„Herbst-Drehwurz“ – Versionsunterschied

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Die '''Herbst-Drehwurz''' (''Spiranthes spiralis''), auch '''Drehähre''', '''Schraubenstendel''' oder '''Herbst-Wendelähre''' genannt, aus der [[Gattung (Biologie)|Gattung]] der [[Drehwurzen]] (''Spiranthes'') ist die am spätesten blühende heimische [[Orchidee]]nart. Der wissenschaftliche Gattungsname ''Spiranthes'' wird von den [[Altgriechische Sprache|griechischen]] Wörtern σπεῖρα ''speira'' für alles Gewundene, Windung und ἄνθος ''anthos'' für Blume, Blüte gebildet und bezieht sich auf den spiralig gewundenen Blütenstand der Pflanze. Auch der lateinische Artname ''spiralis'' weist auf diesen Zusammenhang hin. Die deutsche Bezeichnung Herbst-Drehwurz nimmt zusätzlich Bezug auf die späte Blütezeit.<ref name="Orchis">Adolf Riechelmann: ''Die Orchideen der Fränkischen Schweiz.'' Palm & Enke, Erlangen 2011, ISBN 978-3-7896-1701-0, S. 272 ff.</ref> Durch besondere Ansprüche an ihren Standort ist die Herbst-Drehwurz sehr selten geworden.
Die '''Herbst-Drehwurz''' (''Spiranthes spiralis''), auch '''Drehähre''', '''Schraubenstendel''' oder '''Herbst-Wendelähre''' genannt, ist eine Pflanzenart aus der [[Gattung (Biologie)|Gattung]] der [[Drehwurzen]] (''Spiranthes'') innerhalb der Familie der [[Orchideen]] (Orchidaceae). Durch besondere Ansprüche an ihren Standort ist die Herbst-Drehwurz sehr selten geworden.<ref>{{Literatur |Titel=Herbst-Wendelähre - Orchidee des Jahres 2001 |Hrsg=Dachverband der Arbeitskreise Heimische Orchideen in Deutschland |Datum=2001}}</ref> Sie ist in Deutschland die am spätesten blühende heimische Orchideenart.<ref name="Riechelmann2011" />


[[Datei:Spiranthes spiralis sl6.jpg|mini|Pflanze mit rübenförmiger Speicherwurzel]]
== Beschreibung ==
== Beschreibung ==
[[Datei:Spiranthes spiralis sl6.jpg|mini|Pflanzenexemplar mit rübenförmiger Speicherwurzel]]
Diese sehr zierlich anmutende, [[Ausdauernde Pflanze|ausdauernde]] [[krautige Pflanze]] erreicht Wuchshöhen zwischen 5 und 30 Zentimetern. Dieser [[Geophyt]] besitzt zwei [[Rübe]]n als Speicherorgane, die auch als Wurzeln das Wasser aufnehmen. Es werden keine zusätzlichen Wurzeln gebildet. Vom Herbst bis zum Einziehen der Pflanze werden in der Regel zwei neue Rüben gebildet, seltener auch nur eine oder drei. Die alten sterben langsam ab. Die Blattrosette formt sich in aller Regel aus dicht am Boden anliegenden drei bis sieben glänzenden [[Blatt (Pflanze)|Laubblättern]], die eine Länge von 1,5 bis 3,5&nbsp;cm und eine Breite von 1 bis 1,5&nbsp;cm haben.
[[Datei:Spiranthes spiralis 120807a.jpg|mini|[[Blütenstand]]]]
=== Vegetative Merkmale ===
Die Herbst-Drehwurz mutet sehr zierlich an und ist eine [[Ausdauernde Pflanze|ausdauernde]] [[krautige Pflanze]], die Wuchshöhen von 5 bis 30 Zentimetern erreicht. Dieser [[Geophyt]] besitzt zwei [[Rübe]]n als Speicherorgane, die auch als Wurzeln das Wasser aufnehmen. Es werden keine zusätzlichen Wurzeln gebildet. Vom Herbst bis zum Einziehen der Pflanze werden in der Regel zwei neue Rüben gebildet, seltener auch nur eine oder drei. Die alten Rüben sterben langsam ab.


Die Blattrosette formt sich in aller Regel aus dicht am Boden anliegenden drei bis sieben glänzenden [[Blatt (Pflanze)|Laubblättern]]. Die einfache Blattspreite besitzt eine Länge von 1,5 bis 3,5 Zentimetern und eine Breite von 1 bis 1,5 Zentimetern.
Entlang des Blüten[[stängel]]s befinden sich drei bis fünf scheidige Blätter. Er ist besonders im Bereich der Blütenähre stark behaart und erhält dadurch ein graugrünes Aussehen. Der [[Ähre|ährige]] [[Blütenstand]] ist 3 bis 12&nbsp;cm lang und mehr oder weniger spiralförmig gedreht. Die kleinen [[Blüte]]n duften. Die drei [[Blütenhüllblätter]] des äußeren, die zwei des inneren [[Perigon]]kreises und die Lippe sind etwa 5 bis 7&nbsp;mm lang. Der Rand der Lippe ist gekerbt und erscheint aus der Nähe betrachtet wie ausgefranst.

=== Generative Merkmale ===
Entlang des Blüten[[stängel]]s befinden sich drei bis fünf scheidige Blätter. Er ist besonders im Bereich der Blütenähre stark behaart und erhält dadurch ein grau-grünes Aussehen. Der [[Ähre|ährige]] [[Blütenstand]] ist 3 bis 12 Zentimeter lang und mehr oder weniger spiralförmig gedreht. Die kleinen [[Blüte]]n duften. Die drei [[Blütenhüllblätter]] des äußeren, die zwei des inneren [[Perigon]]kreises und die Lippe sind 5 bis 7 Millimeter lang. Der Rand der Lippe ist gekerbt und erscheint aus der Nähe betrachtet wie ausgefranst.


