref><ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268.</ref><br />Vor allem aber ist seit dem Aufkommen der [[Biblische Exegese|kritischen Bibelwissenschaft]] klar, dass die sagen-haften biblischen Erzählungen mindestens übertrieben sind. So zeigen beispielsweise die assyrischen Inschriften der Könige [[Šarru-kīn II.]] und [[Sîn-aḫḫe-eriba]], dass Ende des 8.&nbsp;Jhds. Aschdod, Aschkelon, Ekron und Gaza sehr wohl noch eigenständig agierende Königsstädte waren und dass auch Gat nicht zerstört war (s.&nbsp;u.). Auch die Texte der biblischen [[Prophetie im Tanach|Propheten]] zeichnen ein anderes Bild als die geschichtlichen Bücher: Amos und Jesaja, die laut biblischer Darstellung Mitte des 8.&nbsp;Jhds. wirkten, blicken auf umfassende und erfolgreiche Kriegshandlungen der Philister gegen die Judäer zurück ({{B|Jes|9|11}}; {{B|Am|1|6–8}}). Zu Jesajas Zeit und wohl auch später zur Zeit Obadjas soll zu ihrem Gebiet die [[Schefela]] gehört und so bis zum Rand des judäischen Berglands gereicht haben ({{B|Jes|11|14}}; {{B|Obd|19||ELB}}<ref>Zum Hintergrund der Elberfelder Übersetzung von Ob 19 vgl. z.&nbsp;B. Bert Dicou: ''Edom, Israel's Brother and Antagonist. The Role of Edom in Biblical Prophecy and Story.'' Sheffield Academic Press, Sheffield 1994, S. 23 f.</ref>). Auch andere späte Propheten verheißen eine erst noch ausstehenden Niederlage der Philisterstädte ({{B|Ez|25|16}}: 6.&nbsp;Jhd.; {{B|Zef|2|4–7}}: 6.&nbsp;Jhd.; {{B|Sach|9|5–7}}: nach Mehrheitsmeinung 5.&nbsp;Jhd.).

Erklärt wird diese Diskrepanz der historischen Bücher der Bibel und aller anderen biblischen und außerbiblischen Schriftzeugnisse heute oft damit, dass die Darstellung der Philister in der Bibel als „archetypische Erzfeinde“ Israels<ref>Robert P. Gordon: ''Who Made the Kingmaker? Reflections on Samuel and the Institution of the Monarchy.'' In: Alan R. Millard u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Faith, Tradition, and History: Old Testament Historiography in Its Near Eastern Context.'' Eisenbrauns, Winona Lake 1994, S. 255–269, hier 258.</ref><ref>Niels P. Lemche: ''Using the Concept of Ethnicity in Defining Philistine Identity in the Iron Age.'' In: ''Scandinavian Journal of the Old Testament.'' Band 26, Nr. 1, 2012, S. 12–29, hier 27.</ref> mindestens auch ein „literarisches Stilmittel“<ref>Ido Koch (2020): [https://www.researchgate.net/publication/362225275_Koch_I_2020_On_Philistines_and_Early_Israelite_Kings_Memories_and_Perceptions ''On Philistines and Early Israelite Kings: Memories and Perceptions.''] In: Joachim J. Krause u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Saul, Benjamin, and the Emergence of Monarchy in Israel. Biblical and Archaeological Perspectives.'' SBL Press, Atlanta 2020, S. 7–31, hier 7.</ref> ist und als solches diverse literarische Funktionen hat – insbesondere die, das Königtum Davids zu legitimieren<ref>Z.B. Jonathon E. Wylie (2018): [https://www.proquest.com/docview/2064606554 ''„He Shall Deliver My People from the Hand of the Philistines“. The Theological and Political Uses of the Philistines in the Book of Samuel.''] Dissertation, S.&nbsp;480.</ref> und als „Sündenböcke“<ref>John McDonagh (2004): [https://www.dspace.mic.ul.ie/bitstream/handle/10395/1765/Mc%20Donagh%2C%20J.%20%282004%29%20The%20Philistines%20as%20Scapegoats%3A%20Narratives%20and%20Myths%20in%20%20the%20Invention%20of%20Ancient%20Israel%20and%20Modern%20Critical%20Theory%28Journal%20Article%29?sequence=2&isAllowed=y ''The Philistines as Scapegoats: Narratives and Myths in the Invention of Ancient Israel and in Modern Critical Theory.''] In: ''Holy Land Studies.'' Band 3, Nr. 1, 2004, S. 93–111.</ref> in der Geschichte Israels zu dienen. In der neueren Bibelwissenschaft und Geschichtsschreibung verlässt man sich daher heute bei der Rekonstruktion der Geschichte der Philister zunehmend nicht mehr auf die Darstellung der Bibel, sondern auf Erkenntnisse der Archäologie und zeitgenössische Inschriften der umliegenden Nationen.

=== Herkunft ===
[[Datei:AlterOrient2.png|mini|hochkant=1.5|Mykenischer Kulturkreis, hethitisches Großreich und ägyptisches Großreich um 1230/20 v. Chr.]]

Klar ist dank ägyptischer Inschriften, dass die Philister eines von mehreren [[Seevölker]]n waren. Ihre genaue Herkunft jedoch ist wie bei den meisten Seevölkern sehr strittig. Heute beschränkt man sich daher meist darauf, sie wegen deutlicher keramischer Parallelen sehr grob in den ägäischen/mykenischen Kulturkreis zu verorten.<ref>Aren M. Maeir (2022): [https://muse.jhu.edu/article/874210/pdf?casa_token=2ljt2_gS0dQAAAAA:FdnGl942Pciqaj_KV0b12bk-ygbN6Tz1AKBqVwSLwu_nWy8lWkDUDa5rYV_d7rM9XZxmAd1XXQ ''You've Come a Long Way, Baby! Changing Perspectives on the Philistines.''] In: ''Journal of eastern mediterranean archaeology and heritage studies.'' (JEMAHS) Band 10, Nr. 3–4, 2022, S. 216–239, hier 216 f.</ref> Einigkeit besteht heute außerdem darin, dass die Einteilung der Küstenbewohner Palästinas in „Philister“ vs. die an der nördlichen Küste Palästinas siedelnden „[[Phönizier]]“ als zwei unterschiedliche und in sich homogene Ethnien eine künstliche ist, da beide sich vielmehr aus diversen Gruppen von Seehändlern, Piraten und Übersee-Migranten aus unterschiedlichen Regionen zusammensetzten,<ref>Tristan Barako (2000): [https://www.academia.edu/12405349/The_Philistine_Settlement_as_Mercantile_Phenomenon ''The Philistine Settlement as Mercantile Phenomenon?''] In: ''American Journal of Archaeology.'' (AJA). Band 104, S. 513–530.</ref><ref>Louise A. Hitchcock, [[Aren Maeir|Aren M. Maeir]] (2016): ''A Pirate’s Life for Me: The Maritime Culture of the Sea People.'' In: ''Palestine Exploration Quarterly.'' (PEQ). Band 148, Nr. 4, 2016, S. 245–264, hier S. 255, 259 ([[doi:10.1080/00310328.2016.1250358]]).</ref><ref>Aren M. Maeir: ''[https://www.academia.edu/38240503/Maeir_Philistines_in_Iron_I_In_Yasur_Landau_et_al_The_Social_Archaeology_of_the_Levant_2019_CUP_pdf Iron Age I Philistines: Entangled Identities in a Transformative Period.]'' In: A. Yasur-Landau, E. Cline, Y. Rowan (Hrsg.): ''The Social Archaeology of the Levant: From Prehistory to the Present.'' Cambridge University Press, Cambridge 2018, [[doi:10.1017/9781316661468.018]], S. 310–323.</ref><ref>[[Ernst Axel Knauf]], [[Hermann Michael Niemann]]: [https://www.academia.edu/84217150/Geschichte_Israels_und_Judas_im_Altertum ''Geschichte Israels und Judas im Altertum.''] De Gruyter, Berlin/ Boston 2021, ISBN 978-3-11-014543-4, S. 94.</ref> unter denen die Philister wohl erst im Laufe der Zeit zu einem „Volk“ zusammengewachsen sind.

Gelegentlich versucht man in der Forschung nun stattdessen, das Küstengebiet sauber auf einzelne der bekannten Seevölker aufzuteilen. In der Regel orientiert man sich dabei vor allem am [[Onomastikon des Amenope]], in dem in einer Namensliste als einzelne Namen auch „(…) Aschkelon, Aschdod, Gaza (…) Scherden, Tjeker, Philister (…)“ aufgelistet werden, am [[Reisebericht des Wenamun]], in dem [[Dor (Stadt)|Dor]] als Tjeker-Stadt erscheint, und am ähnlichen Namen des Seevolks der [[Dananu]] und des biblischen Stammes [[Dan (Bibel)|Dan]], der laut {{B|Jos|19|40–46}} ursprünglich u.&nbsp;a. in der Philisterstadt Ekron leben sollte. Peckham zum Beispiel glaubt hiernach, von Süd nach Nord hätten bis hinauf nach Aschdod und Gat die Peleset (=die Philister)<ref>[[Heike Sternberg-el Hotabi]]: ''Der Kampf der Seevölker gegen Pharao Ramses III.'' (= ''Archäologie, Inschriften und Denkmäler Altägyptens.'' Band 2). Leidorf, Rahden 2012, ISBN 978-3-86757-532-4, S. 50 f.</ref> gelebt, bis nach Ekron und Timna die Dananu, bis nach Dor die [[Tjeker]] und bis nach Akko die [[Scherden]].<ref>J. Brian Peckham: ''Phoenicia. Episodes and Anecdotes from the Ancient Mediterranean.'' Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2014, ISBN 978-1-57506-181-8, S. 47.</ref> Archäologisch gut auseinanderhalten lassen sich Philister vs. Dananu und Tjeker vs. Scherden (vs. Phönizier) aber nicht.<ref>Ayelet Gilboa (2007): [https://www.academia.edu/2393668/Fragmenting_the_Sea_People_With_an_Emphasis_on_Cyprus_Syria_and_Egypt_A_Tel_Dor_Perspective ''Fragmenting the Sea People. With an Emphasis on Cyprus, Syria and Egypt: A Tel Dor Perspective.''] In: ''Scripta Mediterranea.'' XXVII–XXVIII, 2007, S. 209–244, hier 210&nbsp;f.</ref><ref>Jeffrey P. Emanuel (2012): [https://www.academia.edu/1716293/%C5%A0rdn_of_the_Strongholds_%C5%A0rdn_of_the_Sea_The_Sherden_in_Egyptian_Society_Reassessed_63rd_Annual_Meeting_of_the_American_Research_Center_in_Egypt_Providence_2012. ''‘Šrdn of the Strongholds, Šrdn of the Sea‘. The Sherden in Egyptian Society, Reassessed.''] Vortrag; abgerufen am 19. Januar 2024.</ref>

Auf eine neue Spur zur Herkunft der Philister führten 2016 Ausgrabungen in [[Ashkelon|Aschkelon]], bei denen ein Friedhof mit mutmaßlich philistäischen Skeletten gefunden wurde, von denen zehn eine [[aDNA]]-Analyse zuließen. Dabei zeigte sich, dass die Philister ab der Eisenzeit II (ab ~10. Jhd.) genetisch von den anderen Völkern der Levante nicht zu unterscheiden waren. Bei den Proben der älteren Skelette aus Eisenzeit I (ab ~12. Jahrhundert) dagegen fanden sich genetische Signale, die auch von anderen Völkern am Mittelmeer bekannt sind – die meisten Übereinstimmungen gab es mit den [[Kreta|Kretern]] der griechischen Welt, sowie den alten [[Iberer]]n und den modernen [[Sarden]].<ref>Laura Geggel: [https://www.livescience.com/65867-philistines-ancient-dna-europe.html ''Philistines, Biblical Enemies of the Israelites, Were European, DNA Reveals.''] Auf: ''livescience.com'' vom 3. Juli 2019; zuletzt abgerufen am 23. Februar 2023.</ref> Eine genauere Eingrenzung ist noch nicht möglich. Das [[Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte]] in Jena kam damit 2019 zu dem Schluss, dass die DNA-Analyse zumindest die Theorie stützt, dass die Philister im 12. Jahrhundert vor Christus als europäische Einwanderer über das Mittelmeer in den Süden kamen.<ref>{{Internetquelle |url=https://advances.sciencemag.org/content/5/7/eaax0061 |titel=Ancient DNA sheds light on the genetic origins of early Iron Age Philistines (Originalstudie) |datum=2019-07-08 |sprache=en |abruf=2019-07-08}} {{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/news/philister-kamen-lebten-sich-ein-und-verschwanden/1657574 |titel=Philister kamen, lebten sich ein und verschwanden |hrsg=Spektrum der Wissenschaft |datum=2019-07-08 |sprache=de |abruf=2019-07-08}} {{Internetquelle |url=https://www.israelnetz.com/gesellschaft-kultur/wissenschaft/2019/07/05/die-philister-kamen-aus-europa/ |titel=Die Philister kamen aus Europa |werk=[[Israelnetz]].de |datum=2019-07-05 |abruf=2019-07-22}}</ref>

=== Gebiet ===
Wer genau die Philister ursprünglich waren, ist also nicht sehr klar. Nachdem auch die Bibel als historische Quelle zunehmend kritisch gesehen wurde, war auch das ursprüngliche Gebiet der Philister unsicher geworden. Archäologische Ausgrabungen zeigten aber, dass sich in den Orten Aschdod, Aschkelon, Gat und Ekron, die in Schriftquellen wie der Bibel und Inschriften konstant als „philistäisch“ dargestellt werden, einige Gemeinsamkeiten feststellen ließen, die in anderen Regionen Palästinas nicht festzustellen waren. Insbesondere gehören dazu eine andere Keramik, aber auch ein anderer Baustil von Wohnhäusern und Tempeln, andere religiöse Artefakte, ortsweise außerdem ein anderer Totenkult, eine andere Ernährungsweise mit Schweinefleisch<ref>Vgl. z.&nbsp;B. Philippe Guillaume (2018): [https://www.researchgate.net/publication/331666379_Debunking_the_Latest_Scenario_on_the_Rise_of_the_Pork_Taboo ''Debunking the Latest Scenario on the Rise of the Pork Taboo.''] In: ''Études et Travaux.'' Band XXXI, 2018, S. 145–166, hier 148.</ref> und neu importierter pflanzlicher Nahrung,<ref>Z.&nbsp;B. Suembikya Frumin (2015): [https://www.nature.com/articles/srep13308 ''Studying Ancient Anthropogenic Impacts on Current Floral Biodiversity in the Southern Levant as reflected by the Philistine Migration.''] In: ''Scientific Reports.'' Nr. 5, 2015.</ref> und schließlich ein besonderer Umgang mit Hunden (zu den meisten dieser Charakteristika s. jeweils unten). Orte, bei denen sich zu bestimmten Zeiten mehrere dieser Charakteristika feststellen lassen, betrachtet man daher als zu dieser Zeit philistäisch.

Man ist sich darum heute auch darin einig, dass die Seevölker über weit größere Gebiete herrschten und im alten Palästina weit mächtiger waren, als die Bibel es darstellt. Auf der ersten Karte unten sind in schwarz die Orte markiert, von denen man heute sehr einheitlich annimmt, dass sie mindestens im 11. bis 10. Jahrhundert „philistäisch“ waren (zu den orange markierten Orten s. im nächsten Abschnitt). Auf der zweiten Karte zu sehen ist die Gegend um das [[Jesreelebene|Jesreel]]-Tal weiter nördlich: Eine wachsende Gruppe von Forschern<ref>Avner Raban: ''The Philistines in the Western Jezreel Valley.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). Band 284, 1991, S. 17–27.</ref><ref>Itamar Singer: ''Egyptians, Canaanites, and Philistines in the Period of the Emergence of Israel.'' In: Israel Finkelstein, Nadav Na'aman (Hrsg.): ''From Nomadism to Monarchy. Archaeological and Historical Aspects of Early Israel.'' Yad Izhak ben-Zvi, Jerusalem 1994, S. 318 f.</ref><ref>Ephraim Stern: ''The Material Culture of the Northern Sea Peoples in Israel.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2013, ISBN 978-1-57506-946-3, S. 20–25.</ref><ref>Peter M. Fischer, Teresa Bürge: ''Cultural Influences of the Sea Peoples in Transjordan. The Early Iron Age at Tell Abū Ḫaraz.'' In: ''Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins.'' (ZDPV). Band 129, Nr. 2, 2013, S. 132–170.</ref><ref>Robert D. Miller: ''The Judges and the Early Iron Age.'' In: Bill T. Arnold, Richard S. Hess (Hrsg.): ''Ancient Israel's History. An Introduction to Issues and Sources.'' Baker Academic, Grand Rapids 2014, ISBN 978-1-4412-4634-9, S. 188.</ref><ref>Jeffrey P. Emanuel (2015/2016): ''„Sea Peoples“ in Egyptian Garrisons in Light of Beth-Shean, (Re-)Reconsidered.'' In: ''Mediterranean Archaeology.'' Band 28/29, 2015/2016, S. 1–22.</ref><ref>Josette Elayi: ''The History of Phoenicia.'' Lockwood Press, Atlanta 2018, ISBN 978-1-937040-81-9, S. 91.</ref> glaubt, dass auch in den auf dieser zweiten Karte schwarz markierten Orten entweder Philister oder ein ähnliches Seevolk lebte (die grün markierten Orte stehen exemplarisch für die Orte der „Phönizier“, die hier und weiter nördlich bis hinauf nach [[Tripolis]] siedelten). Auf der dritten Karte sieht man Teile des heutigen Libanon und Syrien: Erst seit kurzem ist bekannt, dass es ab dem 12. Jahrhundert v.&nbsp;Chr. zwischen dem Zerfall des [[Hethiter|hethitischen Großreichs]] und der Neugründung der [[Neo-hethitische Staaten|neo-hethitischen Königreiche]] in dieser Gegend ein Großkönigreich ''Palastin'' gab. Wegen des ähnlichen Namens<ref>{{heS|פְּלִשְׁתִּים&lrm;|''pəlištīm''}} lautete ursprünglich vor den Lautwandeln der Vortonreduktion (''p'''ə'''lištīm'' < ''p'''a'''lištīm'') und Attenuation (''pal'''i'''štīm'' < ''pal'''a'''štīm'') fast sicher ''palaštīm''; vgl. auch die verwandte persische Bezeichnung ''Palastai'' bzw. ''Palasti'' und die Bezeichnung ''Palastu'' in assyrischen Inschriften. Vgl. dazu noch [[Heike Sternberg-el Hotabi]]: ''Der Kampf der Seevölker gegen Pharao Ramses III.'' Rahden 2012, S. 51.</ref> und ähnlicher Keramik ist es „mittlerweile allgemein anerkannt“,<ref>Ann E. Killebrew (2017): [https://www.academia.edu/45145809/The_Philistines_during_the_Period_of_the_Judges_by_Ann_E_Killebrew_2017 ''The Philistines during the Period of the Judges.''] In: Jennie Ebeling u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''The Old Testament in Archaeology and History.'' Baylor University Press, Waco 2007, S. 324.</ref> dass dies ein drittes und das größte philistäische Siedlungsgebiet war<ref>John D. Hawkins: ''Cilicia, the Amuq, and Aleppo. New Light in a Dark Age.'' In: ''Near Eastern Archaeology.'' (NEA). Band 72, Nr. 4, 2009, S. 164–173.</ref><ref>David Kaniewski u.&nbsp;a.: [https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0020232 ''The Sea Peoples, from Cuneiform Tablets to Carbon Dating.''] In: ''PLoS One.'' Band 6, Nr. 6, 2011.</ref><ref>Amir Gilan (2013): [https://www.academia.edu/12135912/Pirates_of_the_Mediterranean_A_View_from_the_Bronze_Age_In_N_Jaspert_and_S_Kolditz_eds_Seeraub_im_Mittelmeerraum_Piraterie_Korsarentum_und_maritime_Gewalt_von_der_Antike_bis_zur_Neuzeit_Padeborn_Verlag_Wilhelm_Fink_2013_pp_49_66 ''Pirates of the Mediterranean – A View from the Bronze Age.''] In: Nikolas Jaspert, Sebastian Kolditz (Hrsg.): ''Seeraub im Mittelmeerraum. Piraterie, Korsarentum und maritime Gewalt von der Antike bis zur Neuzeit.'' Schöningh, Paderborn 2013, ISBN 978-3-506-77869-7, S. 63 f.</ref><ref>Mark Weeden (2013): [https://core.ac.uk/download/pdf/19090558.pdf ''After the Hittites: The Kingdoms of Karkamish and Palistin in Northern Syria.''] In: ''Bulletin of the Institute of Classical Studies.'' (BICS). Band 56, Nr. 2, 2013, S. 1–20.</ref><ref>Marina Pucci (2020): [https://www.academia.edu/44542477/The_Amuq_region_during_the_Iron_Age_I_II_Formation_Organization_and_Development_of_a_Community ''The Amuq region during the Iron Age I-II: Formation, Organization and Development of a Community.''] In: Alexander E. Sollee (Hrsg.): ''Formation, Organisation and Development of Iron Age Societies. A Comparative View. Proceedings of the Workshop held at the 10th ICAANE in Vienna, April 2016.'' Austrian Academy of Sciences Press, Wien 2020, ISBN 978-3-7001-8401-0, S. 137 f.</ref> (man beachte auf der Karte den anderen Maßstab; markiert sind nur sehr große oder besser erforschte Orte). Wie weit genau es sich erstreckte, ist allerdings noch unsicher: In Hamath etwa wurde nur wenig philistäische Keramik nachgewiesen; gleichzeitig könnte es sich noch weiter nach Norden und Osten erstreckt haben.<ref>Brian Janeway (2017): [https://www.academia.edu/38648258/Sea_Peoples_of_the_Northern_Levant ''Sea Peoples of the Northern Levant? Aegean Style Ceramic Evidence for the Sea Peoples from Tell Tayinat'']. Eisenbrauns, Winona Lake 2017, S. 20–24.121–123.</ref>

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Philister Süd.jpg|Philistäa |alternativtext=Eine Ortskarte des südlichen Palästina. Im Westen sieht man mutmaßlich philistäische Orte von Aphek im Norden bis nach Rafah im Süden. Östlich davon auf viel kleinerer Fläche sind wenige Orte orange markiert, die entweder Kanaanäer oder Judäer ab dem 11./10. Jhd. wahrscheinlich als Grenzorte befestigt haben.
Philister Zentrum.jpg|Jesreel-Tal |alternativtext=Eine Karte des Jesreel-Tals und der näheren Umgebung. Man sieht besonders im Westen des Tals eine Konzentration von Orten, in denen größere Mengen philistäischer Keramik gefunden wurde. Oft nimmt man auch Bet Scheʾan im Westen als philistäisch an; auch transjordanisch sind noch drei Orte abgebildet, von denen z.&nbsp;B. Fischer ähnliches annimmt.
Philister Nord.jpg|Palastin (?) |alternativtext=Karte von Teilen des heutigen Libanon und Syrien. Das markierte mutmaßlich philistäische Gebiet ist so groß, dass es später in drei unterschiedliche Königreiche zerfallen sollte.
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Hier lebten sie auch nicht erst seit dem frühen 12. Jahrhundert: In den [[Amarna-Briefe]]n (EA) sind bereits im 14. Jhd.&nbsp;v.&nbsp;Chr. die Scherden in [[Byblos]] (EA 81; 122; 123), die Dananu irgendwo in „[[Kanaan]]“ (EA 151: „[…] Was hörst du über Kanaan? […] – Der König des Landes der ''DNNYM'' ist tot […]!“) und die Lukka in [[Alašija]] (=Zypern) belegt (EA 38). Pharao [[Ramses III.]] berichtet über Kämpfe gegen die Seevölker, die Anfang des 12. Jahrhunderts in ausgedehnten Gebieten nördlich von Byblos in „deren Land“ stattgefunden haben sollen, was man gewiss so deuten muss, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt dort schon weit ausgebreitet hatten.<ref>Dan'el Kahn (2011): [https://www.academia.edu/1056837/The_Campaign_of_Ramesses_III_against_Philistia ''The Campaign of Ramesses III against Philistia.''] In: ''Journal of Ancient Egyptian Interconnections.'' Band 3, Nr. 4, 2011, S. 1–11, hier 3–5.</ref> Auch in der Philistäa in Palästina lässt sich durch [[Radiokarbonmethode|Radiokarbon-Daten]] die Präsenz von Philistern mindestens schon im 13. Jhd. in Gat nachweisen.<ref>Yotam Asscher u. a.: ''Radiocarbon Dating Shows an Early Appearance of Philistine Material Culture in Tell es-Safi/Gath, Philistia.'' In: ''Radiocarbon.'' Band 57, Nr. 5, 2015, S. 825–850.</ref><ref>Elisabetta Boaretto u.&nbsp;a. (2018): [https://rest.neptune-prod.its.unimelb.edu.au/server/api/core/bitstreams/11fc32ea-ce8c-5384-87e9-dabe96257df5/content ''The Chronology of the Late Bronze (LB)-Iron Age (IA) Transition in the Southern Levant: A Response to Finkelstein's Critique.''] In: ''Radiocarbon.'' Band 61, Nr. 1, 2018, S. 1–11.</ref><ref>Aren M. Maeir (2019): [https://www.academia.edu/96611855/Phiistine_and_Israelite_Identities_Some_Comparative_Thoughts ''Philistine and Israelite Identities: Some Comparative Thoughts.''] In: ''Die Welt des Orients.'' (WdO). Band 29, Nr. 2, 2019, S. 151–160, hier 152.</ref> Sollte es sich bei den Bewohnern des Jesreel- und Jordan-Tals wirklich um Philister gehandelt haben, scheinen sie nach der ausgegrabenen Keramik zu urteilen dorthin aber erst im späten 12. oder frühen 11. Jhd. vorgedrungen zu sein<ref>Elisabetta Boaretto u.&nbsp;a. (2018): [https://rest.neptune-prod.its.unimelb.edu.au/server/api/core/bitstreams/11fc32ea-ce8c-5384-87e9-dabe96257df5/content ''The Chronology of the Late Bronze (LB)-Iron Age (IA) Transition in the Southern Levant: A Response to Finkelstein's Critique.''] In: ''Radiocarbon.'' Band 61, Nr. 1, 2018, S. 1–11.</ref><ref>Israel Finkelstein (2020): [https://www.academia.edu/69196567/Finkelstein_I_2020_Iron_Age_Chronology_and_Biblical_History_Rejoinders_The_Late_Bronze_Iron_Age_Transition_Tel_Eton_and_Lachish_PEQ_152_82_93 ''Iron Age Chronology and Biblical History Rejoinders: The Late Bronze/Iron Age Transition, Tel 'Eton and Lachish.''] In: ''Palestine Exploration Quarterly.'' (PEQ). Band 152, Nr. 2, 2020, S. 82–93, hier 85.</ref> (aber s.&nbsp;u. zum Totenkult), und unumstritten ist auch, dass sich größere Mengen philistäischer materieller Kultur wirklich erst ab dem 12. Jahrhundert in Palästina nachweisen lassen.

=== Verhältnis zu Nachbarvölkern ===
Welches Verhältnis die Seevölker in Palästina zu Ägyptern einerseits und „Kanaanäern“ und „Israeliten“ andererseits hatten, ist in der Forschung umstritten. Recht sicher ist zunächst, dass es keine zeitliche Überschneidung der Präsenz von Ägyptern und Philistern gab (wie man erwarten würde, wenn die Ägypter die Philister in Palästina angesiedelt hätten): Wo sich Philister in einst ägyptisch regierten Orten niederließen, ''folgt'' stets die philistäische Besiedlungsphase auf die ägyptische. Ob das heißt, dass die Philister die Ägypter besiegt und vertrieben haben, oder dass zunächst die Ägypter sich aus anderen Gründen aus Palästina zurückzogen und die Philister nur die Gunst der Stunde nutzten und sich in den politisch frei gewordenen Regionen ansiedelten, ist unsicher. Neuerdings wird in der Forschung zunehmend betont, dass es in vielen philistäischen Orten keine klaren Anzeichen für gewaltsame Auseinandersetzungen in der vor-philistäischen Phase gibt, was für die zweite Option sprechen würde.<ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 268 f.</ref><ref>Jesse M. Millek (2021): [https://www.academia.edu/64785828/Millek_J_M_2021_Just_What_did_They_Destroy_The_Sea_Peoples_and_the_End_of_the_Late_Bronze_Age_In_J_Kamlah_and_A_Lichtenberger_eds_The_Mediterranean_Sea_and_the_Southern_Levant_Wiesbaden_Harrassowitz_Verlag_59_98 ''Just What did They Destroy? The Sea Peoples and the End of the Late Bronze Age.''] In: Jens Kamlah, Achim Lichtenberger (Hrsg.): ''The Mediterranean Sea and the Southern Levant. Archaeological and Historical Perspectives from the Bronze Age to Medieval Times.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2021, ISBN 978-3-447-11742-5.</ref> Aber das dürfte zu weit gehen; im philistäischen Gebiet lassen sich zumindest in Aphek, Jaffa, Aschdod, Geser und Tell Sera sehr wohl Auseinandersetzungen archäologisch nachweisen.<ref>Vgl. z.&nbsp;B. auch Tristan Barako (2013): [https://www.academia.edu/12430328/Philistines_and_Egyptians_in_Southern_Canaan_during_the_Early_Iron_Age ''Philistines and Egyptians in Southern Canaan during the Early Iron Age.''] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-129-2.</ref><ref>Jonathon Wylie, Daniel Master: ''The Conditions for Philistine Ethnogenesis.'' In: ''Ägypten und Levante.'' Band 30, 2020, S. 547–568, hier 560.</ref>

Philister einerseits und Kanaanäer und Israeliten andererseits hält man auch heute noch meist für verfeindet. Es ist aber zunächst fast unmöglich, dass „Judäer“ gegen die Philister bestehen hätten können, wie es die Bibel berichtet und das traditionelle Paradigma annimmt: In der „Richterzeit“ (frühe Eisenzeit: 12.–10.&nbsp;Jhd.) maßen etwa Ekron<ref>Herrmann M. Niemann (2002): ''Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie.'' In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 75. (PDF).</ref> und Gat<ref>Z.B. Andrew T. Creekmore III, Aren M. Maeir: ''Philistine urban form at Tell es-Safi/Gath, Israel: a magnetometric perspective.'' In: ''Levant.'' Band 53, Nr. 2, 2021, S. 164–185, hier 168.</ref> jeweils über 20 ha; dagegen belief sich die gesamte besiedelte Fläche im judäischen Bergland (ohne Jerusalem) nach einer Hochrechnung von Ofer im 11.–10.&nbsp;Jhd. auf 30&nbsp;ha.<ref>Avi Ofer: ''The Monarchic Period in the Judaean Highland: A Spatial Overview.'' In: Amihai Mazar (Hrsg.): ''Studies in the Archaeology of the Iron Age in Israel and Jordan.'' Sheffield Academic Press, Sheffield 2001, ISBN 1-84127-203-5, S. 19.</ref> In der frühen Königszeit schrumpft zwar Ekron aus noch unbekannten Gründen auf knapp 4&nbsp;ha zusammen. Dafür wächst aber Gat auf gigantische 45–50&nbsp;ha an; immer noch sind damit allein diese beide Städte dichter besiedelt als das judäische Bergland (Ofer: 50&nbsp;ha).<ref>Tatsächlich ist der Unterschied wahrscheinlich sogar noch größer: Charakteristisch für die Siedlungen im Zentralgebirge und im judäischen Bergland ist die Kasematten-Bauweise, bei der Wohnhäuser ringförmig oder rechteckig um einen zentralen und meist freien Platz angeordnet sind. Die ''besiedelte Fläche'' im judäischen Bergland ist daher nicht gleichzusetzen mit ''Wohnfläche''. In den philistäischen Großstädten dagegen stehen die Häuser dichter. Vgl. zur Kasematten-Bauweise z.&nbsp;B. Israel Finkelstein: ''The Archaeology of the Israelite Settlement''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1988, ISBN 965-221-007-2, S. 250–254.</ref><br />Weiters betont zum Beispiel [[Aren Maeir]] neuerdings häufiger, dass es auch hier erstens wenig archäologische Evidenz für Kriege gebe, sondern dass sich zweitens nicht einmal klare Grenzen zwischen dem philistäischen Küstengebiet und der [[Schefela]] ziehen lassen, weil vielmehr drittens in beiden Regionen die materiellen und realen Kulturen fließend von „mehr philistäisch“ zu „mehr kanaanäisch“ übergingen.<ref>Aren M. Maeir (2019): [https://www.academia.edu/96611855/Philistine_and_Israelite_Identities_Some_Comparative_Thoughts ''Philistine and Israelite Identities: Some Comparative Thoughts.''] in: ''Die Welt des Orients'' (WdO). Band 29, Nr. 2, 2019, S. 151–160, hier 151–155.</ref><ref>Aren M. Maeir: ''Philistines and Israelites/Judahites. Antagonism and Interaction.'' In: Kyle H. Keimer, George A. Pierce (Hrsg.): ''The Ancient Israelite World.'' Routledge, London / New York 2023, ISBN 978-1-032-34973-2, S. 559.</ref> Aber auch das dürfte zu weit gehen; die Befestigung der oben orange markierten kanaanäischen oder judäischen Grenz-Orte Bet Schemesch, Khirbet Qeiyafa, Tell Burna, Tell Scheqef, Tell el-Hesi, Lachisch und Tell Milḥa ab dem 10. Jhd.<ref>Zu Burna, Scheqef, el-Hesi und Milḥa vgl. Jeffrey A. Blakely u.&nbsp;a. (2014): [https://www.academia.edu/30542734/The_Southwestern_Border_of_Judah_in_the_Ninth_and_Eighth_Centuries_BCE ''The Southwestern Border of Judah in the Ninth and Eighth Centuries B.C.E.''] In: John R. Spencer u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Material Culture Matters. Essays on the Archaeology of the Southern Levant in Honor of Seymour Gitin.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2014.</ref><ref>Zu Lachisch vgl. z.&nbsp;B. Hoo-Goo Kang u.&nbsp;a.: [https://www.academia.edu/97605772/The_Level_V_City_Wall_at_Lachish ''The Level V City Wall at Lachish.''] In: ''Palestine Exploration Quarterly.'' (PEQ). Band 155, Nr. 2, 2023, S. 135–145.</ref> sind ein recht deutliches Indiz für wenigstens kurzzeitige politische Spannungen zwischen Philistern und den Bewohnern der Schefela.

Mindestens muss man aber heute dennoch festhalten, dass Philister und die ursprünglichen Bewohner des Landes Palästina nicht radikal verfeindet gewesen sein können. Wahrscheinlich ist es sogar umgekehrt so, dass große Anteile der Bevölkerung in philistäischen Städten Kanaanäer waren. Dies wird erstens daraus erschlossen, dass auch in mutmaßlich philistäischen Städten immer auch nicht nur philistäisch, sondern auch kanaanäisch gebaut und immer auch nicht nur philistäische, sondern auch kanaanäische Keramik verwendet wurde. Zweitens legt es die Siedlungsgeschichte des 12.&nbsp;Jhds. nahe. Wie Ausgrabungen zeigen, entwickelten sich im Süden Palästinas die Küste und die Schefela so, dass immer mehr in Küstennähe gelegene Ortschaften immer größer und „immer philistäischer“ wurden, während gleichzeitig in der Schefela rasant Ortschaften aufgegeben wurden – und meistens eben so, dass sich keine Indizien für kriegerische Auseinandersetzungen feststellen lassen. Beides zusammen wird so gedeutet, dass die Philistäer eine Politik des [[Synoikismos]] praktizierten, bei der die kanaanäischen Bewohner der kleineren Orte in der Küstenregion und der Schefela dazu angeregt wurden, in die philistäischen Großstädte in spe zu ziehen.<ref>Shlomo Bunimovitz: ''Sea Peoples in Cyprus and Israel: A Comparative Study of Immigration Processes.'' In: Seymour Gitin u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Mediterranean Peoples in Transition: Thirteenth to Early Tenth Centuries BCE.'' Israel Exploration Society, Jerusalem 1998, S. 107 f.</ref><ref>Avraham Faust, Hayah Katz (2011): [https://www.academia.edu/44288747/Philistines_Israelites_and_Canaanites_in_the_Southern_Trough_Valley_during_the_Iron_Age_I ''Philistines, Israelites and Canaanites in the Southern Trough Valley during the Iron Age I.''] In: ''Ägypten und Levante.'' Band 21, S. 231–247, hier 235 f.</ref><ref>Alon Shavit: ''Settlement Patterns of Philistine City-States.'' In: Alexander Fantalkin, Assaf Yasur-Landau (Hrsg.): ''Bene Israel. FS Israel Finkelstein.'' Brill, Leiden / Boston 2008, ISBN 978-90-04-15282-3, S. 160.</ref><ref>Ähnlich Ido Koch (2017): [https://www.researchgate.net/publication/338170163_Settlements_and_Interactions_in_the_Shephelah_during_the_Late_Second_through_Early_First_Millennia_BCE ''Settlements and Interactions in the Shephelah during the Late Second through Early First Millennia BCE.''] In: Oded Lipschits, Aren M. Maeir (Hrsg.): ''The Shephelah during the Iron Age. Recent Archaeological Studies''. Eisenbrauns, Winona Lake 2017, ISBN 978-1-57506-486-4, S. 189.</ref>

=== Aussehen ===
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Description of Israelites and Judean war prisoners from Shoshenq I's (Biblical Shishak) campign to Canaan. Karnak (926-5 BCE). Niv Lugassi.png|Israeliten
Relief Sherden Breasted.jpg|Scherden
Relief Sherden Breasted 2.jpg|Scherden – Rekonstruktion
Medinet Habu Ramses III14.JPG|Philister?
Types philistins sur le monuments égyptiens de Médinet-Abou-Vigouroux-DB-vol5.jpg|Philister? − Rekonstruktion
Sarcófago filisteo.JPG|Seevölker-Sarkophag
Pulasti (Philistine) and Tsakkaras (painting).png|Philister (?) und Scherden im Krieg
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Auf den Reliefs von [[Medinet Habu]] sind mehrere Angehörige der Seevölker zu sehen. Charakteristisch ist für alle der kurze Rock. Einen solchen tragen auf ägyptischen Reliefs zum Beispiel auch [[Schasu]], typische „Asiaten“ wie die Israeliten dagegen werden gelegentlich mit Ganzkörper-Gewand abgebildet.<ref>Für ein Beispiel s. [https://www.britishmuseum.org/collection/object/Y_EA37991 dieses Wandgemälde] im British Museum.</ref> Aber auch diese können kurzen Rock tragen; unterschiedliche Völker wie u.&nbsp;a. auch die einzelnen Seevölker werden in der ägyptischen Symbolik stattdessen durch unterschiedliche Kopfbedeckungen und Frisuren differenziert: Israeliten tragen ein Haarband wie auf Bild 1. Unter den Seevölkern relativ sicher identifizieren lassen sich nur die Scherden mit ihrem gehörnten Helm wie auf Bildern 2–3. Am häufigsten hat man in der Forschung eine glattrasierte Gruppe mit Federkrone für die Philister gehalten (Bilder 4–5); ob es sich bei ihnen wirklich um Philister oder stattdessen um Tjeker oder Dananu handelt, ist aber ungewiss.<ref>[[Edward Noort]]: ''Die Seevölker in Palästina'' (= ''Palaestina antiqua.'' Neue Serie. Band 8). Kok Pharos Publishing House/ Peeters Publishers, Kampen (NL)/ Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3, S. 77.</ref> Ebenso ungewiss ist, ob diese Darstellung historisch-realistisch oder nur ein künstlerisches Stilmittel ist. Eine leichte Stütze erhält diese Darstellung durch die bei [[Bet Scheʾan]] gefundenen Sarkophage wie den auf Bild 6: Waren die Bewohner von Bet Sche'an wirklich Philister (s.&nbsp;o.), sind dies am ehesten Philister-Sarkophage, auf denen dann die begrabenen Philister ebenfalls glattrasiert dargestellt werden. Sind also die Federkronenträger die Philister, lassen sich aus Bild 7 (ebenfalls aus Medinet Habu) auch Rückschlüsse über ihre Waffen ziehen: Typisch für Philister wären dann Speer, Kurzschwert und Rundschild, was einigermaßen gut zur biblischen Darstellung des Philisters [[Goliat]] passt.

=== Ökonomie und Haushalt ===
Über Ökonomie und Haushalt der Philister verraten alte Schriftquellen so gut wie nichts. Sie müssen daher vollständig aus archäologischen Funden rekonstruiert werden. Aus Ausgrabungen erschlossen werden kann zunächst, dass die Kultur der Philister weit urbaner war als die der Israeliten und Judäer. Bevor Ende des 8.&nbsp;Jhd. die Assyrer die Regionalgeschichte neu schrieben, maßen bei jeweils größter Ausdehnung die Städte Ekron 24&nbsp;ha,<ref>Herrmann M. Niemann (2002): ''Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie.'' In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 75. (PDF).</ref> Aschkelon 40–60&nbsp;ha,<ref>Herrmann M. Niemann (2002): ''Nachbarn und Gegner, Konkurrenten und Verwandte Judas: Die Philister zwischen Geographie und Ökonomie, Geschichte und Theologie.'' In: Ulrich Hübner, Ernst A. Knauf (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 76. (PDF).</ref> Gat 45–50&nbsp;ha (s.&nbsp;o.) und Aschdod und Aschdod Yam zusammen über 55 ha,<ref>Zu Aschdod vgl. Magen Broshi, Israel Finkelstein: ''The Population of Palestine in Iron Age II.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). Band 287, 1992, S. 47–60, hier 53.</ref><ref>Zu Aschodod Yam vgl. Alexander Fantalkin (2014): [https://www.academia.edu/12142332/Ashdod_Yam_on_the_Israeli_Mediterranean_Coast_A_First_Season_of_Excavations ''Ashdod-Yam on the Israeli Mediterranean Coast: A First Season of Excavations.''] In: ''Skyllis.'' Band 14, Heft 1, 2014, S. 45–57, hier 46.</ref> Gaza könnte sogar noch gewaltiger gewesen sein.<ref>Tristan Barako (2001): [https://www.academia.edu/12405646/The_Seaborne_Migration_of_the_Philistines ''The Seaborne Migration of the Philistines'']. Dissertation. 2001, S. 85&nbsp;f.</ref> Zum Vergleich: Unter Absehung vom noch nicht ausreichend ausgegrabenen Samaria und vom wahrscheinlich aramäischen Dan waren die größten israelitischen, judäischen und vielleicht kanaanäischen Städte Jerusalem mit 16&nbsp;ha und im Norden Hazor, Rehov und Schimron mit&nbsp;12–13 ha (auch Megiddo und Geser hatten beide 12–13&nbsp;ha). In der Nachbarschaft der Philistäa im Süden folgen nach Jerusalem schon Eton, Gibeon, Lachisch und Socoh mit nur noch 6–7&nbsp;ha.<ref>Zahlen nach Avraham Faust: ''The Archaeology of Israelite Society in Iron Age II''. Eisenbrauns, Winona Lake 2012, S. 200–203.<br />Zu Jerusalem vgl. Hillel Geva (2014): [https://www.academia.edu/13037871/Jerusalems_Population_in_Antiquity_A_Minimalist_View_Tel_Aviv_41_2014_131_160 ''Jerusalem's Population in Antiquity: A Minimalist View.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 41, 2014, S. 131–160, hier 137.</ref> Im Schnitt waren die philistäischen Großstädte damit zeitweise mehr als viermal so groß wie die Großstädte ihrer Nachbarn.

