Hybridkühlturm

Nahaufnahme des Hybridkühlturms des Kraftwerksblocks Altbach 2
Kraftwerk Altbach/Deizisau 1 mit Hybridkühlturm
Kraftwerk Altbach/Deizisau 1 mit Hybridkühlturm
Kernkraftwerk Neckarwestheim 2 mit Hybridkühlturm

Ein Hybridkühlturm ist die Bauform eines Kühlturms, welche die Vorteile von Nass- und Trockenkühltürmen in sich vereint. Die Kondensationswärme wird über einen Kreislauf durch den Kühlturm an die Umgebung abgeführt. Durch die Trockenkühlung werden die austretenden Schwaden stark minimiert.

Aufbau

Der Hybridkühlturm ist zweigeschossig in einer zylindrischen Form mit kegelstumpfförmigen Schlot aufgebaut. Im unteren Teil des Hybridkühlturmes befindet sich die Nassteilebene mit klassischen Kühleinbauten wie Kühleinbau aus Kunststoff, Wasserverteilung mit Sprüharmaturen und der Tropfenfang. Die obere Ebene des Hybridkühlturmes, der sogenannte Trockenteil, dient ausschließlich der Schwadentrocknung und trägt nur einen kleinen Teil zur Gesamtkühlleistung des Hybridkühlturmes bei.

Nassteil

Der Nassteil des Hybridkühlturms besteht aus Wasserverteilung, Kühleinbauten und Tropfenfang. Das von den Hauptkühlwasserpumpen geförderte, warme Kühlwasser gelangt über den oder die Steigeschächte in die Wasserverteilungsebene und wird dort verrieselt. Ventilatoren fördern kalte Luft in das Innere des Kühlturmes und sorgen somit für eine Abkühlung (Verdunstung und Konvektion) des herabregnenden Kühlwassers. Bei An- und Abfahrvorgängen, sowie bei Schwachlastbetrieb im Winter kann der Kühleinbau über den 100%-Bypass umfahren werden. Auf der Saugseite wie auch hinter dem Tropfenfang sind Schallkulissen angebracht um die Schallemissionen zu reduzieren. Der Nassteil eines Hybridkühlturmes entspricht der klassischen Bauweise eines gewöhnlichen Naturzug- oder Zellenkühlturmes.

Trockenteil

Im Trockenteil des Hybridkühlturmes (obere Ebene) sind Wärmeübertragerpakete (Rippenrohrbündel) angeordnet. Diese werden mit warmen Kühlwasser (ca. 20 % des Hauptkühlwassermassenstromes), welches direkt mit Pumpen dem Steigeschacht entnommen wird, durchströmt. Die Ventilatoren des Trockenteiles saugen kalte Luft von außen ein. Diese Luft wird durch die Rippenrohrbündel geleitet, erwärmt und in den oberen Bereich des Kühlturmes eingeblasen. Durch die Zuführung der warmen Luft, wird der feuchte, gesättigte Kühlturmschwaden getrocknet. Das heißt, die Zufuhr der warmen Luft sorgt für eine Verschiebung des Sättigungspunktes in den ungesättigten Bereich und der sichtbare Kühlturmschwaden verschwindet. Das durch die Rippenrohrbündel des Trockenteiles geleitete Kühlwasser wird in den Nassbereich geleitet und dort ebenfalls verrieselt. Da die Elemente des Trockenteiles im Kraftschluss betrieben werden, müssen aus der oberen Wasserkammer Luft und Inertgase von Evakuierungspumpen abgesaugt werden. Um einen guten Wärmeübergang auf der Wasserseite zu gewährleisten, werden die Rohre, wie auch im Kondensator, kontinuierlich durch Schwammgummikugeln (Taproggeanlage) gereinigt.

