„Hubertus Knabe“ – Versionsunterschied

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An sein Buch ''[[Die Täter sind unter uns]]'' (2007) anknüpfend, in dem er auf die Gefahr einer Verdrängung und Verklärung der sich immer weiter verflüchtigenden DDR-Geschichte bei einem gleichzeitig von ihm konstatierten Überleben von Stasi- und SED-Strukturen in anderen Organisationen hinwies, präzisierte Knabe 2009 seine Thesen in seinem Werk ''Honeckers Erben''. Während Günter Hellmich das Buch in einer [[Deutschlandfunk]]-Rezension als „Munitionsdepot für Diejenigen, die sich in den kommenden Wahlkämpfen mit der Linkspartei – nach Art bekannter Roter-Socken-Kampagnen auseinandersetzen wollen“, kritisiert,<ref>Günter Hellmich: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/935638/ ''„Weil diese Geschichte eben noch dampft“''.] Deutschlandfunk, 19.&nbsp;März 2009; Rezension des Buchs ''Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE''.</ref> sieht Sebastian Klinge in Knabes Darstellung das Symptom einer Diskussion aus dem Jahre 2009 über die [[Latenz]] der DDR und deren Historie, die er [[Neologismus|neologistisch]] verarbeite. So adaptiere er den Anfang aus dem [[Kommunistisches Manifest|Kommunistischen Manifest]] über das in Europa umgehende Gespenst des Kommunismus auf die Partei [[Die Linke]] des Jahres 2009, die durch ihre ständigen Umbenennungen ihre Spuren verwischt habe und deshalb das [[Trojanisches Pferd|Trojanische Pferd]] der alten [[SED]]-Kader sei.<ref>Sebastian Klinge: ''1989 und wir: Geschichtspolitik und Erinnerungskultur nach dem Mauerfall.'' [[Transcript Verlag]], 2015. S. 143f.</ref>
An sein Buch ''[[Die Täter sind unter uns]]'' (2007) anknüpfend, in dem er auf die Gefahr einer Verdrängung und Verklärung der sich immer weiter verflüchtigenden DDR-Geschichte bei einem gleichzeitig von ihm konstatierten Überleben von Stasi- und SED-Strukturen in anderen Organisationen hinwies, präzisierte Knabe 2009 seine Thesen in seinem Werk ''Honeckers Erben''. Während Günter Hellmich das Buch in einer [[Deutschlandfunk]]-Rezension als „Munitionsdepot für Diejenigen, die sich in den kommenden Wahlkämpfen mit der Linkspartei – nach Art bekannter Roter-Socken-Kampagnen auseinandersetzen wollen“, kritisiert,<ref>Günter Hellmich: [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/935638/ ''„Weil diese Geschichte eben noch dampft“''.] Deutschlandfunk, 19.&nbsp;März 2009; Rezension des Buchs ''Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE''.</ref> sieht Sebastian Klinge in Knabes Darstellung das Symptom einer Diskussion aus dem Jahre 2009 über die [[Latenz]] der DDR und deren Historie, die er [[Neologismus|neologistisch]] verarbeite. So adaptiere er den Anfang aus dem [[Kommunistisches Manifest|Kommunistischen Manifest]] über das in Europa umgehende Gespenst des Kommunismus auf die Partei [[Die Linke]] des Jahres 2009, die durch ihre ständigen Umbenennungen ihre Spuren verwischt habe und deshalb das [[Trojanisches Pferd|Trojanische Pferd]] der alten [[SED]]-Kader sei.<ref>Sebastian Klinge: ''1989 und wir: Geschichtspolitik und Erinnerungskultur nach dem Mauerfall.'' [[Transcript Verlag]], 2015. S. 143f.</ref>