[[Datei:Revadim Archeological finds from Ekron 106.jpg|mini|hochkant|Ebenfalls typisch philistäisch: Der Herd aus kleinen Feldsteinen, oft neben der zentralen Säule.]]

<div class="tright" style="clear:none">[[Datei:Haustypen.png|mini|hochkant|alt=Abbildung der beiden Haustypen, wie sie im Fließtext beschrieben werden.|Links: T-förmiges Haus und (gestrichelt:) lineares Haus.<br />Rechts: Vierraumhaus<ref>Alle Haustypen sind stark abstrahiert und finden sich in vielen Variationen.<br />Für einige Varianten des linearen Hauses s. Adam J. Aja (2009): [https://www.proquest.com/openview/ef531b0d4b04f13f85df925fe8d42a04/1?pq-origsite=gscholar&cbl=18750 ''Philistine Domestic Architecture in the Iron Age 1'']. Dissertation. (PDF), S. 261.<br />Für einige Varianten des Vierraumhauses s. Shlomo Bunimovitz, Avraham Faust (2003): [https://www.academia.edu/2478047/Bunimovitz_S_and_Faust_A_2003_Building_Identity_The_Four_Room_House_and_the_Israelite_Mind_in_Gitin_S_ed_Symbiosis_Symbolism_and_the_Power_of_the_past_Ancient_Israel_and_its_Neighbors_from_the_Late_Bronze_Age_through_Roman_Palestineae_Winona_Lake_Eisenbrauns_pp_411_423 ''Building Identity: The Four-Room House and the Israelite Mind.''] In: William G. Dever, Seymour Gitin (Hrsg.): ''Symbiosis, Symbolism, and the Power of the Past. Canaan, Ancient Israel, and Their Neighbors from the Late Bronze Age through Roman Palaestina. Proceedings of the Centennial Symposium W. F. Albright Institute of Archaeological Research and American Schools of Oriental Research. Jerusalem, May 29–31, 2000.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2003, ISBN 1-57506-081-7, S. 413, Nr. 3−9.</ref> ]]</div>

Dieser urbanere Charakter schlägt sich auch in der Wohnarchitektur nieder. Typisch für eisenzeitliche Wohnhäuser ist die Grundstruktur mit einem zentralen und größeren Raum oder Hof und mehreren kleineren daran anschließenden Räumen. Im Bergland allerdings haben diese besonders häufig genauer die Grundstruktur, dass die zentrale Fläche an den Seiten von zwei oft nur durch Säulen abgetrennten kleineren und niedrigen Räumen flankiert wird, während an der Küste der zentrale Raum die gesamte Breite des Wohnhauses einnimmt. Bisweilen sind die philistäischen Häuser außerdem nicht aus bloßem Feldstein, sondern aus grob behauenem Stein gebaut und (stellenweise) mit [[Kalkmörtel|hydraulischem Kalkputz]] verputzt – zwei Techniken, die die Philister vielleicht wie die Grundstruktur ihrer Häuser aus dem ägäisch-mykenischen Kulturkreis nach Palästina importiert haben.<ref>Aren M. Maeir u.&nbsp;a. (2013): [https://www.researchgate.net/publication/264371313_On_the_Constitution_and_Transformation_of_Philistine_Identity ''On the Constitution and Transformation of Philistine Identity'']. In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 32, Nr. 1, 2013, S. 1–38, hier 9.</ref><ref>Aren M. Maeir u. a.: ''Technological Insights on Philistine Culture: Perspectives from Tell es-Safi/Gath.'' In: ''Journal of Eastern Mediterranean Archaeology & Heritage Studies.'' Band 7, Nr. 1, 2019, S. 76–118, hier 84–86.</ref> Der Hintergrund dieser unterschiedlichen Bauweisen ist hauptsächlich der, dass die Seitenräume des sog. „[[Vierraumhaus]]es“ im Bergland i.&nbsp;d.&nbsp;R. als Ställe für Kleinvieh dienten.<ref>Peter Riede (2020): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/30322/ ''Stall'']. In: ''WiBiLex.'' abgerufen am 24. Januar 2024.</ref><ref>Dieter Viehweger (o.D.): [https://www.theologie-online.uni-goettingen.de/at/vieweger2.htm ''Häuser und Hausbau in alttestamentlicher Zeit'']; abgerufen am 24. Januar 2024.</ref> Das typische Haus von Israeliten und Judäern ist damit das antike Pendant eines Bauernhauses von Selbstversorgern, das philistäische und phönizische Haus eines von Städtern, die keine Subsistenzwirtschaft betreiben mussten, weil sie anders wirtschafteten.

[[Datei:Handelsrouten der Philister.jpg|mini|hochkant|Ausgewählte Orte der Philister und ausgewählte Handelsrouten.<ref>Die Karte ist anachronistisch: Nicht alle Orte existierten zur selben Zeit und einige welchselten mehrfach die politische Zugehörigkeit. Routen nach: David A. Dorsey (1991): ''The Roads and Highways of Ancient Israel''. Johns Hopkins University Press, Baltimore / London 1998.</ref> ]]
[[Datei:Terracotta loom weight MET DP130743.jpg|mini|hochkant|Zylindrisches Webgewicht]]

Zu dieser anderen Wirtschaftsweise gehörte sicher vor allem der Handel. Mehrere der größten philistäischen Städte (Gaza, Aschdod, Aschkelon) waren Hafenstädte an der Küste; weitere wichtige Hafen waren in Tell Qasile, in Javne und vor allem in [[Tel Aviv-Jaffa#Biblische und römische Zeit|Jaffa]]. Diese Orte waren auch Stationen auf der wichtigen Handelsroute „[[Via Maris]]“, die südlich von Tell Rafa über Land nach Ägypten führte.<br />Südöstlich von [[Tell el-Fār'ah (Süd)]] und Nahal Patisch verlief durch das Be’er-Scheva-Tal eine weitere wichtige Handelsroute. Von der engen Beziehung der Bewohner der Philistäa und des Be’er-Scheva-Tals zeugen sehr große Mengen an philistäischer Keramik besonders in Be’er Scheva, aber auch in Tell Masos und Tell Malhata; außerdem bis ins 10.&nbsp;Jhd. eine Reihe kleiner Gehöfte (sog. „Hatserim“), die ungeschützt Nahal Patisch und Be’er Scheva verbanden.<ref>Ihre politische Zugehörigkeit ist daher umstritten. Meist rechnet man sie politisch zu den Orten im Be’er-Scheva-Tal; manche Historiker halten aber auch sie noch für philistäisch. Vgl. z.&nbsp;B. Gunnar Lehmann u.&nbsp;a. (2009): [https://www.academia.edu/1772887/Ausgrabungen_in_Qub%C5%ABr_el_Wal%C4%93yide_Israel_2007_2008_Vorbericht_ZDPV_125_2009 ''Ausgrabungen in Qubūr el-Walēyide, Israel, 2007–2008. Vorbericht.''] In: ''Zeitschrift des deutschen Palästinavereins.'' Band 125, Nr. 1, 2009, S. 1–28, hier 24 f.<br />Z.B. auch: Detlef Jericke (2011): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/29115/ ''Negev''.] In: ''WiBiLex.'' Kapitel 3.6, Absatz 2; abgerufen am 25. Januar 2024.</ref> Diese zweite Handelsroute führte erstens ins Negev-Gebirge, wo die Betreiber der Kupferminen von Khirbet en-Nahas und – noch weiter südlich – Timna in der [[Arava]]-Senke lebten.<ref>Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/38197660/Follow_the_Negebite_Ware_Road ''Follow the Negebite Ware Road'']. In: Oded Lipschits u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Rethinking Israel. Studies in the History and Archaeology of Ancient Israel in Honor of Israel Finkelstein''. Eisenbrauns, Winona Lake 2017, ISBN 978-1-57506-787-2.</ref><ref>Nadav Na'aman (2019): [https://repositorio.uca.edu.ar/bitstream/123456789/14540/1/biblical-archeaology-emergence.pdf ''Biblical Archaeology and the Emergence of the Kingdom of Edom'']. In: ''Antiguo Oriente.'' Band 19, 2019, S. 11–40.</ref><ref>Christian Frevel (2019): [https://hcommons.org/deposits/objects/hc:30232/datastreams/CONTENT/content ''State Formation in the Southern Levant – The Case of the Aramaeans and the Role of Hazael's Expansion'']. In: Angelika Berlejung, Aren M. Maeir (Hrsg.): ''Research on Israel and Aram: Autonomy, Interdependence and Related Issues.'' Proceedings of the First Annual RIAB Center Conference, Leipzig, June 2016 (RIAB I). Mohr Siebeck, Tübingen 2019, ISBN 978-3-16-157719-2, S. 364 f. (PDF).</ref><ref>Israel Finkelstein (2020): [https://www.academia.edu/69282828/I_Finkelstein_The_Arabah_Copper_Polity_and_the_Rise_of_Iron_Age_Edom_A_Bias_in_Biblical_Archaeology_Antiguo_Oriente_18_2020_pp_11_32 ''The Arabah Copper Polity and the Rise of Iron Age Edom: A Bias in Biblical archaeology?'']. In: ''Antiguo Oriente.'' Band 18, 2020, S. 11–32.</ref> Sie führte zweitens nach Arabien und war so ein Vorläufer der späteren [[Weihrauchstraße]]. Dass die Bewohner von Be’er-Scheva-Tal und Negev schon in der frühen Eisenzeit (vor Einführung des Kamels!) mit den Arabern handelten, macht die sog. „bemalte Qurayyah-Keramik“ aus Arabien wahrscheinlich, die in der Arava, im Negev, in Tell Masos und vereinzelt noch tiefer in Palästina gefunden wurde.<ref>Liste von Funden bei Lily Singer-Avitz (2014): [https://www.academia.edu/13095074/2014_The_Date_of_the_Qurayyah_Painted_Ware_in_the_Southern_Levant ''The Date of the Qurayyah Painted Ware in the Southern Levant.''] In: ''Antiguo Oriente.'' Band 12, 2014, S. 123–148.</ref> Barako vermutet, dass die Philister vor allem Weihrauch von den Arabern erhandelten,<ref>Tristan J. Barako: ''The Philistine Settlement as Mercantile Phenomenon?'' In: ''American Journal of Archaeology.'' Band 104, Nr. 3, 2000, S. 513–530, hier 517, 519.</ref> den sie für ihren religiösen Kult benötigten (s.&nbsp;u.).<br />Die Be’er-Scheva-Route verband außerdem Palästina mit der [[Königsstraße (Jordanien)|Königsstraße]], einer dritten wichtigen Handelsroute, die auf der anderen Seite des Jordan gen Norden durch [[Moab (Staat)|Moab]] und [[Ammon (Staat)|Ammon]] über [[Aram (Land)|Aram]] bis nach [[Mesopotamien]] führte. Die zweite palästinische Handelsroute, die Palästina mit der Königsstraße verband, verlief von Aphek und [[Dor (Stadt)|Dor]] aus durch das Jesreel-Tal, wo man heute ebenfalls Philister vermutet (s.&nbsp;o.). Sie führte außerdem nach [[Tell es-Sa'idiyeh]] und von dort zu den benachbarten Eisenminen bei Mugharet el-Wardeh im Norden Ammons.<ref>Z.B. Harald A. Veldhuizen, Thilo Rehren (2007): [https://www.academia.edu/22146690/Slags_and_the_city_early_iron_production_at_Tell_Hammeh_Jordan_and_Tel_Beth_Shemesh_Israel_Veldhuijzen_and_Rehren_2007_ ''Slags and the city: early iron production at Tell Hammeh, Jordan, and Tel Beth-Shemesh, Israel'']. In: ''Metal and Mines: Studies in Archaeometallurgy.'' Band 189, 2007, S. 189–201.</ref>

Über diese beiden Routen durch das Jesreel-Tal und das Be’er-Scheva-Tal hatten die Philister nicht nur Zugang zu Eisen und Kupfer: Archäologische Funde in Aschkelon, Gat und – sofern es denn philistäisch war – Tell es-Sa'idiyeh zeigen, dass sie auch selbst in der Eisenverarbeitung tätig waren.<ref>Nathaniel L. Erb-Satullo, Joshua T. Walton (2017): [https://www.academia.edu/33834057/Iron_and_copper_production_at_Iron_Age_Ashkelon_Implications_for_the_organization_of_Levantine_metal_production ''Iron and copper production at Iron Age Ashkelon: Implications for the organization of Levantine metal production'']. In: ''Journal of Archaeological Science: Reports.'' Band 15, 2017, S. 8–19.</ref><ref>Adi Eliyahu-Behar, Vanessa Workman: ''Iron Age Metal Production at Tell eṣ-Ṣâfi/Gath.'' In: ''Near Eastern Archaeology.'' Band 81, Nr. 1, 2018, S. 34–36.</ref><ref>Maria L. Mascelloni: [https://www.scirp.org/pdf/ahs_2020112716242164.pdf ''Testing Evidence for Local Metalworking at Tell es-Sa´idiyeh, Jordan'']. In: ''Advances in Historical Studies.'' Band 9, 2020, S. 211–228.</ref> Dass Eisenprodukte dennoch nicht häufiger in philistäischen Orten gefunden wurde als in der Umgebung,<ref>Paula M. McNutt: ''The Forging of Israel: Iron Technology, Symbolism and Tradition in Ancient Society.'' Almond Press, Sheffield 1990, S. 200.</ref><ref>Naama Yahalom-Mack (2021): [https://www.thetorah.com/article/the-history-of-iron-in-ancient-israel ''The History of Iron in Ancient Israel.''] Auf: ''TheTorah.com''; abgerufen am 18. Januar 2024.</ref> macht wahrscheinlich, dass Metalle und Eisenwaren ein Wirtschaftszweig des philistäischen Handels war.<ref name="Bauer">Alexander A. Bauer (1998): [https://qcpages.qc.cuny.edu/anthro/Web_Pages/bauer/Bauer1998OJA.pdf ''Cities of the Sea: Maritime Trade and the Origin of Philistine Settlement in the Early Iron Age Southern Levant.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 17, Nr. 2, 1998, S. 149–168, hier 160 f.</ref> Eine zweite große Gruppe von Handelsgütern war gewiss die philistäische Keramik,<ref name="Bauer" /> (s.&nbsp;u.), die besonders in Aschdod produziert wurde, eine dritte Textilien, wovon noch große Zahlen der typisch philistäischen zylindrischen (statt: doughnut-förmigen) Webgewichte zeugen,<ref>Justin S. E. Lev-Tov (2000): [https://core.ac.uk/download/pdf/268791271.pdf ''Pigs, Philistines, and the Ancient Animal Economy of Ekron from the Late Bronze Age to the Iron Age II'']. Dissertation, S. 182, 185 (PDF; 23&nbsp;MB).</ref> aus denen man etwa die Präsenz eines eisenzeitlichen Textilverarbeitungszentrums in Gat erschließen kann.<ref>Deborah Cassuto: ''Textile Production at Iron Age Tell eṣ-Ṣâfi/Gath.'' In: ''Near Eastern Archaeology.'' Band 81, Nr. 1, 2018, S. 55–58.</ref> Ähnlich entwickelte sich Ekron im 7.&nbsp;Jhd. gleich doppelt zu einem Zentrum für Textilverarbeitung und für Olivenöl-Produktion,<ref>Justin S. E. Lev-Tov (2000): [https://core.ac.uk/download/pdf/268791271.pdf ''Pigs, Philistines, and the Ancient Animal Economy of Ekron from the Late Bronze Age to the Iron Age II'']. Dissertation, S. 182, 185.</ref><ref>David Eitam: [https://books.openedition.org/editionscnrs/8184?lang=de ''Textile and olive oil production in ancient Israel during the Iron Age period'']. In: Institut de recherche et d'histoire des textes u.&nbsp;a. (Hrsg.): '' Pigments et colorants de l’Antiquité et du Moyen Âge: Teinture, peinture, enluminure, études historiques et physico-chimiques''. CNRS Éditions, Paris 2002.</ref> an das wohl auch Gat angeschlossen war, und Aschkelon zu einem Zentrum für Weinherstellung.<ref>Z.B. Daniel Master (2018): [https://www.academia.edu/44248623/Nebuchadnezzar_at_Ashkelon ''Nebuchadnezzar at Ashkelon.''] In: ''Hebrew Bible and Ancient Israel.'' Band 7, Nr. 1, 2018, S. 79–92, hier 84.</ref> Auch in Tell Qasile, Jaffa, Lod und Rishon LeZion<ref>Alexander Fantalkin: [https://www.academia.edu/472589/Navigating_Between_the_Powers_Joppa_and_Its_Vicinity_in_the_1st_Millennium_B_C_E ''Navigating Between the Powers: Joppa and Its Vicinity in the 1st Millennium B.C.E.''] In: ''Ugarit-Forschungen.'' Band 40, 2008, S. 229–276, hier 234.</ref> sowie bei Tell Hadid,<ref>Shawn Z. Aster (2015): [https://www.academia.edu/21769019/_An_Assyrian_Bit_Mardite_Near_Tel_Hadid_Journal_of_Near_East_Studies_74_2015_281_288?rhid=26432804113&swp=rr-rw-wc-43081909&nav_from=6dd4a086-7e66-409d-afdd-62ea7dbe460f&rw_pos=19 ''An Assyrian ''bīt mardīte'' Near Tel Hadid?''] In: ''Journal of Near Eastern Studies.'' Band 74, Nr. 2, 2015, S. 281–288, hier 286.</ref> die mindestens im 8.&nbsp;Jhd. politisch alle zu Aschkelon gehört hatten, wurden Weinpressen größtenteils schon aus der Eisenzeit II (10.–8.&nbsp;Jhd.) gefunden – nach der Eroberung durch die Assyrer hatte demnach der ganze nördliche Part der zentralen Küstenebene Teil an einer komplexen Weinindustrie. Offenbar sind also spätestens nach dem Ausfall der Kupferminen in der Arava im 8.&nbsp;Jhd. stattdessen Olivenöl, Wein und Kleidung zu den neuen philistäischen Exportschlagern geworden.

=== Keramik ===
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Späthelladisch IIIb.jpg|mykenisch IIIB
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Die Keramik der Philister ist sowohl in Form als auch in Verzierung zunächst nah verwandt nicht mit der angestammten Keramik des alten Palästina, sondern mit der [[Mykenische Keramik|mykenischen Keramik]]. Funde aus der Spätbronzezeit (bis 13. Jhd.) wurden vor allem vom griechischen [[Peloponnes]] importiert;<ref>H. Mommsen u.&nbsp;a. (2005): [https://www.academia.edu/12091603/Mommsen_H_Schwedt_A_and_Oren_E_D_2005_The_Origin_of_Aegean_like_Pottery_from_the_Western_Negev_and_northern_Sinai_by_Neutron_Activation_Analysis_Pp_151_156_in_M_I_Prudencio_et_al_eds_Understanding_People_through_their_Pottery_Lisbon ''The Origin of Aegean-like Pottery from the Western Negev and northern Sinai by Neutron Activation Analysis.''] In: M. I. Prudencio u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Understanding People through their Pottery.'' Instituto Português de Arquelogia, Lisbon 2005.</ref><ref>David Ben-Shlomo u.&nbsp;a. (2008): [https://www.researchgate.net/publication/222619877_Neutron_activation_and_petrographic_analysis_of_selected_Late_Bronze_and_Iron_Age_pottery_from_Tell_es-SafiGath_Israel ''Neutron activation and petrographic analysis of selected Late Bronze and Iron Age pottery from Tell es-Safi/Gath, Israel.''] In: ''Journal of Archaeological Science.'' Band 35, 2008, S. 956–964, hier 963.</ref> ab dem 12. Jhd. wurden sie aber zunehmend auch in Palästina selbst hergestellt. Als am nächsten verwandter Vorläufer gilt die „[[Helladische Periode|späthelladische]] Keramik IIIB“.<ref name="Wylie">Jonathon Wylie, Daniel Master: ''The Conditions for Philistine Ethnogenesis.'' In: ''Ägypten und Levante.'' Band 30, 2020, S. 547–568, hier 550 f.</ref> Die früheste philistäische, bereits überwiegend in der Levante produzierte Keramik, die man wegen der einfarbigen Verzierung „monochrome“ Keramik (oder „philistäisch 1“) nennt, ist eine regionale Variante der späthelladischen Keramik IIIC.<ref name="Wylie" /> Aus dieser entwickelt sich die „bichrome“ oder „polychrome Keramik“ (auch: „philistäisch 2“), die sowohl mit Rot als auch mit Schwarz bemalt ist und Einflüsse sowohl von [[Kanaaniter|Kanaanäern]] als auch von [[Altes Ägypten|Ägyptern]] aufnahm.<ref>Vgl. Bryan J. Stone: ''The Philistines and Acculturation: Culture Change and Ethnic Continuity in the Iron Age.'' In: ''Bulletin of the Americal Schools of Oriental Research.'' Band 298, 1995. S. 7–32, hier 19.</ref> Noch später folgt darauf die sog. „Aschdod-Ware“ (auch „LPDW“ für „Late Philistine Decorated Ware“, oder: „philistäisch 3“), die man am leichtesten am typischen waagerechten schwarzen oder schwarz-weißen Band erkennt<ref>Für Beispiele siehe: [https://www.levantineceramics.org/vessels/23075-khirbet-qeiyafa-l-b113-b-b138 ''Levantine Ceramics Project.''] Auf: ''levantineceramics.org''</ref> und die besonders von der zypro-phönizischen Keramik beeinflusst ist.<ref>David Ben-Shlomo u. a.: ''Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). Band 335, 2004, S. 1–35, hier 2.</ref>
Sehr bekannt sind die Philister für ihre [[Keramik]]. Sie spielt auch in der Archäologie Palästinas eine wichtige Rolle, da sie hilfreich für die Datierung archäologischer Stätten ist und für ihre Zuordnung zu den unterschiedlichen Volksgruppen Palästinas.


Die Keramik der Philister ist sowohl in Form als auch in Verzierung zunächst nah verwandt nicht mit der angestammten Keramik des alten Palästina, sondern mit der [[Mykenische Keramik|mykenischen Keramik]]. Funde aus der Spätbronzezeit (bis 13. Jhd.) wurden vor allem vom griechischen [[Peloponnes]] importiert;<ref>H. Mommsen u.&nbsp;a. (2005): [https://www.academia.edu/12091603/Mommsen_H_Schwedt_A_and_Oren_E_D_2005_The_Origin_of_Aegean_like_Pottery_from_the_Western_Negev_and_northern_Sinai_by_Neutron_Activation_Analysis_Pp_151_156_in_M_I_Prudencio_et_al_eds_Understanding_People_through_their_Pottery_Lisbon ''The Origin of Aegean-like Pottery from the Western Negev and northern Sinai by Neutron Activation Analysis.''] In: M. I. Prudencio u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Understanding People through their Pottery.'' Instituto Português de Arquelogia, Lisbon 2005.</ref><ref>David Ben-Shlomo u.&nbsp;a. (2008): [https://www.researchgate.net/publication/222619877_Neutron_activation_and_petrographic_analysis_of_selected_Late_Bronze_and_Iron_Age_pottery_from_Tell_es-SafiGath_Israel ''Neutron activation and petrographic analysis of selected Late Bronze and Iron Age pottery from Tell es-Safi/Gath, Israel.''] In: ''Journal of Archaeological Science.'' Band 35, 2008, S. 956–964, hier 963.</ref> ab dem 12. Jhd. wurden sie aber zunehmend auch in Palästina selbst hergestellt. Als am nächsten verwandter Vorläufer gilt die „[[Helladische Periode|späthelladische]] Keramik IIIB“.<ref name="Wylie">Jonathon Wylie, Daniel Master: ''The Conditions for Philistine Ethnogenesis.'' In: ''Ägypten und Levante.'' Band 30, 2020, S. 547–568, hier 550 f.</ref> Die früheste philistäische, bereits überwiegend in der Levante produzierte Keramik, die man wegen der einfarbigen Verzierung „monochrome“ Keramik (oder „philistäisch 1“) nennt, ist eine regionale Variante der späthelladischen Keramik IIIC.<ref name="Wylie" /> Aus dieser entwickelt sich die „bichrome“ oder „polychrome Keramik“ (auch: „philistäisch 2“), die sowohl mit Rot als auch mit Schwarz bemalt ist. Noch später folgt darauf die sog. „Aschdod-Ware“ (auch „LPDW“ für „Late Philistine Decorated Ware“, oder: „philistäisch 3“), die man am leichtesten am typischen waagerechten schwarzen oder schwarz-weißen Band erkennt.<ref>Für Beispiele siehe: [https://www.levantineceramics.org/vessels/23075-khirbet-qeiyafa-l-b113-b-b138 ''Levantine Ceramics Project.''] Auf: ''levantineceramics.org''</ref> Eine übliche Datierung ist:<ref>Nach: David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 22.</ref><ref>Zur LDPW vgl. noch Aren M. Maeir, Itzhaq Shai (2015): [https://www.academia.edu/12376348/Maeir_A_M_and_Shai_I_2015_The_Origins_of_the_Late_Philistine_Decorated_Ware_A_Note_Tel_Aviv_42_1_59_66 ''The Origins of Late Philistine Decorated Ware: A Note.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 42, Nr. 1, 2015, S. 59–66.</ref>
Eine übliche Datierung ist:<ref>Nach: David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 22.</ref><ref>Zur LDPW vgl. noch Aren M. Maeir, Itzhaq Shai (2015): [https://www.academia.edu/12376348/Maeir_A_M_and_Shai_I_2015_The_Origins_of_the_Late_Philistine_Decorated_Ware_A_Note_Tel_Aviv_42_1_59_66 ''The Origins of Late Philistine Decorated Ware: A Note.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 42, Nr. 1, 2015, S. 59–66.</ref>


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Monochrome und bichrome Keramik ist d.&nbsp;Ö. figural gestaltet. Die häufigsten Motive sind Vögel und Fische sowie – aus dem ägyptischen Raum übernommen – die Lotusblume,<ref>Für ein Bsp. für Letzteres s. Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 272.</ref> daneben abstrakte Spiralen und ein Fischschuppen-Muster.<ref>Trude Dothan: ''The Philistines and their Material Culture''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 205–207.210.</ref> Darin unterscheidet sie sich von der früheren späthelladischen Keramik im mykenischen Kulturkreis, bei der Vögel und Fische nur zwei von vielen figürlichen Motiven sind, und von der zeitgleich produzierten mykenischen Keramik, bei der ab dem 12. Jhd. der Oktopus alle anderen Motive verdrängt.<ref>Linda G. Meiberg (2011): [https://www.academia.edu/13300257/Meiberg_L_G_2011_Figural_Motifs_on_Philistine_Pottery_and_Their_Connection_to_the_Aegean_World_Cyprus_and_Coastal_Anatolia_Ph_D_University_of_Pennsylvania ''Figural Motifs on Philistine Pottery and their Connections to the Aegean World, Cyprus and Coastal Anatolia'']. Dissertation, 2011, S. 46.</ref> In der Formgebung ist philistäische Keramik also am engsten in der früheren Zeit mit der mykenischen verwandt, motivisch hat sie sich schon mit dem Aufkommen in der Levante von dieser gelöst. Im Laufe der Zeit nähert sie sich in Palästina in der Form immer mehr der kanaanäisch-israelitischen Keramik an,<ref>David Ben-Shlomo (2018): [https://www.researchgate.net/publication/330501206_Change_Continuity_and_Connectivity ''Pottery and Terracottas in Philistia during the Early Iron Age: Aspects of Change and Continuity.''] In: Łukasz Niesiołowski-Spanò, Marek Węcowski (Hrsg.): ''Change, Continuity, and Connectivity. North-Eastern Mediterranean at the turn of the Bronze Age and in the early Iron Age.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2018, S. 142.</ref> zunehmend löst auch rötlicher [[Schlicker]] den klassischen hellen Farbton ab, und nach dem Aufkommen der bichromen Keramik lässt die figurale Gestaltung zugunsten simplerer Verzierungen nach. Ab dem frühen 7. Jhd. lässt sich in der ästhetischen Gestaltung kein großer Unterschied mehr zwischen diesen beiden Keramik-Gruppen feststellen; nun lässt sich philistäische Keramik nur noch an einigen charakteristischen Formen erkennen.<ref>David Ben-Shlomo u. a.: ''Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). Band 335, 2004, S. 1–35, hier 19.</ref><ref>Seymour Gitin: ''Philistia in the Late Iron Age II: The Development of the Ceramic Assemblage.'' In: Zev I. Farber, Jacob L. Wright (Hrsg.): [https://www.sbl-site.org/assets/pdfs/pubs/9780884143482_OA.pdf ''Archaeology and History of Eighth-Century Judah''.] SBL Press, Atlanta 2018. (PDF, 36,8 MB).</ref>
Monochrome und bichrome Keramik ist d.&nbsp;Ö. figural gestaltet. Die häufigsten Motive sind Vögel und Fische sowie – aus dem [[Altes Ägypten|ägyptischen]] Kulturkreis übernommen – die [[Lotosblumen|Lotosblume]],<ref>Für ein Bsp. für Letzteres s. Shirly Ben-Dor Evian (2017): [https://www.academia.edu/37955215/RAMESSES_III_AND_THE_SEA_PEOPLES_TOWARDS_A_NEW_PHILISTINE_PARADIGM ''Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm.''] In: ''Oxford Journal of Archaeology.'' Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 272.</ref> daneben abstrakte Spiralen und ein Fischschuppen-Muster.<ref>Trude Dothan: ''The Philistines and their Material Culture''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 205–207.210.</ref> Darin unterscheidet sie sich von der früheren späthelladischen Keramik im mykenischen Kulturkreis, bei der Vögel und Fische nur zwei von vielen figürlichen Motiven sind, und von der zeitgleich produzierten mykenischen Keramik, bei der ab dem 12. Jhd. der Oktopus alle anderen Motive verdrängt.<ref>Linda G. Meiberg (2011): [https://www.academia.edu/13300257/Meiberg_L_G_2011_Figural_Motifs_on_Philistine_Pottery_and_Their_Connection_to_the_Aegean_World_Cyprus_and_Coastal_Anatolia_Ph_D_University_of_Pennsylvania ''Figural Motifs on Philistine Pottery and their Connections to the Aegean World, Cyprus and Coastal Anatolia'']. Dissertation, 2011, S. 46.</ref> In der Formgebung ist philistäische Keramik also am engsten in der früheren Zeit mit der mykenischen verwandt, motivisch hat sie sich schon mit dem Aufkommen in der Levante von dieser gelöst.


Im Laufe der Zeit nähert sie sich in Palästina in der Form immer mehr der [[Kanaaniter|kanaanäisch]]-[[Israeliten|israelitischen]] Keramik an,<ref>David Ben-Shlomo (2018): [https://www.researchgate.net/publication/330501206_Change_Continuity_and_Connectivity ''Pottery and Terracottas in Philistia during the Early Iron Age: Aspects of Change and Continuity.''] In: Łukasz Niesiołowski-Spanò, Marek Węcowski (Hrsg.): ''Change, Continuity, and Connectivity. North-Eastern Mediterranean at the turn of the Bronze Age and in the early Iron Age.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2018, S. 142.</ref> zunehmend löst auch rötlicher [[Schlicker]] den klassischen hellen Farbton ab, und nach dem Aufkommen der bichromen Keramik lässt die figurale Gestaltung zugunsten simplerer Verzierungen nach. Ab dem frühen 7. Jhd. lässt sich in der ästhetischen Gestaltung kein großer Unterschied mehr zwischen diesen beiden Keramik-Gruppen feststellen; nun lässt sich philistäische Keramik nur noch an einigen charakteristischen Formen erkennen.<ref>David Ben-Shlomo u. a.: ''Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). Band 335, 2004, S. 1–35, hier 19.</ref><ref>Seymour Gitin: ''Philistia in the Late Iron Age II: The Development of the Ceramic Assemblage.'' In: Zev I. Farber, Jacob L. Wright (Hrsg.): [https://www.sbl-site.org/assets/pdfs/pubs/9780884143482_OA.pdf ''Archaeology and History of Eighth-Century Judah''.] SBL Press, Atlanta 2018. (PDF, 36,8 MB).</ref>
Am häufigsten produziert wurde Tafelgeschirr, das für Trinkgelage verwendet wurde. Oben abgebildet sind beispielsweise ein Krater zum Mixen von Wein und ein Bierkrug. Damit zeugt die philistäische Keramik wahrscheinlich nicht nur von einer unterschiedlichen materiellen Kultur, sondern auch von anderen kulturellen Gebräuchen als im kanaanäischen Umland, bei denen Trinkgelage eine wichtigere Rolle spielten als dort. Ab der bichromen Phase erscheinen kleinere Mengen an philistäischer Keramik aber auch in klar kanaanäischen Orten, woraus besonders Avraham Faust geschlossen hat, dass „kanaanäische Eliten“ die philistäischen Trinkgelage übernommen hätten.<ref>Z.B. Avraham Faust (2015): [https://www.academia.edu/12312051/Faust_A_2015_Pottery_and_Society_in_Iron_Age_Philistia_Feasting_Identity_Economy_and_Gender_Bulletin_of_the_American_Schools_of_Oriental_Research_373_167_198 ''Pottery and Society in Iron Age Philistia: Feasting, Identity, Economy and Gender.''] In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). 2015, Band 373, S. 167–198, hier 176–178.</ref> Für die Zuordnung von Ausgrabungsstätten zu den Philistern ist daher ab dem 11. Jhd. philistäisches Tafelgeschirr nur eingeschränkt aussagekräftig; ein stärkeres Indiz ist stattdessen philistäisches Kochgeschirr wie der oben abgebildete Koch-Krug, der von den Philistern anstelle des kanaanäischen Kochtopfes verwendet wurde und auch von einer anderen Esskultur zeugt.


Am häufigsten produziert wurde Tafelgeschirr, das für Trinkgelage verwendet wurde. Oben abgebildet sind beispielsweise ein Krater zum Mixen von Wein und ein Bierkrug. Damit zeugt die philistäische Keramik wahrscheinlich nicht nur von einer unterschiedlichen materiellen Kultur, sondern auch von anderen kulturellen Gebräuchen als im kanaanäischen Umland, bei denen [[Symposion|Trinkgelage]] eine wichtigere Rolle spielten als dort. Ab der bichromen Phase erscheinen kleinere Mengen an philistäischer Keramik aber auch in klar kanaanäischen Orten, woraus besonders Avraham Faust geschlossen hat, dass „kanaanäische Eliten“ die philistäischen Trinkgelage übernommen hätten.<ref>Z.B. Avraham Faust (2015): [https://www.academia.edu/12312051/Faust_A_2015_Pottery_and_Society_in_Iron_Age_Philistia_Feasting_Identity_Economy_and_Gender_Bulletin_of_the_American_Schools_of_Oriental_Research_373_167_198 ''Pottery and Society in Iron Age Philistia: Feasting, Identity, Economy and Gender.''] In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR). 2015, Band 373, S. 167–198, hier 176–178.</ref> Für die Zuordnung von Ausgrabungsstätten zu den Philistern ist daher ab dem 11. Jhd. philistäisches Tafelgeschirr nur eingeschränkt aussagekräftig; ein stärkeres Indiz ist stattdessen philistäisches Kochgeschirr wie der oben abgebildete Koch-Krug, der von den Philistern anstelle des kanaanäischen Kochtopfes verwendet wurde und auch von einer anderen Esskultur zeugt.

== Kultische Keramik ==
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Mycenaean female figurines, AM of Thebes, 201164.jpg|Figürchen
Mycenaean female figurines, AM of Thebes, 201164.jpg|Figürchen
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Weiterhin charakteristisch für die Keramik der Philister sind [[Terrakotta]]-Figürchen. Oben abgebildet sind Ausgrabungsfunde aus [[Tanagra]] in Griechenland; fast alle Figuren haben aber exakte Parallelen im philistäischen Israel: Belegt sind (1) Tierfigürchen – besonders Ochsen –, (2) menschliche Gestalten mit erhobenen Händen, die man nach dem [[Psi (Buchstabe)|griechischen Buchstaben]] „Psi-Figurine“ nennt, und (3) Stuhlfiguren, bei denen in Palästina häufig die Lehne in einen menschlichen Hals und Kopf übergeht und die „Aschdoda“ genannt werden. [[Trude Dothan]] hält Letztere für eine schematische Darstellung einer sitzenden Göttin.<ref>Trude Dothan: ''The Philistines and their Material Culture''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 234.</ref>
Weiterhin charakteristisch für die Keramik der Philister sind [[Terrakotta]]-Figürchen. Oben abgebildet sind Ausgrabungsfunde aus [[Tanagra]] in Griechenland; fast alle Figuren haben aber exakte Parallelen im philistäischen Israel: Belegt sind (1) Tierfigürchen – besonders Ochsen –, (2) menschliche Gestalten mit erhobenen Händen, die man nach dem [[Psi (Buchstabe)|griechischen Buchstaben]] „Psi-Figurine“ nennt, und (3) Stuhlfiguren, bei denen in Palästina häufig die Lehne in einen menschlichen Hals und Kopf übergeht und die „Aschdoda“ genannt werden. [[Trude Dothan]] hält Letztere für eine schematische Darstellung einer sitzenden Göttin.<ref>Trude Dothan: ''The Philistines and their Material Culture''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 234.</ref>


Auch Gefäße können figürlich gestaltet sein. So sind Trinkgefäße bisweilen nicht bemalt, sondern mit Löwenkopf-Ornamenten verziert.<ref>Für Beispiele s. Linda Meiberg (2013): [https://www.academia.edu/3533882/Philistine_Lion_Headed_Cups_Aegean_or_Anatolian ''Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian?''] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-762-1.</ref> Noch näher an getöpferten Figürchen stehen sog. „[[Zoomorphismus|zoomorphe]]“ und „anthropomorphe Gefäße“, die vollständig als Ochse, Igel, Pferd, Vogel oder Mensch gestaltet sind.<ref>Für weitere Beispiele s. David Ben-Shlomo (2008): [https://www.researchgate.net/publication/291309334_Zoomorphic_vessels_from_Tel_Miqne-Ekron_and_the_different_styles_of_Philistine_pottery ''Zoomorphic Vessels from Tel Miqne-Ekron and the Different Styles of Philistine Pottery.''] In: ''Israel Exploration Journal.'' (IEJ). Band 58, Nr. 1, 2008, S. 24–47.</ref> Weil sie auch in Tempeln und als Grabbeigaben gefunden wurden, vermutet man oft eine kultische Verwendung; Ben-Shlomo etwa denkt, sie seien Gefäße für [[Trankopfer]], bei denen aus diesen Gefäßen Flüssigkeiten für die Götter ausgegossen wurden.<ref>David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 105.</ref> Offensichtlich kultisch verwendet wurden schließlich Kultständer, Schreinmodelle, Lehmaltäre und Naoi. Der Kultständer aus Tell Qasile wurde in einem Tempel gefunden, die über 100 Schreinmodelle aus [[Javne (Stadt)|Javne]]<ref>Abbildungen in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/142371/1/Kletter_et_al_2010_Yavneh_I.pdf ''Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plates 8–116.</ref> sowie ein Lehmaltar<ref>Abbildung in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/142371/1/Kletter_et_al_2010_Yavneh_I.pdf ''Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plate 162.</ref> und ein Naos<ref>Abbildung in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2015): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/136770/1/Kletter_et_al_2015_Yavneh_II.pdf ''Yavneh II: The ‚Temple Hill‘ Repository Pit.''] Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-54400-6, Plate 3.</ref> wie die beiden oben abgebildeten in einer gewiss zu einem Tempel gehörenden [[Bothros|Favissa]] – aber zum Beispiel der berühmte „Musikanten-Ständer“ aus Aschdod scheint im privaten Kult zu Hause und zwei Lehmaltäre aus Aschkelon und Ekron bei einer [[Ölpresse]] und in einem städtischen Lagerhaus verwendet worden zu sein.<ref>Vgl. Felix Hagemeyer: ''Aschdod und Jerusalem. Eine archäologische und exegetische Untersuchung zu den Beziehungen von südpalästinischer Küstenebene und judäischem Bergland''. Mohr Siebeck, Tübingen 2022, ISBN 978-3-16-162332-5, S. 59.</ref><ref>Federica Spagnoli (2015): [https://www.academia.edu/11935828/In_the_nostrils_of_God_stone_incense_altars_in_Phoenician_cult_contexts ''In the nostrils of God: stone incense altars in Phoenician cult contexts.''] In: Anne-Marie M. Afeiche (Hrsg.): ''Cult and ritual on the Levantine coast and its impact on the eastern Mediterranean realm. Proceedings of the international symposium, Beirut 2012.'' Ministère de la culture, Beyrouth 2015, S. 216.</ref> Aus Weihrauch-Resten kann man darauf schließen, dass auf den Kultständern und Lehmaltären Gottheiten Weihrauch dargebracht wurde. Naoi waren portable Tempelchen für Götterfigürchen,<ref>Daniel O. McClellan (2021): [https://www.researchgate.net/publication/349498781_Forming_divine_bodies_in_the_Hebrew_Bible ''Forming divine bodies in the Hebrew Bible.''] In: Francesca Stavrakopoulou (Hrsg.): ''Life and Death. Social Perspectives on Biblical Bodies.'' Bloomsbury Publishing, London 2021, S. 178.</ref> in denen man sich Gottheiten ebenso präsent dachte wie in großen Tempeln. Die Funktion der Schreinmodelle dagegen ist noch nicht klar.<ref>Für einige Vorschläge in der Forschung s. Raz Kletter u.&nbsp;a. (2006): [https://www.researchgate.net/publication/292577899_Cult_Stands_of_the_Philistines_A_Genizah_from_Yavneh ''Cult Stands of the Philistines. A Genizah from Yavneh.''] In: ''Near Eastern Archaeology.'' (NEA). Band 69, Nr. 3–4, 2006, S. 146–159, hier 150 f.</ref>
Auch Gefäße können figürlich gestaltet sein. So sind Trinkgefäße bisweilen nicht bemalt, sondern mit Löwenkopf-Ornamenten verziert.<ref>Für Beispiele s. Linda Meiberg (2013): [https://www.academia.edu/3533882/Philistine_Lion_Headed_Cups_Aegean_or_Anatolian ''Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian?''] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-762-1.</ref> Noch näher an getöpferten Figürchen stehen sog. „[[Zoomorphismus|zoomorphe]]“ und „anthropomorphe Gefäße“, die vollständig als Ochse, Igel, Pferd, Vogel oder Mensch gestaltet sind.<ref>Für weitere Beispiele s. David Ben-Shlomo (2008): [https://www.researchgate.net/publication/291309334_Zoomorphic_vessels_from_Tel_Miqne-Ekron_and_the_different_styles_of_Philistine_pottery ''Zoomorphic Vessels from Tel Miqne-Ekron and the Different Styles of Philistine Pottery.''] In: ''Israel Exploration Journal.'' (IEJ). Band 58, Nr. 1, 2008, S. 24–47.</ref> Weil sie auch in [[Tempel]]n und als [[Grabbeigabe]]n gefunden wurden, vermutet man oft eine kultische Verwendung; Ben-Shlomo etwa denkt, sie seien Gefäße für [[Trankopfer]], bei denen aus diesen Gefäßen Flüssigkeiten für die Götter ausgegossen wurden.<ref>David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 105.</ref> Offensichtlich kultisch verwendet wurden schließlich Kultständer, Schreinmodelle, Lehmaltäre und Naoi. Der Kultständer aus [[Tell Qasile]] wurde in einem Tempel gefunden, die über 100 Schreinmodelle aus [[Javne (Stadt)|Javne]]<ref>Abbildungen in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/142371/1/Kletter_et_al_2010_Yavneh_I.pdf ''Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plates 8–116.</ref> sowie ein Lehmaltar<ref>Abbildung in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/142371/1/Kletter_et_al_2010_Yavneh_I.pdf ''Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plate 162.</ref> und ein Naos<ref>Abbildung in: Raz Kletter u.&nbsp;a. (2015): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/136770/1/Kletter_et_al_2015_Yavneh_II.pdf ''Yavneh II: The ‚Temple Hill‘ Repository Pit.''] Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-54400-6, Plate 3.</ref> wie die beiden oben abgebildeten in einer gewiss zu einem Tempel gehörenden [[Bothros|Favissa]] – aber zum Beispiel der berühmte „Musikanten-Ständer“ aus [[Aschdod]] scheint im privaten Kult zu Hause und zwei Lehmaltäre aus Aschkelon und [[Ekron]] bei einer [[Ölpresse]] und in einem städtischen Lagerhaus verwendet worden zu sein.<ref>Vgl. Felix Hagemeyer: ''Aschdod und Jerusalem. Eine archäologische und exegetische Untersuchung zu den Beziehungen von südpalästinischer Küstenebene und judäischem Bergland''. Mohr Siebeck, Tübingen 2022, ISBN 978-3-16-162332-5, S. 59.</ref><ref>Federica Spagnoli (2015): [https://www.academia.edu/11935828/In_the_nostrils_of_God_stone_incense_altars_in_Phoenician_cult_contexts ''In the nostrils of God: stone incense altars in Phoenician cult contexts.''] In: Anne-Marie M. Afeiche (Hrsg.): ''Cult and ritual on the Levantine coast and its impact on the eastern Mediterranean realm. Proceedings of the international symposium, Beirut 2012.'' Ministère de la culture, Beyrouth 2015, S. 216.</ref> Aus [[Weihrauch]]-Resten kann man darauf schließen, dass auf den Kultständern und Lehmaltären Gottheiten Weihrauch dargebracht wurde. Naoi waren portable Tempelchen für Götterfigürchen,<ref>Daniel O. McClellan (2021): [https://www.researchgate.net/publication/349498781_Forming_divine_bodies_in_the_Hebrew_Bible ''Forming divine bodies in the Hebrew Bible.''] In: Francesca Stavrakopoulou (Hrsg.): ''Life and Death. Social Perspectives on Biblical Bodies.'' Bloomsbury Publishing, London 2021, S. 178.</ref> in denen man sich Gottheiten ebenso präsent dachte wie in großen Tempeln. Die Funktion der Schreinmodelle dagegen ist noch nicht klar.<ref>Für einige Vorschläge in der Forschung s. Raz Kletter u.&nbsp;a. (2006): [https://www.researchgate.net/publication/292577899_Cult_Stands_of_the_Philistines_A_Genizah_from_Yavneh ''Cult Stands of the Philistines. A Genizah from Yavneh.''] In: ''Near Eastern Archaeology.'' (NEA). Band 69, Nr. 3–4, 2006, S. 146–159, hier 150 f.</ref>