Die [[Chromosomenzahl]] beträgt 2n = 30.<ref name="Oberdorfer2001" />
Die [[Chromosomenzahl]] beträgt 2n = 30.<ref name="Oberdorfer2001" />


Der Wachstumszyklus während der [[Vegetationsperiode]] weicht bei dieser Art sehr stark von den anderen heimischen Orchideen ab:
Zwischen Juli und August beginnt der Blütentrieb zu wachsen. Zu dieser Zeit sind noch keine Laubblätter sichtbar. Während der Blütezeit zwischen Ende August und Anfang Oktober treiben sie direkt ''neben'' dem Blütentrieb aus. Sie überdauern den Winter und verwelken bis zum Beginn des Sommers. Der nächste Blütentrieb wächst dann aus der Mitte der nicht mehr vorhandenen Blattrosette.


[[Datei:Spiranthes spiralis 120807a.jpg|mini|[[Blütenstand]]]]
== Ökologie ==
== Ökologie ==
Der Wachstumszyklus während der [[Vegetationsperiode]] weicht bei der Herbst-Drehwurz sehr stark von den anderen heimischen Orchideen ab:
Der Fruchtansatz der unteren und mittleren Blüten einer Ähre ist fast vollständig; die im oberen Viertel sitzenden Blüten verkümmern meist. Die Herbst-Drehwurz gilt als [[Allogamie|allogam]]. [[Bestäuber]] sind [[Hummeln]], die die spiralförmigen Blütenstände von unten nach oben besuchen. Die Blüten produzieren einen vanilleähnlichen Duft und [[Nektar (Botanik)|Nektar]], der am Lippenende gesammelt wird. Die Pollinien werden durch das [[Klinandrium]] am Herbfallen gehindert, so dass [[Autogamie]] unmöglich ist. Aufgrund eines engen Spaltes zwischen der Lippe und dem [[Rostellum (Botanik)|Rostellum]] können bei frisch geöffneten Blüten nur die Pollinien mit Hilfe einer einzigen bootförmigen Klebscheibe entnommen werden. Im fortgeschrittenen Blühstadium ist der Zugang zur Narbe erweitert, so dass die Pollinien vom Rüssel der Hummeln übertragen werden können. Ältere Blüten können nur mit dem [[Pollen]] jüngerer Blüten bestäubt werden. Ob Hummeln die einzigen Bestäuber sind, ist unklar.
Zwischen Juli und August beginnt der Blütentrieb zu wachsen. Zu dieser Zeit sind noch keine Laubblätter sichtbar. Während der Blütezeit zwischen Ende August und Anfang Oktober treiben sie direkt „neben“ dem Blütentrieb aus. Sie überdauern den Winter und verwelken bis zum Beginn des Sommers. Der nächste Blütentrieb wächst dann aus der Mitte der nicht mehr vorhandenen Blattrosette.


Der Fruchtansatz der unteren und mittleren Blüten eines Blütenstandes ist fast vollständig; die im oberen Viertel sitzenden Blüten verkümmern meist. Die Herbst-Drehwurz gilt als [[Allogamie|allogam]]. [[Bestäuber]] sind [[Hummeln]], die die spiralförmigen Blütenstände von unten nach oben besuchen. Die Blüten produzieren einen vanilleähnlichen Duft und [[Nektar (Botanik)|Nektar]], der am Lippenende gesammelt wird. Die Pollinien werden durch das [[Klinandrium]] am Herbfallen gehindert, so dass [[Autogamie]] unmöglich ist. Aufgrund eines engen Spaltes zwischen der Lippe und dem [[Rostellum (Botanik)|Rostellum]] können bei frisch geöffneten Blüten nur die Pollinien mit Hilfe einer einzigen bootförmigen Klebscheibe entnommen werden. Im fortgeschrittenen Blühstadium ist der Zugang zur Narbe erweitert, so dass die Pollinien vom Rüssel der Hummeln übertragen werden können. Ältere Blüten können nur mit dem [[Pollen]] jüngerer Blüten bestäubt werden. Ob Hummeln die einzigen Bestäuber sind, ist unklar.
== Verbreitung ==

Das Verbreitungsgebiet der Art umfasst [[Europa]] mit Ausnahme der kälteren Gebiete im Norden, außerdem kommt die Art in [[Nordafrika]], [[Kaukasien]] und [[Iran|Nordpersien]] vor.
== Vorkommen ==
=== Verbreitung weltweit ===
Das [[Verbreitungsgebiet]] von ''Spiranthes spiralis'' umfasst [[Europa]] mit Ausnahme der kälteren Gebiete im Norden, außerdem kommt ''Spiranthes spiralis'' in [[Nordafrika]], [[Kaukasien]] und [[Iran|Nordpersien]] vor.


Wie viele andere heimische Orchideen, zum Beispiel die [[Ragwurzen]] (''Ophrys''), ist die ursprüngliche Herkunft der Herbst-Drehwurz das [[Mittelmeer]]gebiet. Erst als der [[Mensch]] zwischen 7.000 und 4000 v. Chr. sesshaft wurde und Wälder rodete, um [[Ackerbau#Historischer Beginn des Ackerbaus|Ackerbau]] und Viehzucht zu betreiben, entstanden die Lebensräume für diese Orchidee und die Ausbreitung nach Norden begann.
Wie viele andere heimische Orchideen, zum Beispiel die [[Ragwurzen]] (''Ophrys''), ist die ursprüngliche Herkunft der Herbst-Drehwurz das [[Mittelmeer]]gebiet. Erst als der [[Mensch]] zwischen 7.000 und 4000 v. Chr. sesshaft wurde und Wälder rodete, um [[Ackerbau#Historischer Beginn des Ackerbaus|Ackerbau]] und Viehzucht zu betreiben, entstanden die Lebensräume für diese Orchidee und die Ausbreitung nach Norden begann.
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In Deutschland liegen die Verbreitungsschwerpunkte auf der [[Frankenhöhe]], im [[Fränkischer Jura|Fränkischen Jura]], dem Vorland der [[Schwäbische Alb|Schwäbischen Alb]] und im [[Alpenvorland]]. Wenige Standorte existieren im südlichen [[Sachsen-Anhalt]]. Außerhalb dieser Gebiete ist die Pflanze nur noch sehr selten anzutreffen. Im Westen und Nordwesten Deutschlands sind vermutlich alle Standorte erloschen.
In Deutschland liegen die Verbreitungsschwerpunkte auf der [[Frankenhöhe]], im [[Fränkischer Jura|Fränkischen Jura]], dem Vorland der [[Schwäbische Alb|Schwäbischen Alb]] und im [[Alpenvorland]]. Wenige Standorte existieren im südlichen [[Sachsen-Anhalt]]. Außerhalb dieser Gebiete ist die Pflanze nur noch sehr selten anzutreffen. Im Westen und Nordwesten Deutschlands sind vermutlich alle Standorte erloschen.