Nach Dirk Becker ist Knake "bei aller Zuspitzung und gelegentlichen Polemik ... eine wichtige [Stimme] in der Diskussion um die DDR-Vergangenheit."<ref>[http://www.pnn.de/potsdam-kultur/190195/ ''Honeckers Erben im Visier''.] In: ''[[Potsdamer Neueste Nachrichten]]'', 25. Juni 2009.</ref> Christoph Klessmann wirft Knabe in einem Artikel in der Zeit "missionarischen Eifer" vor.<ref>[http://www.zeit.de/2007/26/P-Knabe ''Der milde Umgang mit den Tätern''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 26/2007; Rezension des Buchs ''Die Täter sind unter uns''.</ref> Mechthild Küpper kritisiert, dass Knabe in seiner Darstellung von Mitgliedern der Partei ''[[Die Linke]]'' die {{"|[[Stasi-Unterlagen|IM-Akte]] zum einzigen Werturteil}} erhebe und vernachlässige, {{"|wie sich die Menschen seitdem zu ihrer Vergangenheit verhalten haben und was sie seitdem geleistet haben}}.<ref>Vgl. Mechthild Küpper: ''Rezension zu „Honeckers Erben“''. In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 14. Juli 2009. Siehe hierzu [http://www.perlentaucher.de/buch/31921.html Rezensionsnotiz] auf [[Perlentaucher.de]].</ref>
Nach Dirk Becker ist Knabe "bei aller Zuspitzung und gelegentlichen Polemik ... eine wichtige [Stimme] in der Diskussion um die DDR-Vergangenheit."<ref>[http://www.pnn.de/potsdam-kultur/190195/ ''Honeckers Erben im Visier''.] In: ''[[Potsdamer Neueste Nachrichten]]'', 25. Juni 2009.</ref> Christoph Klessmann wirft Knabe in einem Artikel in der Zeit "missionarischen Eifer" vor.<ref>[http://www.zeit.de/2007/26/P-Knabe ''Der milde Umgang mit den Tätern''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 26/2007; Rezension des Buchs ''Die Täter sind unter uns''.</ref> Mechthild Küpper kritisiert, dass Knabe in seiner Darstellung von Mitgliedern der Partei ''[[Die Linke]]'' die {{"|[[Stasi-Unterlagen|IM-Akte]] zum einzigen Werturteil}} erhebe und vernachlässige, {{"|wie sich die Menschen seitdem zu ihrer Vergangenheit verhalten haben und was sie seitdem geleistet haben}}.<ref>Vgl. Mechthild Küpper: ''Rezension zu „Honeckers Erben“''. In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 14. Juli 2009. Siehe hierzu [http://www.perlentaucher.de/buch/31921.html Rezensionsnotiz] auf [[Perlentaucher.de]].</ref>


Der Soziologe [[Urs Müller-Plantenberg]] lastete Knabe an, er stütze sich fast ausschließlich auf Spitzelberichte der informellen Mitarbeiter (IM) und interne Protokolle der Stasi und unterziehe seine Quellen keiner ausreichenden Kritik.<ref>[[Urs Müller-Plantenberg]]: [http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/die-quellen-des-hubertus-knabe/ ''Die Quellen des Hubertus Knabe''.] taz-online, 18. Juli 2009.</ref> [[Günther Heydemann]], Direktor des [[Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung|Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung]], hält Knabes Darstellungen der Auslandsaktivitäten des [[MfS]], speziell in der Bundesrepublik,<ref>Hubertus Knabe: ''Der diskrete Charme der DDR. Stasi und die Westmedien''. Berlin 2001.</ref> für einseitig und [[Quellenkritik|quellenkritisch]] unhaltbar.<ref>Günther Heydemann: ''Die Innenpolitik der DDR'' (=[[Enzyklopädie deutscher Geschichte|EdG Band 66]]). München 2003, S. 85.</ref>
Der Soziologe [[Urs Müller-Plantenberg]] lastete Knabe an, er stütze sich fast ausschließlich auf Spitzelberichte der informellen Mitarbeiter (IM) und interne Protokolle der Stasi und unterziehe seine Quellen keiner ausreichenden Kritik.<ref>[[Urs Müller-Plantenberg]]: [http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/die-quellen-des-hubertus-knabe/ ''Die Quellen des Hubertus Knabe''.] taz-online, 18. Juli 2009.</ref> [[Günther Heydemann]], Direktor des [[Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung|Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung]], hält Knabes Darstellungen der Auslandsaktivitäten des [[MfS]], speziell in der Bundesrepublik,<ref>Hubertus Knabe: ''Der diskrete Charme der DDR. Stasi und die Westmedien''. Berlin 2001.</ref> für einseitig und [[Quellenkritik|quellenkritisch]] unhaltbar.<ref>Günther Heydemann: ''Die Innenpolitik der DDR'' (=[[Enzyklopädie deutscher Geschichte|EdG Band 66]]). München 2003, S. 85.</ref>