== Herkunft ==
Vorläufer des philistäischen Tafelgeschirrs findet man im ganzen mykenischen Kulturkreis, besonders aber auf Zypern;<ref>Ann E. Killebrew (2000): [https://www.academia.edu/8289460/Aegean_Style_Early_Philistine_Pottery_in_Canaan_During_the_Iron_I_Age_A_Stylistic_Analysis_of_Mycenaean_IIIC_1b_Pottery_and_Its_Associated_Wares_by_Ann_E_Killebrew_2000 ''Aegean-Style Early Philistine Pottery in Canaan During the Iron I Age: A Stylistic Analysis of Mycenaean IIIC:1b Pottery and Its Associated Wares.''] In: Eliezer D. Oren (Hrsg.): ''The Sea Peoples and Their World: A Reassessment.'' The University Museum, Philadelphia 2000, ISBN 0-924171-80-4, S. 243.</ref> das Vogel-Motiv hat seine engsten Parallelen auf Kreta,<ref>Linda G. Meiberg (2018): [https://www.academia.edu/37791206/Decorative_Motifs_on_Philistine_Pottery_and_their_Connections_to_Crete ''Decorative Motifs on Philistine Pottery and their Connections to Crete.''] In: ''Ägypten und Altes Testament.'' Band 90, 2018, S. 322–335.</ref> die Figuren entsprechen genau solchen, die auch auf dem griechischen Festland gefunden wurden, die löwenköpfigen Gefäße sind wohl nach anatolischen Vorbildern gestaltet,<ref>Linda Meiberg (2013): [https://www.academia.edu/3533882/Philistine_Lion_Headed_Cups_Aegean_or_Anatolian Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian?] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013.</ref> die Schreinmodelle und Lehmaltäre haben sehr nahe Parallelen bei den Kanaanäern des Jesreeltals und Naoi wie die philistäischen wurden in ganz Palästina gefunden. Es ist daher nicht möglich, von der philistäischen Töpferei auf ihre Herkunft zu schließen; stattdessen zeugt so auch ihre Keramikkunst vom Mischvolkcharakter der Seevölker.
Vorläufer des philistäischen Tafelgeschirrs findet man im ganzen mykenischen Kulturkreis, besonders aber auf [[Zypern]];<ref>Ann E. Killebrew (2000): [https://www.academia.edu/8289460/Aegean_Style_Early_Philistine_Pottery_in_Canaan_During_the_Iron_I_Age_A_Stylistic_Analysis_of_Mycenaean_IIIC_1b_Pottery_and_Its_Associated_Wares_by_Ann_E_Killebrew_2000 ''Aegean-Style Early Philistine Pottery in Canaan During the Iron I Age: A Stylistic Analysis of Mycenaean IIIC:1b Pottery and Its Associated Wares.''] In: Eliezer D. Oren (Hrsg.): ''The Sea Peoples and Their World: A Reassessment.'' The University Museum, Philadelphia 2000, ISBN 0-924171-80-4, S. 243.</ref> das Vogel-Motiv hat seine engsten Parallelen auf [[Kreta]],<ref>Linda G. Meiberg (2018): [https://www.academia.edu/37791206/Decorative_Motifs_on_Philistine_Pottery_and_their_Connections_to_Crete ''Decorative Motifs on Philistine Pottery and their Connections to Crete.''] In: ''Ägypten und Altes Testament.'' Band 90, 2018, S. 322–335.</ref> die Figuren entsprechen genau solchen, die auch auf dem [[Antikes Griechenland|griechischen Festland]] gefunden wurden, die löwenköpfigen Gefäße sind wohl nach [[Kleinasien|anatolischen]] Vorbildern gestaltet,<ref>Linda Meiberg (2013): [https://www.academia.edu/3533882/Philistine_Lion_Headed_Cups_Aegean_or_Anatolian Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian?] In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): ''The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2013.</ref> die Schreinmodelle und Lehmaltäre haben sehr nahe Parallelen bei den Kanaanäern der [[Jesreelebene]] und Naoi wie die philistäischen wurden in ganz Palästina gefunden. Es ist daher nicht möglich, von der philistäischen Töpferei auf ihre Herkunft zu schließen; stattdessen zeugt so auch die Keramikkunst der Philister vom Mischvolkcharakter der [[Seevölker]].

=== Religion ===

==== Pantheon ====
An Textquellen über die Religion der Philister gibt es fast nur die Bibel: {{B|1 Sam|5|1–5}} und {{B|1 Makk|10|84}} berichten von einem Tempel des Gottes [[Dagān]] in Aschdod, {{B|Ri|16|23–30}} erzählen von einem Tempel Dagāns in Gaza. In einer assyrischen Inschrift ist auch ein philistäischer Ortsname „Bet Dagan“ („Haus [=Tempel] des Dagān“) belegt.<ref>Amihai Mazar: ''The Temples and Cult of the Philistines.'' In: Eliezer D. Oren (Hrsg.): ''The Sea Peoples and Their World.'' University of Pennsylvania Press, Pennsylvania 2000, ISBN 978-1-934536-43-8, S. 214.</ref> Dagān, der auch in [[Ugarit]] und von den [[Phönizier]]n verehrt wurde, scheint also wirklich ein wichtiger Gott auch der Philister gewesen zu sein.

In Bet Scheʾan soll laut {{B|1 Sam|31|8–10}} weiterhin ein Tempel der [[Astarte]] („Aschtarot“) gestanden haben. Laut {{B|1 Chr|10|10}} dagegen ist der Tempel von Bet Scheʾan ein weiterer Dagān-Tempel. Eine Inschrift des 7. Jhds. v.&nbsp;Chr. aus dem Tempel in Ekron („für [[Aschera]]“) macht auch die Verehrung dieser Göttin wahrscheinlich. In einer kuriosen Überlieferung in {{B|2 Kön|1|2–3}} ist außerdem die Rede von einem Gott „[[Beelzebub|Ba’al Zebub]]“ („Herr der Fliegen“) in Ekron; der Name ist aber fast sicher eine [[Verballhornung]] des Namens eines andersnamigen Gottes. Aus dem Dämonennamen „Beelzebul“ im Neuen Testament (z.&nbsp;B. {{B|Mk|3|22}}), mit dem auch der Bibelübersetzer [[Symmachus der Ebionit|Symmachus]] den Namen in 2 Kön 1 übersetzt, wird oft darauf geschlossen, dass der eigentliche Name „''Ba’al zebul''“ („erhabener Ba’al“ / „erhabener Herr“) war, wonach die Philister auch den kanaanäischen Gott [[Ba’al]] verehrt haben.<ref>W. Herrmann: ''Baal Zebub בעל זבוב.'' In: Karel van der Toorn u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Dictionary of Deities and Demons in the Bible. DDD. Second extensively revised edition.'' Brill / William B. Eerdmans Publishing Company, Leiden u.&nbsp;a. 1999, ISBN 90-04-11119-0, S. 154–156.</ref> Auch dies bestätigt eine Inschrift im Tempel von Ekron („für Ba’al und für [König] Padi“).<ref>Jens Kamlah (2003): ''Tempel 650 in Ekron und die Stadttempel der Eisenzeit in Palästina.'' In: Cornelis G. den Hertog u.&nbsp;a. (Hrsg.): [https://www.academia.edu/441445/Saxa_loquentur_Studien_zur_Arch%C3%A4ologie_Pal%C3%A4stinas_Israels_Festschrift_f%C3%BCr_Volkmar_Fritz_zum_65_Geburtstag_M%C3%BCnster_Ugarit_Verlag_2003 ''Saxa Loquentur. Studien zur Archäologie Palästinas/Israels. Festschrift für Volkmar Fritz zum 65. Geburtstag.''] Ugarit-Verlag, Münster 2003, S. 101–125, hier 104, 107.</ref>

Eine vor wenigen Jahren gefundene Widmungsinschrift eines Ekroner Stadtkönigs Akisch bezeugt schließlich die Verehrung einer Göttin ''Pt<g>y.h ˀdt(h)'' („Herrin ''Ptgy.h''“):<ref>Seymour Gitin u. a.: ''A Royal Dedicatory Inscription from Ekron.'' In: ''Israel Exploration Journal.'' (IEJ) Band 47, Nr. 1–2, 1997, S. 1–16, hier 9.</ref>

[[Datei:JRSLM 300116 Ekron inscription.jpg|mini|alt=Bild einer Steintafel mit althebräischen Buchstaben|Widmungsinschrift aus Ekron]]

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|style="text-align:right"| 𐤟𐤁𐤕𐤟𐤁𐤍𐤟𐤀𐤊𐤉𐤔𐤟𐤁𐤍𐤟𐤐𐤃𐤉𐤟𐤁𐤍<br />𐤉𐤎𐤃𐤟𐤁𐤍𐤟𐤀𐤃𐤀𐤟𐤁𐤍𐤟𐤉𐤏𐤓𐤟𐤔𐤓𐤏𐤒<br />𐤓𐤍𐤟𐤋𐤐𐤕⸢𐤂⸣𐤉𐤟𐤄𐤟𐤀𐤃𐤕𐤄𐤟𐤕𐤁𐤓𐤊𐤄𐤟𐤅𐤕<br />𐤟𐤔𐤌⸢𐤓⸣𐤄𐤟𐤅𐤕𐤀𐤓𐤊𐤟𐤉𐤌𐤄𐤟𐤅𐤕𐤁𐤓𐤊<br />𐤀⸣𐤓⸢𐤑⸣𐤄⸣
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|''bt·bn·ʾkyš·bn·pdy·bn·''<br />''ysd·bn·ʾdʾ·bn·yʿr·śrʿq''<br />''rn·lpt''<g>''y·h·ʾdth·tbrkh·wt''<br />''šm''<''r''>''h·wtʾrk·ymh·wtbrk·''<br /><''ʾ''>''r''<''ṣ''>''h''
|-
|[Dieses] Haus baute Akisch, Sohn des Padi, Sohn des<br />Yasid, Sohn des Ada, Sohn des Ya'ir, Herrscher von Ek-<br />ron, für ''PT<G>Y.H ˀdth''. Möge sie ihn segnen, und ihn be-<br />schü<t>zen, und seine Lebenszeit verlängern, und segnen<br />sein <La>n<d>!
|}

Der Buchstabe ''g'' im Namen ''Pt<g>yh'' ist allerdings beschädigt; Görge hat etwa vorgeschlagen, dass graphisch stattdessen plausibler ein ''r'' zu lesen sei, [[Aaron Demsky]] präferiert ''n'' (vgl. die ähnliche Schreibung: 𐤂 𐤍 𐤓 = ''g n r'').<ref>M. Görge: ''Die Göttin der Ekron-Inschrift.'' In: ''Biblische Notizen.'' (BN) Band 93, 1998, S. 9–10.</ref><ref>Aaron Demky (1997): [https://janes.scholasticahq.com/article/2419-the-name-of-the-goddess-of-ekron-a-new-reading ''The Name of the Goddess of Ekron: A New Reading.''] In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society.'' (JANES). Band 25, Nr. 1, 1997, S. 1–5.</ref> Von diesen drei Rekonstruktionen der Konsonanten aus sind dann sehr unterschiedliche Vorschläge zur Deutung des mutmaßlichen Göttinnen-Namens gemacht worden:<br />(1) Am wenigsten problematisch ist der Vorschlag von Christa Schäfer-Lichtenberger, ''Ptgyh ˀdt(h)'' bedeute „für [[Gaia (Mythologie)|Gaia]] von [[Delphi]], seine Herrin“. König Akisch würde dann also der aktuell noch in einem Tempel in Delphi beheimateten Göttin Gaia ein zweites Heim in Ekron bauen.<ref>Schäfer-Lichtenberger vergleicht dazu die griechische Bezeichnung ''Pythonike'' („[[Nike (Siegesgöttin)|Nike]] von Delphi“) und will danach die Konsonanten als ''Pythogayah'' („[[Gaia (Mythologie)|Gaia]] von Delphi“) lesen. Vgl. Christa Schäfer-Lichtenberger: ''The Goddess of Ekron and the Religious-Cultural Background of the Philistines.'' In: ''Israel Exploration Journal.'' (IEJ) Band 50, Nr. 1–2, 2000, S. 82–91.</ref><ref>Christa Schäfer-Lichtenberger (2022): ''Achish and the Goddess of Ekron: What's in a Name?'' In: Seymour Gitin u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''[https://hmane.harvard.edu/publications/tel-miqne-ekron-excavations-1994%E2%80%931996-field-iv-upper-and-field-v-elite-zone-1 Tel Miqne-Ekron Excavations 1994–1996. Field IV Upper and Field V: The Elite Zone. Part 1: Iron Age IIC Temple Complex 650.]'' Eisenbrauns, University Park 2022, ISBN 978-1-64602-217-5.</ref><br />Daneben wurden als Interpretationsvorschläge gemacht: (2) ''Potniyah'' („Herrin“) nach dem griechischen ''potnia''; der gesamte Ausdruck bedeutete also einmal mit griechischem, einmal mit semitischem Wort „für ''Herrin'', seine Herrin“.<ref>So Aaron Demsky (1997): [https://janes.scholasticahq.com/article/2419-the-name-of-the-goddess-of-ekron-a-new-reading ''The Name of the Goddess of Ekron: A New Reading.''] In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society.'' (JANES). Band 25, Nr. 1, 1997, S. 1–5.<br />Der Vorschlag krankt aber daran, dass dann nur hier der griechische Göttinnen-''Titel'' „Potnia“ als Göttinnen-''Bezeichnung'' verwendet würde.</ref> Außerdem: (3) „Für [die ugaritische Göttin] [[Pidray]], seine Herrin“;<ref>So Stephen R. Berlant (2008): ''[https://www.academia.edu/24115851/The_Mysterious_Ekron_Goddess_Revisited The Mysterious Ekron Goddess Revisited].'' In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society.'' (JANES) Band 31, Nr. 1, 2008, S. 15–21.<br />Berlant setzt dafür am Punkt zwischen den Buchstaben ''y'' und ''h'' an, der sonst in dieser und anderen Inschriften ein Worttrenner ist, und deutet das übrige ''Ptry'' als Schreibfehler (wörtlich: „a previously unrecognized form“) für die ugaritische Göttin [[Pidray]]. Das ''h'' soll dann als Nachsilbe hinzugefügt worden sein, um den Namen zu „hebraisieren“, und aus einem noch zu erklärenden Grund mit Worttrennungszeichen vom Namen abgehoben worden sein.</ref> (4) „für die göttliche Patronin des Staates Pattin, seine Herrin“<ref>So Alexander Fantalkin (2017): [https://www.academia.edu/35481091/Toward_the_Identification_of_the_Goddess_of_Ekron ''Toward the Identification of the Goddess of Ekron.''] In: ''Journal of Ancient Near Eastern Religions.'' (JANER) Band 17, 2017, S. 97–115.<br />Fantalkin setzt dafür an den Tatsachen an, dass einer der Nachfolgestaaten Palastins der Staat [[Unqi]] war und dass dieser von Assyrern bisweilen auch „Pattin“ genannt wurde. Ein hypothetisches „Pattinayah“ soll dann Bezeichnung der göttlichen Patronin dieses Staats gewesen sein. Er weist auf S. 107 aber selbst auf die Schwierigkeit hin, dass der Name „Pattin“ eben nur in assyrischen Quellen als Fremdbezeichnung belegt ist.</ref> und schließlich auch mit anderer Deutung der Syntax: (5) „Akisch (…) baute einen Tempel für das Fünfer-Land [= die Pentapolis]. Seine Herrin möge ihn segnen (…)“.<ref>So Philip C. Schmitz: ''Philistine PTG̊Y, Greek *ΠΕΝΤΑΓΑĨΑ ‚Five Lands‘: Contact Effects in the Royal Dedicatory Stela from Ekron.'' In: ''Eretz-Israel.'' Band 32, 2016, S. 91–102.<br />Schmitz will dafür die Zeichenfolge ''pt'' als ''pitta'' oder ''petta'' lesen, was wiederum für ''penta'' (griechisch „Fünf“) mit assimiliertem Laut ''n'' stehen soll. ''Gaia'' nimmt er im Gegensatz zu Schäfer-Lichtenberger nicht als Name einer Göttin, sondern in der wörtlichen Bedeutung „Erde“, was aber hier wie im Hebräischen für „Land“ stehen soll, so dass das „Fünfer-Land“ für die philistäische Pentapolis stünde. Die unübliche Auflösung der Syntax ist unproblematisch; schwierig sind aber erstens die beiden Annahmen, dass bei den dann mindestens ''auch'' griechisch sprechenden Philistern die Lautverschiebung ''penta'' > ''petta'' stattgefunden haben und das griechische Wort ''gaia'' („Erde“) wie das entsprechende hebräische Wort für „Erde“ ''und'' „Land“ verwendet worden sein soll, und zweitens die Tatsache, dass ganz unsicher ist, ob es einen Fünferbund der fünf großen philistäischen Städte wirklich je gegeben hat. Vgl. Walter Dietrich (2020): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/30687/ ''Pentapolis.''] In: ''WiBiLex.'' abgerufen am 22. Januar 2024.</ref>

Aus assyrischen Inschriften ist für das 7.&nbsp;Jhd. v. Chr. ein König ''Ikausu, Sohn des Padi'' belegt. Ist dieser Ikausu identisch mit Akisch, stammt die Inschrift aus dem 7.&nbsp;Jhd. und die Philister sprachen zu dieser Zeit einen semitischen Dialekt, schrieben mit [[Althebräische Schrift|phönizisch-althebräischer]] Schrift (was beides noch häufiger belegt ist; etwa in Qubur el-Walayida für das 12.&nbsp;Jhd.<ref>John F. Brug (1985): [https://www.academia.edu/95990394/Brug_a_Literary_and_Archaeological_Study_of_the_Philistines ''A Literary and Archaeological Study of the Philistines'']. B.A.R., Oxford 1985, S. 194.</ref>), hatten überwiegend semitische Namen und verehrten mit Dagān, Astarte, Aschera und Ba’al semitische Götter.<ref>Seymour Gitin u. a.: ''A Royal Dedicatory Inscription from Ekron.'' In: ''Israel Exploration Journal.'' (IEJ) Band 47, Nr. 1–2, 1997, S. 1–16, hier 9.</ref> Nur ''Ptgyh'' könnte eine nicht-semitische Gottheit sein, wenn man dies mit Schäfer-Lichtenberger als „Gaia“ interpretiert. So und so ist damit die philistäische Religion ein reiner [[Polytheismus]].

==== Tempelkult und Hauskult ====
[[Datei:Tell Qasile Temple.png|mini|hochkant|alt=Grundriss eines kleinen Tempels. Er etwa dreimal so lang wie Breit. Das vordere Drittel ist durch eine Schwelle von den hinteren zwei dritteln abgetrennt. An den Wänden stehen Steinbänke. Zentral im Raum befinden sich eine Säule, hinten ein Podest mit zwei Stufen, auf deren unterster ebenfalls eine Säule steht.|Tempel in Tell Qasile. Vorne ein Vorraum, dahinter der Kultraum mit zwei vermutlich heiligen Säulen, einem kleinen gestuften Podest für eine Kultfigur und Bänken an den Wänden, auf denen man wahrscheinlich Opfergaben deponierte.]]

Diese Götter wurden in Tempeln verehrt. Wie der ''Ptgyh'' gewidmete Tempel mit Opfergaben für Aschera und Ba’al zeigt, konnten mehrere Gottheiten zugleich in nur einem Gebäude verehrt werden. In den bisher genannten Text-Quellen werden Tempel in Aschdod, Aschkelon, Gaza, Ekron und Bet Scheʾan bezeugt. Archäologen denken außerdem, bei Ausgrabungen und Suveys Tempel in [[Tell Qasile]] und [[Nahal Patisch]] sowie eine kleinere Kultstätte in Gat gefunden zu haben, und schließen auch von der Favissa in [[Javne (Stadt)|Javne]] auf eine Kultstätte. Der Ortsname „Bet Dagān“ („Haus des Dagān“) macht sehr wahrscheinlich, dass auch dort ein Dagān-Tempel stand. Waren in der frühen Eisenzeit das Jesreeltal und das zentrale Jordantal wirklich philistäisch, könnten außerdem die Kultstätten in [[Megiddo]], [[Tell Qiri]], [[Abu al-Kharaz]], [[Tell es-Sa'idiyeh]] und [[Tell el-Mazar]] philistäisch gewesen sein. Damit scheinen die Philister in der Eisenzeit eine weit „tempelreichere“ Gesellschaft gewesen zu sein als Israeliten, Judäer, Kanaanäer und die Bewohner von [[Be’er Scheva|Be’er-Scheva]]-Tal und [[Negev]].

Doch das ist noch zu präzisieren. Der singuläre Südtempel von Bet Scheʾan<ref>Abbildung in Robert Mullins (2012): [https://www.academia.edu/2941224/The_Late_Bronze_and_Iron_Age_Temples_at_Beth_Shean ''The Late Bronze and Iron Age Temples at Beth Shean.''] In: Jens Kamlah, Henrike Michelau (Hrsg.): ''Temple Building and Temple Cult. Architecture and Cultic Paraphernalia of Temples in the Levant (2.-1. Mill. B.C.E.)'' Harrassowitz, Wiesbaden 2012, S. 127–158, hier 146.</ref> und der große und späte Tempel in Ekron (7. Jhd.)<ref>Abbildung auf [https://brewminate.com/archaeological-evidence-of-ancient-philistine-cult-and-religion/ brewinate.com]; abgerufen am 23. Januar 2024.</ref> sind Ausnahmeerscheinungen. Die beiden Grenz-Tempel in Tell Qasile und Nahal Patisch und den Nordtempel in Bet Scheʾan nennt man wegen ihrer kleinen Größe und dem asymmetrischen Zugang von der Seite her „nicht-monumentale Knickachs-Tempel“. Auch das „kultische Gebäude“ in Tell Qiri könnte ein solcher nicht-monumentaler Knickackstempel gewesen sein,<ref>Abbildung in Amnon Ben-Tor u. a.: ''Tell Qiri. A Village in the Jezreel Valley. Report of the Archaeological Excavations 1975–1977''. Institute of Archaeology, Jerusalem 1987, S. 87. Hier wäre aber anders als bei den anderen dreien der Vorraum als Nebenraum realisiert worden.</ref> und auch die Tempel in Abu al-Kharaz und Tell es-Sa'idiyeh, wo neuerdings ebenfalls Philister vermutet werden, sind solche;<ref>Vgl. Maura Sala (2018): [https://www.researchgate.net/publication/328998586_Beyond_Dagon_Resilience_and_Entanglement_of_Canaanite_Backgrounds_in_Sacred_Buildings_and_Cult_Practices_of_Iron_Age_Philistia ''Beyond Dagon: Resilience and Entanglement of Canaanite Backgrounds in Sacred Buildings and Cult Practices of Iron Age Philistia.''] In: Itzhaq Shai u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Tell it in Gath. Studies in the History and Archaeology of Israel. Essays in Honor of Aren M. Maeir on the Occasion of his Sixtieth Birthday.'' Zaphon, Münster 2018, ISBN 978-3-96327-032-1, S. 354.</ref> ebenso der im benachbarten [[Pella (Jordanien)|Pella]].<ref>Abbildung von Phase VI in Stephen J. Bourke (2013): [https://acorjordan.org/wp-content/uploads/pdfs/ACOR%20Newsletter%20Vol.%2025.1.pdf ''Pre-Classial Pella in Jordan: A Conspectus of Recent Work.''] In: ''Acor Newsletter.'' Band 25, Nr. 1, 2013, S. 1–5, hier 5.<br />Bourke führt den Neubau als Knickachstempel, in dem auch eine Aschdoda und philistäische Keramik gefunden wurde, auf Kontakt zur (philistäischen?) „Küstenebene“ zurück; für Pella insgesamt scheint man aber sonst noch keine philistäischen Einflüsse angenommen zu haben. Vgl. Stephen J. Bourke: ''The Six Canaanite Temples of Ṭabaqāt Faḥil. Excavating Pella's „Fortress“ Temple (1994–2009).'' In: Jens Kamlah (Hrsg.): ''Temple building and Temple Cult. Architecture and Cultic Paraphernalia of Temples in the Levant (2.-1. Mill. BCE)''. Harrassowitz, Wiesbaden 2012, S. 159–201, hier 191.</ref> Zu betonen ist „nicht-monumental“, denn Ähnliches gilt für weitere Orte: In Javne konnte gar kein Tempel sicher identifiziert werden, zu dem die Favissa gehört haben könnte, und die bisher ausgegrabenen Kultorte in Aschdod, Aschkelon,<ref>Zu Aschkelon vgl. Daniel M. Master, Adam J. Aja: ''The House Shrine of Ashkelon.'' In: ''Israel Exploration Journal.'' (IEJ). Band 61, Nr. 2, S. 129–145.</ref> Gat und der ältere in Ekron sind „Kulträume“ in größeren Gebäuden. Auch in Megiddo, wo in der frühen Eisenzeit I der spätbronzezeitliche Kult in einem größeren Gebäude fortgeführt wurde, kommen in der eventuell philistäischen Phase im Zuge eines „Dezentralisierungsprozesses“<ref>Assaf Kleiman u. a.: ''Cult Activity at Megiddo in the Iron Age: New Evidence and a Long-Term Perspective.'' In: ''Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins.'' Band 133, Nr. 1, 2017, S. 24–52, hier 44.</ref> mehrere kleine Kulträume in verschiedenen Gebäuden hinzu. Kultische Keramik (s.&nbsp;o.) wurde überdies häufig nicht in Kultstätten gefunden, sondern in Privathäusern<ref>Vgl. die Liste in David Ben-Shlomo (2010): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 188.</ref> und als Grabbeigaben sowie bei industriellen Einrichtungen. Auch hierin ist die Situation anders als in [[Jerusalemer Tempel|Jerusalem]], [[Motza]], [[Tell el-Fārʿa (Nord)|Tirza]], [[Dotan (antike Stadt)|Dotan]],<ref>Zu Dotan vgl. Yoel Elitzur (2023): [https://janes.scholasticahq.com/article/75249-the-altar-at-tel-dothan-a-trace-of-josiah-s-reform ''The Altar at Tel Dothan – A Trace of Josiah's Reform?''] In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society.'' (JANES). Band 36, Nr. 1, 2023, S. 62–89, hier 67 f.</ref> [[Tel Arad|Arad]] und bei den [[Höhenheiligtum#Israeliten|Höhenheiligtümern]] in [[Bet-El]] und auf dem [[Garizim]], wo große Kultstätten strukturell herausgehobener sind als in den (mutmaßlich) philistäischen Gebieten. Es ist daher möglich, dass man bei den Erzählungen über Philister-Tempel in der Bibel nicht an eindrückliche Gebäude denken sollte wie beim Jerusalemer Tempel, sondern an bescheidene Bauten, da auch der öffentliche Kult der Philister grundsätzlich in kleinerem Maßstab gepflegt wurde als bei den Israeliten.

==== Totenkult ====
Was sich archäologisch über den philistäischen Totenkult erkennen lässt, ist überwiegend wenig bemerkenswert: Bestattet wurde ähnlich multiform wie bei den benachbarten Volksgruppen; belegt sind Grubengräber, Kistengräber, Urnengräber (auch: nach Kremation), Sargbegräbnis und Höhlengrab. Zur besonderen Form eventuell philistäischer Särge s.&nbsp;o. zum Aussehen.<br />

[[Datei:Doppel-Pithos-Begräbnis.jpg|mini|Fundorte von Doppel-Pithos-Bestattungen]]

Eine Ausnahme ist das „Doppel-Pithos-Begräbnis“, bei dem statt eines Sargs zwei durch Zerbrechen geweitete Amphoren vom Kopf und von den Füßen her über Verstorbene gestülpt wurden. Die Fundorte in Palästina sind auf der Karte eingezeichnet.<ref>Zu Megiddo vgl. Timothy P. Harrison (2004): [https://isac.uchicago.edu/sites/default/files/uploads/shared/docs/OIP127.pdf ''Megiddo 3. Final Report on the Stratum VI Excavations'']. The Oriental Institute of the University of Chicago, Chicago / Illinois 2004, S. 20. (PDF, 31,2 MB).</ref> Vier der acht Fundorte sind eventuell philistäisch, drei liegen jeweils nicht weit entfernt. Der nächste Fundort ist erst wieder das nordsyrische [[Tell Fecheriye]].<ref>Zu Tell Fecheriye vgl. Dana D. DePietro (2012): [https://escholarship.org/content/qt8vx8j9v5/qt8vx8j9v5_noSplash_08e0c4c9761750668ac9d6e3afe9cd10.pdf ''Piety, Practice, and Politics: Ritual and Agency in the Late Bronze Age Southern Levant'']. Dissertation, S. 79 (PDF: 13,8 MB).</ref> Wegen der Fundorte und weil bei den Doppel-Pithos-Begräbnissen bisweilen mykenische Keramik inklusive späthelladischer Keramik IIIB (s.&nbsp;o.) gefunden wurde, halten Pritchard,<ref>James B. Pritchard: ''New Evidence on the Role of the Sea Peoples in Canaan at the Beginning of the Iron Age.'' In: William A. Ward (Hrsg.): ''The Role of the Phoenicians in the Interaction of Mediterranean Civilizations. Papers Presented to the Archaeological Symposium at the American University of Beirut; March, 1967.'' American University Press, Beirut 1968.</ref> Tubb<ref>Jonathan N. Tubb: ''Canaanites.'' University of Oklahoma Press, Norman 1998, S. 96–100 1998.</ref> und kürzlich wieder Sonnecken<ref>Katja Soennecken (2021): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/33039/ ''Tell es-Sa‘īdīje.''] In: ''WiBiLex.'' abgerufen am 25. Januar 2024.</ref> das Doppel-Pithos-Begräbnis für einen Brauch der Seevölker, was dann ihre Präsenz auch im Jesreel-Tal schon für das 13. oder frühe 12.&nbsp;Jhd. bezeugen würde. Doch das ist nicht unumstritten: Holladay etwa hält es stattdessen für einen hethitischen Brauch aus dem anatolischen Raum, weist aber selbst darauf hin, dass dann das Fehlen dieser Begräbnisform bis hinauf nach Tell Fecheriye schwer erklärlich ist.<ref>John S. Holladay, Jr: ''Toward a New Paradigmatic Understanding of Long-Distance Trade in the Ancient Near East: From the Middle Bronze II to Early Iron II – A Sketch.'' In: P.M. Michèle Daviau u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''The World of the Aramaeans II. Studies in History and Archaeology in Honour of Paul-Eugène Dion.'' Sheffield Academic Pess, Sheffield 2001, S. 162 f.</ref>

[[Datei:Mouthpiece Gold Enkomi Cyprus Neues Museum 26042018.jpg|mini|Goldene Mundbedeckung (Zypern)]]

Erwähnenswert ist weiterhin noch zweierlei. Erstens wurden in mehreren philistäischen Gräbern Mundbedeckungen aus Gold gefunden, wie sie besonders auf Zypern belegt sind.<ref>Für ein Bsp. s. David Ben-Shlomo (2008): [https://www.academia.edu/2559494/The_Cemetery_of_Azor_and_Early_Iron_Age_Burial_Practices ''The Cemetery of Azor and Early Iron Age Burial Practices'']. In: ''Levant.'' Band 40, Nr. 1, 2008, 29–54, hier 46, Nr. 4.</ref> Ähnliche Mundbedeckungen fanden sich in Tell el-Fārʿa (Süd), Tell el-Ajjul südlich von Gaza, Geser, Azor, Jaffa, Megiddo, Bet Scheʾan, dem phönizischen Akko und Hamath in Syrien<ref>John F. Brug (1985): [https://www.academia.edu/95990394/Brug_a_Literary_and_Archaeological_Study_of_the_Philistines ''A Literary and Archaeological Study of the Philistines'']. B.A.R., Oxford 1985, S. 152.</ref><ref>Giampaolo Graziadio (2013): [https://www.academia.edu/29443416/The_importance_of_mouth_coverings_in_the_Late_Cypriot_burial_customs ''The Importance of Mouth Coverings in the Late Cypriot Burial Customs'']. In: Luca Bombardieri u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''SOMA 2012. Identity and Connectivity. Proceedings of the 16th Symposium on Mediterranean Archaeology, Florence, Italy, 1–3 March 2012.'' Band I (= ''British archaeological reports.'' Band 2581). Archaeopress, Oxford 2013, ISBN 978-1-4073-1206-4, S. 347.</ref> – mit Ausnahme von Akko also sämtlich in Orten, wo Philister vermutet werden. Zwei Mundstücke bei Bet Scheʾan wurden in oder bei anthropomorphen Särgen wie dem oben abgebildeten gefunden, was die Vermutung stärkt, dass es sich hier um philistäische Särge gehandelt hat. Graziadio denkt, dass diese Mundbedeckungen als Portale dienen sollten, durch die Geister von Verstorbenen ins Totenreich gelangen konnten.<ref>Giampaolo Graziadio (2013): [https://www.academia.edu/29443416/The_importance_of_mouth_coverings_in_the_Late_Cypriot_burial_customs ''The Importance of Mouth Coverings in the Late Cypriot Burial Customs'']. In: Luca Bombardieri u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''SOMA 2012. Identity and Connectivity. Proceedings of the 16th Symposium on Mediterranean Archaeology, Florence, Italy, 1–3 March 2012.'' Band I (= ''British archaeological reports.'' Band 2581). Archaeopress, Oxford 2013, ISBN 978-1-4073-1206-4, S. 348.</ref>

Zweitens begruben die Philister nicht nur Menschen: In der ganzen Philistäa sowie im phönizischen Dor, im judäischen Jerusalem und im judäischen (?) Tell el-Hesi sowie in einigen ostjordanischen Orten<ref>Ortslisten in: Noa Raban-Gerstel u.&nbsp;a. (2015): [https://www.academia.edu/14059697/The_dog_burials_zooarchaeological_taphonomic_and_pathological_analysis_Raban_Gerstel_et_al_2015_City_of_David_ ''The Dog Burials: Zooarchaeological, Taphonomic and Pathological Analysis'']. In: Eilat Mazar (Hrsg.): ''The Summit of the City of David. Excavations 2005–2008. Final Reports Volume I: Area G.''Shoham Academic Research and Publication, Jerusalem.<br />Liora K. Horwitz u.&nbsp;a. (2017): [https://www.academia.edu/98544420/The_Context_and_Biometry_of_Iron_Age_II_and_Hellenistic_Period_Dog_Burials_from_Tel_Gezer_Compared_to_Those_from_Other_Sites_in_the_Region ''The Context and Biometry of Iron Age II and Hellenistic Period Dog „Burials“ from Tel Gezer Compared to Those from Other Sites in the Region'']. In: Justin Lev-Tov u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''The Wide Lens in Archaeology. Honoring Brian Hesse's Contributions to Anthropological Archaeology.'' Lockwood Press, Atlanta 2017, S. 326.<br />Justin Lev-Tov u.&nbsp;a. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/326164741_Puppy_Sacrifice_and_Cynophagy_from_Early_Philistine_Tel_Miqne-Ekron_Contextualized ''Puppy Sacrifice and Cynophagy from Early Philistine Tel Miqne-Ekron Contextualized'']. In: ''Journal of Eastern Mediterranean Archaeology and Heritage Studies.'' Band 6, Nr. 1–2, 2018, S. 1–30, hier 2.</ref> wurden begrabene Hunde gefunden – meist im bloßen Grubengrab, bisweilen aber auch in Urnen. Aus bereits phönizischer Zeit stammt in Aschkelon sogar ein Hundefriedhof mit mehreren Hundert Hundeleichen,<ref>Zu diesem vgl. einführend z.&nbsp;B. Anne Marie Smith (2015): [https://www.academia.edu/19227774/The_Ashkelon_Dog_Cemetery_Conundrum ''The Ashkelon Dog Cemetery Conundrum'']. In: ''Journal for Semitics.'' Band 24, Nr. 1, 2015, S. 93–108.</ref> zwei weitere kleine Friedhöfe mit 13 und acht Hundeleichen aus dem 9.&nbsp;Jhd. und aus der hellenistischen Zeit (ab 4.&nbsp;Jhd.) wurden in und bei Geser gefunden. In Javne und Dor waren Hunde auch in direkter Nachbarschaft der kultischen Favissae begraben worden.<ref>Liora K. Horwitz (2015): [https://www.academia.edu/24478363/Dog_remains_In_R_Kletter_O_Ziffer_and_W_Zwickel_eds_Yavneh_II_The_Temple_Hill_Repository_Pit_Academic_Press_Fribourg_Switzerland_Pp_145_149_2015_ ''The Dog Remains'']. In: Raz Kletter u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Yavneh II. The ‚Temple Hill‘ Repository Pit. Fire Pans, Kernos, Naos, Painted Stands, ‚Plain‘ Pottery, Cypriot Pottery, Inscribed Bowl, Dog Bones, Stone Fragments, and Other Studies.'' Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2015.</ref><ref>Liora K. Horwitz u.&nbsp;a. (2017): [https://www.academia.edu/98544420/The_Context_and_Biometry_of_Iron_Age_II_and_Hellenistic_Period_Dog_Burials_from_Tel_Gezer_Compared_to_Those_from_Other_Sites_in_the_Region ''The Context and Biometry of Iron Age II and Hellenistic Period Dog „Burials“ from Tel Gezer Compared to Those from Other Sites in the Region'']. In: Justin Lev-Tov u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''The Wide Lens in Archaeology. Honoring Brian Hesse's Contributions to Anthropological Archaeology.'' Lockwood Press, Atlanta 2017, S. 328.</ref> In Begräbnissen aus der Eisenzeit ist bei manchen Skeletten nachweisbar, dass die Hunde geschlachtet wurden. In Begräbnissen ab der Perserzeit (ab 6.&nbsp;Jhd.) ist dies nicht mehr der Fall.<ref>Liora K. Horwitz u.&nbsp;a. (2017): [https://www.academia.edu/98544420/The_Context_and_Biometry_of_Iron_Age_II_and_Hellenistic_Period_Dog_Burials_from_Tel_Gezer_Compared_to_Those_from_Other_Sites_in_the_Region ''The Context and Biometry of Iron Age II and Hellenistic Period Dog „Burials“ from Tel Gezer Compared to Those from Other Sites in the Region'']. In: Justin Lev-Tov u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''The Wide Lens in Archaeology. Honoring Brian Hesse's Contributions to Anthropological Archaeology.'' Lockwood Press, Atlanta 2017, S. 328 f.</ref> Die ausgegrabenen Hundeskelette waren früher häufig als Indiz dafür gedeutet worden, dass die alten Philister Hunde gegessen hätten, wie dies für den mykenischen Kulturkreis gut belegt ist. Das ist nach wie vor durchaus möglich; nachdem sich nun aber die Funde von Grabstätten gehäuft haben und Hundeskelette in Urnen und bei kultischen Favissae gefunden wurden, ist für die ''begrabenen'' Hunde eine religiöse Erklärung wahrscheinlicher. Lev-Tov u.&nbsp;a. vergleichen den ägyptischen Brauch, den Göttern Hundwelpen zu opfern und sie danach in Urnen zu begraben.<ref>Justin Lev-Tov u.&nbsp;a. (2018): [https://www.researchgate.net/publication/326164741_Puppy_Sacrifice_and_Cynophagy_from_Early_Philistine_Tel_Miqne-Ekron_Contextualized ''Puppy Sacrifice and Cynophagy from Early Philistine Tel Miqne-Ekron Contextualized'']. In: ''Journal of Eastern Mediterranean Archaeology and Heritage Studies.'' Band 6, Nr. 1–2, 2018, S. 1–30, hier 18 f.</ref> Es ist daher möglich, dass Dagān von Philistern und später auch Phöniziern Hunde als Opfergaben dargebracht wurden.