In [[Österreich]] kommt die Art noch in allen Bundesländern vor, ist aber ebenfalls selten.
In [[Österreich]] kommt ''Spiranthes spiralis'' noch in allen Bundesländern vor, ist aber ebenfalls selten.


In der [[Schweiz]] liegen die meisten aktuellen Nachweise am [[Vierwaldstättersee]], im Rheintal bei [[Chur]], im Gebiet des [[Walensee]]s und im [[Kanton Tessin|Tessin]].
In der [[Schweiz]] liegen die meisten aktuellen Nachweise am [[Vierwaldstättersee]], im Rheintal bei [[Chur]], im Gebiet des [[Walensee]]s und im [[Kanton Tessin|Tessin]].


== Standorte und Verbreitung in Mitteleuropa ==
=== Standorte und Verbreitung in Mitteleuropa ===
Die Herbst-Drehwurz braucht eher kalkarmen, trockenen humusreichen Lehmboden. Sie besiedelt [[Trockenrasen]], die regelmäßig von Schafen beweidet werden. Offensichtlich ist ihre Entwicklung an die regelmäßige Beweidung durch Schafe gebunden. Wenigstens ist die Art an allen Orten verschwunden, an denen die Weidenutzung durch Schafe eingestellt worden ist. Warum die Entwicklung dieser Orchidee an die Beweidung durch Schafe gekoppelt ist, ist noch nicht geklärt. Gelegentlich kommt die Herbst-Drehwurz auch am Rande von Sumpfwiesen, in Dünentälchen und in lichten Kiefernbeständen vor, sofern auch hier Beweidung durch Schafe stattfindet. Die Herbst-Drehwurz liebt Sommerwärme. In Mitteleuropa ist sie sehr selten, sie kommt jedoch an ihren Standorten meist in lockeren, individuenarmen Beständen vor. Sie steigt in den Mittelgebirgen, im Alpenvorland und in den Alpen meist nur bis etwa 800&nbsp;m auf. Nach [[Helmut Baumann (Botaniker)|Baumann]] und [[Siegfried Künkele|Künkele]] hat die Art in den Alpenländern folgende Höhengrenzen: Deutschland 20–1160 Meter, Frankreich 1–1500 Meter, Schweiz 253–1640 Meter, Liechtenstein 500–800 Meter, Österreich 250–1000 Meter, Italien 4–1320 Meter, Slowenien 50–1000 Meter.<ref name="BaumannKünkele1998" /> In Europa kommt die Art zwischen 1 und 1640 Metern Meereshöhe vor<ref name="BaumannKünkele1998" />, im Mittelmeergebiet nur zwischen 0 und 800 Metern Meereshöhe.<ref name="BaumannKünkeleLorenz2006" />
Die Herbst-Drehwurz gedeiht meist auf eher kalkarmen, trockenen humusreichen [[Lehm]][[böden]]. Sie besiedelt [[Trockenrasen]], die regelmäßig von Schafen beweidet werden. Offensichtlich ist ihre Entwicklung an die regelmäßige Beweidung durch Schafe gebunden. Wenigstens ist ''Spiranthes spiralis'' an allen Orten verschwunden, an denen die Weidenutzung durch Schafe eingestellt worden ist. Warum die Entwicklung dieser Orchideenart an die Beweidung durch Schafe gekoppelt ist, ist noch nicht geklärt. Gelegentlich kommt die Herbst-Drehwurz auch am Rande von [[Sumpfwiese]]n, in [[Dünentälchen]] und in lichten Kiefernbeständen vor, sofern auch hier Beweidung durch Schafe stattfindet. Die Herbst-Drehwurz liebt Sommerwärme. In Mitteleuropa ist sie sehr selten, sie kommt jedoch an ihren Standorten meist in lockeren, individuenarmen Beständen vor. Sie steigt in den Mittelgebirgen, im Alpenvorland und in den Alpen meist nur bis etwa 800 Meter auf. Nach [[Helmut Baumann (Botaniker)|Baumann]] und [[Siegfried Künkele|Künkele]] hat ''Spiranthes spiralis'' in den Alpenländern folgende Höhengrenzen: Deutschland 20 bis 1160 Meter, Frankreich 1 bis 1500 Meter, Schweiz 253 bis 1640 Meter, Liechtenstein 500 bis 800 Meter, Österreich 250 bis 1000 Meter, Italien 4 bis 1320 Meter, Slowenien 50 bis 1000 Meter.<ref name="BaumannKünkele1998" /> In Europa kommt die Art in Höhenlagen von 1 bis 1640 Metern vor<ref name="BaumannKünkele1998" />, im Mittelmeerraum nur von 0 bis 800 Metern.<ref name="BaumannKünkeleLorenz2006" />


== Standort ==
=== Standorte ===
[[Datei:Spiranthes spiralis 270805b.jpg|mini|Typischer Standort auf der [[Frankenhöhe]], zusammen mit der [[Besenheide]] (''Calluna vulgaris'')]]
[[Datei:Spiranthes spiralis 270805b.jpg|mini|Typischer Standort auf der [[Frankenhöhe]], zusammen mit der [[Besenheide]] (''Calluna vulgaris'')]]