Version vom 27. Dezember 2017, 17:16 Uhr

Hubertus Knabe (2009)

Hubertus Wilhelm Knabe-Buche (* 1959 in Unna) ist ein deutscher Historiker und Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Seine Veröffentlichungen widmen sich der Westarbeit der DDR-Staatssicherheit, den Oppositionsbewegungen im Ostblock, der ostdeutschen Nachkriegsgeschichte sowie der Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Leben

Knabe wuchs in Mülheim an der Ruhr auf und machte dort 1978 Abitur. Sein Vater ist der christlich orientierte Grünen-Mitbegründer und Forstwissenschaftler Wilhelm Knabe. Vater und Mutter flohen 1959 aus der DDR.

Auch Hubertus Knabe engagierte sich bei den Grünen und in der Friedensbewegung. In Bremen gründete er 1978 ein Komitee für die Freilassung des DDR-Dissidenten Rudolf Bahro. Während einer Besuchsreise in die DDR lernte er dort 1979 seine spätere Frau kennen. 1981 durfte diese in die Bundesrepublik ausreisen. Von 1980 bis 1987 war ihm die Einreise in die DDR verboten, da er verbotene politische Literatur eingeschleust hatte. Ein Freund und Vertrauter des Paares, ein Pfarrer, der als inoffizieller Mitarbeiter für die Staatssicherheit arbeitete,[1] erhielt sie von einem Diplomaten und informierte das Ministerium für Staatssicherheit (MfS).[2]

Nach seinem Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Bremen wurde Knabe 1983 Pressesprecher der Grünen in Bremen. 1985 ging er als DAAD-Stipendiat an die Loránd-Eötvös-Universität in Budapest. Anschließend promovierte er an der Freien Universität Berlin über Umweltkonflikte im Sozialismus. Eine vergleichende Analyse der Umweltdiskussion in der DDR und Ungarn. 1988 war er Studienleiter der Evangelischen Akademie Berlin (West) und Anfang der 1990er DAAD-Lektor an der Universität Ljubljana in Slowenien.

Von 1992 bis 2000 arbeitete Knabe in der Forschungsabteilung des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (Gauck-Behörde/Birthler-Behörde). Im Jahr 2000 führte eine Parallelveröffentlichung eines Buches von Knabe über die Westarbeit des MfS zur Kündigung der Wissenschaftlichen Reihe des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen durch den Ch. Links Verlag.[3]

Seit 2001 ist er wissenschaftlicher Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen im ehemaligen zentralen Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit. Zudem ist Knabe Mitglied im wissenschaftlichen Fachbeirat der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.[4]

Positionen

Knabe sieht seine Aufgabe darin, die Geschichte der DDR wissenschaftlich aufzuarbeiten und einer kritischen Sicht auf diese mehr Geltung im öffentlichen Bewusstsein zu verschaffen.

So kritisierte er 2007, dass sich unter rechtsstaatlichen Bedingungen sowohl die SED-Nachfolgepartei PDS als auch – mit deren Geldern – Netzwerke der alten Stasikader neu organisieren konnten,[5] und bemängelte ein unzureichendes Engagement politischer Entscheidungsträger bei der Aufarbeitung der Staatssicherheit als „gesamtdeutsches Phänomen“.[6] In seinen Publikationen weist er auf personelle, programmatische und finanzielle Kontinuitäten zwischen SED, PDS und Die Linke hin[7] und wirft der Partei vor, sich nicht kompromisslos von ihrer DDR-Vergangenheit zu distanzieren.[8]