== Geschichte ==

=== Niedergang vom 10.–9.&nbsp;Jahrhundert: Philister, Ägypter und Aramäer ===
Ab Ende des 10. Jhds. haben die Philister dennoch mehrere Niederlagen zu erleiden: Im frühen 10. Jhd. scheinen im Norden der südlichen Philistäa die Orte Geser und kurzzeitig auch Timna – und damit vermutlich auch Ajalon und Rabbah – unter die Kontrolle der Bewohner der Schefela gekommen zu sein, während Ekron aus noch unbekannten Gründen von 24 ha auf 4 ha zusammenschrumpfte und sich erst im 7.&nbsp;Jhd. wieder erholte. Mitte oder Ende desselben Jahrhunderts fiel Pharao [[Scheschonq I.]] in Palästina ein; ägyptische Inschriften berichten von einem Sieg mindestens über die südlichen Orte Rafa und Gaza (die Identifikation weiterer südlicher Orte ist umstritten) sowie der Orte im Jesreel-Tal.<ref>Eero Junkkaala (2006): [https://core.ac.uk/download/pdf/39937804.pdf ''Three Conquests of Canaan. A Comparative Study of Two Egyptian Military Campaigns and Joshua 10–12 in the Light of Recent Archaeological Evidence.''] Åbo Akademi University Press, Åbo 2006, S. 175–182.187–190.196–198.214.223.</ref> Was das für diese Städte genau hieß, ist archäologisch nicht immer klar: Bet Scheʾan etwa wurde wahrscheinlich zerstört, Megiddo dagegen nicht. Gaza und Rafa wurden noch nicht ausgegraben, so dass die Auswirkungen auf den Süden noch unbekannt sind. In den Jahren nach Scheschonq hat sich aber jedenfalls die Zahl der Siedlungen um Gaza von 15 auf sieben reduziert.<ref>Alon Shavit: ''Settlement Patterns of Philistine City-States.'' In: Alexander Fantalkin, Assaf Yasur-Landau (Hrsg.): ''Bene Israel. FS Israel Finkelstein''. Brill, Leiden / Boston 2008, ISBN 978-90-04-15282-3, S. 152 f.</ref> Mitte des 9. Jahrhunderts kommt auch noch vom Norden her der aramäische König Hazael unter anderem über die Philister und erobert das gigantische Gat. Auch nach dieser Eroberung soll es laut den Ausgräbern aber noch über 20&nbsp;ha groß gewesen sein. Shavit denkt, dass eine in Gat gefundene assyrische Stele diesen überraschenden Befund der weiter andauernden Größe Gats zusätzlich stützt, da Assyrer Triumphstelen nur in urbanen Zentren aufgestellt haben.<ref>Alon Shavit: ''Settlement Patterns of Philistine City-States.'' In: Alexander Fantalkin, Assaf Yasur-Landau (Hrsg.): ''Bene Israel. FS Israel Finkelstein.'' Brill, Leiden / Boston 2008, ISBN 978-90-04-15282-3, S. 144.</ref>

Der Bibelvers {{B|2 Chr|26|6}} berichtet davon, dass Asarja Anfang oder Mitte des 8.&nbsp;Jhds. (je nach [[Liste der Könige Israels#Könige des Südreichs|Chronologie]] frühestens 785 oder 771&nbsp;v.&nbsp;Chr., dem Jahr seiner Thronbesteigung) Aschdod, Gat und Javne erobert („ihre Mauern niedergerissen“) habe. Gegen die Historizität des Verses spricht aber schon, dass Javne im 8.&nbsp;Jhd. keine Mauer hatte und wahrscheinlich auch kaum bewohnt war.<ref>Felix Hagermeyer: ''Aschdod und Jerusalem. Eine archäologische und exegetische Untersuchung zu den Beziehungen von südpalästinischer Küstenebene und judäischem Bergland.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-162332-5, S. 265 f.</ref> Sollte die Interpretation des Ausgrabungsleiters [[Aren Maeir]] richtig sein, wäre auch Gat zu dieser Zeit unbewohnt gewesen und Asarja hätte die Mauern einer Geisterstadt niedergerissen.<ref>Vgl. zu dieser Interpretation zuletzt Jeffrey R. Chadwick: ''When Gath of the Philistines Became Gath of Judah.'' In: ''Journal of Eastern Mediterranean Archaeology and Heritage Studies.'' Band 10, Nr. 3–4, 2022, S. 317–342.</ref> Aber Maeirs Interpretation ist umstritten, ebenso wie die von [[Mosche Dothan]], dem Ausgrabungsleiter von Aschdod, der ebenfalls glaubt, seine Ausgrabungsfunde bestätigten 2 Chr 26,6.<ref>Zur grundsätzlich problematischen Ausgrabung in Aschdod siehe Jeffrey P. Hudon (2016): [https://digitalcommons.andrews.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=2881&context=dissertations ''The Expansion of Judah Under Uzziah into Philistia: The Historical Credibility of 2 Chronicles 26:6–7a in Light of Archaeological Evidence.''] Dissertation, S. 283–291. Bei Gat ist das Hauptproblem, dass Maeirs Haupt-Argument sechs typisch judäische sog. „''lmlk''-Krughenkel“ sind (vs. z.&nbsp;B. 52 im viel kleineren Geser), die keiner archäologischen Schicht zugeordnet werden konnten, während gleichzeitig der Tatsache, dass weiterhin Schweinefleisch verzehrt wurde (Aren M. Maeir (2012): ''Tell es-Safi/Gath I: The 1996–2005 Seasons.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2012, S. 379.), wenig Gewicht beigemessen wird. Siehe zu einem ähnlichen ''lmlk''-Henkel-Fall die Diskussion von Ernst A. Knauf (2002): ''Who Destroyed Beersheba II?'' In: Ernst A. Knauf, Ulrich Hübner (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/141560/1/Huebner_Knauf_2002_Kein_Land_fuer_sich_allein.pdf ''Kein Land für sich allein. Studien zum Kulturkontakt in Kanaan, Israel/Palästina und Ebirnâri für Manfred Weippert zum 65. Geburtstag.''] Universitätsverlag / Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg / Göttingen 2002, ISBN 3-525-53043-9, S. 182–186. (PDF: 29,7 MB). Zu weiteren Problemen von Maeirs Interpretation vgl. wieder Hudon (2016), S. 223–229.</ref><br />Die Philister sollen daraufhin ihrerseits spätestens 734&nbsp;v.&nbsp;Chr., zur Zeit der Regentschaft von Ahas, in Juda eingefallen und einen Gutteil der Schefela erobert haben ({{B|2 Chr|28|18}}: „[Sie] eroberten Bet Schemesch, Ajalon und Gederot [=Tell Goded?], außerdem Socoh mit den zugehörigen Ortschaften, Timna mit den zugehörigen Ortschaften und Gimzo mit den zugehörigen Ortschaften. Dort wohnten sie.“) Bet Schemesch, Timna und Tell Goded sind aber ausweißlich der ausgegrabenen Keramik im späten 8.&nbsp;Jhd. sogar judäische Verwaltungszentren. Sehr wahrscheinlich sind daher beide Verse nicht als „Historie“ zu verstehen, sondern als Ausdruck der üblichen Theologie der Chronik-Bücher: Sündige Könige wie Ahas werden von Gott mit militärischen Niederlagen bestraft, fromme Könige wie Asarja dagegen mit militärischen Erfolgen belohnt.<ref>Sara Japhet: ''The Ideology of the Book of Chronicles and its Place in Biblical Thought.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2009, ISBN 978-1-57506-159-7, S. 130.</ref>

Gat und Aschdod erleiden in diesem Jahrhundert aber dennoch eine weitere Niederlage: Weit im Nordwesten Israels war im Laufe der Zeit das Reich der [[Assyrer]] erstarkt und hatte von 743&nbsp;v.&nbsp;Chr. an die Nachfolgestaaten Palastins sowie Aram, Phönizien und Israel zu tributpflichtigen Vasallen gemacht. Wenig später, um 734&nbsp;v.&nbsp;Chr., unterwarf der assyrische König [[Tukulti-apil-Ešarra III.]] auch mindestens Juda und Gaza, wahrscheinlich aber alle fünf großen Städte der Philistäa. Darauf lassen die Annalen seines Sohns Šarru-kīns II. schließen, laut denen auch Aschdod und Gat Ende des 8.&nbsp;Jhds. von Philistern regiert wurden, die den Assyrern tributpflicht waren:

: Azuri, der König von Aschdod, hat Pläne geschmiedet, keine Tributszahlungen mehr zu leisten, und sandte Botschaften der Feindschaft an die Könige um ihn. Wegen diesem Übel, das er getan hat, machte ich seiner Herrschaft über die Bürger seines Landes ein Ende und machte Ahimitu, seinen Bruder, zum König über sie: (…) In meinem Zorn (…) eilte ich nach Aschdod, seiner Königsstadt. Ich belagerte die Städte Aschdod, Gat und Aschdod-Jam, und nahm sie ein. (…) Dann baute ich ihre Städte neu auf und siedelte dort Menschen aus den Ländern an, die ich erobert hatte. Meinen Beamten machte ich zu ihrem Gouverneur.<br />''Šarru-kīn II.: Annalen''<ref>Übersetzung nach David D. Luckenbill (1927): [https://isac.uchicago.edu/sites/default/files/uploads/shared/docs/ancient_records_assyria2.pdf ''Ancient Records of Assyria and Babylonia. Volume II: Historical Records of Assyria. From Sargon to the End.''] The University of Chicago Press, Chicago 1927, S. 13 (PDF: 22,5 MB).</ref>

Ob die beiden Bibelverse also einen wahren historischen Kern enthalten oder nicht – sicher ist, dass in der „Assyrer-Zeit“ Aschdod und Gat (wieder) zum philistäischen Gebiet gehören, nun aber gemeinsam mit den drei anderen Stadtstaaten den Assyrern tributpflichtig sind.<br />Aus dem zitierten Abschnitt ist auch gelegentlich darauf geschlossen worden, dass Gat nach der Eroberung durch Hazael in die Abhängigkeit von Aschdod gekommen sei.<ref>Z.B. Erasmus Gaß (2009): [https://d-nb.info/1279505184/34 ''Achisch von Gat als politische Witzfigur.''] In: ''Theologische Quartalschrift.'' Band 3, 2009, S. 210–242, hier 233 f.</ref> Ein kürzlich gefundenes [[Stempelsiegel]] mit der Aufschrift „für den König von Gat“, das offenbar aus dem 8. oder 7.&nbsp;Jhd. stammt, macht nun aber wahrscheinlich, dass Gat auch weiterhin eigenständiger Stadtstaat mit einem eigenen König war.<ref>[https://gath.wordpress.com/2010/06/08/lmlk-gath-bulla/ Aren M. Maeir (2010): ''LMLK Gath bulla?'']; abgerufen am 29. Januar 2024.</ref> Eher muss man daher annehmen, dass der König von Gat zu den Königen um Azuri gehörte, sich dessen Pläne zu Eigen gemacht hatte und daher ebenfalls von Šarru-kīn bestraft werden musste. Ähnliches scheint wenig später in Aschkelon und Ekron geschehen zu sein, wo jeweils mit einem Putsch die assyrienfreundlichen Könige entthront worden waren und erst wieder von Šarru-kīns Sohn Sîn-aḫḫe-eriba eingesetzt werden mussten:

: Sidqa jedoch, den König von Aschkelon, der sich nicht meinem Joch unterworfen hatte – (… ihn) deportierte ich, und ich brachte ihn nach Assyrien. Scharruludari[, der programmatisch sogar einen assyrischen Namen trug,] den Sohn des Rukibti, ihren frühereren König, setzte ich (wieder) über die Einwohner von Aschkelon ein. (…) Die Statthalter, die Fürsten und die Einwohner von Ekron, die Padi, ihren König, der durch Vertrag und Eid mit Assyrien verbunden war, in eiserne Fesseln gelegt hatten und ihn in feindlicher Absicht Hiskija von Juda übergeben hatten, (…) tötete ich, an die Türme der ganzen Stadt hängte ich ihre Leichen. (…) Padi, ihren König, holte ich aus Jerusalem heraus und setzte ihn (wieder) auf den Thron der Herrschaft über sie.<br />''Sîn-aḫḫe-eriba: Annalen II''<ref>Übersetzung nach David D. Luckenbill (1927): [https://isac.uchicago.edu/sites/default/files/uploads/shared/docs/ancient_records_assyria2.pdf ''Ancient Records of Assyria and Babylonia. Volume II: Historical Records of Assyria. From Sargon to the End.''] The University of Chicago Press, Chicago 1927, S. 119 f. (PDF: 22,5 MB).</ref>

Mit dieser abschreckenden Gräueltat ist endgültig die Philistäa zum unterworfenen und befriedeten Vasallenstaat Assyriens geworden.

=== Erneuter Aufstieg im 8.–7.&nbsp;Jahrhundert: Philister und Assyrer ===
[[Datei:Lachisch-Relief-Angriff.png|mini|hochkant|Assyrische Eroberung der Stadt Lachisch ([[Lachisch-Relief]])]]
[[Datei:Philistäa zur Assyrerzeit.jpg|mini|hochkant|Philistäa zur Assyrerzeit]]

Für die Philister allerdings bedeutet die assyrische Vasallenschaft einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufschwung: Während die judäische Schefela-Ebene massiv entvölkert wird – nach Surveys haben sich in der Schefela vom 8. auf das 7.&nbsp;Jhd. die Zahl der Siedlungen von über 250 auf 38 reduziert, im Ajalon-Tal von 42 auf 21, und viele dieser noch verbliebenen Orte mussten nach dem assyrischen Feldzug erst neu errichtet werden<ref>Vgl. die beiden Karten zum 9. und 8.&nbsp;Jhd. bei Erasmus Gaß (2019): [https://bibelwissenschaft.de/stichwort/26461/ ''Schefela'']. In: ''WiBiLex.'' abgerufen am 27. Januar 2024.</ref><ref>Alon Shavit: ''Settlement Patterns in the Ayalon Valley in the Bronze and Iron Ages.'' In: ''Tel Aviv.'' Band 27, Nr. 2, 2000, S. 189–230, hier 218.</ref><ref>Shifra Weiss (2017): [https://www.academia.edu/40770368/The_Judean_Shephelah_after_the_Assyrian_Destruction_A_View_from_Tel_Lachish ''The Judean Shephelah after the Assyrian Destruction. A View from Tel Lachish.''] Master Thesis.</ref> – wächst Ekron wieder von vier auf gut 34&nbsp;ha an und wird gemeinsam mit Aschkelon zum wirtschaftlichen Zentrum der Gegend (s.&nbsp;u.), um Gat entstehen neue Siedlungen mit insgesamt knapp 27 ha Siedlungsfläche; in der Gaza-Region werden mit [[Tell er-Ruqeish]] und [[Blakhijeh]] zwei 10 ha-Städte neu errichtet;<ref>Alon Shavit: ''Settlement Patterns of Philistine City-States.'' In: Alexander Fantalkin, Assaf Yasur-Landau (Hrsg.): ''Bene Israel. FS Israel Finkelstein.'' Brill, Leiden / Boston 2008, ISBN 978-90-04-15282-3.</ref> auch dehnen die Assyrer das Gebiet der Philistäa mit [[Tell Abu Salima]] noch weiter nach Südwesten und wahrscheinlich mit [[Tell Hadid]]<ref>Tell Hadid wird aktuell noch ausgegraben. Klar ist zunächst, dass die Assyrer hier mehrere aus anderen Ländern deportierte Menschen ansiedelten. Außerdem wurden aber auch eine Favissa mit kultischer Keramik gefunden, die gut spätphilistäisch sein kann (eine Analyse wurde noch nicht veröffentlicht). Vor allem wurden mehrere Ölpressen gefunden; mindestens wird Tell Hadid also wirtschaftlich an das Olivenöl-Zentrum Ekron angebunden gewesen sein. Vgl. Ido Koch u.&nbsp;a. (2020): [https://www.academia.edu/43081909/Koch_I_Warner_D_Yannai_E_Lawson_Pruit_L_Cole_D_and_Parker_J_2020_Forced_Resettlement_and_Immigration_at_Tel_Hadid_Biblical_Archaeology_Review_46_3_28_37 ''Forced Resettlement and Immigration at Tel Hadid.''] In: ''Biblical Archaeology Review.'' Band 46, Nr. 3, 2020, S. 28–37.</ref><ref>Grundsätzlich zu Tell Hadid und den Orten der Umgebung vgl. Shawn Z. Aster (2021): [https://lisa.biu.ac.il/sites/lisa/files/shared/Ashdod%20in%20the%20Assyrian%20Period%20Aster%20JNES%20Offprint.pdf ''Ashdod in the Assyrian Period: Territorial Extent and Political History.''] In: ''Journal of Near Eastern Studies.'' Band 80, Nr. 2, 2021, S. 323–340.</ref> und damit auch [[Gibbeton]] noch weiter nach Nordosten aus. Auch sonst wurde die Region massiv umstrukturiert. Aphek, Tell Qasile und [[Tell Qudadi]] werden politisch nun zur assyrischen Provinz Samerina hinzugefügt. Am stärksten aber wurde das judäische Gebiet umgebaut:

: Was [[Hiskija]], den Juden, angeht, der sich meinem Joch nicht unterwarf: 46 seiner starken, ummauerten Städte und die unzähligen Orte in ihrer Umgebung nahm ich ein, plünderte ich und betrachtete sie als Kriegsbeute. (…) Die Städte, die ich geplündert hatte, trennte ich von seinem Reich ab und gab sie den Königen von Aschdod, Aschkelon, Ekron und Gaza − ich verkleinerte sein Land.<br />''Sîn-aḫḫe-eriba: Stier-Inschrift 27–30''<ref>Übersetzung nach David D. Luckenbill (1924): [https://isac.uchicago.edu/sites/default/files/uploads/shared/docs/oip2.pdf ''The Annals of Sennacherib.''] The University of Chicago Press, Chicago 1927, S. 70 (PDF: 6,0 MB).</ref>

Welche judäischen Städte dabei dem philistäischen Gebiet hinzugefügt wurden, ist umstritten. Relativ sicher ist nur, dass Timna<ref>Seymour Gitin (2018): ''Philistia in the Late Iron Age II: The Development of the Ceramic Assemblage.'' In: Zev I. Farber, Jacob L. Wright (Hrsg.): [https://www.sbl-site.org/assets/pdfs/pubs/9780884143482_OA.pdf ''Archaeology and History of Eighth-Century Judah''.] SBL Press, Atlanta 2018. (PDF, 36,8 MB).</ref> und das Gebiet des zerstörten Bet Schemesch<ref>Shlomo Bunimovitz, Zvi Lederman: ''The Final Destruction of Beth Shemesh and the ''Pax Assyriaca'' in the Judean Shephelah.'' In: ''Tel Aviv.'' Band 30, Nr. 1, 2003, S. 3–26, hier 21 f.</ref> dazugehörten. Die meisten denken an die Schefela.<ref>Israel Finkelstein (1994): [https://www.academia.edu/1947761/I_Finkelstein_The_Archaeology_of_the_Days_of_Manasseh_in_M_D_Coogan_J_C_Exum_and_L_E_Stager_eds_Scripture_and_Other_Artifacts_Essays_on_the_Bible_and_Archaeology_in_Honor_of_Philip_J_King_Louisville_1994_pp_169_187 ''The Archaeology of the Days of Manasseh.''] In: Michael D. Coogan u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Scripture and Other Artifacts. Essays on the Bible and Archaeology in Honor of Philip J. King.'' Westminster John Knox Press, Louisville 1994, ISBN 0-664-22036-3, S. 172–174, 179–180.</ref><ref>Shlomo Bunimovitz, Zvi Lederman: ''The Final Destruction of Beth Shemesh and the ''Pax Assyriaca'' in the Judean Shephelah.'' In: ''Tel Aviv.'' Band 30, Nr. 1, 2003, S. 3–26, hier 3 f.</ref><ref>[[Ernst Axel Knauf]], [[Hermann Michael Niemann]]: [https://www.academia.edu/84217150/Geschichte_Israels_und_Judas_im_Altertum ''Geschichte Israels und Judas im Altertum.''] De Gruyter, Berlin/ Boston 2021, ISBN 978-3-11-014543-4, S. 264.</ref> Die starke Entvölkerung dieser Region macht dies in der Tat wahrscheinlich. Auch ausgegrabene Keramik legt nahe, dass es sich so verhielt und allein Lachisch, Azeka, überraschenderweise Timna und vielleicht außerdem [[Socoh]] und Marescha Ende des 7. oder Anfang des 6.&nbsp;Jhds. kurzzeitig wieder unter judäische Kontrolle gekommen sein könnten.<ref>Oded Lipschits u.&nbsp;a. (2011): [https://www.academia.edu/1443534/Judahite_Stamped_and_Incised_Jar_Handles_A_Tool_for_Studying_the_History_of_Late_Monarchic_Judah ''Judahite Stamped and Incised Jar Handles: A Tool for Studying the History of Late Monarchic Judah.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 38, Nr. 1, 2011, S. 5–41, hier 10. Die kleinen Mengen an Gefäßen in Socoh und Marescha können aber auch nur ein Indiz dafür sein, dass die Orte mit dem geographisch nahen judäischen Bergland handelten.</ref> Ähnlich bezeugt es auch [[Jeremia]], wenn er in {{B|Jer|34|7}} sagt, dass kurz vor der „[[Babylonisches Exil|Exilszeit]]“ (Anfang 6.&nbsp;Jhd.) Lachisch und [[Tell Azeka]] die einzigen befestigten Städte sind, die Juda geblieben waren. Die auf der Karte grau markierten Orte würden demnach die längste Zeit des 7.&nbsp;Jhds. politisch alle zur Philistäa gehören. Daneben werden in der Forschung aber auch Extrem-Positionen vertreten. Noch Donner etwa glaubt mit älteren Historikern, die Rede sei von ganz Juda außer dem zum Stadtstaat reduzierten Jerusalem,<ref>Herbert Donner: ''Israel unter den Völkern. Die Stellung der klassischen Propheten des 8.&nbsp;Jahrhunderts v.&nbsp;Chr. zur Aussenpolitik der Könige von Israel und Juda.'' E.&nbsp;J.&nbsp;Brill, Leiden 1964, (Zugleich: Hochschulschrift) ISBN 978-90-04-02334-5.</ref> für Dever dagegen gehören selbst noch Timna, Geser und Bet Schemesch zu Juda.<ref>William G. Dever: ''Beyond the Texts. An Archaeological Portrait of Ancient Israel and Judah.'' SBL Press, Atlanta 2017, ISBN 978-0-88414-218-8, S. 580.</ref><br />Der massive Gebietsgewinn der Philister hieß allerdings gleichzeitig auch, dass die philistäisch-kanaanäische Region nunmehr „philistäisch-kanaanäisch-assyrisch“ war. Verstärkte assyrische Präsenz lässt sich besonders in den auf der Karte rot markierten Orten feststellen.<ref>Joshua T. Walton (2015): [https://typeset.io/pdf/the-regional-economy-of-the-southern-levant-in-the-8th-7th-1qy7x1w9in.pdf ''The Regional Economy of the Southern Levant in the 8th–7th Centuries BCE.''] Dissertation, S. 190–204. Zu Geser vgl. noch Ronny Reich, Baruch Brandl (1985): [https://www.academia.edu/40556016/Gezer_Under_Assyrian_Rule ''Gezer Under Assyrian Rule.''] In: ''Palestine Exploration Quarterly.'' Band 117, Nr. 1, 1985, S. 41–54.</ref>

=== Erneuter Niedergang im 7./6.&nbsp;Jhd.: Philister und Babylonier ===
Vielleicht schon Ende des 7.&nbsp;Jhds., sicher aber um die Wende zum 6.&nbsp;Jhd. wurde dieser Blütezeit jäh ein Ende gesetzt: Nachdem sich die Assyrer im späten 7.&nbsp;Jhd. aus der Region zurückgezogen hatten, kam die Philistäa für kurze Zeit unter ägyptischen Einfluss. Dies immerhin ist sicher; wie genau dieser Einfluss aussah, ist aber nicht sehr klar. Die Ägypter könnten die Philistäa erobert haben: [[Herodot]] behauptet, Pharao [[Psammetich I.]] habe Aschdod 29 Jahre lang belagert und dann zerstört<ref>[[Herodot]], ''Historien'' II, 157</ref> und auch Gaza („Kadytis“) erobert.<ref>Herodot: ''Historien'' II, 159</ref> Aber Herodot ist historisch nicht sehr zuverlässig; die folgende Information etwa, kurz darauf seien die [[Skythen]] in Palästina eingefallen, hält man heute sehr einheitlich für falsch. Ist der Bericht über Aschdod und Gaza dennoch wahr, müssten beide Städte aber jedenfalls auch danach noch Königsstädte geblieben sein, denn laut dem „Hofkalender“ von [[Nabū-kudurrī-uṣur II.]] (V 24.27) gehören wenige Jahre später gerade die Könige von Aschdod und Gaza zu dessen Vasallenkönigen.<ref>Text z.&nbsp;B. bei William H. Shea (1982): [https://digitalcommons.andrews.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1549&context=auss ''Daniel 3: Extra-Biblical Texts and the Convocation on the Plain of Dura.''] In: ''Andrews University Seminary Studies.'' Band 20, Nr. 1, 1982, S. 29–52, hier 39.</ref> Auf einer babylonischen Rationsliste werden auch zwei Söhne des Königs von Aschkelon als Kriegsgefangene gelistet, auch die Stadt Aschkelon blieb in der kurzen „Ägypterzeit“ also Königsstadt.<ref>Vgl. z.&nbsp;B. Tero Alstola (2017): [https://core.ac.uk/download/pdf/157587611.pdf ''Judeans in Babylonia. A Study of Deportees in the Sixth and Fifth Centuries BCE.''] Dissertation, S. 59 (PDF: 2,2 MB).</ref> Davon, dass neben Aschdod, Aschkelon und Gaza auch Ekron weiterhin Königsstadt blieb, zeugt der „[[Adon-Papyrus]]“, in dem der König von Ekron<ref>Bezalel Porten: ''The Identity of King Adon.'' In: ''The Biblical Archaeologist.'' Band 44, Nr. 1, 1981, S. 36–52, hier 42 f.</ref> den ägyptischen Pharao anfleht, ihnen gegen die anrückenden [[Babylon]]ier beizustehen:

{{Zitat
|Text=An Pharao, den Herrn der Könige, von Eurem Diener Adon, König von […]. […Die Streitkräfte] des Königs von Babylon sind gekommen, sie haben (bereits) Aphek erre[icht]! (…) [Ich ersuche Euch,] Truppen zu senden, um [uns] zu retten. (…) [… Denn …] und seine guten Beziehungen<ref>Zu dieser Übersetzung vgl. Joseph A. Fitzmyer (1965): ''the Aramaic Letter of King Adon to the Egyptian Pharaoh.'' In: ''Biblical''. Band 46, Nr. 1, 1965, S. 41–55, hier 52 f.</ref> hat Euer Diener bewahrt (…)!
|Quelle=''Adon-Papyrus''}}

Meist wird aufgrund von Herodots Bericht über das belagerte und zerstörte Aschdod, diesem Brief und der Bibelstelle {{B|Jer|47|1}}, nach der ebenfalls ein Pharao Gaza besiegt haben soll, angenommen, dass statt Assyrien nun also wirklich Ägypten die Philistäa unterworfen habe.<ref>Z.&nbsp;B. Bernd U. Schipper (2011): [https://www.academia.edu/29709566/_Egyptian_Imperialism_after_the_New_Kingdom_The_26th_Dynasty_and_the_Southern_Levant_Pages_268_290_in_Egypt_Canaan_and_Israel_History_Imperialism_Ideology_and_Literature_Edited_by_S_Bar_D_Kahn_J_J_Shirley_Leiden_Boston_Brill_2011 ''Egyptian Imperialism after the New Kingdom. The 26<sup>th</sup> Dynasty and the Southern Levant.''] In: S. Bar u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Egypt, Canaan and Israel: History, Imperialism, Ideology and Literature. Proceedings of a Conference at the University of Haifa, 3–7 May 2009.'' Brill, Leiden / Boston 2011, ISBN 978-90-04-19493-9.</ref> Alle drei Indizien sind recht besehen aber schwach.<ref>Eine Zerstörung Aschdods lässt sich archäologisch nicht belegen. Vgl. z.&nbsp;B. Alexander Fantalkin (2001): [https://www.academia.edu/472601/Mezad_Hashavyahu_Its_Material_Culture_and_Historical_Background ''Mezad Hashavyahu: Its Material Culture and Historical Background.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 28, Nr. 1, 2001, S. 3–165, hier 135.</ref><ref>Im Adon-Papyrus ist der Ausdruck „Euer Diener“ die gewöhnliche höfische Formulierung eines Bittstellers und daher ebenfalls kein sehr starkes Indiz für eine vorangegangene Unterwerfung. Vgl. in einer sehr ähnlichen Situation die gleiche Formulierung in {{B|2 Kön|16|5–7}}.</ref><ref>Die Überschrift in {{B|Jer|47|1}} ist recht sicher eine spätere und nicht sehr treffende Ergänzung des Kapitels, das gar nicht von einer Eroberung durch die Ägypter, sondern durch die Babylonier spricht. Zur späten Sprache vgl. Karin Finsterbusch, Norbert Jacoby: ''אשר-Zitateinleitungssätze in Jeremia und 1QM. Anmerkungen zu 1QM 10:6, zu der hebräischen Vorlage von LXX-Jer 26:13; 49:19 sowie zu MT-Jer 14:1; 46:1; 47:1; 49:34.'' In: ''Vetus Testamentum.'' Band 65, Nr. 4, 2015, S. 558–566.<br />Zur Textkritik vgl. z.&nbsp;B. Emanuel Tov (1999): [http://www.emanueltov.info/docs/papers/22.exeg-notes.1999.pdf?v=1.0 ''Exegetical Notes on the Hebrew ''Vorlage'' of the Septuagint of Jeremiah 27 (34).''] In: Ders.: ''The Greek and Hebrew Bible. Collected Essays on the Septuagint.'' Brill, Leiden 1999, S. 316, 321.<br />Zum Hintergrund der Ergänzung vgl. z.&nbsp;B. James W. Watts: ''Text and Redaction in Jeremiah's Oracles against the Nations.'' In: ''Catholic Biblical Quarterly.'' Band 54, Nr. 3, 1992, S. 432–447, hier 443.</ref> Es ist auch historisch nicht sehr plausibel, denn Ägypten und die Philistäa hatten in den vergangenen Jahren enge Beziehungen unterhalten;<ref>Z.&nbsp;B. Daniel M. Master (2018): [https://www.academia.edu/44248623/Nebuchadnezzar_at_Ashkelon ''Nebuchadnezzar at Ashkelon.''] In: ''Hebrew Bible and Ancient Israel.'' Band 7, 2018, S. 79–92, hier 85 f.</ref> Gazas König hatte wohl sogar mit dem Pharao gegen die Assyrer intrigiert. Ebenso möglich ist daher, dass nach dem Abzug der Assyrer aus der Region nur die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den Philistern und den Ägyptern intensiviert wurden.

[[Datei:Aegyptische Situla.jpg|mini|hochkant|Ägyptisches kultisches Gefäß (Ägypten). Mehrfach z. B. in Aschkelon gefunden.]]

''Dass'' Ende des 7.&nbsp;Jhds. Ägypter und die mit ihnen verbündeten Griechen sehr präsent in der Philistäa waren, ist aber klar. Besonders in Aschkelon zeugen viele – oft kultische – Ausgrabungsfunde von einer ägyptischen Präsenz. Die Ausgräber vermuten daher, dass die Ägypter ein kurzlebiges religiöses Zentrum in der nach wie vor florierenden Handelsstadt errichtet haben. Ähnlich wurde im großen Tempel von Ekron eine ägyptische Seitenkapelle eingerichtet. Von griechischer Präsenz wiederum zeugen große Mengen griechischer Keramik auf einem Marktplatz Aschkelons aus derselben Zeit sowie in der griechischen Niederlassung [[Mesad Hashavyahu]] nahe Javne Jam,<ref>Zu dieser vgl. Alexander Fantalkin (2001): [https://www.academia.edu/472601/Mezad_Hashavyahu_Its_Material_Culture_and_Historical_Background ''Mezad Hashavyahu: Its Material Culture and Historical Background.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 28, Nr. 1, 2001, S. 3–165.</ref> die teils als Festung von Ägypten dienenden Söldnern, teils als griechische Handelsniederlassung interpretiert wird; außerdem kleinere Mengen in Javne Jam selbst, in Ekron und Timna.<ref>Jane C. Waldbaum (2002): [https://www.persee.fr/doc/ista_0000-0000_2002_act_853_1_2237 ''Seventh century B.C. Greek pottery from Ashkelon, Israel: An Entrepôt in the Southern Levant.''] In: Murielle Faudot u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Pont-Euxin et Commerce. La genèse de la „route de la soie“. Actes du IXe Symposium de Vani (Colchide, 1999).'' Presses Universitaires Franc-Comtoises, Besançon 2002, ISBN 2-84627-079-1.</ref> In jedem Falle ist sicher, dass damit die Philistäa Ende des 7.&nbsp;Jhds. endgültig zu einem Schmelztiegel der Nationen geworden war: In den großen und wirtschaftlich starken Städten tümmelten sich nun Philister, Kanaanäer, Assyrer, Ägypter, Griechen, von Assyrern hierher deportierte Bürger weiterer Länder und wahrscheinlich auch Judäer.

Doch Ekrons König flehte vergeblich zum Pharao: Die [[babylonische Chronik]] berichtet davon, dass um 604/603&nbsp;v.&nbsp;Chr. die babylonischen Armeen Nabū-kudurrī-uṣurs II. Aschkelon „in einen Trümmerhaufen verwandelt“ und Aschkelons König ins Exil geführt haben. Die umfassende Zerstörung Aschkelons ist in der Tat archäologisch auch deutlich zu erkennen. Ähnlich in Aschdod, dort aber weist die babylonische Rede vom Aschdoder Vasallenkönig und die Keramik der nächsten archäologischen Schicht darauf hin, dass die Stadt bald darauf von denselben Bewohnern wiederaufgebaut wurde,<ref>David Ben-Shlomo: [https://www.jstor.org/stable/j.ctt1fzhd3v.8 ''Material Culture.''] In: Ders., Moshe Dothan: [https://www.jstor.org/stable/j.ctt1fzhd3v ''Ashdod VI. The Excavations of Areas H and K (1968–1969)'']. Israel Antiquities Authority, Jerusalem 2005, S. 235.</ref><ref>David Ben-Shlomo: ''The Iron Age Sequence of Tel Ashdod: A Rejoinder to „Ashdod Revisited“ by I. Finkelstein and L. Singer-Avitz.'' In: ''Tel Aviv.'' Band 30, Nr. 1, 2003, S. 83–107, hier 96.</ref> während man bei Aschkelon von einer gut 65 Jahre langen Geisterstadt-Phase ausgeht.<br />Auch Ekron scheint zerstört und bald darauf in viel kleinerem Stil wiederaufgebaut worden zu sein – ausgegraben wurde aus der nächsten und letzten Phase Ekrons bisher aber nur ein kleiner Teil eines Gebäudes,<ref>Seymour Gitin u.&nbsp;a. (2017): [https://hmane.harvard.edu/publications/pp1-margin-00px-00px-00px-00px-font-120px-consolas-webkit-text-stroke-000000 ''Tel Miqne–Ekron Excavations 1985–1988, 1990, 1992–1995. Field IV Lower – The Elite Zone. Part 2. The Iron Age IIC Late Philistine City.''] Eisenbrauns, Winona Lake 2017, ISBN 978-1-57506-955-5, S. 22, 224.<br />Zur Keramik, die auch in Ekron Kontinuität mit der vorangegangenen Phase aufweist, vgl. ebd. die Schichten IB und IA in den Tabellen auf S.&nbsp;72–134.</ref> so dass ganz unklar ist, wie groß Ekron nach dieser Zerstörung war und wann es endgültig unterging. Recht wahrscheinlich ist immerhin aufgrund der großen Mengen an Figürchen und Masken aus dem 6./5.–4.&nbsp;Jhd., die man im Tempelareal ausgegraben hat, dass der große Tempel in kleinerem Stil wiederaufgebaut worden war und weiter genutzt wurde.<ref>Eleanor F. Beach, Adi Erlich (2022): [https://www.academia.edu/91162698/Beach_Erlich_2022_Miqne_Persian_Figurines ''Persian Period Figurines.''] In: Seymour Gitin u.&nbsp;a.: ''Tel Miqne-Ekron Excavations 1994–1996. Field IV Upper and Field V. The Elite Zone. Part 1: Iron Age IIC Temple Complex 650.'' Eisenbrauns, University Park 2022.</ref><br />Auch das Schicksal von Gat ist unsicher. Gats Ausgrabungsleiter Maeir glaubt, die Stadt sei die gesamte babylonische Zeit hindurch unbesiedelt gewesen, danach hätte es in der persischen Zeit ab ~540&nbsp;v.&nbsp;Chr. noch einmal einen armseligen Versuch des Wiederaufbaus gegeben, doch auch dieses Unterfangen sei dann bald darauf aufgegeben und Gat endgültig verlassen worden, um erst zur Römerzeit ab dem 2.&nbsp;Jhd. wiederbesiedelt zu werden. In einer [[Bothros|Favissa]] wurden aber u.&nbsp;a. babylonische Siegel gefunden,<ref>Frederick J. Bliss, R. A. Stewart Macalister (1902): [https://archive.org/details/excavationsinpal00blis/page/41/mode/1up ''Excavations in Palestine during the years 1898–1900.''] Palestine Exploration Fund, London 1902, S. 41.</ref> außerdem sehr viele Artefakte aus den beiden folgenden Epochen. Auch hier könnte also mindestens bis ins 3.&nbsp;Jhd. in einem der noch nicht ausgegrabenen Stadtteile eine Restbevölkerung gelebt haben.<br />Gazas Geschick in der kurzen babylonischen Phase Israels schließlich ist völlig ungewiss, da Gaza noch nicht ausgegraben wurde. Dass Gazas König als babylonischer Vasallenkönig geführt wird (s.&nbsp;o.), macht sicher, dass die Stadt zur babylonischen Zeit gab. Andererseits wurden zu dieser Zeit im Kerngebiet der Babylonier aber einige Siedlungen von exilierten Bürgern Gazas errichtet;<ref>Vgl. Laurie E. Pearce (2015): ''Identifying Judeans and Judean Identity in the Babylonian Evidence.'' In: Jonathan Stökl, Caroline Waerzeggers (Hrsg.): [https://library.oapen.org/bitstream/id/60fcee36-c6dc-4311-b7b6-f898967e2a92/1005452.pdf ''Exile and Return. The Babylonian Context.''] Walter de Gruyter GmbH, Berlin&nbsp;/&nbsp;Boston 2015, S. 13 f., Fußnote 27 (PDF: 1,6 MB).</ref> mindestens werden also nach einer Eroberung einige der Einwohner Gazas ebenso wie die Aschkeloniter und viele Judäer als Kriegsgefangene nach Babylon entführt worden sein. Aus den umgebenden Städten und Dörfern lässt sich auch nicht mehr ableiten: Qubur al-Walayida wurde komplett zerstört und blieb danach unbewohnt,<ref>Gunnar Lehmann u.&nbsp;a. (2010): [https://www.academia.edu/4485617/Excavations_at_Qubur_al_Walaydah_2007_2009 ''Excavations at Qubur al-Walaydah, 2007–2009.''] In: ''Welt des Orients.'' Band 40, 2010, S. 137–159, hier 156.</ref> Tell Haror wurde komplett zerstört und gut 100 Jahre später wiederbesiedelt,<ref>Eliezer D. Oren: ''Haror, Tel.'' In: Ephraim Stern (Hrsg.): ''The New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land. Volume 2.'' The Israel Exploration Society, Jerusalem 1993, S. 584.</ref> Blakhijeh wurde angegriffen, war aber auch danach bewohnt;<ref>Moain Sadeq: ''An Overview of Iron Age Gaza in Light of the Archaeological Evidence.'' In: John R. Spencer u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Material Culture Matters. Essays on the Archaeology of the Southern Levant in Honor of Seymour Gitin.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2014, ISBN 978-1-57506-298-3, S. 248.</ref> das offenbar mehrheitlich von Phöniziern bewohnte Ruqeisch<ref>Moain Sadeq: ''An Overview of Iron Age Gaza in Light of the Archaeological Evidence.'' In: John R. Spencer u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Material Culture Matters. Essays on the Archaeology of the Southern Levant in Honor of Seymour Gitin.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2014, ISBN 978-1-57506-298-3, S. 250.</ref> und möglicherweise Tell Jemmeh<ref>David Ben-Shlomo, Gus W. Van Beek (2014): [https://www.academia.edu/57568437/The_Smithsonian_Institution_Excavation_at_Tell_Jemmeh_Israel_1970_1990 ''The Smithsonian Institution Excavation at Tell Jemmeh, Israel, 1970–1990.''] Smithsonian Institution Scholarly Press, Washington D.C. 2014, S. 1064.</ref> (wo ebenfalls ein babylonisches Siegel gefunden wurde) und Tell el-Fārʿa (Süd)<ref>Gunnar Lehmann u. a.: ''Excavations at ''Tell el-Fārʿa'' (South), 1998–2002.'' In: ''Zeitschrift des deutschen Palästinavereins.'' Band 134, Nr. 2, 2018, S. 109–150, hier 143 f.</ref> dagegen blieben durchgängig besiedelt. Erst wieder Herodot berichtet Mitte des 5.&nbsp;Jhds, 150 Jahre nach dem Einfall der Babylonier, dass Gaza („Kadytis“) so groß wie [[Sardes|Sardis]] sei und „von Syrern bewohnt werde, die ‚Palaistiner‘ genannt werden“.<ref>Herodot: ''Historien'' III, 5</ref>

=== Kosmopolitische Philistäa im 6.–2. Jahrhundert: Philister, Phönizier und Idumäer ===

==== Der Mythos vom leeren Land ====
Einige Historiker lassen die Geschichte der Philister mit der Eroberung durch die Babylonier enden. [[Lawrence E. Stager]] etwa, der Ausgrabungsleiter von Aschkelon, ist gleichzeitig einer der extremsten Verfechter des „Mythos vom leeren Land“,<ref>Robert P. Carroll: ''The Myth of the Empty Land.'' In: ''Semeia.'' Band 59, 1992, S. 79–93.</ref><ref>Hans M. Barstad: ''The Myth of the Empty Land.'' Scandinavian University Press, Oslo 1996.</ref><ref>Joseph Blenkinsopp (2002): ''The Bible, Archaeology and Politics; or: The Empty Land Revisited.'' In: : ''Journal for the Study of the Old Testament.'' Band 27, Nr. 2, 2002, S. 169–168, hier 173.</ref> laut dem nach der babylonischen Eroberung Juda, die Schefela und auch die Philistäa mehrere Jahrzehnte weitgehend brachgelegen seien. Nachdem dann die von [[Kyros II.]] angeführten [[Achämenidenreich|Perser]] um 539&nbsp;v.&nbsp;Chr. Babylon erobert hatten, so das gesamte babylonische Reich inklusive dem in mehrere Provinzen aufgeteilten Palästina unter ihre Herrschaft gekommen war und Kyros mit seinem auf dem [[Kyros-Zylinder]] überlieferten Edikt die Rückkehr aller babylonischer Exulanten gewährt hatte, sei zwar die Provinz Yehud (= Juda) von Rückkehrern aus dem Exil neu besiedelt worden, die Provinz Aschdod (= Philistäa) aber sei von den ''Phöniziern'' neu erschlossen worden, weil die Philister anders als die Judäer im Exil geblieben wären:

{{Zitat
|Text=[Wenn z.&nbsp;B. im Buch Nehemia von Aschdoditern die Rede ist,] nimmt man häufig an, dass dies irgendetwas mit Philistern zu tun hätte. Das ist nicht der Fall.<br />In der Philistäa waren die großen Städte aufgrund von Nebukadnezzars Politik der verbrannten Erde [um 604&nbsp;v.&nbsp;Chr.] vollständig zerstört worden. (…) Sowohl in Aschkelon als auch in Ekron gab es eine kurze provisorische Siedlungsphase [„squatters' occupation“], die vor dem 6.&nbsp;Jhd. endete; die große Mehrheit der Philister jedoch war entweder gestorben, geflohen oder von Nebukadnezzar ins Exil verschleppt worden, um nie wieder in ihr Heimatland zurückzukehren. Bei allen drei ausgegrabenen Orten in der Philistäa[, nämlich Aschdod, Aschkelon und Ekron,] herrschte zwischen 600 und 525/500&nbsp;v.&nbsp;Chr. eine vollständige Besiedlungslücke, das heißt, bis zur Perserzeit, wo laut Pseudo-Skylax die Tyrer die Erlaubnis erhielten, Aschkelon (und wahrscheinlich auch Aschdod) zu besiedeln. Die Ausgrabungen an diesen beiden Orten zeigen, dass die Phönizier und nicht die Philister die dominante Kultur waren. Von der nachexilischen Zeit an gibt es nirgendwo mehr irgendeine Spur von Philistern. Ab dieser Zeit wird auch die Volksbezeichnung „Philister“ nicht mehr verwendet.<ref>Lawrence E. Stager (2006): ''Biblical Philistines: A Hellenistic Literary Creation?'' In: Aren M. Maeir, Pierre de Miroschedji (Hrsg.): ''„I Will Speak the Riddles of Ancient Times“. Archaeological and Historical Studies in Honor of Amihai Mazar on the Occasion of His Sixtieth Birthday. Vol. 1.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2006. S. 383.</ref>}}

Stager hat damit nicht wenige und nicht unbedeutende Anhänger. In dieser Stärke ist es dennoch gewiss massiv überzogen: (1) Nimmt man das im letzten Abschnitt Gesagte zusammen, gab es auch zur Zeit der Babylonier noch die Städte Aschdod, Gaza, Blakhijeh und Ruqeisch – d.&nbsp;h.: vier der sieben großen Küstenstädte. Auch in Javne Jam, der fünften großen Küstenstadt, konnte man für die Perserzeit zwar umfassende Baumaßnahmen nachweisen, bisher aber noch keine dem vorangegangene Zerstörung durch die Babylonier. Tell Jemmeh und Tell el-Fārʿa (Süd) gab es ebenfalls noch, zudem wahrscheinlich eine philistäische Restbevölkerung in Ekron, Gat und offenbar Aschkelon.<ref>Von der provisorischen Siedlungsphase in Aschkelon spricht Stager nur hier. Im zwei Jahre später erschienenen Abschlussbericht der Ausgrabung ist keine Rede mehr von dieser Siedlungsphase, so dass sich nicht überprüfen lässt, von welcher archäologischen Evidenz er spricht und woraus er ableitet, dass die Phase vor 600 geendet sei.</ref> (2) Dass die exilierten Philister nicht aus dem Exil zurückgekehrt seien, lässt sich nicht belegen. (3) Die Keramik, mit deren Hilfe in der Archäologie Siedlungsphasen datiert werden, lässt keine klaren Datierungen von Siedlungsphasen in die späte Assyrerzeit vs. die Babylonierzeit vs. die frühe Perserzeit zu, da die meisten keramischen Formen der späten Assyrerzeit sich auch noch in der frühen Perserzeit finden. Wann genau der Wiederaufbau in der Philistäa begann, lässt sich daher archäologisch nicht erschließen.<ref>Peter James (2004): [https://www.centuries.co.uk/stern-review.pdf ''The Assyrian, Babylonian and Persian Periods in Palestine.''] In: ''Bulletin of the Anglo-Israel Archaeological Society.'' Band 22, 2004, S. 47–58, hier 49.</ref> (4) Dass die phönizische Kultur in der Perserzeit insgesamt zur dominanten Kultur in der Philistäa geworden sei, ist falsch; Josette Elayi etwa, die Grande Dame der phönizischen Geschichte, entdeckt gerade in Aschdod „keine Spur von phönizischer Präsenz“.<ref>Josette Elayi: ''Studies in Phoenician Geography during the Persian Period.'' In: ''Journal of Near Eastern Studies.'' Band 41, Nr. 2, 1982, S. 83–110, hier 104.</ref> (5) Ebenso falsch ist, dass die Volksbezeichnung „Philister“ nicht mehr verwendet worden sei: {{B|Joel|4|4}} (4.&nbsp;Jhd.) spricht zwar „nur“ von „philistäischen Gebieten“ und könnte damit theoretisch „ehemals philistäische, nun aber phönizische Gebiete“ meinen<ref>So Lawrence E. Stager: ''Biblical Philistines: A Hellenistic Literary Creation?'' In: Aren M. Maeir, Pierre de Miroschedji (Hrsg.): ''„I Will Speak the Riddles of Ancient Times“. Archaeological and Historical Studies in Honor of Amihai Mazar on the Occasion of His Sixtieth Birthday. Vol. 1.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2006, S. 383.</ref> (ähnlich im 2.&nbsp;Jhd. {{B|1 Makk|5|68}} und der hebräische Text von {{B|Sir|50|26}}), aber {{B|Sach|9|5–7}} nennt im 5.&nbsp;Jhd. Aschdod, Aschkelon, Ekron und Gaza den „Stolz der Philister“, Herodot spricht im selben Jahrhundert wiederholt davon, dass die südliche Küste Palästinas von „Palaistinern“ bewohnt werde,<ref>Herodot: ''Historien'' I, 105; II, 104.106; III, 5.91; IV 39; VII, 89</ref> und das [[Buch der Jubiläen]] erfindet im 2.&nbsp;Jhd.&nbsp;v.&nbsp;Chr. einen Fluch Isaaks über die „Philister“ (Jub 50,28–32), dessen Verwirklichung erst noch ausstehe (V. 33).