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Die Böden der [[Biotop]]e sind in der Regel oberflächlich versauert, was auch verschiedene Begleitpflanzen andeuten, z.&nbsp;B. die Besenheide. Selten findet man sie zusammen mit kalkliebenden Pflanzen. Beispielsweise am Rand des [[Nördlinger Ries]]es wächst sie zusammen mit der [[Silberdistel]] und der [[Gewöhnliche Kuhschelle|Gewöhnlichen Kuhschelle]], die beide kalkliebend sind.
Die Böden der [[Biotop]]e sind in der Regel oberflächlich versauert, was auch verschiedene Begleitpflanzen andeuten, z.&nbsp;B. die Besenheide. Selten findet man sie zusammen mit kalkliebenden Pflanzen. Beispielsweise am Rand des [[Nördlinger Ries]]es wächst sie zusammen mit der [[Silberdistel]] und der [[Gewöhnliche Kuhschelle|Gewöhnlichen Kuhschelle]], die beide kalkliebend sind.


Die ökologischen [[Zeigerwerte]] nach [[Elias Landolt (Botaniker)|Landolt]] & al. 2010 sind in der [[Schweiz]]: Feuchtezahl F = 3+w (feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).<ref name="InfoFlora" />
Die ökologischen [[Zeigerwerte]] nach [[Elias Landolt (Botaniker)|Landolt]] [[et al.]] 2010 sind in der [[Schweiz]]: Feuchtezahl F = 3+w (feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).<ref name="InfoFlora" />


Nach dem trockenen Sommer 2003 gab es wenig bis keine blühende Pflanzen. Erwartet wurde eine verspätete Blüte im Oktober, aber diese Vermutung bestätigte sich nicht.
Nach dem trockenen Sommer 2003 gab es wenig bis keine blühende Pflanzen. Erwartet wurde eine verspätete Blüte im Oktober, aber diese Vermutung bestätigte sich nicht.
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(Aufschlüsselung siehe [[Pflanzensoziologische Einheiten nach Oberdorfer]])
(Aufschlüsselung siehe [[Pflanzensoziologische Einheiten nach Oberdorfer]])


== Naturschutz und Gefährdung ==
=== Naturschutz und Gefährdung ===
Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch die Herbst-Drehwurz unter strengem Schutz europäischer und nationaler Gesetze. Die Art ist in Deutschland durch die [[BArtSchV]] besonders geschützt.<ref name="Schmeil und Fitschen2024" />
Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch die Herbst-Drehwurz unter strengem Schutz europäischer und nationaler Gesetze. Die Art ist in Deutschland durch die [[BArtSchV]] besonders geschützt.<ref name="Schmeil-Fitschen2024" />


*[[Rote Liste gefährdeter Arten|Rote Listen]]:
* [[Rote Liste gefährdeter Arten|Rote Listen]]:
:* Rote Liste Deutschland: 3
:* Rote Liste Deutschland: 3
:* Rote Liste Bundesländer: [[Baden-Württemberg]]:2, [[Bayern]]:3, [[Hessen]]:3, [[Niedersachsen]]:1, [[Rheinland-Pfalz]]:2, [[Sachsen-Anhalt]]:1, [[Thüringen]]:1.
:* Rote Liste Bundesländer: [[Baden-Württemberg]]: 2, [[Bayern]]: 3, [[Hessen]]: 3, [[Niedersachsen]]: 1, [[Rheinland-Pfalz]]: 2, [[Sachsen-Anhalt]]: 1, [[Thüringen]]: 1.
In den übrigen Bundesländern kommt diese Art nicht oder nicht mehr vor.
In den übrigen Bundesländern kommt ''Spiranthes spiralis'' nicht oder nicht mehr vor.


Die Herbst-Drehwurz ist abhängig von der regelmäßigen Beweidung ihrer Standorte durch Schafe. Wird diese aufgegeben, verfilzen die Flächen schnell und die konkurrenzschwache Art wird von größeren Pflanzen überwuchert und erhält nicht mehr genug Licht zur [[Photosynthese]]. Zunächst bleiben die Blüten aus, nach wenigen Jahren verschwinden auch die Pflanzen. Zu starke oder zur falschen Zeit durchgeführte Beweidungen stellen ebenfalls eine Gefährdung dar. Verweilen die Schafherden zur Blütezeit zu lange auf den Standorten, werden die Blütentriebe entweder abgefressen oder niedergetrampelt. Eine rasch durchziehende Herde hinterlässt aber in der Regel genügend Blütentriebe, deren Samen für den Erhalt der Art sorgen.
Die Herbst-Drehwurz ist abhängig von der regelmäßigen Beweidung ihrer Standorte durch Schafe. Wird diese aufgegeben, verfilzen die Flächen schnell und die konkurrenzschwache Art wird von größeren Pflanzen überwuchert und erhält nicht mehr genug Licht zur [[Photosynthese]]. Zunächst bleiben die Blüten aus, nach wenigen Jahren verschwinden auch die Pflanzen. Zu starke oder zur falschen Zeit durchgeführte Beweidungen stellen ebenfalls eine Gefährdung dar. Verweilen die Schafherden zur Blütezeit zu lange auf den Standorten, werden die Blütentriebe entweder abgefressen oder niedergetrampelt. Eine rasch durchziehende Herde hinterlässt aber in der Regel genügend Blütentriebe, deren Samen für den Erhalt dieser Art sorgen.