Des Weiteren gilt er als Anhänger eines „totalitaristischen Diktaturbegriffs“[9] und stellt in Fragen der Aufarbeitung der SED-Diktatur diese häufig der Zeit des Nationalsozialismus vergleichend gegenüber. So kritisierte er die Ungleichbehandlung von Opfern beider deutscher Diktaturen z. B. in Hinblick auf die Opferpensionen.[10] Er beanstandet, „dass die DDR-Diktatur zunehmend aus der Perspektive der Mitläufer oder gar der Täter bewertet“[11] und die Sicht der Opfer vergessen werde. Aus diesem Grund veröffentlichte er mit Gefangen in Hohenschönhausen und Die vergessenen Opfer der Mauer zwei Werke, die bewusst auf Methoden der Oral History zurückgreifen und die Sichtweise inhaftierter Zeitzeugen darstellen. Im Zusammenhang mit stasibelasteten Verantwortlichen im Sport forderte er, dass man sich „die Perspektive der Opfer zu eigen machen und [sich] von belasteten Kadern trennen“[12] müsse.

Seine Forderung nach Übergabe der vom MfS hinterlassenen Akten seitens der Stasi-Unterlagen-Behörde, wo sie der Forschung nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen, an das Bundesarchiv unterstreicht er mit dem Argument: „Erst wenn die kommunistische Diktatur den Deutschen ähnlich präsent ist wie das verbrecherische Regime der Nationalsozialisten, ist die Aufarbeitung der Hinterlassenschaften von Stasi-Minister Erich Mielke wirklich gelungen.“[13]

Nach Bekanntwerden der Stasitätigkeit Karl-Heinz Kurras’ warf Knabe der 68er-Bewegung vor, „dass sie Massenmörder wie Mao Tse-tung oder Ho Chi Minh vergöttert haben“ und „sich von der SED instrumentalisieren ließen“.[14] Ferner sei die Außerparlamentarische Opposition von der Stasi unterwandert und wesentlich beeinflusst worden.[15] Zum Antritt seiner Tätigkeit als Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen im Jahr 2000 äußerte er: „Mit Hohenschönhausen haben wir einen Verfolgungsort der letzten Diktatur fast unversehrt überliefert, dem eine wirklich nationale Bedeutung zukommt. Das ist, wenn man das überhaupt vergleichen kann, das Dachau des Kommunismus.“[16]

2013 forderte Knabe ein Verbot von politischen Symbolen der DDR, weil das öffentliche Zurschaustellen von Uniformen und Hoheitszeichen des DDR-Regimes ein „achtloser Umgang mit Überbleibseln der kommunistischen Diktatur“ sei.[17]

2015 kritisierte Knabe den gerade vom Brandenburger Landtag beschlossenen Gedenktag zum Ende des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai mit den Worten „Das hat die DDR 1950 schon gemacht“, weiter: „Man setzt sozusagen eine Tradition fort, ohne hinzuzufügen, dass gerade Brandenburg ab dem 8. Mai 1945 ganz schlimme Sachen erlebt hat: die Vergewaltigungen, die Erschießungen von Zivilisten, die gar nichts getan hatten, die Lager wie Sachsenhausen.“ Damit werde ein undifferenziertes Geschichtsbild erzeugt.[18] 2005 schrieb Knabe, dass bei der Anwendung des Begriffs Tag der Befreiung zwischen Ost- und Westdeutschland unterschieden werden müsse, da die Ostdeutschen erst ab 1989 die Chance erhalten hätten, eine Demokratie aufzubauen. Josef Stalin habe zwar entscheidend dazu beigetragen, den Nationalsozialismus militärisch zu besiegen, den Sieg aber dazu benutzt, seine eigene Diktatur zu errichten.[19]