[[Datei:Skyphos, Pistian MET sf41162220v.jpg|mini|hochkant|Attischer Becher des [[Haimon-Maler]]s, besonders verbreitet in Palästina.]]

Rebecca Martin und Yiftah Shalev haben kürzlich noch einmal eine stärkere Variante des Mythos vom leeren Land vorgelegt:<ref>S. Rebecca Martin, Yiftah Shalev (2022): [https://www.academia.edu/81569923/The_Reoccupation_of_Southern_Phoenicia_in_the_Persian_Period_Rethinking_the_Evidence ''The Reoccupation of southern Phoenicia in the Persian Period: Rethinking the Evidence.''] In: Uri Davidovich u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Material, Method and Meaning Papers in Eastern Mediterranean Archaeology in Honor of Ilan Sharon.'' Zaphon, Münster 2022, ISBN 978-3-96327-176-2.</ref> Weil levantinische Keramik des späten 7. bis späten 6.&nbsp;Jhds. keine sichere Datierung zulässt, setzen sie an griechischer Keramik an und verweisen noch einmal auf die schon länger bekannte<ref>Z.&nbsp;B. Jane C. Waldbaum (2002): [https://www.persee.fr/doc/ista_0000-0000_2002_act_853_1_2237 ''Seventh century B.C. Greek pottery from Ashkelon, Israel: An Entrepôt in the Southern Levant.''] In: Murielle Faudot u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Pont-Euxin et Commerce. La genèse de la „route de la soie“. Actes du IXe Symposium de Vani (Colchide, 1999).'' Presses Universitaires Franc-Comtoises, Besançon 2002, ISBN 2-84627-079-1, S. 62.</ref> Tatsache, dass man auch bei griechischer Keramik in ganz Palästina eine Lücke feststellen kann: Die in archäologischen Schichten vor der babylonischen Zeit z.&nbsp;B. in Aschkelon und Mesad Hashavyahu gefundene griechische Keramik ist spätestens Ende des 7.&nbsp;Jhds. entstanden, die früheste griechische Keramik aus späterer Zeit in Palästina stammt erst wieder aus dem Ende des 6.&nbsp;Jhds. Diese „Keramiklücke“ schließen sie dann mit einer Siedlungslücke kurz: Aus dem Fehlen von Keramik kann man auch ein Fehlen von Menschen folgern.<br />Auch das ist aber nicht zwingend. Die griechische Keramik aus dem 7.&nbsp;und die aus dem 6.&nbsp;Jhd. stammen aus unterschiedlichen Distributionskanälen: Die frühere wurde von Griechen nach Palästina exportiert,<ref>Z.&nbsp;B. Alexander Fantalkin (2006): [https://www.academia.edu/472528/Identity_In_the_Making_Greeks_In_the_Eastern_Mediterranean_During_the_Iron_Age ''Identity in the Making: Greeks In the Eastern Mediterranean During the Iron Age.''] In: Alexandra Villing, Udo Schlotzhauer (Hrsg.): ''Naukratis: Greek Diversity in Egypt. Studies on East Greek Pottery and Exchange in the Eastern Mediterranean.'' The British Meuseum Press, London 2006, ISBN 0-86159-162-3, S. 203.</ref> die spätere von den Phöniziern, über die im früheren 6.&nbsp;Jhd. die Babylonier mit besonders harter Hand herrschten, von anderen griechischen Orten nach Palästina importiert.<ref>Z.B. Astrid Nunn (2014): [https://www.academia.edu/16016025/Attic_Pottery_in_the_Levant ''Attic Pottery Imports and Their Impact on ‚Identity Discourses‘: A Reassessment.''] In: Christian Frevel u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''A „Religious Revolution“ in Yehûd? The Material Culture of the Persian Period as a Test Case.'' Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2014, ISBN 978-3-525-54392-4, S. 416–418.</ref> Das Fehlen von griechischer Keramik lässt sich leicht auch damit erklären, dass mit dem Einfall der Babylonier die Griechen als die ersten Distribuenten vertrieben worden waren und die Phönizier neue und andere Distributionskanäle erst nach dem Abzug der Babylonier erschließen konnten.

Wahr ist aber sicherlich, dass sich mit der babylonischen Eroberung der philistäische Schmelztiegel der Nationen gewaltig geleert hatte und nun bereit war, neu gefüllt zu werden. Das geschah auch: Spätestens zur Zeit der Perser wurden Aschkelon und Aschdod wieder zu Metropolen; Gaza war wieder die größte der Küstenstädte, auch wuchsen Blakhijeh unter dem Namen „[[Anthedon (Palästina)|Anthedon]]“, Javne Jam unter dem Namen „Jamnia“ und Jaffa unter dem Namen „Joppe“ ebenfalls zu Großstädten heran.

Als [[Alexander der Große]] Ende des 4.&nbsp;Jhds. das Perserreich beerbte und zum griechisch-makedonischen [[Alexanderreich]] transformierte, und auch, als dieses kurz darauf wieder in [[Seleukidenreich]] und [[Ptolemäer]]reich zerfiel, nahmen einige der wachsenden Städte in der Philistäa zwar kurzfristig Schaden; aufs Ganze gesehen hatten aber auch die politischen Wirren des 4.–3. Jhds. keinen großen Einfluss auf den erneuten Aufwärtskurs der palästinischen Küstenregion (eine Ausnahme ist Gaza, s.&nbsp;u.).<br />Wie viel von der neuen Füllmenge des philistäischen Schmelztiegels aus dem Exil zurückgekehrte Philister waren, lässt sich nicht sagen. Wichtiger für das Gebiet und die Kultur der Philistäa ist ohnehin, dass auch andere Völker großen Anteil an dieser Neubefüllung hatten und so ebenfalls in diesem Schmelztiegel aufgingen: Der philistäisch-kanaanäisch-assyrisch-ägyptisch-griechisch-judäische Bevölkerungsmix in Südpalästina wurde nun im Laufe der nächsten Jahrhunderte auch noch mit Phöniziern, Edomitern und Arabern vermengt.

==== Phönizische Philistäa ====
[[Datei:Münze Gaza.png|mini|hochkant|Münze aus Gaza]]

Das phönizische Gebiet an der nördlichen Küste Palästinas wurde vor allem dominiert von den beiden Stadtstaaten [[Sidon]] und [[Tyros]]. Diesen beiden Städten wurden in der Perserzeit zwei der von den babylonischen Eroberungen besonders betroffenen Gebiete in der Provinz Aschdod zubestimmt: [[Pseudo-Skylax]] bezeugt in der Tat, dass spätestens im 4.&nbsp;Jhd. Aschkelon „eine Stadt der Tyrer und ein Königssitz“ war.<ref>Pseudo-Skylax, ''Periplus'' 1.78</ref> Trotz dieses scheinbar klaren Textzeugnisses ist gerade Aschkelon am schwierigsten zu interpretieren, denn was der Text genau bedeutet, ist nicht sicher. Weil Aschkelon (wie Aschdod und Gaza) ab dem 4.&nbsp;Jhd. eigene Münzen prägen durfte und demnach den Rang einer autonomen Stadt hatte, interpretiert z.&nbsp;B. Elizabeth A. Bettles das „und ein Königssitz“ so, dass Aschkelon zwar tyrischer Jurisdiktion unterlag, gleichzeitig aber auch in der Perserzeit wieder Königsstadt war und Pseudo-Skylax von einem Königssitz des Königs von ''Aschkelon'' sprach,<ref>Elizabeth A. Bettles (2003): [https://www.academia.edu/61404730/Phoenician_amphora_production_and_distribution_in_the_southern_Levant_a_multi_disciplinary_investigation_into_carinated_shoulder_amphorae_of_the_Persian_ ''Phoenician Amphora Production and Distribution in the Southern Levant. A multi-disciplinary investigation into carinated-shoulder amphorae of the Persian period (539–332 BC).''] BAR Publishing, Oxford 2003, ISBN 1-84171-550-6, S. 77.</ref> der dann also tyrischer Vasallen-König gewesen wäre. Elayi denkt zudem, dass auch unter dieser phönizischen Jurisdiktion die Phönizier in Aschkelon in der Minderheit waren,<ref>Josette Elayi (1980): [https://janes.scholasticahq.com/article/2291-the-phoenician-cities-in-the-persian-period ''The Phoenician Cities in the Persian Period.''] In: ''Journal of the Ancient Near Eastern Society.'' Band 12, Nr. 1, 1980, S. 13–28, hier 15.</ref> zieht also sehr andere demographische Schlüsse aus dem Satz von Pseudo-Skylax, aus dem Stager ableitet (s.&nbsp;o.), dass nicht nur Aschkelon, sondern sogar die gesamte Philistäa ab der Perserzeit mehr oder weniger ausschließlich von Phöniziern bewohnt war.

[[Datei:Tanit symbols found at Ashkelon in modern Israel.png|mini|hochkant|alt=Eine Abbildung von drei Amuletten, geformt wie ein Ankh-Zeichen mit dreieckiger und sich nach oben verjüngernder Basis.|Tanit-Amulette aus Aschkelon]]
[[Datei:Terracotta amphora with Phoenician inscription MET DP121454.jpg|mini|hochkant|Phönizische Transportamphore]]

Das deutlichste archäologische Zeugnis für eine phönizische Präsenz in Aschkelon sind drei Amulette mit dem Symbol der phönizischen Göttin [[Tanit]], die dort gefunden wurden. Ein ähnliches Amulett wurde allerdings z.&nbsp;B. auch in Marescha ausgegraben, das klar keine phönizische Stadt war<ref>Samuel R. Wolff u.&nbsp;a. (2018): [https://open.rstfen.cnr.it/index.php/rsf/article/view/13 ''A Newly Discovered Tanit Pendant from Maresha.''] In: ''Rivista di Studi Fenici.'' Band 46, 2018, S. 29–42.</ref> (der Tanit-Kult griff offenbar grundsätzlich in Südpalästina nach und nach um sich; aus der hellenistischen Zeit ab dem späten 4.&nbsp;Jhd. wurden z.&nbsp;B. in Geser und Aschdod Jam zwei Bleigewichte mit dem Tanit-Symbol gefunden<ref>Samuel R. Wolff, Gerald Finkielsztejn (2009): [https://www.academia.edu/2298101/Two_New_Hellenistic_Lead_Weights_of_the_Tanit_Series_In_Exploring_the_Longue_Dur%C3%A9e_Essays_in_Honor_of_Lawrence_E_Stager_ed_J_David_Schloen_Winona_Lake_Ind_Eisenbrauns_2009_Pp_497_506 ''Two New Hellenistic Lead Weights of the Tanit Series.''] In: J. David Schloen (Hrsg.): ''Exploring the Longue Durée. Essays in Honor of Lawrence E. Stager.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2009.</ref>). Hinzu kommt aber außerdem noch ein Bericht von Herodot, laut dem ein Aschkeloner Tempel der älteste Tempel der Göttin [[Aphrodite|Aphrodite Ourania]] sei und ein zyprischer Tempel derselben Göttin durch „Phönizier, die aus diesem Teil Syriens kommen“<ref>Herodot: ''Historien'' I, 105</ref> gegründet worden wäre. Und schließlich berichten mehrere spätere Autoren, dass die Aschkeloner Hauptgöttin [[Derketo]] gewesen sein soll, von der [[Lukian von Samosata]] Abbildungen in Phönizien gesehen haben will.<ref>Lukian von Samosata: [https://de.wikisource.org/wiki/Von_der_syrischen_G%C3%B6ttin ''Von der syrischen Göttin.''] Zeile 14.</ref> Sprechen Herodot und Lukian hier die Wahrheit, hatten Aschkelon und die Phönizier also ab dem 5.&nbsp;Jhd. noch weitere Göttinnen gemein, deren Verehrung durch die Philister sich für die Eisenzeit noch nicht belegen lässt.<br />Weitere archäologische Indizien, die gelegentlich angeführt werden, wie insbesondere die Bauweise mit Quadersteinen,<ref>Zu dieser vgl. Ilan Sharon (1987): [https://www.academia.edu/2361890/Phoenician_and_Greek_ashlar_construction_techniques_at_Tel_Dor_Israel ''Phoenician and Greek Ashlar Construction Techniques at Tel Dor, Israel.''] In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' Band 267, 1987, S. 21–42.</ref> viele Inschriften in phönizischer statt hebräischer Schrift sowie Funde von sog. „phönizischen Transport-Amphoren“ sind weniger stark: In Aschkelon war auch schon vor der Babylonierzeit mit Quadersteinen gebaut<ref>Lawrence E. Stager u. a.: ''Stratigraphic Overview.'' In: Ders. u.&nbsp;a. (Hrsg.): [https://hmane.harvard.edu/publications/ashkelon-1 ''Ashkelon 1. Introduction and Overview (1985–2006).''] Eisenbrauns, Winona Lake 2008, ISBN 978-1-57506-929-6, S. 282.</ref> und überwiegend mit phönizischer Schrift geschrieben worden;<ref>Vgl. Frank Moore Cross (2008): ''Inscriptions in Phoenician and Other Scripts.'' In: Lawrence E. Stager u.&nbsp;a. (Hrsg.): [https://hmane.harvard.edu/publications/ashkelon-1 ''Ashkelon 1. Introduction and Overview (1985–2006).''] Eisenbrauns, Winona Lake 2008, ISBN 978-1-57506-929-6: Sowohl aus der Eisenzeit II als auch aus der Perserzeit wurden jeweils nur zwei Inschriften in hebräischer Schrift gefunden (Nr. 1.1–2.13–14); alle anderen Inschriften sind phönizisch geschrieben.</ref> Transportamphoren können auch nur intensiven Handel mit Phöniziern indizieren, sind ebenfalls schon für die Eisenzeit belegt und wurden vielleicht ohnehin in Aschkelon selbst produziert.<ref>Elizabeth A. Bettles (2003): [https://www.academia.edu/61404730/Phoenician_amphora_production_and_distribution_in_the_southern_Levant_a_multi_disciplinary_investigation_into_carinated_shoulder_amphorae_of_the_Persian_ ''Phoenician Amphora Production and Distribution in the Southern Levant. A multi-disciplinary investigation into carinated-shoulder amphorae of the Persian period (539–332 BC).''] BAR Publishing, Oxford 2003, ISBN 1-84171-550-6, S. 239–241.</ref> Aschkelon ''hatte'' im 6.&nbsp;Jhd. einen recht phönizischen Charakter – im Falle von Aschkelon bedeutete dies aber keinen Kulturbruch, sondern kulturelle Kontinuität mit dem vorbabylonischen Aschkelon.<br />Dennoch: Das Mengenverhältnis von Philistern vs. Phöniziern ist zwar unklar; ''dass'' die Phönizier mindestens in Form von Händlern und Beamten stark präsent in Aschkelon waren und so auch die Kultur dort prägten, lässt sich aber kaum bezweifeln.

Ähnlich gelagert ist der Fall in Jaffa, das einst zu Aschkelons agrarischem Hinterland gehört hatte: Auf dem Sarkophag des phönizischen Königs [[Eschmunazar II.]] von Sidon (539 – 525&nbsp;v.&nbsp;Chr.) heißt es, dass er für seine Verdienste „Dor und Jaffa, die mächtigen Länder Dagāns“ übereignet bekommen habe. Auch in Jaffa wurde mit Quadersteinen gebaut, auch hier wurden mehrere phönizische Amphoren gefunden, und ähnlich wie in Aschkelon wurde in Nebi Yunis in der Nähe von Jaffa eine Inschrift gefunden, die die Verehrung des phönizischen Gottes [[Eschmun]] bezeugt.<ref>Bei der Inschrift allerdings könnte es sich um eine Fälschung handeln. Vgl. Heath D. Dewrell: ''A „Molek“ Inscription from the Levant? Another Look at the Authenticity of „RES“ 367.'' In: ''Revue Biblique.'' Band 123, Nr. 4, 2016, S. 481–505.</ref>

[[Datei:Südpalästina Perserzeit.jpg|mini|hochkant|Südpalästina zur Perserzeit und hellenistischen Zeit]]

Auch bei Javne Jam wird d.&nbsp;Ö. angenommen, dass es ab der Perserzeit phönizisch gewesen sei, da auf einer Inschrift aus dem 2.&nbsp;Jhd. die „Sidonier in Javne Jam“ eine Steuerbefreiung beantragten.<ref>Vgl. Benjamin Isaac: ''A Seleucid Inscription from Jamnia-on-the-Sea: Antiochus V Eupator and the Sidonians.'' In: ''Israel Exploration Journal.'' Band 41, Nr. 1/3, 1991, S. 132–144.</ref> Tatsächlich spricht aber die Inschrift gerade dagegen, da die Sidonier ihre Steuerbefreiung im Gegensatz zur restlichen Bevölkerung Javne Jams beantragen. Ähnlich zitiert Josephus einen Brief von „Sidoniern im [samarischen] Sichem“,<ref>Josephus: ''Jüdische Altertümer'' XII 5,5</ref> in dem diese ebenfalls eine Sonderbehandlung beantragen, und im [[Idumäa|idumäischen]] [[Marescha]] steht ein großes Grab eines „Apollophanes, (…) Oberhaupt der Sidonier in Marescha“.<ref>Jessica Nitschke (2015): [https://www.persee.fr/doc/topoi_1764-0733_2015_act_13_1_2749 ''What is Phoenician about Phoenician Material Culture in the Hellenistic period?''] In: ''Topoi.'' Supplement 13, 2015, S. 207–238, hier 215.</ref> Wahrscheinlicher muss man daher die nördliche der auf der Karte als „unsicher“ markierten Flächen von Javne Jam bis [[Bat Jam]] und um Tell Qasile, wo Elayi wieder „keine Spur von phönizischer Präsenz“ feststellen kann,<ref>Josette Elayi: ''Studies in Phoenician Geography during the Persian Period.'' In: ''Journal of Near Eastern Studies.'' Band 41, Nr. 2, 1982, S. 83–110, hier 104.</ref> ebenfalls zur Provinz Aschdod rechnen.<ref>So z.&nbsp;B. Yohanan Aharoni, Michael Avi-Yonah: ''Der Bibel-Atlas. Die Geschichte des Heiligen Landes 3000 Jahre vor Christus bis 200 Jahre nach Christus. 264 Karten mit kommentierendem Text.'' Weltbild, Augsburg 1990, S. 109.<br />Dort werden auch Ono, Lod, Hadid und Geser noch zu Yehud gerechnet. In seinen späteren Werken hat Avi-Yonah sich umentschieden, weil mehrere Stellen im Buch Nehemia und in den [[Makkabäer]]-Büchern dagegen sprechen. Vgl. z.&nbsp;B. Michael Avi-Yonah: ''The Holy Land. A Historical Geography from the Persian to the Arab Conquest (536 B.C. – A.D. 640). With Text Revisions and Toponymic Index by Anson F. Rainey.'' Carta, Jerusalem 2002, S. 15, 26.<br />Die nebenstehende Karte unterscheidet sich außerdem darin von den meisten Karten von Yehud zur Perserzeit, dass Timna und Tell Burna noch zu Yehud gerechnet werden: Timna ist ausweißlich der Keramik in den letzten Jahren vor der Babylonierzeit wieder judäisch geworden und hier finden sich nach den Zerstörungen der Babylonier klare Spuren einer Restbevölkerung, die dann Timan wahrscheinlich wieder als judäischen Ort aufgebaut haben. Bei Tell Burna hat sich kürzlich herausgestellt, dass dieser nach den Assyrerkriegen von Judäern wiederaufgebaute Ort gar nicht durch die Babylonier zerstört wurde; auch hier muss man also annehmen, dass der Ort zu Juda gehörte. Vgl. Aharon Tavger u.&nbsp;a.: [https://www.academia.edu/104153856/The_Fortifications_of_Tel_Burna_A_Reappraisal_after_Twelve_Seasons_of_Excavations_2010_2022 ''The Fortifications of Tel Burna: A Raappraisal after Twelve Seasons of Excavations (2010–2022).''] In: ''‘Atiqot.'' Band 111, 2023, S. 73–102, hier 98.</ref>

==== Idumäische Philistäa ====
Die zweite große Gruppe, die Anteil hatte am erneuten Wachstum des südwestlichen Palästina, waren die Idumäer. Diese – ein Mischvolk aus [[Kedariten]] und den Nachfahren der [[Edom]]iter – wurden ab dem 6.&nbsp;Jhd. zunehmend von den [[Nabatäer]]n von der Ostseite des Jordan und vom palästinischen Negevgebirge aus nach Nordwesten gedrängt und ließen sich auch in der stark entvölkerten Schefela nieder. In den nur knapp 200 Jahren von der Perserzeit bis zur hellenistischen Zeit stieg so die Zahl an Siedlungen in der Südschefela von 55 auf 149 an.<ref>Nisan Shalom u.&nbsp;a. (2021): [https://www.academia.edu/103829564/5_Judah_in_the_Early_Hellenistic_Period_An_Archaeological_Perspective ''Judah in the Early Hellenistic Period: An Archaeological Perspective.''] In: Sylvie Honigman u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Times of Transition. Judea in the Early Hellenistic Period.'' Emery and Claire Yass Publications in Archaeology, Tel Aviv 2021, S. 73.</ref> Weil gleichzeitig einige der alten Siedlungen aufgegeben oder zerstört wurden, war danach das ganze Siedlungssystem in der Schefela ausgetauscht. Die Siedlungsgeschichte in der Philistäa zur selben Zeit war im Vergleich dazu weit weniger bewegt:<ref>Uzi ´Ad (2021): ''Settlement in the Southern Coastal Plain („Philistia“) during the Early Hellenistic Periods (Third through Mid-Second Centuries BCE).'' In: Andrea M. Berlin, Paul J. Kosmin (Hrsg.): ''The Middle Maccabees. Archaeology, History, and the Rise of the Hasmonean Kingdom.'' SBL Press, Atlanta 2021, S. 102.</ref>

{| class="wikitable centered"
|+ Entwicklung der Zahl an Siedlungen im philistäischen Hinterland
|-
! Regionales Zentrum!! persisch (6.–4. Jhd.) !! Aufgabe / Zerstörung !! Neugründung !! hellenistisch (3.–2.&nbsp;Jhd.) !! Anteil konstanter Siedlungen
|-
| Aphek || 10 || 4 || 2 || 8 || 75 %
|-
| Jaffa || 22 || 4 || 27 || 45 || 40 %
|-
| Javne +<br />Javne Jam || 26 || 5 || 7 || 28 || 75 %
|-
| Aschdod || 54 || 23 || 10 || 41 || 76 %
|-
| Aschkelon || 44 || 18 || 30 || 56 || 46 %
|}

Man beachte, wie gerade in den beiden Gegenden, bei denen eine starke phönizische Präsenz am wahrscheinlichsten ist – Jaffa und Aschkelon – auch am meisten Bewegung in der Regionalgeschichte ist.<br />
In der Schefela jedenfalls verlief nach dieser kleinen Völkerwanderung spätestens im 4.&nbsp;Jhd. die Grenze zwischen Yehud und Idumäa zwischen dem judäischen Bet Zur und dem idumäischen Hebron.<ref>Diodorus Siculus: ''Bibliotheca Historica'' XIX 94 f.98.</ref><ref>John R. Bartlett: ''Edom and Idumaeans.'' In: ''Palestine Exploration Quarterly.'' Band 131, Nr. 2, 1999, S. 102–114, hier 106–111.</ref><ref>Yigal Levin: [https://www.academia.edu/6479181/The_Southern_Frontier_of_Yehud_and_the_Creation_of_Idumea ''The Southern Frontier of Yehud and the Creation of Idumea.''] In: Ders. (Hrsg.): ''A Time of Change. Judah and Its Neighbours in the Persian and Early Hellenistic Periods.'' T&nbsp;&&nbsp;T Clark, London 2007, S. 243 f. 252.</ref> Bei diesen Gebietsverhältnissen blieb es bis zur Zeit der Makkabäer ({{B|1 Makk|4|61}}; {{B|1 Makk|14|33}}; s.&nbsp;u.), so wurden die Grenzen auch nach der Makkabäerzeit wieder gezogen.<ref>Josephus: ''Contra Apionem'' II 9, 116</ref> Die kleineren Orte um Gaza – Tell Jemmeh, Tell Rafa, Tell Abu Salima, Tell el-Fārʿa (Süd), Tell Haror und Tell Sera – lagen damit nun im idumäischen Gebiet. Dasselbe könnte für Gaza gelten; Herodot berichtet:

{{Zitat
|Text=Die einzige klare Route nach Ägypten ist folgende: Von Phönizien bis zur Grenze der Stadt Gaza [„Kadytis“]. Sie gehört den ‚Palaistiner‘ genannten Syrern. Von Gaza aus – einer Stadt, die nach meinem Urteil nicht viel kleiner als Sardis ist – bis zur Stadt Ienysos [= Sheikh Zuweid?<ref>So Nadav Naaman (1979): [https://www.academia.edu/12932443/The_Brook_of_Egypt_and_Assyrian_Policy_on_the_Egyptian_Border_Tel_Aviv_6_1979_pp_68_90 ''The Brook of Egypt and Assyrian Policy on the Egyptian Border.''] In: ''Tel Aviv.'' Band 6, 1979. S. 68–90, hier 79.</ref>] gehören die Häfen [dann mindestens: Rafa und Abu Salima] den Arabern, dann sind sie wieder syrisch von Ienysos bis zu den [[Sirbonischer See|Sirbonischen Sümpfen]], wo – so sagt man − Typho verborgen ist. Danach beginnt bereits Ägypten.
|Quelle=Herodot, ''Historien'' III 5}}

Im Griechischen gibt es ein ähnliches Deutungsproblem wie in dieser freien Übersetzung: Wird gesagt, dass noch die südliche Grenze von Gaza den Palaistinern gehörte und Gaza also palaistinisch war? Oder wird gesagt, dass nur die Route bis zur nördlichen Grenze Gazas palaistinisch war und Gaza also bereits zu den arabischen Häfen gehörte?<ref>Vgl. zum griechischen Text z.&nbsp;B. Yigal Levin (2007): [https://www.academia.edu/6479181/The_Southern_Frontier_of_Yehud_and_the_Creation_of_Idumea ''The Southern Frontier of Yehud and the Creation of Idumea.''] In: Ders. (Hrsg.): ''A Time of Change. Judah and Its Neighbours in the Persian and Early Hellenistic Periods.'' T&nbsp;&&nbsp;T Clark, London 2007, S. 247 f.</ref><br />Meist hält man das perserzeitliche Gaza für mehrheitlich nicht-arabisch. Ist das wahr, sollte sich das spätestens mit dem Beginn der hellenistischen Zeit nach einem Feldzug von Alexander dem Großen ändern: Laut dem Bericht des Alexander-Biographen [[Arrian]] musste Alexander bei diesem Feldzug durch Palästina nach Ägypten die Stadt Gaza, die ihm neben Tyros als einzige in Palästina noch Widerstand leistete, zwei Monate lang belagern. Nachdem er sie dann doch endlich eingenommen hatte, so heißt es, wurden die verwitweten und verwaisten Angehörigen der gefallenen Soldaten in die Sklaverei verkauft und die derart ausgedünnte Stadt von Alexander neu mit Menschen aus der Umgebung gefüllt<ref>[https://archive.org/details/anabasisalexand00arrigoog/page/n163/mode/1up Arrian: ''Anabasis'' II 27]</ref> – offenbar also überwiegend mit Idumäern.<br />Der Historiker und Geograph [[Strabon]] wird später Palästina („Syria“) ethnisch einteilen in „Syrer und Phönizier, [darunter außerdem] Judäer, Idumäer, Gazäer und Aschdodider“.<ref>Strabon, ''Geographie'' XVI ii 2</ref> Die Einteilung in Aschdodider vs. Gazäer wird wahrscheinlich die unterschiedliche kulturelle Prägung der post-philistäischen Kultur widerspiegeln – phönizisch-philistäisch im Norden, idumäisch-philistäisch im Süden.

[[Datei:Terracotta-Fragmente Gat + Maresha.png|mini|hochkant|Terracotta-Fragmente aus Gat und Marescha]]
[[Datei:Maske aus Gat.png|mini|hochkant|Fragmente einer Maske aus Gat]]

Die Vermengung mit den Idumäern hieß nun aber nicht, dass damit ein zuvor philistäisches Gaza ausschließlich „idumäischer“ geworden wäre: Auch die Idumäer hatten sich im Laufe der Jahrhunderte immer mehr mit den umliegenden Völkern vermischt. Ian Stern hat knapp 1300 Eigennamen von in Idumäa in großer Zahl gefundenen Inschriften aus dieser Zeit (unter denen die aus dem Hinterland Gazas leider nur einen kleinen Teil ausmachen) analysiert und aus Sprache und Gottesnamen in diesen Eigennamen erschlossen, welche ethnischen Wurzeln die Träger des Eigennamens hatten. Unter denen, die sich klar zuordnen lassen, waren 43 % arabisch, 37 % edomitisch, 13 % judäisch und 7 % phönizisch[-philistäisch]<ref>Ian Stern (2007): [https://www.academia.edu/3557089/THE_POPULATION_OF_PERSIAN_PERIOD_IDUMEA_ACCORDING_TO_THE_OSTRACA_A_STUDY_OF_ETHNIC_BOUNDARIES_AND_ETHNOGENESISl ''The Population of Persian-Period Idumea according to the Ostraca: A Study of Ethnic Boundaries and Ethnogenesis.''] In: Yigal Levin (Hrsg.): ''A Time of Change. Judah and Its Neighbours in the Persian and Early Hellenistic Periods.'' T&nbsp;&&nbsp;T Clark, London 2007.</ref> – auch die Idumäer waren bereits ähnlich ein Mischvolk, wie es auch die Philister und weiter nördlich die Samarier<ref>John W. Betlyon (2005): [https://berlinarchaeology.files.wordpress.com/2018/08/betlyon-2005-persian-period.pdf ''A People Transformed. Palestine in the Persian Period.''] In: ''Near Eastern Archaeology.'' Band 68, Nr. 1/2, S. 4–58, hier 50 f.</ref> waren. Das zwischen diesen drei Reichen eingeschlossene Yehud, wo ab der persischen Zeit selbst die samarischen Nachkommen der Israeliten als „Ausländer“ galten und wo „Mischehen“ geschieden und die fremdländischen Frauen verbannt werden sollten, weil die Vermengung mit Ausländern „verunreinigte“, war eine krasse Ausnahme im mittlerweile insgesamt so kosmopolitischen Palästina, und gewiss war auch gerade diese nun auch nach Yehud übergreifende Tendenz zur „Amalgamierung“<ref>Dalit Rom-Shiloni: ''From Ezekiel to Ezra-Nehemiah: Shifts of Group Identities within Babylonian Exilic Ideology.'' In: Oded Lipschits u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Judah and the Judeans in the Achaemenid Period. Negotiating Identity in an International Context.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2011, ISBN 978-1-57506-197-9, S. 135 f.</ref> der Völker in den Städten in der direkten Umgebung einer der Faktoren, die zum ausgeprägten judäischen Separatismus geführt hatten.

Die politische und kulturelle Zugehörigkeit der letzten auf der Karte als „unsicher“ markierten Fläche schließlich ist am schwierigsten einzuschätzen. Tell el-Hesi wurde dominiert von einer Festung der Perser, was die ausgegrabene materielle Kultur so sehr prägte, dass dies eine kulturelle und danach politische Zuordnung der Bevölkerung von Tell el-Hesi mithilfe der archäologischen Funde unmöglich macht. In Tell Zippor und Tell Erani wurden hauptsächlich wie in Gat und Ekron Favissae gefunden. Der Inhalt dieser hat in allen vier Orten besonders viel gemein mit den Terracotta-Figürchen und Masken, die auch in den Favissae der mittlerweile idumäischen Orte Marescha, [[Lachisch]], [[Tell Halif]] und [[Beerscheba]] gefunden wurden.<ref>Izak Cornelius (2014): ''„East Meets West“: Trends in Terracotta Figurines.'' In: Christian Frevel u.&nbsp;a. (Hrsg.): [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/134631/1/Frevel_Pyschny_Cornelius_2014_A_Religious_Revolution_in_Yehud.pdf ''A „Religious Revolution“ in Yehûd? The Material Culture of the Persian Period as a Test Case.''] Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2014, ISBN 978-3-525-54392-4, S. 81.</ref> Traditionell rechnet man sie dennoch noch zur Provinz Aschdod, da niemand davon ausgeht und es auch nirgends durch Texte bezeugt ist, dass Idumäa bis hinauf nach Ekron gereicht haben könnte.

Auf diese Weise sind auch diese Orte ein weiteres Zeugnis dafür, wie verschwommen die Grenzen zwischen der Philistäa und den Arabern und Edomitern der Idumäa mittlerweile waren und wie sehr die philistäische Kultur sich auch mit der idumäischen vermengt hatte: Die Bürger Yehuds mussten sich ab der Perserzeit damit abfinden, so sehr wie kaum je zuvor zum Zwergstaat zusammengeschrumpft zu sein, und sahen sich im Norden, Süden und Westen mit einer bunt durchmischten Masse an multikulturellen und multireligiösen Menschen konfrontiert, in der sich auch der letzte verbliebene Rest des Judentums aufzulösen drohte. Diese Situation erklärt immerhin ein Stück weit das nun folgende kurze historische Zwischenspiel:

=== Annektierte Philistäa im 2.–1.&nbsp;Jhd.? – Philister und Makkabäer ===

==== Frühe Makkabäerkriege ====
Die Hauptquellen für die Geschichte der [[Makkabäer]] sind die ersten beiden [[Makkabäerbücher]] und der gut 100 Jahre nach den Makkabäerkriegen schreibende Historiker [[Flavius Josephus]]. Beide sind ähnlich, aber auf andere Weise historisch unzuverlässig wie die älteren Bücher der Bibel: Die Makkabäerbücher sind kaum verhohlen [[Propaganda|propagandistische]] Erzählungen, Josephus war jüdischer Nationalist,<ref>Jürgen Zangenberger (2007): [https://www.academia.edu/107678572/Das_Galil%C3%A4a_des_Josephus_und_das_Galil%C3%A4a_der_Arch%C3%A4ologie_Tendenzen_und_Probleme_der_neueren_Forschung ''Das Galiläa des Josephus und das Galiläa der Archäologie. Tendenzen und Probleme der neueren Forschung.''] In: Christfried Böttrich u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Josephus und das Neue Testament.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 978-3-16-149368-3, S. 5.</ref> der seine „Jüdischen Altertümer“ als [[Apologie]] gerade der jüngsten Geschichte des Judentums und der [[Hasmonäer]], mit denen er verwandt war, verfasst hatte, und dabei nicht nur wenig vertrauenswürdige Schriften wie die Makkabäerbücher, sondern auch gar nicht vertrauenswürdige Bücher wie den Tobiaden-Roman als Quellen benutzt hatte. Dennoch sind diese drei Bücher fast die einzigen Quellen, die für eine Rekonstruktion der Ereignisse des späteren 2. und früheren 1.&nbsp;Jhds. zur Verfügung stehen. Vieles von dem, was im Folgenden nacherzählt wird, ist daher wahrscheinlich so nicht richtig.