Die Bestandsentwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist abnehmend.
Die Bestandsentwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist abnehmend.
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== Systematik ==
== Systematik ==
[[Carl von Linné]] beschrieb 1753 diese Art als ''Ophrys spiralis'' ([[Basionym]]) in ''Species Plantarum'' Tomus II, S. 945. Zur damaligen Zeit wurden die Orchideen mit spornlosen Blüten zur Gattung [[Ragwurzen]] (''Ophrys'') gestellt. Die Art wurde 1827 von [[François Fulgis Chevallier]] in ''Flore générale des environs de Paris ...'' ed. 2, Band 2, S. 330 als ''Spiranthes spiralis'' {{Person|(L.) Chevall.}} in die Gattung ''Spiranthes'' gestellt. Neben dem gültigen Namen ''Spiranthes spiralis'' {{Person|(L.) Chevall.}} 1827 gibt es noch folgende [[Synonym (Taxonomie)|Synonyme]]:
Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen ([[Basionym]]) ''Ophrys spiralis'' durch [[Carl von Linné]] in ''[[Species Plantarum]]'', Tomus II, S. 945; zur damaligen Zeit wurden die Orchideen mit spornlosen Blüten zur Gattung [[Ragwurzen]] (''Ophrys'') gestellt. Die Neukombination zu ''Spiranthes spiralis'' {{Person|(L.) Chevall.}} wurde 1827 durch [[François Fulgis Chevallier]] in ''Flore générale des environs de Paris ...'', 2. Auflage, Band 2, S. 330 veröffentlicht. [[Synonym (Taxonomie)|Synonyme]] für ''Spiranthes spiralis'' {{Person|(L.) Chevall.}} sind: ''Epipactis spiralis'' {{Person|(L.) Crantz}}, ''Serapias spiralis'' {{Person|(L.) Scop.}}, ''Ophrys autumnalis'' {{Person|Balb.}}, ''Neottia spiralis'' {{Person|(L.) Sw.}}, ''Neottia autumnalis'' {{Person|(Balb.) Pers.}}, ''Ibidium spirale'' {{Person|(L.) Salisb.}}, ''Spiranthes autumnalis'' {{Person|(Balb.) Rich.}}, ''Neottia autumnalis'' {{Person|(Balb.) Steud.}}, ''Gyrostachys autumnalis'' {{Person|(Balb.) Dumort.}}, ''Spiranthes glauca'' {{Person|Raf.}}, ''Gyrostachys spiralis'' {{Person|(L.) Kuntze}}.
{| border="0" cellpadding="05"
|
* ''Epipactis spiralis'' {{Person|(L.) Crantz}} 1769
* ''Serapias spiralis'' {{Person|(L.) Scop.}} 1772
* ''Ophrys autumnalis'' {{Person|Balb.}} 1801
* ''Neottia spiralis'' {{Person|(L.) Sw.}} 1805
* ''Neottia autumnalis'' {{Person|(Balb.) Pers.}} 1807
* ''Ibidium spirale'' {{Person|(L.) Salisb.}} 1812
|
* ''Spiranthes autumnalis'' {{Person|(Balb.) Rich.}} 1817
* ''Neottia autumnalis'' {{Person|(Balb.) Steud.}} 1821
* ''Gyrostachys autumnalis'' {{Person|(Balb.) Dumort.}} 1827
* ''Spiranthes glauca'' {{Person|Raf.}} 1837
* ''Gyrostachys spiralis'' {{Person|(L.) Kuntze}} 1891
|}


=== Hybride ===
=== Hybride ===
Es wurde eine [[Hybride]] mit der [[Sommer-Drehwurz]] (''Spiranthes aestivalis'') beschrieben.
Es wurde eine [[Hybride]] mit der [[Sommer-Drehwurz]] (''Spiranthes aestivalis'') beschrieben.
* ''Spiranthes'' × ''zahlbruckneri'' {{Person|H.Fleischm.}}
* ''Spiranthes'' × ''zahlbruckneri'' {{Person|H.Fleischm.}}
Durch die unterschiedlichen Biotope dieser Arten ist die Hybride sehr selten. Es soll Nachweise aus Österreich und Frankreich geben.
Durch die unterschiedlichen Biotope dieser Arten ist diese Hybride sehr selten. Es soll Nachweise aus Österreich und Frankreich geben.

== Etymologie ==
Der wissenschaftliche Gattungsname ''Spiranthes'' wird von den [[Altgriechische Sprache|altgriechischen]] Wörtern σπεῖρα ''speira'' für alles Gewundene, Windung und ἄνθος ''anthos'' für Blume, Blüte gebildet und bezieht sich auf den spiralig gewundenen Blütenstand der Pflanze. Auch das lateinische [[Epitheton#Botanik|Epitheton]] ''spiralis'' weist auf diesen Zusammenhang hin. Die deutsche Bezeichnung Herbst-Drehwurz nimmt zusätzlich Bezug auf die späte Blütezeit.<ref name="Riechelmann2011" />


== Weitere Bilder ==
== Weitere Bilder ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
'''Standardliteratur über Orchideen'''
'''Standardliteratur über Orchideen'''
* [[Karl-Peter Buttler]]: ''Orchideen, die wildwachsenden Arten Europas''. Mosaik Verlag, 1986, ISBN 3-570-04403-3.
* [[Karl-Peter Buttler]]: ''Orchideen, die wildwachsenden Arten Europas.'' Mosaik Verlag, 1986, ISBN 3-570-04403-3.
* [[Helmut Baumann (Botaniker)|Helmut Baumann]], [[Siegfried Künkele]]: ''Die wildwachsenden Orchideen Europas''. Stuttgart. Franckh-Verlag, 1982, ISBN 3-440-05068-8.
* [[Helmut Baumann (Botaniker)|Helmut Baumann]], [[Siegfried Künkele]]: ''Die wildwachsenden Orchideen Europas.'' Stuttgart. Franckh-Verlag, 1982, ISBN 3-440-05068-8.
* Robert L. Dressler: ''Die Orchideen – Biologie und Systematik der Orchidaceae''. 1996.
* Robert L. Dressler: ''Die Orchideen – Biologie und Systematik der Orchidaceae.'' 1996.
* [[Hans Sundermann]]: ''Europäische und mediterrane Orchideen''. 2. Auflage. Brücke-Verlag, 1975, ISBN 3-87105-010-5.
* [[Hans Sundermann]]: ''Europäische und mediterrane Orchideen.'' 2. Auflage. Brücke-Verlag, 1975, ISBN 3-87105-010-5.
* [[John George Williams|J.G. Williams]]: ''Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien.'' BLV Verlag, ISBN 3-405-11901-4.
* [[John George Williams]]: ''Orchideen Europas mit Nordafrika und Kleinasien.'' BLV Verlag, ISBN 3-405-11901-4.
* [[Oskar Sebald]], Siegmund Seybold, Georg Philippi, Arno Wörz (Hrsg.): ''Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs''. Band 8: ''Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklassen Commelinidae Teil 2, Arecidae, Liliidae Teil 2): Juncaceae bis Orchidaceae''. Eugen Ulmer, Stuttgart 1998, ISBN 3-8001-3359-8.
* [[Oskar Sebald]], Siegmund Seybold, Georg Philippi, Arno Wörz (Hrsg.): ''Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs.'' Band 8: ''Spezieller Teil (Spermatophyta, Unterklassen Commelinidae Teil 2, Arecidae, Liliidae Teil 2): Juncaceae bis Orchidaceae.'' Eugen Ulmer, Stuttgart 1998, ISBN 3-8001-3359-8.
* [[Dietmar Aichele]], Heinz-Werner Schwegler: ''Die Blütenpflanzen Mitteleuropas''. Stuttgart, Franckh-Kosmos-Verlag, 2. überarbeitete Auflage 1994, 2000, Band 5, ISBN 3-440-08048-X
* [[Dietmar Aichele]], Heinz-Werner Schwegler: ''Die Blütenpflanzen Mitteleuropas.'' Stuttgart, Franckh-Kosmos-Verlag, 2. überarbeitete Auflage 1994, 2000, Band 5, ISBN 3-440-08048-X.