Rezeption

Knabes früher Aufsatz Neue soziale Bewegungen im Sozialismus (1988) machte, wie Dieter Rink im Handbuch Die sozialen Bewegungen in Deutschland schreibt, zum ersten Mal die oppositionellen Gruppen, die in der DDR „unter dem Dach der Kirche“ agierten, einer größeren Fachöffentlichkeit in Westdeutschland bekannt. Ab 1989 bildete er den „paradigmatischen Bezugspunkt“ für eine Reihe nachfolgender Arbeiten über die DDR-Bürgerbewegungen, die diese ebenfalls als Neue Soziale Bewegungen zu charakterisieren versuchten.[20] Wie Christel Degen angibt, hatte Knabes Text nachhaltigen Einfluss auf die ersten Diskussionen westdeutscher Bewegungsforscher über die DDR-Bürgerbewegungen; es sei einer der ersten Texte gewesen, die „zur Erklärung des Phänomens einer rasch anwachsenden und von den Sozialwissenschaften völlig unerwarteten Bürgerbewegung in Ostdeutschland“ beitragen konnten.[21] In der von Knabes Aufsatz angestoßenen Kontroverse über die Übertragbarkeit des Konzepts „Neue Soziale Bewegung“ auf die DDR-Bürgerbewegungen wurde mehrfach kritisiert, Knabe habe dabei eine Reihe von Besonderheiten der Oppositionsgruppen und der DDR-Gesellschaft ausgeblendet.[22]

Die Arbeiten Knabes zur DDR und ihren Institutionen werden kontrovers beurteilt. Unterstützer sehen in seinen Werken einen wichtigen Beitrag zur Erinnerung an das Unrecht in der DDR. Bundespräsident Horst Köhler bezeichnete Knabe bei seiner Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz als einen der „konsequentesten Vertreter der Opfer der SED-Diktatur“.[23] Als MfS-Experte war Knabe bereits mehrfach in Fernseh-[24] und Rundfunkübertragungen[25] zu Gast und wird von Tageszeitungen häufig zu entsprechenden Themen befragt. Zuspruch erhielt Knabe hierbei unter anderem von Ines Geipel und Arnulf Baring.[26][27]

Die Politologin Stefanie Waske lobte die auf einem breiten Quellenfundament stehenden Bücher Knabes, die von großem Detailwissen zeugten. Insbesondere seine Werke Der diskrete Charme der DDR und Die unterwanderte Republik seien für ihre wissenschaftliche Arbeit von großem Nutzen gewesen.[28]

Wolfgang Müller vom Dickinson College ist der Ansicht, dass Knabes Doppelkompendium Die unterwanderte Republik und Die Westarbeit des MfS „auf lange Sicht zu den Standardwerken über die Organisationsformen dieser Monsterorganisation aus Geheimdienst und politischer Polizei gehören“ werde.[29]

An sein Buch Die Täter sind unter uns (2007) anknüpfend, in dem er auf die Gefahr einer Verdrängung und Verklärung der sich immer weiter verflüchtigenden DDR-Geschichte bei einem gleichzeitig von ihm konstatierten Überleben von Stasi- und SED-Strukturen in anderen Organisationen hinwies, präzisierte Knabe 2009 seine Thesen in seinem Werk Honeckers Erben. Während Günter Hellmich das Buch in einer Deutschlandfunk-Rezension als „Munitionsdepot für Diejenigen, die sich in den kommenden Wahlkämpfen mit der Linkspartei – nach Art bekannter Roter-Socken-Kampagnen auseinandersetzen wollen“, kritisiert,[30] sieht Sebastian Klinge in Knabes Darstellung das Symptom einer Diskussion aus dem Jahre 2009 über die Latenz der DDR und deren Historie, die er neologistisch verarbeite. So adaptiere er den Anfang aus dem Kommunistischen Manifest über das in Europa umgehende Gespenst des Kommunismus auf die Partei Die Linke des Jahres 2009, die durch ihre ständigen Umbenennungen ihre Spuren verwischt habe und deshalb das Trojanische Pferd der alten SED-Kader sei.[31]

Nach Dirk Becker ist Knabe "bei aller Zuspitzung und gelegentlichen Polemik ... eine wichtige [Stimme] in der Diskussion um die DDR-Vergangenheit."[32] Christoph Klessmann wirft Knabe in einem Artikel in der Zeit "missionarischen Eifer" vor.[33] Mechthild Küpper kritisiert, dass Knabe in seiner Darstellung von Mitgliedern der Partei Die Linke die „IM-Akte zum einzigen Werturteil“ erhebe und vernachlässige, „wie sich die Menschen seitdem zu ihrer Vergangenheit verhalten haben und was sie seitdem geleistet haben“.[34]