Die Geschichte der Makkabäer / Hasmonäer, die von Anfang an relevant ist auch für die Geschichte der Philister, beginnt Mitte des 2.&nbsp;Jhds.&nbsp;v.&nbsp;Chr. Die Philister hatten mittlerweile in den Jahren des auf das [[Alexanderreich]] folgenden [[Seleukidenreich]]es die griechische Kultur in vollen Zügen aufgesogen und waren nun weitgehend [[Hellenisierung|hellenisiert]]. Sehr deutlich sieht man das etwa an ihrer Religion, in der die philistäische Fähigkeit zum kulturellen Synkretismus besonders stark zum Tragen kam: Zum Einen konnten philistäisch-phönizische Götter problemlos gemeinsam mit griechischen Göttern verehrt werden. So weihte laut einer auf griechisch geschriebenen Inschrift der einen griechischen Namen tragende Damon aus Aschkelon einen Altar für „[den griechischen] [[Zeus]]-vom-guten-Wind, für [die philistäisch-phönizische] [[Astarte]]-von-Palaistina sowie für [die wieder griechische] [[Aphrodite]]-vom-Himmel.“ Diese Götter konnten aber nicht nur nebeneinander verehrt werden, sondern sogar zu Komposit-Göttern verschmelzen. Auf einer weiteren Inschrift weiht entsprechend ein Philostratos von Aschkelon seinen Altar für „Astarte Palaistina Ourania Aphrodite“,<ref>Vgl. zu diesen und weiteren ähnlichen Inschriften Jenny Wallensten (2014): [https://journals.openedition.org/kernos/2278?lang=en#bodyftn5 ''Dedications to Double Deities. Syncretism or simply syntax?''] In: ''kernos.'' Band 27, 2014, S. 159–176. Für weitere späte Entwicklungen der philistäischen Religion s.&nbsp;z.&nbsp;B. Robyn Le Blanc (2016): [https://cdr.lib.unc.edu/concern/dissertations/db78tc990 ''The Public Sacred Identity of Roman Ascalon.''] Dissertation, S. 100 ff.</ref> auf einer dritten Inschrift aus der römischen Zeit weiht der einen römischen Namen tragende Marcus Aurelius Maximus aus Aschkelon eine Statute dem Gott Zeus-[[Helios]]-[[Sarapis]].<ref>Robyn Le Blanc: [https://cdr.lib.unc.edu/concern/dissertations/db78tc990 ''The Public Sacred Identity of Roman Ascalon.''] Dissertation, 2016. S. 125.</ref>

In dieser Situation setzt das erste Makkabäerbuch ein und berichtet einleitend, dass der seleukidische König [[Antiochus IV.]], nachdem er zuvor schon den Schatz im [[Jerusalemer Tempel]] geraubt und sein Steuereintreiber recht unmotiviert Jerusalem in Brand gesteckt hatte, aus unerfindlichen Gründen die Ausübung der jüdischen Religion verboten, Juden zum Opfern von unreinem Schweinefleisch gezwungen und grundsätzlich „befohlen“ hätte, dass auch die Juden sich mit diesen so synkretistischen Völkern um sie her vereinen, „''ein'' Volk werden und die [jüdischen] Gesetze aufgeben“ sollten ({{B|1 Makk|1|16−50}}). Schon hier ist offensichtlich, dass maximal historische Wahrheiten ''selektiert'' werden.<ref>Vgl. Łukasz Niesiołowski-Spanò (2016): [https://www.academia.edu/22364535/Antiochus_IV_Epiphanes_and_the_Jews_A_Reassessment_in_I_Hjelm_T_L_Thompson_eds_History_Archaeology_and_the_Bible_Forty_Years_after_Historicity_Changing_Perspectives_6_London_Routledge_2016_pp_130_140 ''Antiochus IV Epiphanes and the Jews – A Reassessment.''] In.: Ingrid Hjelm, Thomas L. Thompson (Hrsg.): ''History, Archaeology and the Bible Forty Years after „Historicity“.'' Routledge, London 2016.</ref> Immerhin der judäische Unwille, sich mit anderen Völkern zu vereinen, lässt sich aber sogar archäologisch nachweisen: Besonders auffällig ist für judäische Orte aus dieser Zeit, dass dort ausschließlich regional produzierte Keramik verwendet wurde, während alle umliegenden Völker intenstiv untereinander Handelsgüter austauschten.<ref>Andrea M. Berlin (1997): [https://www.academia.edu/381507/_Archaeological_Sources_for_the_History_of_Palestine_Between_Large_Forces_Palestine_In_the_Hellenistic_Period_Biblical_Archaeologist_60_1_1997_pp_2_57 ''Between Large Forces. Palestine in the Hellenistic Period.''] In: ''The Biblical Archaeologist.'' Band 60, Nr. 1, 1997, S. 2–51, hier 29.</ref><br />Dennoch soll Antiochus diese Schikane noch einige Zeit weiter getrieben haben – bis endlich „ein gewaltiger Zorn über Israel kam“ ({{B|1 Makk|1|64}}). Ganz Israel versammelt sich unter dem Banner von Juda Hammakkabi („Juda, dem Hammer“) aus der Familie der Hasmonäer, der mit Guerillataktiken den griechischen Heerscharen im Gebiet von Yehud einen Schlag um den anderen versetzt. Irgendwann reicht es den Seleukiden, und so setzen sie mit einem Heer aus 5000 Infanteristen und 1000 Reitern zum Vernichtungsschlag an. Doch wieder ist Juda siegreich, sein kleineres Heer schlägt trotz schlechterer Ausrüstung die Feinde vernichtend und „jagte ihnen nach bis nach Geser [im Norden] und bis ins Gebiet von Idumäa [im Süden] und bis Aschdod und Javne Jam [im Westen]“ ({{B|1 Makk|4|15}}). Die überlebenden Feinde fliehen „ins Gebiet der Philister“ ({{B|1 Makk|4|22}}).

Es folgen weitere Siege. Für die Geschichte der Philister relevant: Unter der Leitung von Juda und später unter der seiner Brüder Jonathan und Simon werden in {{B|1 Makk|5|68}} Aschdod erobert und die Aschdoder „Götzenaltäre und Götzenbilder“ verbrannt. In {{B|2 Makk|12|1–15}} werden die Seestreitkräfte von Jaffa und Javne Jam vernichtet, nachdem deren Einwohner die Judäer feige ermorden wollten. Zwischendurch wird das Agieren der Revolutionäre laut {{B|1 Makk|8|17–32}} offiziell von den Römern gutgeheißen und diese geloben, den Judäern „treue Hilfe zu leisten, wann immer die Not es erforder[e]“.<br />Nachdem 147&nbsp;v.&nbsp;Chr. die Seleukiden ihren Oberbefehlshaber Apollonius gegen die Judäer ins Feld schicken, wird eine weitere Schlacht in der Philistäa ausgetragen und dabei u.&nbsp;a. Aschdod endgültig der Garaus gemacht:

{{Zitat
|Text=[Also] eroberte Jonathan Jaffa. (…) [Nachdem auch diesmal wieder das Hauptheer der Seleukiden vernichtend geschlagen worden war, flohen die Seleukiden] nach Aschdod und eilten in den Tempel ihres Götzen Dagon, um dort ihr Leben zu retten. Aber Jonathan plünderte die Stadt Aschdod und die Orte ringsum und zündete sie an. Er brannte auch den Götzentempel nieder mit allen, die hineingeflohen waren. (…) Von dort zog Jonathan mit dem Heer vor Aschkelon. Da kamen ihm die Leute aus der Stadt entgegen und empfingen ihn mit großer Pracht. (…) Und es geschah, als König Alexander[, u.&nbsp;a. Prinz von Ägypten,] dies hörte, ehrte er Jonathan noch mehr und sandte ihm eine goldene Spange, wie sie nur die Verwandten des Königs bekamen; dazu schenkte er ihm Ekron und sein Gebiet zum Eigentum.
|Quelle={{B|1 Makk|10|76–89}}}}

Nachdem in diesem Abschnitt zuerst die angreifenden Seleukiden mit den Philistern verschmolzen sind und in Aschdod zu Dagon gebetet haben, haben also die judäischen Revolutionäre in einem Verteidigungskrieg mit einem Streich den Götzentempel, die philistäische Großstadt und ihre Feinde niedergemacht, werden dafür von den Bewohnern einer weiteren philistäischen Großstadt bejubelt, von den Ägyptern in die königliche Familie aufgenommen (nachdem schon die Römer einen Freundschaftsbund mit den Judäern geschlossen haben), und erhalten zusätzlich zur aus eigener Kraft eroberten dritten Großstadt Jaffa auch noch als Geschenk Ekron als eine vierte philistäische Stadt.<br />Der seleukidische König [[Antiochus VI.]] ernennt daraufhin um 150&nbsp;v.&nbsp;Chr. Jonathans Bruder Simon zum Stadthalter der palästinischen Küste von Tyros im Norden bis hinunter zur Südgrenze Palästinas bei Tell Abu Salima ({{B|1 Makk|11|57–59}}), woraufhin Jonathan über Aschkelon, wo ihm die Bewohner erneut zujubeln, nach Gaza zieht. „Aber die Leute von Gaza wollten ihn nicht einlassen, darum belagerte er die Stadt und brannte die Ortschaften ringsum nieder und plünderte sie. Da baten die Leute von Gaza Jonatan um Frieden. Und er schloss Frieden mit ihnen und nahm die Söhne ihrer Vornehmen als Geiseln und schickte sie nach Jerusalem (…)“ ({{B|1 Makk|11|61–62}}).<br />Acht Jahre später werden dann schließlich auch noch erneut Jaffa und außerdem Geser erobert ({{B|1 Makk|13|11.68}}). Die Reaktion der Seleukiden sowie die Antwort der Hasmonäer lohnt es, wieder in Gänze zitiert zu werden:

{{Zitat
|Text=Aber Antiochus (…) hielt nicht ein, was er ihm früher zugesagt hatte, und wandte sich von ihm ab und sandte einen seiner Freunde, der Athenobius hieß, zu ihm, um mit ihm zu verhandeln. Der sollte ihm sagen: ‚Ihr habt Jaffa und Geser und die Burg von Jerusalem eingenommen, Städte, die zu meinem Königreich gehören, und habt das Land ringsum verheert und großen Schaden in meinem Land angerichtet und viele Orte in meinem Königreich eingenommen. Darum gebt mir nun die Städte zurück, die ihr eingenommen habt (…)!‘ Und Simon antwortete und sprach zu ihm: Wir haben kein fremdes Land erobert noch fremde Güter geraubt, sondern nur das Erbe unserer Väter [= Jerusalem] genommen. Unsere Feinde haben es aber eine Zeit lang mit Gewalt und zu Unrecht besetzt gehalten. Nun aber haben wir den Erbbesitz unserer Väter wieder an uns gebracht, als die Zeit für uns günstig war. Weil du aber Jaffa und Geser zurückverlangst: Diese Städte haben unserem Volk und unserem Land großen Schaden zugefügt. Doch wollen wir für beide Städte hundert Talente bezahlen.‘
|Quelle={{B|1 Makk|10|76–89}}}}

[[Datei:Südpalästina Makkabäer.jpg|mini|hochkant|Südpalästina am Ende der Makkabäerbücher]]

Es ist dies eine der Stellen, die am stärksten dafür sprechen, dass Geser auch zur Perserzeit und zur hellenistischen Zeit vor den Makkabäerkriegen zur Provinz Aschdod statt Yehud gehört hatte (s.&nbsp;o.): Selbst in den so offensichtlich propagandistischen Makkabäerbüchern wird gar nicht behauptet, dass auch Geser judäisches „Erbe der Väter“ sei, sondern dass es wieder nur aus Notwehr erobert worden sein soll. Die Stelle legt außerdem nahe, dass im Makkabäerbuch die anderen genannten Siege in der Philistäa sowie die hier nicht ausgeführten weiteren Siege im ganzen Rest von Palästina, im Libanon und in Jordanien gar nicht als „Eroberungen“ vorgestellt werden, sondern dass man sich am Ende der Makkabäerbücher Juda noch nur zu denken hat als kleines, aber extrem kampfkräftiges Land, das als solches klein ''geblieben'' und nur in einem gerechten Krieg gegen feige Aggressoren Geser und Jaffa erobert und außerdem Ekron und in {{B|1 Makk|11|34}} auch u.&nbsp;a. das vordem samarische Gebiet um Lod ''geschenkt'' bekommen hat.<ref>Alexander Fantalkin, Oren Tal (2008): [https://www.academia.edu/472589/Navigating_Between_the_Powers_Joppa_and_Its_Vicinity_in_the_1st_Millennium_B_C_E ''Navigating Between the Powers. Joppa and Its Vicinity in the 1<sup>st</sup> Millennium B.C.E.''] In: ''Ugarit-Forschungen.'' Band 40, 2008, S. 225–276, hier 261.</ref><ref>Katell Berthelot (2014): [https://www.academia.edu/10066672/_Reclaiming_the_Land_1_Maccabees_15_28_36_Hasmonean_Discourse_between_Biblical_Tradition_and_Seleucid_Rhetoric_Journal_of_Biblical_Literature_133_3_2014_537_557 ''„Reclaiming the Land (1 Maccabees 15:28–36): Hasmonean Discourse between Biblical Tradition and Seleucid Rhetoric.''“] In: ''Journal of Biblical Literature.'' Band 133, Nr. 3, 2014, S. 537–557.</ref> Am Ende der Makkabäerbücher hat man sich die politische Gliederung Südpalästinas also wahrscheinlich ungefähr vorzustellen wie nebenstehend abgebildet. Ob es sich historisch wirklich so verhielt, ist sehr fraglich (s.&nbsp;u.).

==== Spätere Makkabäerkriege ====
Mit diesem nach den ersten Makkabäerkriegen noch überraschend kleinen Judäa stimmt zusammen, dass Josephus in seinen „Jüdischen Altertümern“ (JosAnt) in den folgenden, in der Bibel nicht mehr berichteten Makkabäerkriegen viele der zuvor genannten Gebiete noch ein weiteres Mal erobern lassen muss.<ref>Die folgenden Stellen werden zitiert aus: Flavius Josephus (2011): ''Jüdische Altertümer. Vollständige Ausgabe. Übersetzt und mit einer Einleitung versehen von Dr. Heinrich Clementz.'' matrixverlag, Wiesbaden 2011. Griechische Ortsnamen werden stillschweigend an die älteren Namensformen angeglichen.</ref> Laut Josephus haben diese späteren Makkabäerkriege einen anderen Charakter und sind nun wirklich Eroberungskriege. Die ersten Jahre sind für die Geschichte der Philister nur indirekt relevant, da sie andere Gebiete betreffen. Aber sie helfen, die folgenden Eroberungen der Philistäa recht einzuschätzen.<br />Nachdem nämlich Simon und zwei seiner Söhne „hinterlistig“ ermordet wurden (JosAnt XIII 228), nimmt sein letzter Sohn Johannes Hyrkanus seinen Platz ein und wird König und Hohepriester der Judäer in Personalunion. Zwei seiner ersten Handlungen sind es, in den Jahren 128–125&nbsp;v.&nbsp;Chr. das ehemalige [[Ammon (Staat)|Ammon]] östlich des Jordan und außerdem Idumäa zu erobern. In den Jahren darauf fällt auch Samaria und das Jezreeltal. Dann übernimmt Aristobulos I. Szepter und Priesterkleid und erobert in seinem nur einem Jahr Regentschaft um 104–103&nbsp;v.&nbsp;Chr. Gebiete noch weiter nördlich. Über Idumäa und diese nördlichen Gebiete heißt es dabei genauer bei Josephus:

{{Zitat
|Text=Hyrkanus eroberte ferner in Idumäa die Städte Adoraim und Marescha und unterwarf alle Idumäer, gestattete ihnen aber, im Lande zu bleiben, wenn sie die Beschneidung einführen und nach [jüdischen/jüdäischen Gebräuchen (gr.: ''nomois'')] leben wollten. Wirklich nahmen sie auch aus Liebe zu ihrer Heimat die Beschneidung wie die übrigen Gewohnheiten der [Juden/Judäer] an und waren also von dieser Zeit an ebenfalls [Juden/Judäer]. (…)<br />Obwohl [Aristobulos] ein Freund der Griechen genannt wurde, hatte er doch seinem Vaterlande viel Gutes erwiesen, indem er die Ituräer bekriegte, einen großen Teil dieses Landes mit Juäa vereinigte und die Bewohner zwang, falls sie in ihrer Heimat bleiben wollten, die Beschneidung anzunehmen und nach jüdischen Gesetzen zu leben. Er war von Natur leutselig und schamhaft, wie dies auch Strabo bezeugt, der nach Timagenes also berichtet: ‚Dieser Mann war leutselig und den Juden sehr nützlich, da er deren Gebiet vergrößerte; denn er nahm einen Teil des [arabischen] Ituräervolkes in dasselbe dadurch auf, dass er die Ituräer zur Beschneidung nötigte.‘
|Quelle=Josephus: ''Jüdische Altertümer'' XIII 257 f., 316 f.}}

Nachdem Aristobulos gestorben ist, regiert 27 Jahre lang sein Bruder Alexander Iannaeus von 103–76&nbsp;v.&nbsp;Chr. Zu seinen früheren Heldentaten gehört es, Blakhijeh und Tell Rafa nördlich und südlich von Gaza einzunehmen (JosAnt XIII 357). Darauf zieht er auch gegen diese Großstadt selbst. Die Gazäischen Geiseln aus {{B|1 Makk|11|61–62}} scheint Josephus vergessen zu haben, weshalb er Alexander in einem heroischen Kampf Gaza belagern lässt. Die Stadt kann eingenommen werden, weil der mit Gaza verbündete König der Araber auf sich warten lässt (woraus man gleichzeitig folgern kann, dass auch Josephus nichts von einem arabischen Gaza wusste, s.&nbsp;o.) und weil während der Belagerung Gazas Regent Apollodotus von seinem „eifersüchtigen“ Bruder Lysimachus ermordet wird und dieser daraufhin um 96&nbsp;v.&nbsp;Chr. die Stadt aus freiem Willen dem Alexander übergibt (JosAnt XIII 360 f.).

{{Zitat
|Text=„Dieser rückte sogleich ein und benahm sich zunächst gnädig; später aber gestatte er seinen Leuten, sich an den Gazäern zu rächen. Die Soldaten zerstreuten sich darauf in der Stadt und begannen zu morden. (… Einige der Gazäer) töteten [daraufhin] mit eigener Hand ihre Frauen und Kinder, weil sie dieselben nicht in die Knechtschaft des Feindes geraten lassen wollten. Die fünfhundert Mitglieder des Rates der Stadt (…) hatten sich in den Apollotempel geflüchtet; auch sie ließ Alexander niedermachen, zerstörte dann die Stadt und kehrte, nachdem die Belagerung ein Jahr gedauert hatte, nach Jerusalem zurück.“
|Quelle=Josephus: ''Jüdische Altertümer'' XIII 362–364}}
Und damit ist die letzte philistäische Stadt unterworfen oder vernichtet.

==== Historische Einordnung ====
Wie viel Glauben man dem allen schenken kann, ist ganz unklar. Dass die Erzählungen über die Erhebung von Massen an Judäern stark übertrieben sind, ist gewiss. Die Makkabäer, die heute im israelischen [[Zionismus]] als antike Helden gefeiert werden,<ref>Joseph Davis: ''Maccabees as Heroic Fighters.'' In: Constance M. Furey u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Encyclopedia of the Bible and Its Reception Online.'' De Gruyter, Berlin 2010.</ref> waren tatsächlich vielmehr Despoten, die nicht nur allen umliegenden Nationen gegenüber feindlich gesinnt waren und hellenisierte („abtrünnige“) Judäer terrorisierten, sondern auch in Judäa starke Opposition hatten. Sechs oppositionelle Gruppen sind bekannt – die Essener in [[Qumran]], die [[Pharisäer]], die Verfasserkreise des [[Buch der Jubiläen|Buchs der Jubiläen]] und der [[Psalmen Salomos]], die in den Makkabäerbüchern gelegentlich erwähnten „frevlerischen und gesetzlosen“ judäischen Eliten sowie die Anhänger der Konkurrenten der Makkabäer, die von Geburt her eigentlich Anrecht auf das Hohepriesteramt gehabt hätten<ref>Zu den beiden letzten Gruppen siehe Benedikt Eckhardt: ''The Hasmoneans and their Rivals in Seleucid and Post-Seleucid Judea.'' In: ''Journal for the Study of Judaism.'' Band 47, Nr. 1, 2016, S. 55–70.</ref> –; die Dunkelziffer wird noch höher sein. Das ging bis dahin, dass, als im Jahre 63&nbsp;v.&nbsp;Chr. die Römer ihrer Herrschaft ein Ende machten, indem sie unter [[Gnaeus Pompeius Magnus|Pompejus]] Palästina eroberten und dann politisch neu ordneten, Judäer außerhalb dieser radikalisierten Kreise die römische Eroberung als gerechte Strafe Gottes für die Sünden der Hasmonäer anerkennen konnten:

{{Zitat
|Text=Gott brachte ihre Sünden ans Tageslicht, die ganze Welt musste Gottes Gericht als gerecht erkennen, [denn … sie] ließen keine Sünde mehr übrig, die sie nicht schlimmer als die Heiden übten. Darum (…) führte [Gott] heran den, der vom Ende der Erde kam, den gewaltigen Stößer [=Pompejus], verhängte Krieg über Jerusalem und sein Land.
|Quelle=''Psalm Salomos'' 8,8.13–15}}

[[Datei:JanaeusCoinPhoto.jpg|mini|hochkant|Münze von Alexander Jannaeus. Gr. Inschrift: „König Alexander“]]

Wie viele Judäer sich wirklich durch die Hasmonäer radikalisieren und für Kriegszüge mobilisieren ließen, ist daher unklar. Der seleukidische König Alexander hatte aus diplomatischen Gründen Jonathan, den zweiten großen Makkabäer, zum [[Hohepriester]] gemacht. Jonathan und seine Nachfolger beanspruchten außerdem noch die Königswürde für sich, um so mit der absoluten geistlichen und politischen Autorität von Priesterkönigen herrschen zu können. Es ist daher nicht unmöglich, dass sich wirklich größere Zahlen an Judäern diesem Herrschaftsanspruch beugten. Die starke und gut belegte Opposition macht Josephus große Zahlen aber wenig plausibel.

[[Datei:Makkabäer Zerstörung.jpg|mini|hochkant|Evidenz für Eroberungen der Makkabäer in Galiläa]]
[[Datei:Siedlungsentwicklung Galiläa.png|mini|alternativtext=Ein Diagramm, auf dem sehr deutlich zu erkennen ist, dass die Zahl der Siedlungen und die Siedlungsfläche in Galiläa erst zwischen 50 und 1 v. Chr. rapide ansteigt - nach der Zeit der Hasmonäer.|Entwicklung der Siedlungsfläche und Zahl an Siedlungen in Galiläa<ref>Nach Uzi Leibner: [https://library.oapen.org/bitstream/handle/20.500.12657/43969/external_content.pdf ''Settlement and History in Hellenistic, Roman, and Byzantine Galilee. An Archaeological Survey of the Eastern Galilee.''] Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-149871-8. S. 310, 314.</ref>]]

Dem entspricht, dass viele von Josephus Berichten über Zwangsmission und Eroberungen wahrscheinlich fiktiv sind. Weil Blakhijeh, Gaza und Rafa noch nicht ausgegraben wurden, muss man sich an den besser ergrabenen Regionen Palästinas orientieren, um Josephus Verlässlichkeit recht einschätzen zu können. Am klarsten sind Josephus übertreibungen bei Samaria: Die Hauptstadt Samaria und die Tempelstadt [[Sichem]] mit dem zentralen samaritanischen Heiligtum auf dem Berg [[Garizim]] wurden wirklich zerstört – alle anderen Orte in der Umgebung bestanden aber unberührt fort.<ref>Jonathan Bourgel: ''The Destruction of the Samaritan Temple by John Hyrcanus: A Reconsideration.'' In: ''Journal of Biblical Literature.'' Band 135, Nr. 3, 2016. S. 505–523, hier 514 f.</ref>

Ähnlich verhält es sich wahrscheinlich in Galiläa und Idumäa. Es beginnt schon damit, dass die Berichte über die Zwangsbeschneidungen dort von vornherein wenig Sinn machen: Idumäer waren ohnehin beschnitten,<ref>Vgl. Michał Marciak (2017): [https://www.ieam.ulaval.ca/wp-content/uploads/2023/09/Marciak-Idumea-and-the-Idumeans-in-Josephus-2017.pdf ''Idumea and the Idumeans in Josephus' Story of Hellenistic-Early Roman Palestine (''Ant'' XII–XX).''] In: ''Aevum.'' Band 91, Nr. 1, 2017, S. 171–193, hier 179 (PDF: 1 MB).</ref> Ituräer wahrscheinlich ebenfalls.<ref>Seth Schwartz: ''Imperialism and Jewish Society, 200 B.C.E. to 650 C.E.'' Princeton Universtiy Press, Princeton / Oxford 2001, S. 38.</ref> Andere „judäische Gewohnheiten“ wie das rituelle Untertauchen und das Perforieren verunreinigter Gefäße wurden wahrscheinlich sogar nicht Idumäern von Judäern aufgezwungen, sondern umgekehrt erst später durch die Pharisäer von den Idumäern übernommen.<ref>Zum Untertauchen vgl. Amos Kloner: ''The Identity of the Idumeans Based on the Archaeological Evidence from Maresha.'' In: Oded Lipschits u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Judah and the Judeans in the Achaemenid Period. Negotiating Identity in an International Context.'' Eisenbrauns, Winona Lake 2011, ISBN 978-1-57506-197-9. S. 565 f.</ref><ref>Zu den perforierten Gefäßen vgl. Ian Stern, Vered Noam: [https://www.academia.edu/26921417/Holey_Vessels_of_Maresha_pdf ''Holey Vessels of Maresha.''] In: ''Aram''. Band 27, Nr. 1/2, S. 343–364.</ref><ref>Zur Übernahmerichtung vgl. Yigal Levin: [https://www.mdpi.com/2077-1444/11/10/487#fn144-religions-11-00487 ''The Religion of Idumea and Its Relationship to Early Judaism.''] In: ''Religions.'' Band 11, Nr. 10, 2020. S. 17 der PDF.</ref>

Man sieht an den Abschnitten über die Zwangsjudaisierungen auch, wie Josephus mit seinen Quellen umgegangen ist: Was bei [[Timagenes von Alexandria]] noch die Gebietsvergrößerung durch die Zwangsjudaisierung „eines Teils“ der Ituräer ist, wird bei Josephus zur „Eroberung und Unterwerfung von einem großen Teil dieses Landes“ ''nebst'' Zwangsmission. Üblicherweise versteht man die Ituräer-Stelle so, dass hier von der Eroberung von Galiläa die Rede sei, da sonst die Makkabäer nirgends in den Makkabäerbüchern oder bei Josephus Galiläa erobert hätten. Ob das so richtig verstanden ist, ist unsicher. Die Ituräer lebten nicht in Galiläa, sondern noch weiter nördlich und nordwestlich vom Libanon bis zum Hermon und in der nördlichen Gaulanitis.<ref>Markus Cromhout: [http://www.scielo.org.za/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0259-94222008000300008 ''Were the Galileans „religious Jews“ or „ethnic Judeans?“''] In: ''HTS Theological Studies.'' Band 63, Nr. 3, 2008. S. 1279–1297, hier 1285.</ref> Archäologisch gesehen haben wahrscheinlich in keiner dieser Regionen makkabäische Eroberungen stattgefunden. Libanon, Hermon und die nördliche Gaulanitis waren auch nach der Makkabäerzeit nicht judäisch, sondern „heidnisch“.<ref>Julien Aliquot: [https://shs.hal.science/halshs-00306502 ''Sanctuaries and villages on Mt Hrmon during the Roman Period.''] In: Ted Kaizer (Hrsg.): ''The variety of local reliigious life in the Near East in the Hellenistic and Roman periods.'' Brill, Leiden / Boston 2008, ISBN 978-90-04-16735-3. S. besonders auch die Karte ebd., Plate IX.</ref> Das auf der Karte durch die beiden roten Linien markierte Gebiet in Galiläa dagegen ''war'' um die Zeitenwende judaisiert (die Grenzen des Gebiets lassen sich mithilfe der Funde von ausgegrabenen [[Mikwe]]n, [[Hasmonäer|hasmonäischen]] Münzen, einer besonderen Form von Steingefäßen, aus Jerusalem importierten Öllampen und später auch [[Synagoge]]n recht genau ziehen<ref>Zum Gebiet siehe Mordechai Aviam: ''Distribution Maps of Archaeological Data from the Galilee: An Attempt to Establish Zones Indicative of Ethnicity and Religious Affiliation.'' In: Jürgen Zangenberg u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Religion, Ethnicity, and Identity in Ancient Galilee.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 978-3-16-149044-6.</ref><ref>Zu den Artefakten selbst vgl. Andrea Berlin: [https://www.academia.edu/381512/_Jewish_Life_Before_the_Revolt_The_Archaeological_Evidence_Journal_for_the_Study_of_Judaism_36_4_2005_pp_417_70 ''Jewish Life before the Revolt: The Archaeological Evidence.''] In: ''Journal for the Study of Judaism.'' Band 36, Nr. 4, 2005, S. 417–70;<br />Andrea M. Berlin: [https://www.academia.edu/10141648/_Household_Judaism_Galilee_in_the_Late_Second_Temple_and_Mishnaic_Periods_100_BCE_200_CE_Vol_1_Life_Culture_and_Society_D_Fiensy_and_J_Strange_eds_Fortress_Press_Minneapolis_MN_Pp_208_15 ''Household Judaism'']. In: David A. Fiensy, James R. Strange (Hrsg.): ''Galilee in the Late Second Temple and Mishnaic Periods. Volume 1: Life, Culture, and Society.'' Fortress Press, Minneapolis 2014, ISBN 978-1-4514-6674-4.</ref>), ebenso die südliche Gaulanitis östlich des Jordan. Aber das ist nicht geschehen infolge von Eroberungen und Zwangsmission, sondern aufgrund eines Abwanderungsprozesses der einstigen Bewohner, der seit dem 3.&nbsp;Jhd. im Gange war (z.&nbsp;B. in [[Tell Qedes]],<ref>Adi Erlich: ''Happily Ever After? A Hellenistic Hoard from Tel Kedesh in Israel.'' In: ''American Journal of Archaeology.'' Band 121, Nr. 1, 2017, S. 39–59, hier 40.</ref> in [[Tell Keisan]],<ref>Jacques Briend, Jean-Baptiste Humbert: [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/159796/ ''Tell Keisan (1971–1976). Une cité phénicienne en Galilée.''] Éditions Universitaires / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 1980, ISBN 2-8271-0174-2. S. 244.</ref> in der Kultstätte [[Mizpe Yammim]],<ref>Andrea M. Berlin, Rafael Frankel: ''The Sanctuary at Mizpe Yammim: Phoenician Cult and Territory in the Upper Galilee during the Persian Period.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' Band 366, 2012, S. 25–78, hier 68.</ref> im großen [[Tell Schimron]]<ref name="Leibner_141">Uzi Leibner: [https://www.academia.edu/69171971/Galilee_in_the_Second_Century_BCE_Material_Culture_and_Ethnic_Identity ''Galilee in the Second Century BCE: Material Culture and Ethnic Identity.''] In: Andrea M. Berlin, Paul J. Kosmin (Hrsg.): ''The Middle Maccabees. Archaeology, History, and the Rise of the Hasmonean Kingdom.'' SBL Press, Atlanta 2021. S. 141 f.</ref> und im Süden in Bet Schean<ref>Amihai Mazar: [https://www.academia.edu/37224993/Mazar_A_2006_Excavations_at_Tel_Beth_Shean_1989_1996_Volume_I_From_the_Late_Bronze_Age_IIB_to_the_Medieval_Period_Jerusalem_Israel_Exploration_Society_and_the_Hebrew_University_of_Jerusalem ''Excavations at Tel Beth-Shean 1989–1996. Volume 1: From the Late Bronze Age IIB to the Medieval Period.''] The Israel Exloration Society, Jerusalem 2006, ISBN 965-221-058-7. S. 38 f.</ref>), und zweier Einwanderungsprozesse, unter denen der in Galiläa überwiegend erst in der zweiten Hälfte des 1.&nbsp;Jhd. vonstatten ging,<ref>Morten H. Jensen: ''Rural Galilee and Rapid Changes: An Investigation of the Socio-Economic Dynamics and Developments in Roman Galilee.'' In: ''Biblica''. Band 93, Nr. 1, 2012. S. 43–67, hier 54.</ref><ref>Uzi Leibner: ''Settlement and History in Hellenistic, Roman, and Byzantine Galilee. An Archaeological Survey of the Eastern Galilee.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2009, ISBN 978-3-16-149871-8. S. 311.</ref> während der in der Gaulanitis schon vor einer „Eroberung“ durch Aristobulos (?) und später noch einmal durch Alexander Iannaeus erfolgt war.<ref>Danny Syon: [https://www.academia.edu/29097513/A_History_of_Gamla ''Introduction – A History of Gamla.''] In: Ders.: ''Gamla III. The Shmarya Gutmann Excavations 1976–1989. Finds and Studies. Part 1.'' Israel Antiquities Authority, Jerusalem 2014, ISBN 978-965-406-503-0. S. 4–7.</ref> Bei der Immigration nach Galiläa handelte es sich auch nicht um eine strategische Kolonialisierung, was es noch einigermaßen zugelassen hätte, von einer „Eroberung“ zu sprechen, sondern um die Emigration von Judäern in kleine landwirtschaftliche Niederlassungen.<ref>Morton H. Jensen: [https://www.academia.edu/19650114/The_Political_History_in_Galilee_from_the_First_Century_bce_to_the_end_of_the_Second_Century_ce ''The Political History in Galilee from the First Century BCE to the End of the Second Century CE.''] In: David A. Fiensy, James R. Strange (Hrsg.): ''Galilee in the Late Second Temple and Mishnaic Periods. Volume 1: Life, Culture, and Society.'' Fortress Press, Minneapolis 2014, ISBN 978-1-4514-6674-4. S. 55–57.</ref> Für kriegerische Auseinandersetzungen findet sich Evidenz nur südlich von Galiläa in der Stadt [[Tell Istaba]] sehr nahe bei Bet Schean;<ref>Meir Edrey u.&nbsp;a.: [https://www.archaeopress.com/Archaeopress/DMS/1A5BC32612304439B21702FACD1F75B6/9781803273341-sample.pdf ''Back to Bet She’an: Results of the 2019–2020 Fieldwork of the German-Israeli Tell Iẓṭabba Excavation Project.''] In: Walid Atrash u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Cities, Monuments and Objects in the Roman and Byzantine Levant. Studies in Honour of Gabi Mazor.'' Archaeopress Publishing, Oxford 2022, ISBN 978-1-80327-334-1. S. 3.</ref> in Galiläa selbst nur in den Dörfchen Khirbet el-Eika<ref>Uzi Leibner: ''Material Culture and Ethnic Identity in Hellenistic-Period Galilee. Kh. el-‘Eika as a Case Study.'' In: Dikla R. Katz u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''A Question of Identity. Social, Political, and Historical Aspects of Identity Dynamics in Jewish and Other Contexts.'' De Gruyter, Berlin / Boston 2019, ISBN 978-3-11-061248-6. S. 274.</ref> und Karm er-Ras<ref>Uzi Leibner: [https://www.academia.edu/69171971/Galilee_in_the_Second_Century_BCE_Material_Culture_and_Ethnic_Identity ''Galilee in the Second Century BCE: Material Culture and Ethnic Identity.''] In: Andrea M. Berlin, Paul J. Kosmin (Hrsg.): ''The Middle Maccabees. Archaeology, History, and the Rise of the Hasmonean Kingdom.'' SBL Press, Atlanta 2021, S. 139.</ref> sowie eventuell in [[Jotapata]], wo der Ausgrabungsleiter Aviam Asche auf zwei unzerstörten Gefäßen als „Zerstörungsschicht“ deuten will,<ref>Mordechai Aviam: [https://www.academia.edu/21559655/4_Yodefat_Jotapata_A_Jewish_Galilean_Town_at_the_End_of_the_Second_Temple_Period_The_Results_of_an_Archaeological_Project_45_Mordechai_Aviam ''Yodefat – Jotapata. A Jewish Galilean Town at the End of the Second Temple Period: The Results of an Archaeological Project.''] In: David A. Fiensy, James R. Strange (Hrsg.): ''Galilee in the Late Second Temple and Mishnaic Periods. Band 2: The archaeological report from cities, towns and villages.'' Fortress Press, Minneapolis 2015, ISBN 978-1-4514-6742-0. S. 111.</ref> und Khirbet esh-Shuhara,<ref>Mordechai Aviam: [https://www.academia.edu/21560015/The_Transformation_from_Galil_Ha_Goyim_to_Jewish_Galilee_The_Archaeological_Testimony_of_an_Ethnic_Change ''The Transformation from ''Galil Ha-Goyim'' to Jewish Galilee. The Archaeological Testimony of an Ethnic Change.''] In: David A. Fiensy, James R. Strange (Hrsg.): ''Galilee in the Late Second Temple and Mishnaic Periods. The Archaeological record from Cities, Towns, and Villages. Volume 2.'' Fortress Press, Minneapolis 2015, ISBN 978-1-4514-6742-0. S. 12.</ref> dessen Zerstörung aber Syon auf frühere Auseinandersetzungen der Seleukiden zurückgeführt hat.<ref name="Leibner_141" /> Auch an den anderen Zerstörungen müssen gar keine Makkabäersoldaten beteiligt gewesen sein: Die gefundenen hasmonäischen Münzen, wegen denen man die genannten Zerstörungen oft auf die Makkabäer zurückführt, waren noch bis ins 1.&nbsp;Jhd.&nbsp;n.&nbsp;Chr. in Verwendung.<ref>Danny Syon: [https://www.academia.edu/19641006/The_Coins_Chapter_5_in_Gamla_III_The_Shmarya_Gutmann_Excavations_1976_1989_Finds_and_Studies_Part_1_IAA_Reports_56_Jerusalem_Pp_109_231 ''Coins.''] In: Ders.: ''Gamla III. The Shmarya Gutmann Excavations 1976–1989. Finds and Studies. Part 1.'' Israel Antiquities Authority, Jerusalem 2014, ISBN 978-965-406-503-0. S. 144–146.</ref><ref>Kenneth Atkinson: ''A History of the Hasmonean State. Josephus and Beyond.'' Bloomsbury, London u.&nbsp;a. 2016, ISBN 978-0-567-66902-5. S. 89.</ref><ref>Anthony Keddie: ''Class and Power in Roman Palestine. The Socioeconomic Setting of Judaism and Christian Origins.'' Cambridge University Press, Cambridge 2019, ISBN 978-1-108-49394-9. S. 58.</ref>

Ähnlich ist im Abschnitt über Idumäa offenbar die auch archäologisch nachweisbare Eroberung von Marescha und die noch nicht nachgewiesene von Adoraim ganz im Norden aufgebläht worden zur „Unterwerfung und Missionierung aller Idumäer“ (auch in seinem Werk „Jüdischer Krieg“ nennt Josephus nur Adoraim und Marescha): Bei den größeren Orten im Süden etwa – [[Tell Be’er Scheva]], [[Tell Malhata]] und [[Horvat Uza]], alle ungefähr auf der Höhe von Tell Rafa – lässt sich keine Zerstörung nachweisen.<ref>Itzhaq Beit-Arieh, Liora Freud: ''Tel Malḥata. A Central City in the Biblical Negev.'' Band I. Eisenbrauns, Winona Lake 2015, ISBN 978-1-57506-293-8. S. 17 f.</ref> Auch hier scheint keine Zwangsmission stattgefunden zu haben. Levin etwa, nachdem er mehrere Gründe für die Implausibilität der Zwangsmission aufgezählt hat, hält sie schlussendlich nur deshalb bei einem Teil der Idumäa doch für historisch, weil die Römer bei ihrer politischen Neuordnung Palästinas Ostidumäa bei Judäa belassen hätten, „während alle anderen überwiegend nicht-jüdischen Gebiete inklusive Samaria abgetrennt wurden“.<ref>Yigal Levin: [https://www.mdpi.com/2077-1444/11/10/487#fn144-religions-11-00487 ''The Religion of Idumea and Its Relationship to Early Judaism.''] In: ''Religions.'' Band 11, Nr. 10, 2020.</ref> Aber das ist gar nicht der Fall. Die Annahme, dass Ostidumäa bei Judäa verblieben wäre, die sich bei mehreren Historikern findet, geht zurück auf zwei Textänderungen von Avi-Yonah: Josephus berichtet von der politischen Neuordnung Palästinas durch die Römer sowohl in seinem älteren Werk „Jüdischer Krieg“ (JosBel) und in seinem jüngeren Werk „Jüdische Altertümer“ (JosAnt). Im älteren Werk nimmt diese Neuordnung der Eroberer Pompejus selbst vor und gibt bei dieser politischen Neuordnung „alle Städte, soweit sie nicht dem Erdboden gleich gemacht worden waren“, den Nicht-Judäern zurück. Diese „nicht dem Erdboden gleich gemachten“ Städte sind „Hippos, Bet Schean, Pella, Samaria und Marescha, außerdem Aschdod, Javne Jam und Aphek sowie die Küstenstädte Gaza, Jaffa, Dor und […] Cäsarea.“ (JosBel I 155 f.). In JosAnt dagegen sind z.&nbsp;B. Aschdod und Gaza zerstört worden. Hier heißt es denn auch folgerichtig stattdessen: „Darauf ließ Gabinius (…) alle zerstörten Städte, die er antraf, wiederherstellen. So erstanden aufs Neue Samaria, Aschdod, Bet Schean, Blakhijeh, Rafa, Adoraim, Marescha, Gaza und viele andere.“ (JosAnt XIV 87 f.). An diesen beiden Ortslisten will Avi-Yonah zwei Textänderungen vornehmen. Die erste:

{{Zitat
|Text=In der Liste der von Gabinius zurückgegebenen Städte steht auch der Name von Adoraim. Das könnte bedeuten, dass auch Ostidumäa[, wovon seiner Meinung nach Adoraim die Hauptstadt war, während Marescha die Hauptstadt von Westidumäa gewesen sein soll, von Judäa] getrennt wurde. Da dort aber der Name Dor fehlt (wohingegen er in der Liste von Pompejus Städten vorkommt), scheint es besser, Dor statt Ador zu lesen und anzunehmen, dass wenigstens Ostidumäa – inklusive Hebron und dem Patriarchengrab – bei Judäa verblieb.<ref>Michael Avi-Yonah: ''The Holy Land. A Historical Geography from the Persian to the Arab Conquest (536 B.C. – A.D. 640). With Text Revisions and Toponymic Index by Anson F. Rainey.'' Carta, Jerusalem 2002, S. 80.</ref>}}

Gleichzeitig will er vier Seiten später, wo es darum geht, dass die Römer außerdem das verbliebene Gebiet von Judäa in die fünf Bezirke Jerusalem, Jericho, Amathus, Sepphoris und ''gadarois'' eingeteilt haben, als zweite Textänderung für die letztere Bezirkshauptstadt stattdessen ''adorois'' lesen, wieder für Adoraim – und hat so am Ende Adoraim aus der einen Liste hinaus- und in die andere Liste hineingeändert.<br />Das ist offensichtlich beliebig. Eine recht lange Reihe von Argumenten sprechen gegen diese Rekonstruktion: Erstens gibt es viele Unterschiede zwischen beiden Ortslisten; Avi-Yonahs einziges Argument für seine Textänderung ist also kaum stichhaltig. Zweitens ist die kürzere Pompejus-Liste geographisch strukturiert und nennt zunächst mit Samaria, Aschdod und Bet Schean drei Städte in Zentralpalästina und dann mit Blakhijeh, Rafa, Adoraim, Marescha und Gaza fünf in Südpalästina – „Dor“ passte hier nicht hinein. Drittens wurde Marescha nach der Zerstörung durch die Judäer gar nicht neu aufgebaut und konnte also gar nicht Hauptstadt von „Westidumäa“ sein.<ref>Amos Kloner: [https://www.jstor.org/stable/j.ctt1fzhfp4 ''Maresha Excavations Final Report I. Subterranean Complexes 21, 44, 70.''] Israel Antiquities Authority, Jerusalem 2003. S. 6.</ref> Viertens hat Herodes mit [[Herodium]] eine Grenzfestung<ref>Jonathan Bourgel, Roi Porat: ''Herodium as a Reflection of Herod's Policy in Judea and Idumea.'' In: ''Zeitschrift des deutschen Palästina-Vereins.'' Band 135, Nr. 2, 2019, S. 188–209.</ref> und mit zwei dem idumäischen Gott [[Qos (Gottheit)|Qos]] geweihten Tempeln bei Hebron<ref>Abbildungen bei Achim Lichtenberger (2007): [https://www.researchgate.net/publication/325795663_Juden_Idumaer_und_Heiden_Die_herodianischen_Bauten_in_Hebron_und_Mamre ''Juden, Idumäer und „Heiden“. Die herodianischen Bauten in Hebron und Mamre.''] In: Linda-Marie Günther (Hrsg.): ''Herodes und Rom.'' F. Steiner, Stuttgart 2007, S. 78.</ref> deutlich die Grenze zwischen Judäa und Idumäa markiert – und das gerade zwischen Judäa und „Ostidumäa“. Fünftens zeigen viele folgende Stellen bei Josephus, dass Idumäa nicht geteilt war auch nicht zu Judäa gehörte – etwa JosAnt XVI 253, wo Herodes seinen Schwager Qos-tobar, einen Idumäer aus einer Familie von Qos-Priestern, zum Statthalter von Gaza und Idumäa macht.<ref>Sihe dazu wieder Markus Cromhout: [http://www.scielo.org.za/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0259-94222008000300008 ''Were the Galileans „religious Jews“ or „ethnic Judeans?“''] In: ''HTS Theological Studies.'' Band 63, Nr. 3, 2008. S. 1279–1297, hier 1290.</ref> Offenkundig hängt man in Idumäa also auch in der Zeit nach den Makkabäern dem Glauben an Qos an.<ref>Michał Marciak (2017): [https://www.ieam.ulaval.ca/wp-content/uploads/2023/09/Marciak-Idumea-and-the-Idumeans-in-Josephus-2017.pdf ''Idumea and the Idumeans in Josephus' Story of Hellenistic-Early Roman Palestine (''Ant'' XII–XX).''] In: ''Aevum.'' Band 91, Nr. 1, 2017, S. 171–193, hier 185&nbsp;f. (PDF: 1 MB).</ref><br /> Sowohl im Norden als auch im Süden ist damit die Evidenz für militärische Erfolge der Makkabäer sehr dünn gesät.