== Belege ==
== Einzelnachweise ==
<references>
<references>
<ref name="Oberdorfer2001">[[Erich Oberdorfer]]: ''Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete''. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. Seite 274.</ref>
<ref name="BaumannKünkele1998">[[Helmut Baumann (Botaniker)|Helmut Baumann]], [[Siegfried Künkele]]: ''Orchidaceae''. In: Oskar Sebald u.&nbsp;a.: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. 1. Auflage Band 8, Seite 331. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1998. ISBN 3-8001-3359-8</ref>
<ref name="BaumannKünkeleLorenz2006">[[Helmut Baumann (Botaniker)|Helmut Baumann]], [[Siegfried Künkele]] und Richard Lorenz: ''Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten''. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2006. ISBN 978-3-8001-4162-3. Seite 301.</ref>
<ref name="InfoFlora">
<ref name="InfoFlora">
{{InfoFlora|ID=1045120|WissName=Spiranthes spiralis (L.) Chevall.|Abruf=2021-04-06}}
{{InfoFlora|ID=1045120|WissName=Spiranthes spiralis (L.) Chevall.|Abruf=2021-04-06}}
</ref>
</ref>
<ref name="Oberdorfer2001">
<ref name="Schmeil und Fitschen2024">Gerald Parolly: ''Spiranthes.'' In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024. ISBN 978-3-494-01943-7. S. 198.</ref>
[[Erich Oberdorfer]]: ''Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete.'' 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. S. 274.
</ref>
<ref name="BaumannKünkele1998">
[[Helmut Baumann (Botaniker)|Helmut Baumann]], [[Siegfried Künkele]]: ''Orchidaceae.'' In: [[Oskar Sebald]] et&nbsp;al.: ''Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs.'' 1. Auflage Band 8, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1998, ISBN 3-8001-3359-8. S. 331.
</ref>
<ref name="BaumannKünkeleLorenz2006">
[[Helmut Baumann (Botaniker)|Helmut Baumann]], [[Siegfried Künkele]], Richard Lorenz: ''Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten.'' Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2006, ISBN 978-3-8001-4162-3. S. 301.
</ref>
<ref name="Schmeil-Fitschen2024">
Gerald Parolly: ''Spiranthes.'' In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024, ISBN 978-3-494-01943-7. S. 198.
</ref>
<ref name="Riechelmann2011">
Adolf Riechelmann: ''Die Orchideen der Fränkischen Schweiz.'' Palm & Enke, Erlangen 2011, ISBN 978-3-7896-1701-0, S. 272 ff.
</ref>
</references>
</references>


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== Weblinks ==
== Weblinks ==
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'''Verbreitungskarten'''
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* [http://linnaeus.nrm.se/flora/mono/orchida/spira/spirspiv.jpg Verbreitung auf der Nordhalbkugel]
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'''Regionale Links'''
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* [http://www.m-klueber.de/or-spiranthes-spiralis Die Orchideen der Rhön: Herbstdrehwurz, ''Spiranthes spiralis'']
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Aktuelle Version vom 29. Juni 2024, 09:00 Uhr

Herbst-Drehwurz

Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis)

Systematik
Familie: Orchideen (Orchidaceae)
Unterfamilie: Orchidoideae
Tribus: Cranichideae
Untertribus: Spiranthinae
Gattung: Drehwurzen (Spiranthes)
Art: Herbst-Drehwurz
Wissenschaftlicher Name
Spiranthes spiralis
(L.) Chevall.

Die Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis), auch Drehähre, Schraubenstendel oder Herbst-Wendelähre genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Drehwurzen (Spiranthes) innerhalb der Familie der Orchideen (Orchidaceae). Durch besondere Ansprüche an ihren Standort ist die Herbst-Drehwurz sehr selten geworden.[1] Sie ist in Deutschland die am spätesten blühende heimische Orchideenart.[2]

Beschreibung

Pflanzenexemplar mit rübenförmiger Speicherwurzel
Blütenstand

Vegetative Merkmale

Die Herbst-Drehwurz mutet sehr zierlich an und ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 5 bis 30 Zentimetern erreicht. Dieser Geophyt besitzt zwei Rüben als Speicherorgane, die auch als Wurzeln das Wasser aufnehmen. Es werden keine zusätzlichen Wurzeln gebildet. Vom Herbst bis zum Einziehen der Pflanze werden in der Regel zwei neue Rüben gebildet, seltener auch nur eine oder drei. Die alten Rüben sterben langsam ab.