Der Soziologe Urs Müller-Plantenberg lastete Knabe an, er stütze sich fast ausschließlich auf Spitzelberichte der informellen Mitarbeiter (IM) und interne Protokolle der Stasi und unterziehe seine Quellen keiner ausreichenden Kritik.[35] Günther Heydemann, Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, hält Knabes Darstellungen der Auslandsaktivitäten des MfS, speziell in der Bundesrepublik,[36] für einseitig und quellenkritisch unhaltbar.[37]

Thorsten Denkler, Hauptstadtkorrespondent der Süddeutschen Zeitung, attestierte Knabe, er habe zwar akribisch schon lange andernorts veröffentlichte Fakten und Anekdoten zusammengetragen, warf ihm jedoch dabei Unwissenschaftlichkeit und Distanzlosigkeit vor. So mache er aus den von Oskar Lafontaine als damaliger saarländischer Ministerpräsident gepflegten gute Beziehungen zur DDR „Kumpanei“ mit Honecker, während die nicht weniger guten Ost-Kontakte von Franz Josef Strauß, damals CSU-Ministerpräsident in Bayern, unerwähnt blieben. Aus vagen Überlegungen von André Brie zur Westerweiterung der PDS konstruiere Knabe eine Art Masterplan zur Gründung der WASG. Ferner differenziere Knabe bei seinem Werturteil über ehemalige Mitarbeiter des MfS nicht zwischen Spitzel, Wachmann und Chauffeur.[38]