Betriebsweise

Die polumschaltbaren Antriebe der Ventilatoren ermöglichen eine Zweistufenschaltung für den Luftdurchsatz durch den Nass- und Trockenteil. Wenn die Untere im Nassbetrieb arbeitet und die Obere noch dazu kommt, ist der Hybridbetrieb aktiv. Die reduzierte Ventilatorleistung (2/3 Drehzahl) wird bei thermischer Schwachlast, insbesondere im Winter, eingesetzt. Neuere Antriebe werden mit Frequenzumrichter angesteuert. Unter Beachtung des Außenluftzustandes und verschiedener Kühlwassertemperaturen führt das Automatikprogramm den Kühlturm über verschiedene Zwischenstufen in den angewählten Betriebszustand. Abhängig davon, ob die Umgebungstemperatur ober- und unterhalb von 5 °C liegt, unterscheidet das Automatikprogramm Sommer- und Winterbetrieb. Es besteht ferner die Möglichkeit, die Ventilatorlaufrinne bei Bedarf abzutauen. Dies geschieht durch gezielte Außerbetriebnahme des betreffenden Ventilators, der warme Luftstrom des Kühlturms drückt nun am Laufring nach außen.

Meist wird bei Dunkelheit nass, am Tage bzw. bei Einbruch der Morgendämmerung trocken gefahren.

Vor- und Nachteile

Vorteile

  • Geringe Bauhöhe (ca. 50–65 Meter) gegenüber einem Naturzug-Nasskühlturm (100–200 Meter)
  • Vermeidung von Dampfschwaden und der damit verbundenen Veränderung des Mikroklimas
  • Optimierung der Kaltwassertemperatur und des Kondensatordruckes für reine Nassfahrweise
  • Kühlturm in Rundbauweise, zur Erzeugung einer kompakten Schwadensäule mit hoher Austrittsgeschwindigkeit liegt je nach Größe ca. 6 m/s bei Nassbetrieb, 11 m/s bei Hybridbetrieb
  • Anteil der Trockenkühlleistung: 20 %
  • Kraftschlusssystem für den Trockenteil zur Minimierung der Pumpenenergie
  • gute Durchmischung beider Kühlströme
  • Schallschutz des Kühlturms für 28 dB in 550 m Entfernung bei Nassbetrieb

Nachteile

  • Zusätzlicher Energiebedarf.

Der Hybridkühlturm des 1730 MW Kohlekraftwerks Moorburg - Blöcke 1 & 2 - (Baujahr 2011) benötigt ca. 10 MWe Leistung.

Der Hybridkühlturm des 1300 MW Kernkraftwerks Neckarwestheim - Block 2 - (Baujahr 1982) benötigt ca. 25 MWe Leistung.

  • Größere Grundfläche.

Ein Hybridkühlturm für ein 1300-MW-Kernkraftwerk hat einen Basisdurchmesser von rund 160 Metern. Dies sind rund 40 Meter mehr gegenüber einem Naturzug-Nasskühlturm.

Verbreitung

Hybridkühltürme sind bisher nur wenig verbreitet. Als erste Kraftwerke in Deutschland wurden das Kraftwerk Altbach/Deizisau sowie der Block 2 des Kernkraftwerks Neckarwestheim mit Hybridkühltürmen ausgerüstet.

Das sich im Bau befindliche Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg[1] erhält ebenfalls einen Hybridkühlturm.

RWE plant, den beabsichtigten Neubau des Blockes BoAplus im Kraftwerk Niederaußem mit einem Hybridkühlturm auszurüsten.[2]

Die geplanten, jedoch derzeit sistierten Neubauten der schweizerischen Kernkraftwerke Niederamt, Beznau 3 und Mühleberg 2 sollten ebenfalls Hybridkühltürme erhalten.[3]

Bei den Bergwerken der RAG an Rhein und Ruhr wurden teilweise Hybridkühltürme in Kombination mit Zellenkühlern für die Kühlleistung zur Bewetterung eingesetzt.

Brennstoff Kraftwerke mit Hybridkühlturm
Steinkohle Kohlekraftwerk Moorburg
Steinkohle Kraftwerk Altbach/Deizisau
Braunkohle Kraftwerk Niederaußem (Planung Neubau Block BoA plus)
Uran Kernkraftwerk Neckarwestheim

Einzelnachweise

  1. Hybrid-Kühlturm für Moorburg genehmigt! Behörde für Stadtentwicklung der Stadt Hamburg, 23. Dezember 2010, abgerufen am 22. Mai 2012.
  2. BoAplus bleibt cool mit neuer Kühlturmtechnik. RWE, abgerufen am 22. Mai 2012.
  3. Axpo und BKW planen Ersatz für Beznau und Mühleberg