Die Blattrosette formt sich in aller Regel aus dicht am Boden anliegenden drei bis sieben glänzenden Laubblättern. Die einfache Blattspreite besitzt eine Länge von 1,5 bis 3,5 Zentimetern und eine Breite von 1 bis 1,5 Zentimetern.

Generative Merkmale

Entlang des Blütenstängels befinden sich drei bis fünf scheidige Blätter. Er ist besonders im Bereich der Blütenähre stark behaart und erhält dadurch ein grau-grünes Aussehen. Der ährige Blütenstand ist 3 bis 12 Zentimeter lang und mehr oder weniger spiralförmig gedreht. Die kleinen Blüten duften. Die drei Blütenhüllblätter des äußeren, die zwei des inneren Perigonkreises und die Lippe sind 5 bis 7 Millimeter lang. Der Rand der Lippe ist gekerbt und erscheint aus der Nähe betrachtet wie ausgefranst.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 30.[3]

Ökologie

Der Wachstumszyklus während der Vegetationsperiode weicht bei der Herbst-Drehwurz sehr stark von den anderen heimischen Orchideen ab: Zwischen Juli und August beginnt der Blütentrieb zu wachsen. Zu dieser Zeit sind noch keine Laubblätter sichtbar. Während der Blütezeit zwischen Ende August und Anfang Oktober treiben sie direkt „neben“ dem Blütentrieb aus. Sie überdauern den Winter und verwelken bis zum Beginn des Sommers. Der nächste Blütentrieb wächst dann aus der Mitte der nicht mehr vorhandenen Blattrosette.

Der Fruchtansatz der unteren und mittleren Blüten eines Blütenstandes ist fast vollständig; die im oberen Viertel sitzenden Blüten verkümmern meist. Die Herbst-Drehwurz gilt als allogam. Bestäuber sind Hummeln, die die spiralförmigen Blütenstände von unten nach oben besuchen. Die Blüten produzieren einen vanilleähnlichen Duft und Nektar, der am Lippenende gesammelt wird. Die Pollinien werden durch das Klinandrium am Herbfallen gehindert, so dass Autogamie unmöglich ist. Aufgrund eines engen Spaltes zwischen der Lippe und dem Rostellum können bei frisch geöffneten Blüten nur die Pollinien mit Hilfe einer einzigen bootförmigen Klebscheibe entnommen werden. Im fortgeschrittenen Blühstadium ist der Zugang zur Narbe erweitert, so dass die Pollinien vom Rüssel der Hummeln übertragen werden können. Ältere Blüten können nur mit dem Pollen jüngerer Blüten bestäubt werden. Ob Hummeln die einzigen Bestäuber sind, ist unklar.

Vorkommen

Verbreitung weltweit

Das Verbreitungsgebiet von Spiranthes spiralis umfasst Europa mit Ausnahme der kälteren Gebiete im Norden, außerdem kommt Spiranthes spiralis in Nordafrika, Kaukasien und Nordpersien vor.

Wie viele andere heimische Orchideen, zum Beispiel die Ragwurzen (Ophrys), ist die ursprüngliche Herkunft der Herbst-Drehwurz das Mittelmeergebiet. Erst als der Mensch zwischen 7.000 und 4000 v. Chr. sesshaft wurde und Wälder rodete, um Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, entstanden die Lebensräume für diese Orchidee und die Ausbreitung nach Norden begann.

In Deutschland liegen die Verbreitungsschwerpunkte auf der Frankenhöhe, im Fränkischen Jura, dem Vorland der Schwäbischen Alb und im Alpenvorland. Wenige Standorte existieren im südlichen Sachsen-Anhalt. Außerhalb dieser Gebiete ist die Pflanze nur noch sehr selten anzutreffen. Im Westen und Nordwesten Deutschlands sind vermutlich alle Standorte erloschen.

In Österreich kommt Spiranthes spiralis noch in allen Bundesländern vor, ist aber ebenfalls selten.

In der Schweiz liegen die meisten aktuellen Nachweise am Vierwaldstättersee, im Rheintal bei Chur, im Gebiet des Walensees und im Tessin.

Standorte und Verbreitung in Mitteleuropa

Die Herbst-Drehwurz gedeiht meist auf eher kalkarmen, trockenen humusreichen Lehmböden. Sie besiedelt Trockenrasen, die regelmäßig von Schafen beweidet werden. Offensichtlich ist ihre Entwicklung an die regelmäßige Beweidung durch Schafe gebunden. Wenigstens ist Spiranthes spiralis an allen Orten verschwunden, an denen die Weidenutzung durch Schafe eingestellt worden ist. Warum die Entwicklung dieser Orchideenart an die Beweidung durch Schafe gekoppelt ist, ist noch nicht geklärt. Gelegentlich kommt die Herbst-Drehwurz auch am Rande von Sumpfwiesen, in Dünentälchen und in lichten Kiefernbeständen vor, sofern auch hier Beweidung durch Schafe stattfindet. Die Herbst-Drehwurz liebt Sommerwärme. In Mitteleuropa ist sie sehr selten, sie kommt jedoch an ihren Standorten meist in lockeren, individuenarmen Beständen vor. Sie steigt in den Mittelgebirgen, im Alpenvorland und in den Alpen meist nur bis etwa 800 Meter auf. Nach Baumann und Künkele hat Spiranthes spiralis in den Alpenländern folgende Höhengrenzen: Deutschland 20 bis 1160 Meter, Frankreich 1 bis 1500 Meter, Schweiz 253 bis 1640 Meter, Liechtenstein 500 bis 800 Meter, Österreich 250 bis 1000 Meter, Italien 4 bis 1320 Meter, Slowenien 50 bis 1000 Meter.[4] In Europa kommt die Art in Höhenlagen von 1 bis 1640 Metern vor[4], im Mittelmeerraum nur von 0 bis 800 Metern.[5]

Standorte

Typischer Standort auf der Frankenhöhe, zusammen mit der Besenheide (Calluna vulgaris)

Die Herbst-Drehwurz wächst auf Magerrasen, Trocken-, Halbtrockenrasen und Heideflächen mit regelmäßiger Beweidung, wodurch die Begleitvegetation niedrig gehalten wird. Sehr selten ist sie auch in lichten Nadelwäldern zu finden.