Auszeichnungen

Schriften

  • (Unter dem Pseudonym „Klaus Ehring“): Schwerter zu Pflugscharen. Friedensbewegung in der DDR. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1982, ISBN 3-499-15019-0 (gemeinsam mit Ulrich Mickan unter dem Pseudonym „Martin Dallwitz“).
  • Neue soziale Bewegungen im Sozialismus. Zur Genesis alternativer politischer Orientierungen in der DDR. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jahrgang 40 (1988), Heft 3, S. 551–569.
  • Aufbruch in eine andere DDR. Reformer und Oppositionelle zur Zukunft ihres Landes. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 3-499-12607-9.
  • mit János Kalmár, Alfred Komarek: Budapest, Bucher, Berlin / München 1991, ISBN 3-7658-0681-1.
  • Umweltkonflikte im Sozialismus. Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftlicher Problemartikulation in sozialistischen Systemen. Eine vergleichende Analyse der Umweltdiskussion in der DDR und Ungarn. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1993, ISBN 3-8046-8791-1.
  • Die Rechtsstelle des MfS. Anatomie der Staatssicherheit - Geschichte, Struktur und Methoden. (= Klaus-Dietmar Henke, Siegfried Suckut, Clemens Vollnhals, Walter Süß, Roger Engelmann (Hrsg.): MfS-Handbuch, Teil III/4.) Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Abteilung Bildung und Forschung, Selbstverlag, o.O., 1995.
  • West-Arbeit des MfS. Das Zusammenspiel von „Aufklärung“ und „Abwehr“. Links, Berlin 1999, ISBN 3-86153-182-8.
  • Die unterwanderte Republik. Stasi im Westen. Propyläen, Berlin 1999. Taschenbuchausgabe: ISBN 3-548-36284-2.
  • Der diskrete Charme der DDR. Stasi und Westmedien. Propyläen, Berlin 2001. Taschenbuchausgabe: ISBN 3-548-36389-X.
  • 17. Juni 1953. Ein deutscher Aufstand. Propyläen, Berlin 2003, ISBN 3-549-07182-5.
  • Stätten der DDR-Diktatur. Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße, AlliiertenMuseum, Deutsch-Russisches Museum Karlshorst, Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, Gedenkstätte Berliner Mauer, Museum Haus am Checkpoint Charlie u. a. Jaron, Berlin 2004, ISBN 3-89773-225-4.
  • gemeinsam mit Peter Erler: Der verbotene Stadtteil. Stasi-Sperrbezirk Berlin-Hohenschönhausen. Jaron, Berlin 2005, ISBN 3-89773-506-7.
  • Tag der Befreiung? Das Kriegsende in Ostdeutschland. Propyläen, Berlin 2005, ISBN 3-549-07245-7.
  • Die Täter sind unter uns. Über das Schönreden der SED-Diktatur. Propyläen, Berlin 2007, ISBN 978-3-549-07302-5.
  • Gefangen in Hohenschönhausen. Stasihäftlinge berichten. (als Herausgeber). List Taschenbuch, Berlin 2007, ISBN 978-3-548-60741-2.
  • Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE. Propyläen, Berlin 2009, ISBN 978-3-549-07329-2.
  • Die vergessenen Opfer der Mauer. Inhaftierte DDR-Flüchtlinge berichten. (als Herausgeber). List Taschenbuch, Berlin 2009, ISBN 978-3-548-60883-9.
Commons: Hubertus Knabe – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Neugier aneinander. In: Der Spiegel. Nr. 11, 1992 (online).
  2. Ein Mann auf der Lauer. In: taz, 29. November 2006
  3. Christoph Links: Ein Verlag mit klarem Profil. Die Programmentwicklung im zeitgeschichtlichen Sachbuch. In: Christoph Links (Hrsg.): Mit Links überleben. 20 Jahre Ch.-Links-Verlag. Links, Berlin 2009, ISBN 978-3-86153-555-3, S. 80.
  4. Vgl. Webseiten der Stiftung Aufarbeitung (Link ungültig)
  5. Hubertus Knabe schreibt in "Die Täter sind unter uns" gegen das Schönreden der SED-Diktatur an: „Die munteren, emsigen Altkader“ von Rita Kuczynski in: Berliner Zeitung, 10. April 2007
  6. Stasi war gesamtdeutsches Phänomen. Focus, 22. Mai 2009
  7. „In der Linken steckt sehr viel SED“. Spiegel Online, 24. März 2009; Interview mit H.Knabe.
  8. Die Linke will den Systemwechsel und verharmlost die DDR. In: Neue Rhein Zeitung, 12. März 2008
  9. so Christoph Seils: Stasi: Kampf um die Deutungshoheit. Zeit Online, 8. Dezember 2006.
  10. Wenn aus einem Stasi-Gefängnis Eigentumswohnungen werden – Interview mit Hubertus Knabe. Goethe-Institut (Link ungültig)
  11. Als die Stasi Angela Merkel anwerben wollte. In: Die Welt, 5. Mai 2009
  12. Ingo Steuer hat nichts dazugelernt. In: Die Welt, 18. März 2007
  13. Wie die Aufarbeitung der Stasi-Akten neu organisiert werden könnte. Spiegel Online, 15. August 2007.
  14. Hubertus Knabe: Historiker kritisiert 68er-Aktivisten. Focus online, 21. Juni 2009.