Ähnliches gilt für die Philistäa. Manche Zerstörungen lassen sich gut nachweisen wie insbesondere die von Geser und Javne Jam. Andere nicht. Bei Aschdod zum Beispiel lässt sich wirklich in einem Stadtteil ein Brand nachweisen, der wegen in der Asche gefundenen Münzen aber nach 114&nbsp;v.&nbsp;Chr. geschehen sein muss und nach dem die Gebäude auch schnell wieder aufgebaut worden sind (Dothan erklärt darum kurzerhand, tatsächlich habe also nicht Jonathan, sondern Johannes Hyrkan die Stadt erobert und danach kolonialisiert<ref>Moshe Dothan: ''When was Ashdod in Israelite Hands? The Archaeological Evidence.'' In: ''Proceedings of the World Congress of Jewish Studies.'' Band 1, Nr. 1, 1973, S. 89–91, hier 91</ref>). Auch beim in den Makkabäerbüchern so prominenten Jaffa zeigt der neue Ausgrabungsbericht, dass die Ausgrabungsfunde sich weniger gut als bisher gedacht mit den Makkabäerbüchern in Einklang bringen lassen, sondern dass in der im zweiten Jahrhundert unzerstörten Stadt umgekehrt sogar hellenistische Religion noch stärker gepflegt wurde, dafür aber ab der frühen ''Römerzeit'' auch jüdische Präsenz gut nachweisbar ist.<ref>Orit Tsuf (2018): [https://www.academia.edu/65267449/Ancient_Jaffa_from_the_Persian_to_the_Byzantine_period ''Ancient Jaffa from the Persian to the Byzantine Period. Kaplan Excavations 1955–1981.''] Zaphon, Münster 2018, ISBN 978-3-96327-030-7, S. 19 (bis), 80 f., 552.</ref> Blakhijeh, Gaza und Rafa wurden leider noch nicht ausgegraben, so dass hier keine archäologischen Daten vorliegen. Was sich für die besser ausgegrabenen Regionen Palästinas ergeben hat, macht Josephus Berichte aber jedenfalls wenig vertrauenswürdig. Zudem ist „Gaza-als-letzte-Bastion-des-Widerstands“, an die Iannaeus sich erst von Norden und Süden her herantasten muss, wohl ein griechisches literarisches Motiv: Nicht nur dem griechischen König Alexander soll sie als letzte Stadt noch Widerstand geleistet haben (s.&nbsp;o.), auch seinem Nachfolger [[Antigonos I. Monophthalmos|Antigonos]] sollen allein Gaza und Jaffa sich widersetzt haben,<ref>Diodorus Siculus, ''Bibliotheca historica'' XIX 59,2</ref> auch dem Perserkönig [[Kambyses I.]] soll es wieder allein mit Gaza so ergangen sein<ref>Polybios, ''Historien'' XVI 22</ref> – und nun eben auch dem Judäerkönig Alexander Iannaeus.<br />Fiktive Eroberungen sind auch nicht ungewöhnlich in Josephus Geschichtswerken. Auch über den knapp 100 Jahre später stattfindenen [[Jüdischer Krieg|Jüdischen Krieg]] berichtet er, dass z.&nbsp;B. Aschkelon, Blakhijeh und die wieder als letztes genannte Stadt Gaza von Judäern „dem Erdboden gleich gemacht“ worden sein sollen, um dann wenige Zeilen später zu erzählen, dass im Gegenzug die Bewohner der nun offenbar doch nicht zerstörten Städte ihrerseits „aus Judenhass“ tausende ihrer jüdischen Mitbürger getötet hätten.<ref>Josephus, [https://de.wikisource.org/wiki/Juedischer_Krieg/Buch_II_17-22 ''Jüdischer Krieg''] II 458-461, 477 f.</ref> Weil Münzen gefunden wurden, die Gaza nur ein Jahr darauf prägte,<ref>Immanuel Benzinger: [https://de.wikisource.org/wiki/RE:Gaza_1 ''Gaza 1'']. In: ''Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft VII, 1.'' Metzler, Stuttgart 1910. Spalte 884.</ref> ist es mindestens in diesem Fall sicher, dass es sich bei diesen Eroberungsberichten um „literarische Fiktionen [handelt], vielleicht inspiriert von [den Erzählungen über] makkabäisch-hasmonäische Angriffe auf ‚alle Nationen um sie her‘“.<ref>Sean Freyne: ''The Revolt from a regional perspective.'' In: Andrea M. Berlin, J. Andrew Overman (Hrsg.): ''The First Jewish Revolt. Archaeology, history, and ideology.'' Routledge, London / New York 2002, ISBN 0-415-25706-9. S. 47.</ref>

Wichtig ist schließlich noch dies: In manchen wissenschaftlichen Kreisen ist es üblich, von der politischen Neuordnung unter Pompejus und Gabinius als „Befreiung“ in Anführungszeichen zu sprechen, weil dabei die judäischen Bewohner, die dort so lange gelebt hätten, wieder vertrieben worden seien.<ref>Yohanan Aharoni, Michael Avi-Yonah (1990): ''Der Bibel-Atlas. Die Geschichte des Heiligen Landes 3000 Jahre vor Christus bis 200 Jahre nach Christus. 264 Karten mit kommentierendem Text.'' Weltbild, Augsburg 1990, S. 136: „Pompeius ‚befreite‘ die griechischen und hellenisierten Städte, die seit Hyrkanos' Zeit von Juden bewohnt waren (…).“</ref><ref>Shimon Applebaum (1988): [https://scriptaclassica.org/index.php/sci/article/view/4669/4153 ''The Status of Jaffa in the First Century of the Current Era.''] In: ''Scripta Classica Israelitica.'' Band 89, 1985/1988, S. 138–144, hier 139: „Pompey ‚liberated‘ the town (…). We do not know what was the fate of the Jewish population when this took place.“</ref><ref>Fabian E. Udoh (2020): [https://www.jstor.org/stable/j.ctvzgb9hm.7 ''Roman Tribute in Jewish Palestine under Pompey (63–47 B.C.E.).'' In: Ders. (Hrsg.): ''To Caesar What Is Caesar's. Tribute, Taxes, and Imperial Administration in Early Roman Palestine.''] Brown Judaic Studies, Providence 2020, S. 23: „The city-states that Pompey ‚liberated‘ from the Jews (…) became part of the new province of Syria under a Roman governor.“</ref> Angemessen ist das aber kaum. Entscheidend ist bei den Orten, die von den Makkabäern zerstört worden sein könnten, nämlich ein Muster: Geser, Tell Ya'oz, Javne Jam, Javne und auch Samaria, Sichem, Tell Istaba und Marescha – alle im näheren Umkreis von Judäa – sind wahrscheinlich wirklich von den Makkabäern zerstört worden. Danach wurden sie aber entweder zunächst gar nicht neu besiedelt oder bestanden nur in stark reduzierter Form fort.<ref>Alexander Fantalkin, Oren Tal (2008): [https://www.academia.edu/472589/Navigating_Between_the_Powers_Joppa_and_Its_Vicinity_in_the_1st_Millennium_B_C_E ''Navigating Between the Powers. Joppa and Its Vicinity in the 1<sup>st</sup> Millennium B.C.E.''] In: ''Ugarit-Forschungen.'' Band 40, 2008, S. 225–276, hier 260.</ref><ref>Oren Tal: ''Hellenism in Transition from Empire to Kingdom: Changes in the Material Culture of Hellenistic Palestine.'' In: Lee I. Levine, Daniel R. Schwartz (Hrsg.): ''Jewish Identities in Antiquity. Studies in Memory of Menahem Stern.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2009, S. 60.</ref> Aller Wahrscheinlichkeit nach ist es also irrig, wenn man die Makkabäerbücher und Josephus so liest, dass nach den hasmonäischen Siegen dort nun entweder nur noch judäische Juden-von-alters-her oder zwangsjudaisierte Juden gelebt hätten, denen Pompejus danach ihre Wohnorte wieder „geraubt“ hätte: Mit Ausnahme von Marescha, dessen Ruinen wirklich okkupiert gewesen zu sein scheinen (das aber wie gesagt nach der Zerstörung auch gar nicht wieder aufgebaut wurde und Geisterstadt blieb),<ref>Amos Kloner: [https://www.jstor.org/stable/j.ctt1fzhfp4 ''Maresha Excavations Final Report I. Subterranean Complexes 21, 44, 70.''] Israel Antiquities Authority, Jerusalem 2003. S. 5 f.</ref> waren es wahrscheinlich vielmehr ''entleerte'' Regionen, bei denen die sie nur politisch dominierenden Judäer den ursprünglichen Bewohnern die Rückkehr verwehrten, und die daher wirklich von Pompejus „den eingesessenen Bürgern zurückgegeben“ werden mussten.<ref>Josephus, [[s:Juedischer Krieg/Buch I 1-9|''Jüdischer Krieg'' I 157]]</ref> Ob neben Javne Jam, Javne und Geser wirklich auch Blakhijeh, Rafah und Gaza sowie die nun idumäischen Orte im einstigen Hinterland von Gaza zu diesen entleerten Orten gehört haben, ist sehr unsicher; in Aschdod und Jaffa ist es nicht der Fall.

=== Römische Philistäa bis zum 6.&nbsp;Jhd. ===

==== Philistäische Städte als poleis ====
Die Befreiung durch Pompejus brachte gleichzeitig die Restitution des ''polis''-Status der philistäischen Küstenstädte mit sich, den einige von ihnen schon zur hellenistischen Zeit gehabt hatten. Bei den Griechen und Römern implizierte dieser ''polis''-Status viel: Während im Alten Israel ein Ort schon als „Stadt“ galt, wenn er umwallt war, wurde im Römischen Reich jede ''polis'' konzeptuell als eine eigene Völkerschaft betrachtet. Münzen aus Aschkelon und Gaza aus dieser Zeit trugen darum bisweilen die Aufschrift ''demos askalonion'' und ''demos gazaion'', „[das] Volk der Aschkeloniter / Gazäer“.<ref>Martin A. Meyer: [https://archive.org/details/historyofcityofg00meyeuoft/page/56/mode/1up ''History of the City of Gaza. From the Earliest Times to the Present Day.''] Columbia University Press, New York 1907. S. 56</ref><ref>Robyn Le Blanc: [https://cdr.lib.unc.edu/concern/dissertations/db78tc990 ''The Public Sacred Identity of Roman Ascalon''.] Dissertation, 2016. S. 80</ref> Demographisch musste eine Stadt eine Mindestzahl an Bürgern haben, um überhaupt diesen Status erlangen zu können, organisationell hatte jede ''polis'' ein eigenes Regierungssystem, ein eigenes Bewässerungssystem, eine eigene Stadtmauer, einen eigenen Markt, einen eigenen religiösen Kult mit eigenen Tempeln für die eigene Stadtgottheit, weitere religiöse Kulte, die in städtischen „Kultvereinen“ gepflegt wurden, und ähnliches mehr.<ref>Joyce Reynolds: ''Cities''. In: David C. Braund (Hrsg.): ''The Administration of the Roman Empire (241BC–AD193).'' Exeter Studies in History, Exeter 1988. S. 15 f.</ref><ref>Simone Rodan: ''Maritime-Related Cults in the Coastal Cities of Philistia during the Roman Period. Legacy and change.'' Archaeopress Publishing, Oxford 2019. S. 8 f.</ref> Diesen Status hatten in der Philistäa Jaffa, Aphek, Javne, Aschdod, Aschkelon, Blakhijeh, Gaza, Rafa;<ref>A.H.M. Jones: [https://archive.org/details/JonesCitiesEasternRomanProvinces/mode/1up ''The Cities of the Eastern Roman Provinces. Second Edition'']. Clarendon Press, Oxford 1971. S. 257 f.</ref> später außerdem die organisationell von ihrer Hauptstadt abgetrennte Hafenstadt Gazas unter dem Namen „Neapolis“, eine noch nicht identifizierte Stadt in der Gegend von Aschkelon mit dem Namen „[[Titularbistum Diocletianopolis in Palaestina|Diocletianopolis]]“ und in der Nähe von Aphek Lod unter dem Namen „Diospolis“. Ebenso verfuhren die Römer weiter nördlich auch mit vielen phönizischen Küstenstädten, beginnend im Süden mit dem von den Phöniziern gegründeten [[Arsuf|Apollonia]] in der Nähe des einstigen Tell Qasile. Auf der anderen Seite des Jordan zog sich außerdem nun eine als „[[Dekapolis]]“ bekannte Kette von ''poleis'' wieder nach Süden hinunter. Zentralpalästina, das die letzten Jahrzehnte von einer Familie politischer und geistlicher Diktatoren tyrannisiert worden war, war nun gesäumt von zwei Achsen der [[Demokratie#Römische Politik|Demokratie]].

Die genauere politische Zugehörigkeit mehrerer philistäischer Städte wechselte in den nächsten Jahren häufiger: [[Julius Cäsar]] ordnete Jaffa 44&nbsp;v.&nbsp;Chr. wieder Judäa unter, acht Jahre später schlug [[Marcus Antonius]] die Dekapolis und den größten Teil der philistäischen und phönizischen ''poleis'' inklusive Jaffa dem Gebiet seiner Geliebten [[Kleopatra VII.]] zu, wieder sechs Jahre später wurden durch Kaiser [[Augustus]] die Städte Jaffa, Javne Jam, Aschdod Jam, Blakhijeh und Gaza ins Gebiet des mittlerweile zum [[Klientelkönigtum|Klientelkönig]] erhobenen Idumäers [[Herodes der Große|Herodes des Großen]] eingruppiert, nachdem dieser sich seiner letzten verbliebenen hasmonäischen Konkurrenten entledigt hatte. [[Emil Schürer]] vermutet, dass dies effektiv aber auch nicht mehr bedeutete, als dass die ''poleis'' jetzt dem einen, dann dem anderen politischen Verwalter Steuern zu zahlen und Soldaten zu stellen hatten, sonst aber die internen Angelegenheiten größtenteils selbst verwalteten.<ref>Emil Schürer: [https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/pageview/22658 ''Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi.''] Hinrichsche Buchhandlung, Leipzig 1898. S. 81 f.</ref>

Davon abgesehen brachte die erneute Unterordnung der Küstenstädte weitere Vorteile mit sich: Herodes und sein Sohn [[Herodes Antipas]] sind bekannt für ihr umfangreiches Bauprogramm. Im Rahmen dieses Programms bauten sie für sich selbst eine Reihe von befestigten Residenzen und für die Götter Tempel vor allem an regionalen Grenzen (z.&nbsp;B. Tempel für Zeus, [[Pan (Mythologie)|Pan]] und Kaiser Augustus in [[Banyas]], wenigstens einige der gut 20 Tempel am [[Hermon]], die schon erwählten Qos-Tempel bei Hebron und weitere). Auch baute Herodes die im Süden Idumäas die Orte an der Grenze zu Idumäa zum sog. „[[Herodes#Militär|Herodianischen Limes]]“ um und stationierte dort judäische Veteranen.<ref>M. Gihon: ''Idumea and the Herodian Limes.'' In: ''Israel Exploration Journal.'' Band 17, Nr. 1, 1967. S. 27–42.</ref><br />Außerdem aber verteilten beide massiv Geld vom Land in die Städte um: Jerusalem wurde von Neuem mit einem Tempel ausgestattet, da Pompejus den alten entweiht hatte. Samaria, Sichem und Bet Schean wurden neu unter den Namen [[Samaria (antike Stadt)|Sebaste]], [[Flavia Neapolis]] und [[Bet Scheʾan#Antike|Skythopolis]] aufgebaut und letztere organisationell mit den anderen Städten der Dekapolis verbunden; in Galiläa wurde [[Tiberias]] aus dem Boden gestampft und [[Sepphoris]] neu zur Hauptstadt der Region ausgebaut. Wohl, um sich die Loyalität der bis vor Kurzem noch freien Bürger zu sichern, investierte Herodes auch massiv in die Küstenregion. So entstand Aphek ganz neu unter dem Namen [[Antipatris]], Aschdod Jam wurde zum Pracht-Hafen Azotus Paralios erweitert, Anthedon zur Vorzeigestadt Agrippias ausgebaut und im phönizischen Norden die Stadt „Stratonsturm“ ins prachtvolle [[Caesarea Maritima]] verwandelt, das später zur neuen Hauptstadt Palästinas werden sollte. Auch bei Aschkelon nimmt man von einigen Prachtbauten an, dass Herodes sie dieser Stadt außerhalb seines Verwaltungsbereichs geschenkt habe.<ref>Peter Richardson, Amy M. Fisher: ''Herod. King of the Jews and Friend of the Romans. Second Edition.'' Routledge, London / New York 2018, ISBN 978-1-138-80392-3. S. 210 f.</ref> Weil Herodes auch Sebaste und Cäsarea Maritima mit römischen Tempeln ausstattete und spätere Herrscher noch weitere römische Tempel in andere Städte setzten, war dieses Bauprogramm gleichzeitig Startschuss für eine neue Phase der Romanisierung und Hellenisierung der palästinischen Religion und Kultur, in deren Verlauf nun auch die weiter inlands gelegenen Städte den schon lange hellenisierten Küstenstädten ähnlicher wurden. Andere Städte, die nicht schon zur ''polis'' veranlagt oder von Herodes und späteren Herrschern zur ''polis'' erkoren wurden, gerieten ins Hintertreffen – Aschdod etwa schrumpfte nach und nach zu einem größeren Bauerndorf zusammen, das im Kreis des nun weit größeren Azotus Paralios lag.

==== Judäische Aufstände und die philistäischen Städte ====
Von den bald auf Herodes Tod folgenden Aufständen der Judäer gegen die Römer blieb die Philistäa weitgehend unberührt; allein wieder organisationell hatte es Auswirkungen auf sie: Als die Judäer gegen Herodes Sohn [[Herodes Archelaos]] revoltierten, als um 70&nbsp;n.&nbsp;Chr. der „Jüdische Krieg“ ausbrach, als außerhalb von Palästina von 115–117&nbsp;n.&nbsp;Chr. der judäische [[Diasporaaufstand]] wütete und als als von 132–135&nbsp;v.&nbsp;Chr. in Judäa der [[Bar-Kochba-Aufstand]] tobte, reichten diese Revolten (trotz gegenteiliger Auskunft von Josephus, s.&nbsp;o.) nicht an die Philistäa heran. Philister und Samaritaner dienten den Römern dabei als verlängerter militärischer Arm; belegt sind als Auxiliartruppen z.&nbsp;B. eine [[Cohors I Ascalonitanorum]] aus der Umgebung von Aschkelon und eine [[Cohors I Sebastena]] aus dem Umkreis von Samaria, aus deren Namen man gleichzeitig auch darauf schließen kann, dass es jeweils mindestens noch eine „Cohors II“ gegeben haben muss.<br />Für die Küstenstädte bedeuteten die jüdischen Kriege also hauptsächlich, dass sie nur noch mehr an Rang und Bedeutung gewannen, weil die judäischen Orte einer nach dem anderen niedergemacht wurden und die Bewohner der anderen Regionen sich bei den Römern verdient machen konnten. Als darum etwa [[Ammianus Marcellinus]] im späten 4.&nbsp;Jhd. die fünf wichtigsten Städte Palästinas aufzählte, gehörten dazu weder das als hellenistisch-heidnische Stadt „Aelia Capitolina“ neu errichtete Jerusalem noch Samaria-Sebaste, sondern neben dem phönizischen Caesarea Maritima, dem idumäischen [[Eleutheropolis]], dem samarischen Flavia Neapolis auch die philistäischen Städte Aschkelon und Gaza.<ref>Ammianus Marcellinus, ''Römische Geschichte'' XIV 8,11.</ref> Beide entwickelten sich auch zu intellektuellen Zentren in Palästina: In Gaza entstand eine [[Sophisten]]schule, die in engem Kontakt mit der Schule von [[Alexandrien]] stand und aus der z.&nbsp;B. die bedeutenden Redner [[Prokopios von Gaza]] und [[Chorikios von Gaza]], der Philosoph [[Aeneas von Gaza]], der Historiker [[Zosimus von Gaza]] und der Dichter [[Johannes von Gaza]] hervorgegangen sind.<ref>Vgl. Kilian Seitz: [https://archive.org/details/dieschulevongaz00seitgoog/page/n5/mode/2up ''Die Schule von Gaza. Eine litterargeschichtliche Untersuchung.''] Carl Winter's Universitätsbuchhandlung, Heidelberg 1892.</ref> Für Aschkelon hat Joseph Geiger ganze 23 bedeutendere Intellektuelle zusammengetragen.<ref>Joseph Geiger: ''Hellenism in the East. Studies on Greek Intellectuals in Palestine.'' F. Steiner, Stuttgart 2014.</ref>

{| class="float-right"
| [[Datei:Israel Byzantine 5c.jpg|mini|hochkant=1.0|Die römische Provinz Palaestina]]
| [[Datei:Karte Syria 1903.jpg|mini|hochkant|Karte von 1903: Distrikte der Region Syria]]
|}

Die judäischen Aufstände hatten außerdem zur Folge, dass die Verwaltung Palästinas nun endgültig in römische Hand gegeben wurde: Palästina wurde zunächst unter die Kontrolle des aus der Bibel bekannten Statthalters [[Publius Sulpicius Quirinius|Quirinius]] gestellt, später außerdem noch mit einem Akt der [[Damnatio memoriae]] und wohl auch gleichzeitig als Würdigung der so viel Rom-näheren Küstenbewohner von „Judaia“ umbenannt in „Palaistina“.<ref>[[Othmar Keel]], [[Max Küchler]], Christoph Uehlinger: ''Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studien-Reiseführer zum Heiligen Land.'' Band 1: ''Geographisch-geschichtliche Landeskunde.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984, ISBN 3-525-50166-8, S. 279 f. ([https://books.google.de/books?id=j-Cw0Cm87ycC&pg=PA282&lpg=PA279#v=onepage&q&f=false online]).</ref> Dieser Name hielt sich auch durch die muslimische Zeit durch: Zunächst bis ins 11.&nbsp;Jhd. im Provinz-Namen „Jund Filastin“, dann in der Volks- und Regionsbezeichnung „Ahl Filastin“ und „Ard Filastin“ („Volk von Palästina“ und „Land von Palästina“)<ref>Nur Masalha: ''Palestine. A Four Thousand Year History.'' Zec Books, London 2018. S. 6–9.</ref> für die Region und ihre Bewohner, die im [[Osmanisches Reich|osmanischen Reich]] organisationell anders in die Distrikte Beirut und Jerusalem eingeteilt worden waren. Auch die heutigen [[Palästinenser]] verdanken so ihren Namen indirekt den Römern.

==== Religion in der römischen Philistäa ====
Religiös hing man in der Philistäa noch lange den griechischen Göttern an. Gazas Stadtgott etwa war [[Marnas (Gaza)|Marnas]], eine lokale Ausprägung von „Zeus Regenspender“, in dessen Tempel – dem „Marneion“ – auch Orakel offenbart wurden wie in [[Delphi]].<ref>Gerard Mussies: ''Marnas God of Gaza.'' In: Wolfgang Haase (Hrsg.): ''Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt (ANRW). Band 18/4: Religion (Heidentum: Die religiösen Verhältnisse in den Provinzen [Forts.]).'' Walter de Gruyter, Berlin / New York 1990, ISBN 3-11-012630-3</ref> Andere wichtige Gottheiten waren [[Io (Mythologie)|Io]], die auf vielen Münzen abgebildet ist, [[Minos]] und [[Herakles]]. In Aschkelon war die Stadtgöttin wohl eine Verschmelzung der „Himmlischen [[Aphrodite]]“ mit Astarte, daneben verehrt wurde auch in römischer Zeit noch [[Derketo]], außerdem ein „[[Poseidon]] von Aschkelon“, ein „Löwenköpfiger [[Asklepios]]“, der einzig in Aschkelon bezeugt ist,<ref>Robyn Le Blanc: [https://cdr.lib.unc.edu/concern/dissertations/db78tc990 ''The Public Sacred Identity of Roman Ascalon.''] Dissertation, 2016. S. 117</ref> die aus Ägypten in die griechische Religion gewanderte [[Isis]] und weitere Götter, darunter – wenig überraschend für die Wein-Stadt Aschkelon – [[Pan (Mythologie)|Pan]] und [[Dionysos]]. Falls die römischen Münzen aussagekräftig sind, waren in Rafa wieder andere Götter zentral, nämlich [[Apollon]], [[Artemis]] und ungewöhnlicherweise [[Leto (Mythologie)|Leto]]. In [[Beit Lahiya]] soll neben vielen kleineren Tempel außerdem ein [[Pantheon]] existiert haben.<ref>Sozomenos: ''Kirchengeschichte'' V 15.</ref>

Diese von Christen als „Heidentum“ herabgewürdigte Religionen hielten sich auch nach Beginn der [[Christianisierung#Frühphase der Christianisierung|Christianisierung]] noch überraschend lange an der Küste. [[Eusebius von Cäsarea]] und der aus Beit Lahiya stammende [[Sozomenos]] berichten gar von Christenverfolgungen in den Städten Aschkelon, Anthedon und v.&nbsp;a. Gaza, das Christen besonders feindlich gesinnt gewesen sein soll.<ref>Eusebius, ''Über die Märtyrer in Palästina'' 3.1; 8.4; 10.1.</ref><ref>Sozomenos: ''Kirchengeschichte'' V 9.</ref> Dem Bischof [[Porphyrios von Gaza]], der die heidnische Stadt endlich zum Christentum bekehrt habe, hat sein Schüler [[Marcus der Diakon]] in der für Historiker äußerst wichtigen Biographie [[Vita Sancti Porphyrii]] ein Denkmal gesetzt.<ref>Marcus der Diakon: [https://archive.org/details/lifeofporphyrybi00marcrich/page/3/mode/1up ''The life of Porphyry, bishop of Gaza.'']</ref> Noch bekannter ist die [[Vita Sancti Hilarii]] von [[Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] über den Einsiedler [[Hilarion von Gaza]], der in der Nähe von Gaza tapfer dem Grauen des Heidentums getrotzt habe.<ref>Hieronymus: [https://bkv.unifr.ch/de/works/cpl-618/versions/leben-des-hl-einsiedlers-hilarion-bkv/divisions/3 ''Leben des hl. Einsiedlers Hilarion.'']</ref> Die Einwohner von Gazas Hafenstadt Gaza-Maiumas sollen sich angeblich schon vor der Zeit des Porphyrios gesammelt zur [[Konversion (Religion)|Konversion]] zum Christentum entschieden haben, wonach ihre Stadt mit dem ''polis''-Status belohnt worden sei,<ref>Sozomenos, ''Kirchengeschichte'' II 5.</ref> doch in den anderen Küstenstädten hielt das „Heidentum“ im Untergrund noch mindestens bis ins 6.&nbsp;Jhd. durch. „Überraschend“ ist dies deshalb, weil sich, nachdem das Christentum in Palästina entstanden war, zunehmend nicht Palästinenser, sondern Römer zu Agenten der Christianisierung entwickelten. Besonders forciert geschah dies, nachdem das Römische Reich sich im 4.&nbsp;Jhd. in das Weströmische Reich und das [[Byzantinisches Reich|Byzantinische Reich]] gespalten hatte, 384 das Christentum zur Staatsreligion erklärt wurde und Kaiser [[Theodosius I.]] das Heidentum für illegal erklärt hatte, wonach die Christianisierung bei den „Heiden“ anders als bei Juden auch mit Zwang durchgesetzt wurde.

[[Datei:Krieg und Kirchen.jpg|mini|Kriegsschauplätze beim Bar-Kochba-Krieg (rot),<ref>Nach: Dvir Raviv, Chaim Ben David: [https://www.researchgate.net/publication/351917113_Cassius_Dio's_figures_for_the_demographic_consequences_of_the_Bar_Kokhba_War_Exaggeration_or_reliable_account ''Cassius Dio's figures for the demographic consequences of the Bar Kokhba War: Exaggeration or reliable account?''] In: ''Journal of Roman Archaeology.'' Band 34, 2021. S. 585–607, hier 592 f.</ref> byzantinische Kirchen (schwarz)<ref>Nach: [https://dig.corps-cmhl.huji.ac.il/map ''A Digital Corpus of Early Christian Churches and Monasteries in the Holy Land'']; abgerufen am 17. Feburar 2024.</ref>]]

Daneben gab wahrscheinlich auch in einigen der Küstenstädte judäische Minderheiten. Jeweils nicht viele, und das nimmt nicht Wunder: Auf Juden hatte die Christianisierung Palästinas andere, noch weitaus dramatischere Auswirkungen. Im Zuge der diversen judäischen Aufstände entstand bei den Römern nach und nach eine große Abneigung gegen Juden. Im 1. und 2.&nbsp;Jhd. wurden daher nicht nur die judäischen Aufstände niedergeschlagen, sondern sowohl unter [[Vespasian]] als auch unter [[Hadrian (Kaiser)|Hadrian]] große Zahlen an Juden niedergemacht. [[Cassius Dio]] berichtet, dass allein der Bar-Kochba-Krieg unter den Judäern 580.000 Kriegsopfer und daneben noch „unzählbare“ weitere Opfer von Hunger, Krankheit und Feuer gefordert hatte. Raviv und Ben David haben diese Zahlen kürzlich überprüft und kalkuliert, dass sie realistisch sind und damit beim Bar-Kochba-Krieg praktisch alle Judäer, die den Jüdischen Krieg überlebt hatten, umgebracht worden waren.<ref name="Raviv">Dvir Raviv, Chaim Ben David: [https://www.researchgate.net/publication/351917113_Cassius_Dio's_figures_for_the_demographic_consequences_of_the_Bar_Kokhba_War_Exaggeration_or_reliable_account ''Cassius Dio's figures for the demographic consequences of the Bar Kokhba War: Exaggeration or reliable account?''] In: ''Journal of Roman Archaeology.'' Band 34, 2021. S. 585–607.</ref> Da kurze Zeit später auch noch Kaiser [[Septimius Severus]] die Konversion zum Judentum verbot,<ref>[https://la.wikisource.org/wiki/Historia_Augusta/Septimius_Severus ''Historia Augusta: Septimus Severus''] 17,1</ref> konnten diese Lücken in den jüdischen Reihen auch nicht mehr von außen gefüllt werden. Auch ihr Land im Süden ging und blieb verloren: Vergleicht man die Kriegsschauplätze des Bar-Kochba-Kriegs mit der Lage späterer byzantinischer Kirchen, sieht man, dass später gerade dieses Kriegsgebiet von christlichen Immigranten neu besiedelt wurde, während sie sich an der philistäischen Küste und im einstigen Hinterland Gazas konzentriert nur um Aschkelon niederließen (auch dies ist wohl ein Grund für die nur langsame Christianisierung der Küste).<br />Hinzu kam dann auch noch ein extrem judenfeindlicher Diskurs im frühen Christentum, laut dem Juden entweder alle Menschen oder speziell „Griechen“ hassten.<ref>Texte z.&nbsp;B. bei George H. van Kooten: [https://brill.com/display/book/edcoll/9789004216495/Bej.9789004188433.i-578_022.xml ''Broadening the New Perspective on Paul: Paul and the Ethnographical Debate of His Time – The Criticism of Jewish and Pagan Ancestral Customs (1 Thess 2:13–16).''] In: Ders. u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Abraham, the Nations, and the Hagarites. Jewish, Christian, and Islamic Perspectives on Kinship with Abraham.'' Brill, Leiden 2010. S. 328–335. </ref> Im Gegenzug entwickelte sich ab [[Tertullian]]s „Adversus Judaeos“ („Gegen die Juden“) sogar eine eigene, insgesamt ziemlich antisemitische „Adversus Judaeos“-Literaturgattung,<ref>Hiram Kümper: ''Adversus-Iudaeos Literature.'' In: Albrecht Classen (Hrsg.): ''Handbook of Medieval Studies: Terms – Methods – Trends.'' Band I. De Gruyter, Berlin / New York 2011, ISBN 978-3-11-021558-8.</ref> in der Juden immer mehr als uneinsichtige Feinde des Christentums dargestellt wurden. Man kann davon ausgehen, dass dieser Judenhass in den „griechischen“ und Rom am nächsten stehenden Städten an der Küste, die schon vor der Ankunft der Römer und des Christentums mit den Judäern verfeindet gewesen waren, besonders ausgeprägt war. [[Philon von Alexandrien]] etwa berichtet in seiner „Gesandtschaft an Gajus“ schon im späten 1.&nbsp;Jhd. über Aschkelon, dass „zwischen dem Volk von Aschkelon und den Bewohnern des Heiligen Landes, den Juden, eine unversöhnliche und niemals endende Feindschaft“ herrsche.<ref>Philon, [https://www.earlyjewishwritings.com/text/philo/book40.html ''Gesandtschaft an Gajus''] XXX 205.</ref>

Dennoch sind die Indizien für die Existenz jüdischer Minderheiten an der Küste deutlich. Am sichersten ist dies für die Gegend um Javne: Rabbinische Schriften berichten sehr einheitlich, dass, nachdem um 70&nbsp;n.&nbsp;Chr. die Römer den Tempel des Herodes in Jerusalem zerstört hatten, mit [[Jochanan ben Sakkai]], [[Gamaliel II.|Gamaliel von Javne]], [[Eleasar ben Asarja]], [[Samuel der Kleine|Samuel dem Kleinen]] und anderen einige sehr wichtige jüdische Schriftgelehrte in Javne gelebt hätten. Die sog. „[[Synode von Jabne|Javne-Periode]]“, in der ein Kreis von Schriftgelehrten mehr oder weniger das [[Rabbinisches Judentum|rabbinische Judentum]] erfand, währte nur kurz, da einige Zeit später stattdessen [[Samaritaner]] nach Javne und Javne Jam expandierten.<ref>Vgl. [https://archive.org/details/petrusderiberer00raabgoog/page/n127/mode/2up ''Leben von Petrus dem Iberer''] 123: „''[Man] nahm ihn und brauchte ihn in das sogenannte Städtchen der Stadt Jamnia [= Javne Jam]. (…) Und weil alle Einwohner jenes Dorfs Samariter sind, baute sie an ihm einen großen Tempel (…).''“ (spätes 5.&nbsp;Jhd.).</ref> In einigen Dörfchen in der Umgebung von Javne legen aber archäologische Funde wie z.&nbsp;B. jüdische Öllampen und Bauteile, die möglicherweise von zerstörten Synagogen herrühren könnten, nahe, dass es dort noch bis ins 4.–6.&nbsp;Jhd. jüdische Gemeinden gegeben haben könnte.<ref>Vgl. Moshe Fischer u.&nbsp;a.: ''Rural Settlement in the Vicinity of Yavneh in the Byzantine Period: A Religio-Archaeological Perspective.'' In: ''Bulletin of the Americal Schools of Oriental Research.'' Band 350, 2008, S. 7–35.</ref><br />Vielleicht noch bedeutender als Javne war in der Javne-Periode zwischen 70&nbsp;n.&nbsp;Chr. und 130&nbsp;n.&nbsp;Chr. das nahe gelegene Lod, eine der Städte, die angeblich den Judäern zur Makkabäerzeit geschenkt worden waren und für die rabbnische Schriften auch die Existenz einer Synagoge bezeugen. Josephus behauptet, Lod sei sogar vollständig jüdisch gewesen.<ref>Josephus, ''Jüdischer Krieg'' II 515f.</ref> Das ist sehr wahrscheinlich erfunden; die im ab dem 3.&nbsp;Jhd. „Diospolis“ genannten Lod geprägten Münzen sind „heidnisch“ und zeigen [[Tyche]], [[Demeter]] und entweder Astarte oder noch einmal Tyche. Aber auch für Lod machen rabbinischen Schriften sicher, dass hier größere Zahlen von bedeutenden Schriftgelehrten gelebt hatten.<ref>Aharon Oppenheimer: ''Jewish Lydda in the Roman Era.'' In: ''Hebrew Union College Annual.'' Band 59, 1988, S. 115–136.</ref> Historisch ist diese jüdische Präsenz in Javne und Lod wahrscheinlich nicht mit vorangegangenen Eroberungen durch die Hasmonäer zu erklären,<ref>So Michael Avi-Yonah: ''The Jews of Palestine. Political History from the Bar Kokhba War to the Arab Conqest.'' Schocken Books, New York 1976. S. 16–18. Dagegen spricht ja schon, dass selbst in Josephus Erzählungen über die Geschichte diese Orte von Pompejus wieder in nicht-judäische Hand gegeben worden waren.</ref> sondern damit, dass Kaiser Vespasian um 68&nbsp;n.&nbsp;Chr. in diesen beiden Orten sowie in Aschdod eine Art Ghettos für prominente Judäer eingerichtet hatte, die sich den Römern ergeben hatten.<ref>Gedaliah Alon: ''The Jews in their Land in the Talmudic Age (70–640 C.E.).'' Band 1, Magnes Press, Jerusalem 1980, ISBN 965-223-352-8. S. 96 f.</ref>

[[Datei:Synagogen, 4-8 Jhd.jpg|mini|alternativtext=Eine Abbildung von Süd- und Zentralpalästina. Synagogen sieht man nur in Gaza und im nahen Maon, außerdem zwei kleine Cluster ganz im Süden des Westjordanlandes und nördlich des Westjordanlands im Jezreel-Tal|Synagogen im 4.-8. Jhd.<ref>Nach Steven H. Werlin: [https://cdr.lib.unc.edu/concern/dissertations/xk81jk66f ''The Late Ancient Synagogues of Southern Palestine.''] Dissertation. S. 469.</ref>]]

Josephus berichtet auch, dass es in Aphek eine jüdische Gemeinde gegeben habe,<ref>Josephus, ''Jüdischer Krieg'' II 513.</ref> archäologische Indizien dafür finden sich aber nicht. Dafür weisen in Jaffa einige typisch judäische Kalksteingefäße darauf hin, dass dort in einem Haus auch schon zu Beginn der Römerzeit Judäer lebten,<ref>David Amit, Yonatan Adler: ''The Stone Vessels.'' In: Orit Tsuf (2018): [https://www.academia.edu/65267449/Ancient_Jaffa_from_the_Persian_to_the_Byzantine_period ''Ancient Jaffa from the Persian to the Byzantine Period. Kaplan Excavations 1955–1981.''] Zaphon, Münster 2018, ISBN 978-3-96327-030-7, S. 541.</ref> was allein aufgrund der geographischen Nähe zu Javne und Lod plausibel ist. Auch in Jaffa war aber sicher mindestens die städtische Elite heidnisch: Auf Münzen abgebildet sind neben der regional bedeutenden [[Andromeda (Mythologie)|Andromeda]], die hier geopfert worden sein soll, auch [[Athene]], Tyche, [[Perseus (Sohn des Zeus)|Perseus]] und vielleicht [[Apis (ägyptische Mythologie)|Apis]].<ref>Avner Ecker: [https://www.academia.edu/852759/The_Coinage_of_Jaffa_in_the_Roman_Period ''The Coinage of Jaffa in the Roman Period.''] In: ''Israel Numismatic Journal.'' Band 17, 2009–2010. S. 151–176.</ref> Die Tatsache, dass Jaffa im 3.–5.&nbsp;Jhd. neben einem christlich-heidnischen auch einen separaten jüdischen Friedhof hatte,<ref>Jonathan J. Price: [https://www.academia.edu/43945176/The_Necropolis_at_Jaffa_and_its_Relation_to_Beth_Shearim ''The necropolis at Jaffa and its relation to Beth She'arim.''] In: Benjamin Isaac, Yival Shahar (Hrsg.): ''Judaea-Palaestina, Babylon and Rome. Jews in antiquity.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2012, ISBN 978-3-16-151697-9.</ref> zeigt dennoch deutlich, dass hier auch noch in den nächsten Jahrhunderten eine signifikante Zahl an Juden lebte. Im christlichen Gaza-Maiumas stand sogar sicher eine Synagoge (s. den Artikel [[Synagoge von Gaza]]). Auch in Aschdod und Aschkelon sprechen archäologische Funde dafür, dass es hier um das 4.–7. Jhd. jüdische Minderheiten mit einer eigenen Synagoge gegeben haben könnte;<ref>Marilyn J. S. Chiat: [https://www.jstor.org/stable/j.ctvzpv521 ''Handbook of Synagogue Architecture.''] Scholars Press, Providence 2020, S. 175 f., 179 f.</ref> sicher ist aber weder die Existenz dieser beiden Synagogen noch derer im Umland von Javne. Im Gegenteil sieht es so aus, dass nach 130 peu à peu beinahe alle Juden, die das Gemetzel unter Vespasian und Hadrian überlebt hatten, nach Galiläa und zur judäischen Enklave am herodianischen Limes abgewandert waren: Sicher belegbare Synagogen aus der späteren Zeit finden sich in Süd- und Zentralpalästina nur in den auf der Karte markierten Orten.<br />In der byzantinischen Zeit waren damit Judäa und Ostidumäa christlich, Westidumäa und die philistäische Küste waren christlich mit einer zunehmend schrumpfenden Zahl an Heiden, die besonders auf dem Land erst im Laufe des 5.–6. Jhds. zum Christentum übertraten,<ref>Doron Bar: [https://www.researchgate.net/publication/231907730_The_Christianisation_of_Rural_Palestine_during_Late_Antiquity ''The Christianisation of Rural Palestine during Late Antiquity.''] In: ''Journal of Ecclesiastical History.'' Band 53, Nr. 3, 2003. S. 401–421.</ref> und Judentum gab es nur noch vereinzelt an den Rändern von Zentral- und Südpalästina.