Typische Begleitpflanzen sind oft die Dornige Hauhechel (Ononis spinosa), Besenheide (Calluna vulgaris) und der Steife Augentrost (Euphrasia stricta).

Die Böden der Biotope sind in der Regel oberflächlich versauert, was auch verschiedene Begleitpflanzen andeuten, z. B. die Besenheide. Selten findet man sie zusammen mit kalkliebenden Pflanzen. Beispielsweise am Rand des Nördlinger Rieses wächst sie zusammen mit der Silberdistel und der Gewöhnlichen Kuhschelle, die beide kalkliebend sind.

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+w (feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[6]

Nach dem trockenen Sommer 2003 gab es wenig bis keine blühende Pflanzen. Erwartet wurde eine verspätete Blüte im Oktober, aber diese Vermutung bestätigte sich nicht.

Pflanzengesellschaften:

  • Verband Mesobromion erecti (Halbtrockenrasen, magere Wiesen und Weiden)
  • Verband Violion caninae (Borstgrasrasen tiefer Lagen)
  • Verband Molinion caeruleae (Streuwiesen, trockenere Ausprägung)

(Aufschlüsselung siehe Pflanzensoziologische Einheiten nach Oberdorfer)

Naturschutz und Gefährdung

Wie alle in Europa vorkommenden Orchideenarten steht auch die Herbst-Drehwurz unter strengem Schutz europäischer und nationaler Gesetze. Die Art ist in Deutschland durch die BArtSchV besonders geschützt.[7]

In den übrigen Bundesländern kommt Spiranthes spiralis nicht oder nicht mehr vor.

Die Herbst-Drehwurz ist abhängig von der regelmäßigen Beweidung ihrer Standorte durch Schafe. Wird diese aufgegeben, verfilzen die Flächen schnell und die konkurrenzschwache Art wird von größeren Pflanzen überwuchert und erhält nicht mehr genug Licht zur Photosynthese. Zunächst bleiben die Blüten aus, nach wenigen Jahren verschwinden auch die Pflanzen. Zu starke oder zur falschen Zeit durchgeführte Beweidungen stellen ebenfalls eine Gefährdung dar. Verweilen die Schafherden zur Blütezeit zu lange auf den Standorten, werden die Blütentriebe entweder abgefressen oder niedergetrampelt. Eine rasch durchziehende Herde hinterlässt aber in der Regel genügend Blütentriebe, deren Samen für den Erhalt dieser Art sorgen.

Die Bestandsentwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist abnehmend.

Um auf diese in Mitteleuropa vom Aussterben bedrohte Art hinzuweisen, wurde sie im Jahr 2001 vom Arbeitskreis Heimische Orchideen (AHO) in Deutschland zur Orchidee des Jahres erklärt.

Systematik

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Ophrys spiralis durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, S. 945; zur damaligen Zeit wurden die Orchideen mit spornlosen Blüten zur Gattung Ragwurzen (Ophrys) gestellt. Die Neukombination zu Spiranthes spiralis (L.) Chevall. wurde 1827 durch François Fulgis Chevallier in Flore générale des environs de Paris ..., 2. Auflage, Band 2, S. 330 veröffentlicht. Synonyme für Spiranthes spiralis (L.) Chevall. sind: Epipactis spiralis (L.) Crantz, Serapias spiralis (L.) Scop., Ophrys autumnalis Balb., Neottia spiralis (L.) Sw., Neottia autumnalis (Balb.) Pers., Ibidium spirale (L.) Salisb., Spiranthes autumnalis (Balb.) Rich., Neottia autumnalis (Balb.) Steud., Gyrostachys autumnalis (Balb.) Dumort., Spiranthes glauca Raf., Gyrostachys spiralis (L.) Kuntze.

Hybride

Es wurde eine Hybride mit der Sommer-Drehwurz (Spiranthes aestivalis) beschrieben.

  • Spiranthes × zahlbruckneri H.Fleischm.

Durch die unterschiedlichen Biotope dieser Arten ist diese Hybride sehr selten. Es soll Nachweise aus Österreich und Frankreich geben.

Etymologie

Der wissenschaftliche Gattungsname Spiranthes wird von den altgriechischen Wörtern σπεῖρα speira für alles Gewundene, Windung und ἄνθος anthos für Blume, Blüte gebildet und bezieht sich auf den spiralig gewundenen Blütenstand der Pflanze. Auch das lateinische Epitheton spiralis weist auf diesen Zusammenhang hin. Die deutsche Bezeichnung Herbst-Drehwurz nimmt zusätzlich Bezug auf die späte Blütezeit.[2]

Weitere Bilder

Literatur

Standardliteratur über Orchideen

Einzelnachweise

  1. Dachverband der Arbeitskreise Heimische Orchideen in Deutschland (Hrsg.): Herbst-Wendelähre - Orchidee des Jahres 2001. 2001.
  2. a b Adolf Riechelmann: Die Orchideen der Fränkischen Schweiz. Palm & Enke, Erlangen 2011, ISBN 978-3-7896-1701-0, S. 272 ff.
  3. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. S. 274.
  4. a b Helmut Baumann, Siegfried Künkele: Orchidaceae. In: Oskar Sebald et al.: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. 1. Auflage Band 8, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1998, ISBN 3-8001-3359-8. S. 331.
  5. Helmut Baumann, Siegfried Künkele, Richard Lorenz: Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2006, ISBN 978-3-8001-4162-3. S. 301.
  6. Spiranthes spiralis (L.) Chevall. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 6. April 2021.
  7. Gerald Parolly: Spiranthes. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024, ISBN 978-3-494-01943-7. S. 198.

Siehe auch

Commons: Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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