  15. Die Stasi wollte die Proteste anheizen. Zeit Online, 2. Juni 2009
  16. Gilbert Schomaker, Jens Stiller: Der neue Leiter über die Gedenkstätte Hohenschönhausen: „Das Dachau des Kommunismus“. In: Berliner Zeitung, 6. Januar 2015
  17. http://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/politik/ddr-nicht-mit-nazi-deutschland-gleichsetzen-id5542156.html
  18. Knabe kritisiert Brandenburger Gedenktag zum Kriegsende. In: rbb Rundfunk Berlin-Brandenburg. 4. Mai 2015, abgerufen am 3. Oktober 2015.
  19. Hubertus Knabe: Tag der Befreiung? Das Kriegsende in Ostdeutschland, Propyläen, Berlin 2005, ISBN 3-549-07245-7, S. 10 ff.
  20. Dieter Rink: Bürgerbewegungen in der DDR - Demokratische Sammlungsbewegungen am Ende des Sozialismus. In: Roland Roth, Dieter Rucht (Hrsg.): Die sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945. Ein Handbuch. Campus, Frankfurt/New York 2008, S. 391–416, hier die kommentierte Bibliografie auf S. 415.
  21. Christel Degen: Politikvorstellung und Biografie: die Bürgerbewegung Neues Forum auf der Suche nach der kommunikativen Demokratie. Leske + Budrich Verlag, Opladen 2000, zugleich Doktorarbeit, Freie Universität Berlin, S. 39.
  22. Dieter Rink: Bürgerbewegungen in der DDR - Demokratische Sammlungsbewegungen am Ende des Sozialismus. In: Roland Roth, Dieter Rucht (Hrsg.): Die sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945. Ein Handbuch. Campus, Frankfurt/New York 2008, S. 391–416, hier die kommentierte Bibliografie auf S. 415; Christel Degen: Politikvorstellung und Biografie: die Bürgerbewegung Neues Forum auf der Suche nach der kommunikativen Demokratie. Leske + Budrich Verlag, Opladen 2000, zugleich Doktorarbeit, Freie Universität Berlin, S. 41; vgl. auch Leonore Ansorg, Bernd Gehrke, Thomas Klein: Einleitung: Politische Gegnerschaft in der DDR als Forschungsgegenstand deutscher Gesellschaftsgeschichte. In: Leonore Ansorg, Bernd Gehrke, Thomas Klein, Danuta Kneipp (Hrsg.): „Das Land ist still – noch!“ Herrschaftswandel und politische Gegnerschaft in der DDR (1971–1989), Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2009, S. 17–35, hier: S. 20f.
  23. Ordensverleihung an Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Veranstaltung „Gegner des SED-Unrechts“. Website des Bundespräsidenten (Link ungültig)
  24. Vgl. Anne Will Sendung vom 26. April 2009: Zwischen Unrechtsstaat und Ostalgie – neuer Streit um das DDR-Erbe (Memento vom 27. Juni 2009 im Internet Archive).
  25. Vgl. SWR1: Radiointerview mit Hubertus Knabe in der Sendung Leute Baden-Württemberg(Link ungültig)
  26. Arnulf Baring: Der Feind steht links.. In: Die Welt, 18. März 2009 (Link ungültig); Rezension des Buchs Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE
  27. Vgl. Ines Geipel: Kontaminierte GesellschaftHubertus Knabe analysiert sachlich den Milliardenklau der PDS und das späte Schönreden der DDR, in: Literarische WELT, März 2007.
  28. Stefanie Waske: Mehr Liaison als Kontrolle: Die Kontrolle des BND durch Parlament und Regierung 1955-1978. Springer-Verlag, 2009. S. 13.
  29. Wolfgang Müller: Hubertus Knabe: Die unterwanderte Republik. Stasi im Westen. Dickinson College. Zuletzt abgerufen am 1. Juli 2016.
  30. Günter Hellmich: „Weil diese Geschichte eben noch dampft“. Deutschlandfunk, 19. März 2009; Rezension des Buchs Honeckers Erben. Die Wahrheit über DIE LINKE.
  31. Sebastian Klinge: 1989 und wir: Geschichtspolitik und Erinnerungskultur nach dem Mauerfall. Transcript Verlag, 2015. S. 143f.
  32. Honeckers Erben im Visier. In: Potsdamer Neueste Nachrichten, 25. Juni 2009.
  33. Der milde Umgang mit den Tätern. In: Die Zeit, Nr. 26/2007; Rezension des Buchs Die Täter sind unter uns.
  34. Vgl. Mechthild Küpper: Rezension zu „Honeckers Erben“. In: FAZ, 14. Juli 2009. Siehe hierzu Rezensionsnotiz auf Perlentaucher.de.
  35. Urs Müller-Plantenberg: Die Quellen des Hubertus Knabe. taz-online, 18. Juli 2009.
  36. Hubertus Knabe: Der diskrete Charme der DDR. Stasi und die Westmedien. Berlin 2001.
  37. Günther Heydemann: Die Innenpolitik der DDR (=EdG Band 66). München 2003, S. 85.
  38. Thorsten Denkler: Hubertus Knabe und die Linke – Nichts als die Wahrheit, Süddeutsche Zeitung vom 17. Mai 2010
  39. Vgl. Presseerklärung der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen vom 13. November 2009. (Link ungültig)