==== Die Philistäa außerhalb der halakhischen Grenzen ====
Trotz dieser judäischen Enklave um Javne und Lod schlossen judäische Schriftgelehrte just zu dieser Zeit das Küstengebiet aus „Eretz Israel“, dem heiligen Land der Juden, aus, indem sie die sog. „halakhischen Grenzen“ definierten. Die „halakhischen Grenzen“ sind ein kompliziertes Konzept, mit dem die Rabbinen miteinander vereinbaren wollten, dass Gott ihnen laut der Bibel große Teile Palästinas, des Libanon und einen kleinen Teil Syriens als heiliges und „[[gelobtes Land]]“ versprochen hatte, gleichzeitig aber der größte Teil dieses Gebiets nie judäisches Land gewesen und durch die fortwährende Präsenz von Heiden und Samaritanern „verunreinigt“ worden war, weshalb Juden z.&nbsp;B. dort geerntete oder geschlachtete Nahrung nicht essen dürfen. In den „halakhischen Grenzen“, so könnte man sagen, lag das noch verbliebene und nicht „verunheiligte“ Land.

[[Datei:Halakhische Grenzen.jpg|mini|halakhische Grenzen]]

Kriterien dafür, was überhaupt derart als heiliges Land gelten könne, waren: (1) Hatten Israeliten das Gebiet einst unter [[Josua, der Sohn Nuns|Josua ben Nun]] erobert? (2) War es auch von den Juden, die aus dem babylonischen Exil zurückgekehrt waren, wiederbesiedelt (und so nach der Verunreinigung des Landes während der Abwesenheit der Judäer im babylonischen Exil „ein zweites Mal geheiligt“) worden? – Das Gebiet, das mit diesem zweiten Kriterium definiert wird, ist allerdings gar nicht das, das sich in der Bibel findet,<ref>Vgl. Aaron Demsky: [https://www.academia.edu/10327574/Holy_City_and_Holy_Land_as_Viewed_by_Jews_and_Christians_in_the_Byzantine_Period ''Holy City and Holy Land as Viewed by Jews and Christians in the Byzantine Period: A Conceptual Approach to Sacred Space.''] In: A. Houtman u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Sanctity of Time and Space in Tradition and Modernity.'' Brill, Leiden u.&nbsp;a. 1998, ISBN 90-04-11233-2. S. 294 f.<br />Das Gebiet der „Rückkehrer aus Babylon“ ist auf der Karte grün markiert. Östlich des Jordan geht es im Nordosten noch etwas weiter nach Osten; die Grenzen östlich des Jordan lassen sich aber unmöglich rekonstruieren, da die Lage vieler ostjordanischer Orte unbekannt ist. Für einen Versuch der Rekonstruktion s.&nbsp;ebd.,&nbsp;S. 368.</ref> sondern soll offenbar möglichst großflächig alle Gebiete um Palästina umgrenzen, in denen in der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit auch Juden lebten oder gelebt hatten. (3) Aus diesem Gebiet werden dann wiederum Gebiete ausgeschlossen, die „verunreinigt“ waren. Dass das Gebiet der Samaritaner zwischen Judäa und Galiläa ausgeschlossen war, zeigt z.&nbsp;B. ein Mosaik in einer Synagoge in Rehov, in der wahrscheinlich für von Galiläa nach Judäa Reisende in einer Ausnahmeregelung eine Art „Raststation“ definiert wurde, wo man trotz samaritanischer Mehrheit gefahrlos Nahrung kaufen konnte.<ref>Aaron Demsky: ''The Permitted Villages of Sebaste in the Reḥov Mosaic.'' In: ''Israel Exploration Journal.'' Band 29, Nr. 3/4, 1979, S. 182–193.</ref> Eine weitere Region in Palästina, die man sich wahrscheinlich entsprechend als schon zur frühen Römerzeit „unrein“ zu denken hat, ist das Eckchen nordöstlich von Galiläa (die „[[Chulaebene]]“), das die Herodianer mit einer Umsiedlungsinitiative und einer Bauinitiative von römischen Tempeln in Bethsaida, Khirbet Qazion und Caesarea Philipp sowie einer Grenzfestung bei Tell Qedes in „heidnisches“ Land verwandelt hatten.<ref>Vgl. auch Idan Shaked, Dina Avshalom-Gorni: ''Jewish Settlement in the Southeastern Hula Valley in the First Century CE.'' In: Douglas R. Edwards (Hrsg.): [http://ndl.ethernet.edu.et/bitstream/123456789/56330/1/pdf27.pdf ''Religion and Society in Roman Palestine. Old questions, new approaches.''] Routledge, New York / London 2009, ISBN 0-415-30597-7. S. 32.</ref><br />(4) Für die Philistäa am wichtigsten ist die folgende Stelle in der [[Mischna]]:

{{Zitat
|Text=Wer eine Scheidungsurkunde im Ausland [d.&nbsp;h. außerhalb von Eretz Israel] transportiert, muss bezeugen: ‚Sie wurde in meiner Gegenwart geschrieben und in meiner Gegenwart unterzeichnet.‘ (…) Rabbi Eliezer sagte: ‚[Dies gilt] selbst, wenn [man sie nur] vom Dorf Ludim [Lage unbekannt, wahrscheinlich in der Nähe von Lod] nach Lod transportiert.‘ (…)<br />Rabbi Jehuda [135-170&nbsp;n.&nbsp;Chr., aus Lod] sagte: ‚Von Rekem aus nach Osten. Rekem [gilt bereits als] Osten. Von Aschkelon aus nach Süden. Aschkelon [gilt bereits] als Süden. Von Akko nach Norden. Und Akko [gilt bereits] als Norden.‘ Rabbi Meir [präzisierte]: ‚Hinsichtlich [halakhischer Gesetze über] Scheidungsurkunden gilt Akko [aber schon noch] wie Eretz Israel.‘
|Quelle=''Mischna, Traktat Gittin, i 2''}}

Die Lage von Akko und Aschkelon ist klar. Rekem ist weniger sicher: In der Grenzbeschreibung der Rückkehrerliste gibt es zwei Orte namens „Rekem“, die dort aber „Rekem de Gaia“ (= [[Petra (Jordanien)|Petra]]) und „Rekem Trachonitis“ (Lage unbekannt) heißen. „Rekem“ allein steht in den [[Targum]]im für [[Kadesch-Barnea]], was geographisch keinen Sinn macht. Bei einem vierten „Rekem“ – dem biblischen Rekem – ist wegen {{B|Jos|18|27}} nur bekannt, dass es in der Gegend von Irpeel und im Gebiet des Stammes Benjamin gelegen haben muss. McKinny<ref>Charles C. McKinny: [https://www.academia.edu/30540421/A_Historical_Geography_of_the_Administrative_Division_of_Judah_Bar_Ilan_University_Dissertation_ ''A Historical Geography of the Administrative Division of Judah: The Town Lists of Judah and Benjamin in Joshua 15:21-62 and 18:21-28.''] Dissertation, 2016. 343 f.</ref> hält daher den auf der Karte markierten Ort für Rekem. Damit lässt sich der der Mischnatext am besten verstehen: Mit „Von Aschkelon nach Süden“ nimmt Rabbi Jehuda Bezug auf den Verlauf des Teils der grün markierten „Rückkehrer“-Grenze von Aschkelon nach Beerscheba, mit „von Akko nach Norden“ ähnlich auf den Verlauf der Rückkehrer-Grenze von Akko nach Nordosten. Gebiete nordwestlich der Akko-Grenze und südwestlich der Aschkelon-Grenze dagegen gelten (wie noch häufiger in rabbinischen Schriften) als „Ausland“. Überraschend kommt dann aber „von Rekem nach Osten“: Offenbar wird mit Akko, Rekem und Aschkelon ein Dreieck definiert, in dem der Küstenstrich zwischen Akko und Aschkelon liegt – inklusive dem ziemlich genau im Zentrum liegenden Lod, dem Wohnort von Rabbi Jehuda. Auch dieses Gebiet und dieser Ort gilt (schon in den Bestimmungen, an die Rabbi Jehuda anknüpft) als „Ausland“. Wie man auf der Karte sieht, liegt Rekem exakt auf einer Linie von Lod nach Jerusalem; die nach 130&nbsp;n.&nbsp;Chr. in Lod gesprochene Präzisierung ist also wohl v.&nbsp;a. als Statement zu verstehen: „Eigentlich liegt unser Gebiet da drüben, in Jerusalem, woraus wir verbannt wurden“. Gleichwohl, mit diesem Statement werden Aschkelon, Diocletianopolis, Anthedon, Gaza und Rafa als südlich von Eretz Israel liegend aus dem gelobten Land ausgeschlossen, Akko als nördlich davon gelegen, und der ganze Rest der Küste mit allen anderen postphilistäischen Orten wie Aschdod, Javne, Javne Jam und Jaffa als westlich des Gebiets östlich von Rekem. Vielleicht haben auch diese rabbinischen Bestimmungen dazu beigetragen, dass auch in der byzantinischen Zeit, in der – wie man an Jaffa und Gaza-Maiumas sieht (s.&nbsp;o.) – jüdisches Leben an der Küste theoretisch wieder möglich war, nur wenige Juden an der Küste gelebt zu haben scheinen.

Im heutigen Judentum werden diese frühen rabbinischen Grenzziehungen oft ignoriert. J. David Bleich etwa meint, die Heiligkeit der durch die Rückkehrer aus Babylon geheiligten Gebiete gelte ewiglich,<ref>J. David Bleich: ''Survey of Recent Halakhic Periodical Literature. The Sanctity of the Liberated Territories.'' In: ''Tradition: A Journal of Orthodox Jewish Thought.'' Band 15, Nr. 3, 1975. S. 119–135, hier S. 119.</ref> und der Rat für Fragen jüdischer Gebote ''Vaad Halakha'' erklärt einfachhin, die rabbinischen Grenzziehungen hätten keine Gültigkeit, weil sie ja nur belegten, dass man die Grenzen des Heiligen Landes nach Belieben ziehen könne:

{{Zitat
|Text=Unsere grundlegenden Quellen – die biblischen und die rabbnischen – erwähnen gar kein Konzept eines ‚ganzen Landes Israel‘ als eines heilgen Raumes, der durch fest definierte Grenzen begrenzt würde. (…) Die theoretischen [und] idealisierten Grenzen[, die in der Bibel und von den Rabbinen gezogen wurden,] waren vage. Zum Beispiel herrschte bei den rabbinischen Autoritäten des Mittelalters Uneinigkeit darin, wo der ‚Fluss von Ägypten‘ läge. (…)<br />Man kann feststellen, dass die Rabbinen nach der Zerstörung des Zweiten Tempels das Gebiet, das als ‚Heiliges Land‘ zu definieren war, schrumpften. (…) Was immer die Gründe dafür waren, zeigt dieser Ansatz [ja nur] ein großes Maß an Flexibilität, was Grenzen angeht. (…)<br />Das Land Israel ist per definitionem heilig (…), aber die Grenzen des Heiligen Landes waren nie fest und fix, im Gegenteil: [Sie waren] flexibel, in Übereinstimmung mit der pragmatischen Realität der [jeweiligen] Zeit.<ref>Tuvia Friedman: [https://responsafortoday.com/en/the-whole-land-of-israel-and-the-halakhah/ ''„The Whole Land of Israel“ and the Halakhah.'']; abgerufen am 15. Feburar 2024.</ref>}}

== Philister in der Bibel ==
[[Datei:02010 Sea People, Medinet Habu Ramses III. Tempel Nordostwand cropped.jpg|mini|hochkant=0.6|Krieger eines Mitglieds der Seevölker (Mitte, mit Bürstenhelm; rechts Helm mit hornartigen Verzierungen); abgebildet auf Medinet Habu Ramses III. Tempel Nordostwand]]

Die Siedlungstätigkeit im fruchtbaren Süden Palästinas stand zunächst unter der Schirmherrschaft Ägyptens. Die Küstenstädte [[Gaza (Stadt)|Gaza]], [[Aschkelon]] und [[Aschdod]] waren Ende des 12. Jahrhunderts v.&nbsp;Chr. noch [[Ägypten|ägyptische]] Zentren. Die Philister gründeten einen Fünf-Städte-Bund ([[Pentapolis (Palästina)|Pentapolis]]) der Stadtstaaten Aschdod, Aschkelon, [[Ekron]] (oder Akkaron, heute: Kiryat Ekron), [[Gat (Bibel)|Gat]] (vgl. [[Tell es-Safi]]) und Gaza; diese wurden von [[Fürst]]en regiert. Diese [[Konföderation]] war wahrscheinlich nicht statisch organisiert; ihr Schwerpunkt wechselte von Stadt zu Stadt. Mit dem Schwinden der ägyptischen Macht übernahmen die Philister die Vormacht in der Region, die sie – so die [[Bibel]] – bis zu König [[David]]s Herrschaft auch behielten.

Bei ihrer Ausdehnung ins Landesinnere lieferten sich die Philister nach biblischer Darstellung mit [[Israeliten]] und [[Kanaaniter]]n jahrhundertelang immer wieder erbitterte Kämpfe – von der [[Richterzeit]] bis zur frühen [[Geschichte Israels#Das Königtum bis zu der Zerstörung des ersten Tempels|Königszeit]]. Dahingehende Berichte werden jedoch nicht durch Ausgrabungsergebnisse gestützt. Laut Bibel krönten die Israeliten in einer Stunde der Bedrängnis [[Saul]] zu ihrem ersten König. Er erzielte einige Erfolge, wurde aber letztlich von den Philistern geschlagen. Seinem Nachfolger David gelang es, diese zurückzudrängen. Legendär ist die Geschichte vom Kampf König Davids gegen den riesigen Philister-Krieger [[Goliat]] im [[1. Buch Samuel]]. Goliats Ausrüstung kommt dabei eine besondere Bedeutung zu:

{{Zitat
|Text=Da trat aus dem Lager der Philister ein Vorkämpfer namens Goliat aus Gat hervor. Er war sechs Ellen und eine Spanne groß. Auf seinem Kopf hatte er einen Helm aus [[Bronze]] und er trug einen Schuppenpanzer aus Bronze, der 5000&nbsp;[[Schekel (Einheit)|Schekel]] wog. Er hatte bronzene Schienen an den Beinen und zwischen seinen Schultern hing ein [[Chepesch|Sichelschwert]] aus Bronze. Der Schaft seines Speeres war (so dick) wie ein [[Weberbaum]] und die eiserne Speerspitze wog 600&nbsp;Schekel. Sein [[Schildträger]] ging vor ihm her.
|Autor={{B|1 Sam|17|4–7}}}}

Die Beschreibung der Ausrüstung Goliats ist ausdrücklich außergewöhnlich. Während der [[Schuppenpanzer]] einem damaligen ägyptischen Stand der Wehrtechnik entspricht, passen die Angriffswaffen zu den [[Seevölker#Darstellungen in Medinet Habu|Seevölkern]], wie sie mehr als 150 Jahre zuvor von [[Ramses III.]] beschrieben wurden. Allein Beinschienen könnten bis dahin unbekannt gewesen sein. Allerdings passen die bei Samuel beschriebenen körperlichen Merkmale Goliats zu einer [[Akromegalie]], die zusammen mit einer ausgeprägten Fehlsichtigkeit ursächlich für einen untypischen Kampfstil und darauf abgestimmte Ausrüstung gewesen sein kann. Die Ausrüstung Goliats bestand seiner Zeit entsprechend aus [[Bronze]] ({{hbo|נְחֹשֶׁת&lrm;}}). Allein für die Lanzenspitze wird als Material [[Eisen]] ({{hbo|בַּרְזֶל&lrm;}}) angegeben, wie auch die [[Eisenzeit#Levante|Eisenzeit]] in der [[Levante]] bereits begonnen hatte.

[[Datei:Hoplite1.gif|mini|hochkant=0.6|Griechischer Hoplit]]

Bei einigen Wissenschaftlern herrscht allerdings die Ansicht, dass die alttestamentliche Rüstungsbeschreibung kaum etwas mit den Philistern der früheren Zeiten gemeinsam habe. Die erwähnten schweren Rüstungen waren vor dem 7.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. sehr selten, gehörten danach jedoch zum Standard der [[Antikes Griechenland|griechischen]] [[Hoplit]]en. Der alttestamentliche Bericht über Goliat wird daher nach deren Ansicht [[Anachronismus|anachronistisch]] in die biblische Überlieferung gelangt sein und frühestens aus dem 7.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. stammen.<ref>[[Israel Finkelstein]], [[Neil A. Silberman|Neil Asher Silberman]]: ''David und Salomo: Archäologen entschlüsseln einen Mythos.'' Beck, München 2006, ISBN 3-406-54676-5, S.&nbsp;174–175.</ref>

{{B|1 Sam|13|19-20}} berichtet von militärischer Überlegenheit der Philister, die sich auf technische Fortschrittlichkeit und eine gute Ausrüstung gründete (was man lange für historisch zutreffend hielt.<ref>James D. Muhly: ''How Iron Technology Changed the Ancient World and Gave the Philistines a Military Edge.'' In: ''Biblical archaeology review.'' (BAR). Band 8, Nr. 6, 1982, S. 40–52.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Mechthild Lütjen-Podzeit |Titel=Die Pentapolis der Philister. Die Stadt im Alten Israel. Thema rund um die Seevölker |Verlag=GRIN |Ort=München |Datum=2013 |ISBN=978-3-656-38063-4}}</ref> Archäologisch stützen lässt sich diese Darstellung jedoch nicht.<ref>Paula M. McNutt: ''The Forging of Israel: Iron Technology, Symbolism and Tradition in Ancient Society.'' Almond Press, Sheffield 1990, S. 200.</ref><ref>Naama Yahalom-Mack: [https://www.thetorah.com/article/the-history-of-iron-in-ancient-israel ''The History of Iron in Ancient Israel.''] 2021, Auf: ''TheTorah.com''; abgerufen am 18. Januar 2024.</ref>).

{{Belege fehlen||Der folgende Absatz}}

Sie unterhielten kleine Garnisonen an strategisch wichtigen Orten und bewegliche Kommandos, die von philistäischen Basen aus Streifzüge und [[Strafexpedition]]en unternahmen. Dieses System übernahmen sie von den Ägyptern. [[Streitwagen]] und Bogenschützen gewährten den Philistern lange Zeit die Vormacht über die Region. Sie erzwangen Abgaben und erstickten jeden Widerstand im Keim.

Nach biblischer Darstellung (ab 1 Sam 13) trug die Bedrohung durch die sich ausbreitenden Philister und die dadurch notwendige Zentralisation der Regierung wesentlich zur Entstehung des [[König]]tums im vorher hauptsächlich nach Stämmen organisierten Land Israel bei.<ref>{{Internetquelle |autor=Carl Ehrlich |url=https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/philister-2/ch/cd77f0f88720e1449492bb2f7219b745/ |titel=Philister |werk=Wibilex |datum=2007-05 |sprache=de |abruf=2021-10-25}}</ref> Ab der mittleren Königszeit (etwa 9.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.) ist in der Bibel, relativ plötzlich und ohne genaue Erklärung, von den Philistern nur noch ganz vereinzelt die Rede, während andere Nachbarvölker in den Vordergrund rücken.

In {{B|Amos|1|8}} wird dem Volksstamm die endgültige Vernichtung angedroht: „Und ich will die Einwohner aus Aschdod und den, der das Zepter hält, aus Askalon ausrotten und meine Hand wider [[Ekron]] kehren, dass umkommen soll, was von den Philistern noch übrig ist, spricht der HERR“. Das Wirken des Amos ist nur schwer datierbar, es kann grob etwa um 760 v. Chr. angesetzt werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/10045/ |titel=Amos / Amosbuch |datum=2006-09-01 |sprache=de |abruf=2021-10-25}}</ref> 732 v.&nbsp;Chr. wurde der Städtebund durch die Assyrer unter König [[Tiglat-Pileser III.]] unterworfen.

== Nachkommen der Philister ==
Im [[Israelisch-Palästinensischer Konflikt|Israelisch-Palästinensischen Konflikt]] gibt es auf beiden Seiten Meinungen, die die heutigen Palästinenser als Nachfahren der Philister ansehen, wodurch der Konflikt, historisch überhöht, als Fortsetzung des in der Bibel beschriebenen Kampfes der Israeliten und der Philister um die Vorherrschaft im Land dargestellt wird. Historisch ist dies jedoch fragwürdig. Die Philister waren schon Jahrhunderte vor der römischen Eroberung in der kanaanäischen Bevölkerung aufgegangen.
Die Bevölkerung Palästinas bestand bereits vor dem [[Jüdischer Krieg|Jüdischen Krieg]] und der Zerstörung Jerusalems neben Judäern aus verschiedenen anderen Völkerschaften (z.&nbsp;B. [[Idumäer]]), die durch die gemeinsame [[aramäische Sprache]] und die Zugehörigkeit zum Römischen Reich allmählich ihre Eigenart verloren und miteinander verschmolzen.
Die Palästinenser sind Nachkommen dieser Provinzbevölkerung, die nach der arabischen Eroberung allmählich islamisiert wurde, und der zugewanderten [[Araber]]. Andere, insbesondere aus der osmanischen Zeit stammende Einflüsse sind ebenfalls zu berücksichtigen.

== Pseudowissenschaftliche Geschichtsforschung ==
Laut der überaus umstrittenen [[Jürgen Spanuth#Die Atlantis-Theorie von Jürgen Spanuth|Atlantis-Hypothese nach Jürgen Spanuth]] soll das angebliche Heimatland der Philister eine neben [[Helgoland]] (= [[Atlantis]]) gelegene, inzwischen untergegangene Insel (I-[[Kaphtor]] = Südstrand) gewesen sein. Die Schiffstypen mit großem Rahsegel und „Mastkorb“ sowie gebogenen Steven hätten große Ähnlichkeiten mit den Schiffstypen der „Nordvölker“. Aus heutiger Sicht ist dies unsinnig, da es in Nordeuropa zu dieser Zeit zweifelsfrei keine Segelschiffe gab, sondern nur Ruderboote, während es aus dem Mittelmeerraum schon frühere Nachweise von Segeln gibt. Weitere Argumente Spanuths waren die Kunst der Eisenherstellung und die Verwendung von [[Griffzungenschwert]]ern vom Typ Sprockhoff (heute: Naue) IIa durch die Philister. Die Dächer seien durch firstständige Holzsäulen getragen worden, die nach biblischer Geschichte der starke [[Simson]] anhob und so das Haus zum Einsturz brachte. Dieser Haustyp war laut Spanuth nur in den Nordländern verbreitet. Für die fragliche Zeit, also die [[Bronzezeit]], gibt es für diese Behauptung jedoch keinerlei Belege. Kriege durch Zweikampf und nicht durch Schlachten zu entscheiden, war laut Spanuth ein weiteres Kennzeichen der Philister, das u.&nbsp;a. auch den Kampf von [[David]] und [[Goliat]] ermöglicht haben soll.


== Literatur ==
== Literatur ==
* David Ben-Shlomo: ''Decorated Philistine Pottery. An archaeological and archaeometric study.'' BAR Publishing, Oxford 2006, ISBN 978-1-84171-973-3.
* [[Trude Dothan]], [[Moshe Dothan]]: ''Die Philister. Zivilisation und Kultur eines Seevolkes.'' Diederichs, München 1995, ISBN 3-424-01233-5 (Originaltitel: ''People of the Sea.'' Übersetzt von Christiane Landgrebe).
* David Ben-Shlomo u. a.: ''Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers.'' In: ''Bulletin of the American Schools of Oriental Research.'' (BASOR) Band 335, 2004, S. 1–35
* [[Carl S. Ehrlich|Carl Stephan Ehrlich]]: ''The Philistines in Transition. A History of the Philistines from ca. 1000–730 B.C.E.'' (= ''Studies in the History and Culture of the Ancient Near East.'' Band 10). Brill, Leiden / New York 1996, ISBN 90-04-10426-7. (englisch, zugleich Dissertation Harvard University, Cambridge (MA) 1991).
* David Ben-Shlomo: [https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/143027/1/Ben-Shlomo_2010_Philistine_Iconography.pdf ''Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism'']. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3.
* [[Karl Jaroš]]: ''Kanaan, Israel, Palästina. Ein Gang durch die Geschichte des Heiligen Landes'' (= ''Kulturgeschichte der antiken Welt.'' Band 51). von Zabern, Mainz 1992, ISBN 3-8053-1345-4.
* David Ben-Shlomo: [https://www.researchgate.net/publication/330501206_Change_Continuity_and_Connectivity ''Pottery and Terracottas in Philistia during the Early Iron Age: Aspects of Change and Continuity.''] In: Łukasz Niesiołowski-Spanò, Marek Węcowski (Hrsg.): ''Change, Continuity, and Connectivity. North-Eastern Mediterranean at the turn of the Bronze Age and in the early Iron Age.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2018.
* Ann E. Killebrew: ''Biblical Peoples and Ethnicity. An Archaeological Study of Egyptians, Canaanites, Philistines, and early Israel, 1300–1100 B.C.E.'' Society of Biblical Literature, Atlanta 2005, ISBN 1-58983-097-0.
* Trude Dothan: ''The Philistines and their Material Culture''. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 978-0-300-02258-2.
* [[Benjamin Mazar]]: ''The Philistines.'' In: Benjamin Mazar (Hrsg.): ''The World History of the Jewish People'' (= ''The world history of the Jewish people.'' First series ''Ancient times.'' Band 3: ''Judges.''). W. H. Allen, London/ Jerusalem 1971, ISBN 0-491-00712-4, S. 164–179 und 324–325.
* Seymour Gitin: ''Philistia in the Late Iron Age II: The Development of the Ceramic Assemblage.'' In: Zev I. Farber, Jacob L. Wright (Hrsg.): ''Archaeology and History of Eighth-Century Judah.'' SBL Press, Atlanta 2018. ([https://www.sbl-site.org/assets/pdfs/pubs/9780884143482_OA.pdf Volltext als PDF, 36,8 MB]).
* [[Edward Noort]]: ''Die Seevölker in Palästina'' (= ''Palaestina antiqua.'' Neue Serie. Band 8). Kok Pharos Publishing House/ Peeters Publishers, Kampen (NL) / Wilsele (BE) 1994, ISBN 90-390-0012-3.
* Ephraim Stern: ''The Material Culture of the Northern Sea Peoples in Israel.'' Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2013, ISBN 978-1-57506-946-3.
* [[Israel Finkelstein]]: ''Is the Philistine Paradigm Still Viable?'' In: [[Manfred Bietak]], Ernst Czerny (Hrsg.): ''The Synchronisation of Civilisations in the Eastern Mediterranean in the Second Millennium B.C. III: proceedings of the SCIEM 2000 - 2nd EuroConference Vienna, 28th of May-1st of June 2004'' (= ''Contributions to the chronology of the Eastern Mediterranean.'' Band 9/ ''Denkschriften der Gesamtakademie.'' Band 37). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2007, ISBN 978-3-7001-3527-2, S. 517–524 ([https://www.academia.edu/1070463/Is_the_Philistine_Paradigm_Still_Viable Volltext als PDF]).


== Weblinks ==
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* {{Internetquelle
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 5. März 2024, 14:54 Uhr

Die Keramik der Philister gehört zu den charakteristischsten Merkmalen ihrer materiellen Kultur. Sie spielt auch in der Archäologie des historischen Palästina eine wichtige Rolle, da sie hilfreich für die Datierung archäologischer Stätten ist und für ihre Zuordnung zu den unterschiedlichen Volksgruppen Palästinas. Die philistäische Keramik lässt sich grob untergliedern in Gebrauchskeramik und kultische Keramik.

Gebrauchskeramik

Die Keramik der Philister ist sowohl in Form als auch in Verzierung zunächst nah verwandt nicht mit der angestammten Keramik des alten Palästina, sondern mit der mykenischen Keramik. Funde aus der Spätbronzezeit (bis 13. Jhd.) wurden vor allem vom griechischen Peloponnes importiert;[1][2] ab dem 12. Jhd. wurden sie aber zunehmend auch in Palästina selbst hergestellt. Als am nächsten verwandter Vorläufer gilt die „späthelladische Keramik IIIB“.[3] Die früheste philistäische, bereits überwiegend in der Levante produzierte Keramik, die man wegen der einfarbigen Verzierung „monochrome“ Keramik (oder „philistäisch 1“) nennt, ist eine regionale Variante der späthelladischen Keramik IIIC.[3] Aus dieser entwickelt sich die „bichrome“ oder „polychrome Keramik“ (auch: „philistäisch 2“), die sowohl mit Rot als auch mit Schwarz bemalt ist und Einflüsse sowohl von Kanaanäern als auch von Ägyptern aufnahm.[4] Noch später folgt darauf die sog. „Aschdod-Ware“ (auch „LPDW“ für „Late Philistine Decorated Ware“, oder: „philistäisch 3“), die man am leichtesten am typischen waagerechten schwarzen oder schwarz-weißen Band erkennt[5] und die besonders von der zypro-phönizischen Keramik beeinflusst ist.[6]

Eine übliche Datierung ist:[7][8]

monochrom bichrom Aschdod-Ware
12. Jhd. Mitte 12.[9] bis 10. Jhd. 10. bis 8. Jhd.

Monochrome und bichrome Keramik ist d. Ö. figural gestaltet. Die häufigsten Motive sind Vögel und Fische sowie – aus dem ägyptischen Kulturkreis übernommen – die Lotosblume,[10] daneben abstrakte Spiralen und ein Fischschuppen-Muster.[11] Darin unterscheidet sie sich von der früheren späthelladischen Keramik im mykenischen Kulturkreis, bei der Vögel und Fische nur zwei von vielen figürlichen Motiven sind, und von der zeitgleich produzierten mykenischen Keramik, bei der ab dem 12. Jhd. der Oktopus alle anderen Motive verdrängt.[12] In der Formgebung ist philistäische Keramik also am engsten in der früheren Zeit mit der mykenischen verwandt, motivisch hat sie sich schon mit dem Aufkommen in der Levante von dieser gelöst.

Im Laufe der Zeit nähert sie sich in Palästina in der Form immer mehr der kanaanäisch-israelitischen Keramik an,[13] zunehmend löst auch rötlicher Schlicker den klassischen hellen Farbton ab, und nach dem Aufkommen der bichromen Keramik lässt die figurale Gestaltung zugunsten simplerer Verzierungen nach. Ab dem frühen 7. Jhd. lässt sich in der ästhetischen Gestaltung kein großer Unterschied mehr zwischen diesen beiden Keramik-Gruppen feststellen; nun lässt sich philistäische Keramik nur noch an einigen charakteristischen Formen erkennen.[14][15]

Am häufigsten produziert wurde Tafelgeschirr, das für Trinkgelage verwendet wurde. Oben abgebildet sind beispielsweise ein Krater zum Mixen von Wein und ein Bierkrug. Damit zeugt die philistäische Keramik wahrscheinlich nicht nur von einer unterschiedlichen materiellen Kultur, sondern auch von anderen kulturellen Gebräuchen als im kanaanäischen Umland, bei denen Trinkgelage eine wichtigere Rolle spielten als dort. Ab der bichromen Phase erscheinen kleinere Mengen an philistäischer Keramik aber auch in klar kanaanäischen Orten, woraus besonders Avraham Faust geschlossen hat, dass „kanaanäische Eliten“ die philistäischen Trinkgelage übernommen hätten.[16] Für die Zuordnung von Ausgrabungsstätten zu den Philistern ist daher ab dem 11. Jhd. philistäisches Tafelgeschirr nur eingeschränkt aussagekräftig; ein stärkeres Indiz ist stattdessen philistäisches Kochgeschirr wie der oben abgebildete Koch-Krug, der von den Philistern anstelle des kanaanäischen Kochtopfes verwendet wurde und auch von einer anderen Esskultur zeugt.

Kultische Keramik

Weiterhin charakteristisch für die Keramik der Philister sind Terrakotta-Figürchen. Oben abgebildet sind Ausgrabungsfunde aus Tanagra in Griechenland; fast alle Figuren haben aber exakte Parallelen im philistäischen Israel: Belegt sind (1) Tierfigürchen – besonders Ochsen –, (2) menschliche Gestalten mit erhobenen Händen, die man nach dem griechischen Buchstaben „Psi-Figurine“ nennt, und (3) Stuhlfiguren, bei denen in Palästina häufig die Lehne in einen menschlichen Hals und Kopf übergeht und die „Aschdoda“ genannt werden. Trude Dothan hält Letztere für eine schematische Darstellung einer sitzenden Göttin.[17]

Auch Gefäße können figürlich gestaltet sein. So sind Trinkgefäße bisweilen nicht bemalt, sondern mit Löwenkopf-Ornamenten verziert.[18] Noch näher an getöpferten Figürchen stehen sog. „zoomorphe“ und „anthropomorphe Gefäße“, die vollständig als Ochse, Igel, Pferd, Vogel oder Mensch gestaltet sind.[19] Weil sie auch in Tempeln und als Grabbeigaben gefunden wurden, vermutet man oft eine kultische Verwendung; Ben-Shlomo etwa denkt, sie seien Gefäße für Trankopfer, bei denen aus diesen Gefäßen Flüssigkeiten für die Götter ausgegossen wurden.[20] Offensichtlich kultisch verwendet wurden schließlich Kultständer, Schreinmodelle, Lehmaltäre und Naoi. Der Kultständer aus Tell Qasile wurde in einem Tempel gefunden, die über 100 Schreinmodelle aus Javne[21] sowie ein Lehmaltar[22] und ein Naos[23] wie die beiden oben abgebildeten in einer gewiss zu einem Tempel gehörenden Favissa – aber zum Beispiel der berühmte „Musikanten-Ständer“ aus Aschdod scheint im privaten Kult zu Hause und zwei Lehmaltäre aus Aschkelon und Ekron bei einer Ölpresse und in einem städtischen Lagerhaus verwendet worden zu sein.[24][25] Aus Weihrauch-Resten kann man darauf schließen, dass auf den Kultständern und Lehmaltären Gottheiten Weihrauch dargebracht wurde. Naoi waren portable Tempelchen für Götterfigürchen,[26] in denen man sich Gottheiten ebenso präsent dachte wie in großen Tempeln. Die Funktion der Schreinmodelle dagegen ist noch nicht klar.[27]

Herkunft

Vorläufer des philistäischen Tafelgeschirrs findet man im ganzen mykenischen Kulturkreis, besonders aber auf Zypern;[28] das Vogel-Motiv hat seine engsten Parallelen auf Kreta,[29] die Figuren entsprechen genau solchen, die auch auf dem griechischen Festland gefunden wurden, die löwenköpfigen Gefäße sind wohl nach anatolischen Vorbildern gestaltet,[30] die Schreinmodelle und Lehmaltäre haben sehr nahe Parallelen bei den Kanaanäern der Jesreelebene und Naoi wie die philistäischen wurden in ganz Palästina gefunden. Es ist daher nicht möglich, von der philistäischen Töpferei auf ihre Herkunft zu schließen; stattdessen zeugt so auch die Keramikkunst der Philister vom Mischvolkcharakter der Seevölker.

Literatur

  • David Ben-Shlomo: Decorated Philistine Pottery. An archaeological and archaeometric study. BAR Publishing, Oxford 2006, ISBN 978-1-84171-973-3.
  • David Ben-Shlomo u. a.: Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. (BASOR) Band 335, 2004, S. 1–35
  • David Ben-Shlomo: Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3.
  • David Ben-Shlomo: Pottery and Terracottas in Philistia during the Early Iron Age: Aspects of Change and Continuity. In: Łukasz Niesiołowski-Spanò, Marek Węcowski (Hrsg.): Change, Continuity, and Connectivity. North-Eastern Mediterranean at the turn of the Bronze Age and in the early Iron Age. Harrassowitz, Wiesbaden 2018.
  • Trude Dothan: The Philistines and their Material Culture. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 978-0-300-02258-2.
  • Seymour Gitin: Philistia in the Late Iron Age II: The Development of the Ceramic Assemblage. In: Zev I. Farber, Jacob L. Wright (Hrsg.): Archaeology and History of Eighth-Century Judah. SBL Press, Atlanta 2018. (Volltext als PDF, 36,8 MB).
  • Ephraim Stern: The Material Culture of the Northern Sea Peoples in Israel. Eisenbrauns, Winona Lake (Ind) 2013, ISBN 978-1-57506-946-3.
Commons: Keramik der Philister – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. H. Mommsen u. a. (2005): The Origin of Aegean-like Pottery from the Western Negev and northern Sinai by Neutron Activation Analysis. In: M. I. Prudencio u. a. (Hrsg.): Understanding People through their Pottery. Instituto Português de Arquelogia, Lisbon 2005.
  2. David Ben-Shlomo u. a. (2008): Neutron activation and petrographic analysis of selected Late Bronze and Iron Age pottery from Tell es-Safi/Gath, Israel. In: Journal of Archaeological Science. Band 35, 2008, S. 956–964, hier 963.
  3. a b Jonathon Wylie, Daniel Master: The Conditions for Philistine Ethnogenesis. In: Ägypten und Levante. Band 30, 2020, S. 547–568, hier 550 f.
  4. Vgl. Bryan J. Stone: The Philistines and Acculturation: Culture Change and Ethnic Continuity in the Iron Age. In: Bulletin of the Americal Schools of Oriental Research. Band 298, 1995. S. 7–32, hier 19.
  5. Für Beispiele siehe: Levantine Ceramics Project. Auf: levantineceramics.org
  6. David Ben-Shlomo u. a.: Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. (BASOR). Band 335, 2004, S. 1–35, hier 2.
  7. Nach: David Ben-Shlomo (2010): Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 22.
  8. Zur LDPW vgl. noch Aren M. Maeir, Itzhaq Shai (2015): The Origins of Late Philistine Decorated Ware: A Note. In: Tel Aviv. Band 42, Nr. 1, 2015, S. 59–66.
  9. Vgl. zu diesem umstrittenen Datum z. B. über Radiokarbon-Daten aus Aschkelon, Gat und Geser: Lynelle C. Webster u. a. (2023): The chronology of Gezer from the end of the late bronze age to iron age II: A meeting point for radiocarbon, archaeology egyptology and the Bible. In: PloS ONE. Band 18, Nr. 11, 2023.
    über Radiokarbon-Daten aus Qubur al-Walayida und Rehov: Yotam Asscher / Elisabetta Boaretto (2019): Absolute Time Ranges in the Plateau of the Late Bronze to Iron Age Transition and the Appearance of Bichrome Pottery in Canaan, Southern Levant. In: Radiocarbon. Band 61, Nr. 1, 2019, S. 13–37.
  10. Für ein Bsp. für Letzteres s. Shirly Ben-Dor Evian (2017): Ramesses III and the ‚Sea Peoples‘: Towards a New Philistine Paradigm. In: Oxford Journal of Archaeology. Band 36, Nr. 3, 2017, S. 267–285, hier 272.
  11. Trude Dothan: The Philistines and their Material Culture. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 205–207.210.
  12. Linda G. Meiberg (2011): Figural Motifs on Philistine Pottery and their Connections to the Aegean World, Cyprus and Coastal Anatolia. Dissertation, 2011, S. 46.
  13. David Ben-Shlomo (2018): Pottery and Terracottas in Philistia during the Early Iron Age: Aspects of Change and Continuity. In: Łukasz Niesiołowski-Spanò, Marek Węcowski (Hrsg.): Change, Continuity, and Connectivity. North-Eastern Mediterranean at the turn of the Bronze Age and in the early Iron Age. Harrassowitz, Wiesbaden 2018, S. 142.
  14. David Ben-Shlomo u. a.: Late Philistine Decorated Ware („Ashdod Ware“): Typology, Chronology, and Production Centers. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. (BASOR). Band 335, 2004, S. 1–35, hier 19.
  15. Seymour Gitin: Philistia in the Late Iron Age II: The Development of the Ceramic Assemblage. In: Zev I. Farber, Jacob L. Wright (Hrsg.): Archaeology and History of Eighth-Century Judah. SBL Press, Atlanta 2018. (PDF, 36,8 MB).
  16. Z.B. Avraham Faust (2015): Pottery and Society in Iron Age Philistia: Feasting, Identity, Economy and Gender. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. (BASOR). 2015, Band 373, S. 167–198, hier 176–178.
  17. Trude Dothan: The Philistines and their Material Culture. Israel Exploration Society, Jerusalem 1982, ISBN 0-300-02258-1, S. 234.
  18. Für Beispiele s. Linda Meiberg (2013): Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian? In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology. Society of Biblical Literature, Atlanta 2013, ISBN 978-1-58983-762-1.
  19. Für weitere Beispiele s. David Ben-Shlomo (2008): Zoomorphic Vessels from Tel Miqne-Ekron and the Different Styles of Philistine Pottery. In: Israel Exploration Journal. (IEJ). Band 58, Nr. 1, 2008, S. 24–47.
  20. David Ben-Shlomo (2010): Philistine Iconography: A Wealth of Style and Symbolism. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54360-3, S. 105.
  21. Abbildungen in: Raz Kletter u. a. (2010): Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plates 8–116.
  22. Abbildung in: Raz Kletter u. a. (2010): Yavneh I: The Excavation of the ‚Temple Hill‘ Repository Pit and the Cult Stands. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2010, ISBN 978-3-525-54361-0, Plate 162.
  23. Abbildung in: Raz Kletter u. a. (2015): Yavneh II: The ‚Temple Hill‘ Repository Pit. Academic Press / Vandenhoeck & Ruprecht, Fribourg / Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-54400-6, Plate 3.
  24. Vgl. Felix Hagemeyer: Aschdod und Jerusalem. Eine archäologische und exegetische Untersuchung zu den Beziehungen von südpalästinischer Küstenebene und judäischem Bergland. Mohr Siebeck, Tübingen 2022, ISBN 978-3-16-162332-5, S. 59.
  25. Federica Spagnoli (2015): In the nostrils of God: stone incense altars in Phoenician cult contexts. In: Anne-Marie M. Afeiche (Hrsg.): Cult and ritual on the Levantine coast and its impact on the eastern Mediterranean realm. Proceedings of the international symposium, Beirut 2012. Ministère de la culture, Beyrouth 2015, S. 216.
  26. Daniel O. McClellan (2021): Forming divine bodies in the Hebrew Bible. In: Francesca Stavrakopoulou (Hrsg.): Life and Death. Social Perspectives on Biblical Bodies. Bloomsbury Publishing, London 2021, S. 178.
  27. Für einige Vorschläge in der Forschung s. Raz Kletter u. a. (2006): Cult Stands of the Philistines. A Genizah from Yavneh. In: Near Eastern Archaeology. (NEA). Band 69, Nr. 3–4, 2006, S. 146–159, hier 150 f.
  28. Ann E. Killebrew (2000): Aegean-Style Early Philistine Pottery in Canaan During the Iron I Age: A Stylistic Analysis of Mycenaean IIIC:1b Pottery and Its Associated Wares. In: Eliezer D. Oren (Hrsg.): The Sea Peoples and Their World: A Reassessment. The University Museum, Philadelphia 2000, ISBN 0-924171-80-4, S. 243.
  29. Linda G. Meiberg (2018): Decorative Motifs on Philistine Pottery and their Connections to Crete. In: Ägypten und Altes Testament. Band 90, 2018, S. 322–335.
  30. Linda Meiberg (2013): Philistine Lion-Headed Cups: Aegean or Anatolian? In: Ann E. Killebrew, Gunnar Lehmann (Hrsg.): The Philistines and Other „Sea Peoples“ in Text and Archaeology. Society of Biblical Literature, Atlanta 2013.