Hamza

alleinstehendes Hamza

Das Hamza (arabisch همزة, DMG Hamza; persisch همزه Hamze; Urdu ہمزہ; im Deutschen auch Hamsa, in anderen Umschriften auch Hamzah) ist ein Graphem der arabischen Schrift. Es ist in mehreren arabisch-basierten Alphabeten mit unterschiedlichen Funktionen in Verwendung.

Im Arabischen wird das Schriftzeichen Hamza für die Schreibung des Phonems همز / Hamz / ‚Zusammenpressung[1]‘ verwendet, das in der Standard-Aussprache dem stimmlosen glottalen Plosiv (auch Glottisschlag, IPA: [ʔ]; wie im deutschen Wort beachte [bəˈʔaxtə]) entspricht. Hamza wird entweder über oder unter ein Trägerzeichen gesetzt oder alleinstehend und nicht mit den es umgebenden Zeichen verbunden geschrieben und gilt in der klassischen Lehrmeinung nicht als Buchstabe.

Erscheinungsformen

Im Gegensatz zu den 28 „echten“ arabischen Buchstaben existiert das Hamza nicht in verschiedenen Formen je nach Position im Wort (initial, medial, final, isoliert), sondern nur in einer alleinstehenden Form. Diese Form findet sich in der arabischen Sprache entweder alleinstehend „auf der Linie“ oder über oder unter einem Trägervokal, genannt كرسي / kursī / ‚Sessel‘. Als Trägervokal können im Arabischen die Buchstaben Alif (ا), Wāw (و) und Yāʾ (ي) fungieren, wobei Yāʾ als Hamzaträger seine diakritischen Punkte verliert. Weitere Zeichen für das Phonem Hamz sind Madda und Wasla.

In anderen Sprachen findet sich das Hamza auch über und unter anderen Trägerzeichen. Als diakritisches Zeichen wird Hamza in der paschtunischen Schrift über dem Ḥāʾ (ح) und im Ormuri über dem Rāʾ (ر) verwendet. In der arabischen Schrift des Kasachischen dient ein „hohes“ Hamza als Umlautzeichen, das Kashmiri kennt neben dem „normalen“ auch ein gewelltes Hamza. Nur am Wortende zu finden ist Hamza über Čhōťī hē (ہ) und Baŕī yē (ے) im Urdu sowie im Farsi über dem Hāʾ (ه).

Folgt der Trägerbuchstabe Alif auf ein Lām, kommt Hamza über oder unter die obligatorische Ligatur Lām-Alif.

Entstehung und Entwicklung des Zeichens

Die arabische Schrift entwickelte sich vermutlich aus der nabatäischen Schrift, einer Konsonantenschrift, in der – wie in den meisten semitischen Alphabeten – ein Glottisschlag mit dem Buchstaben Ālaf notiert wurde. Im Aramäischen wurde dieser Laut zunehmend abgeschwächt artikuliert; im Nabatäischen übernahm Ālaf zusätzlich die Funktion des Schriftzeichens für ein finales /ā/. Ālaf hatte somit schon in dieser Phase seiner Entwicklung zwei Funktionen (Zeichen für Glottisschlag und langes /ā/), jedoch wurde erst mit dem Alif der arabischen Schrift auch die Dehnung eines kurzen /a/ zum langen /ā/ in der Wortmitte markiert[2]:

Erst wurden lange /ā/ mit einem kleinen hochgestellten Alif markiert, kurz vor der Wirkungszeit des al-Farāhīdī (8. Jahrhundert) jedoch dazu übergegangen, stattdessen Alif als mater lectionis zu setzen.[1] Der Koran war zu diesem Zeitpunkt bereits offenbart, seine Orthographie galt als gottgegeben – sie zu verändern war nicht erlaubt. Das Einsetzen des Alif als Dehnungszeichen erfolgte somit uneinheitlich, ohne festen Plan und in mehreren Perioden.[2] In der Kairiner Koranausgabe von 1924 wurden über fünftausend Alif als Dehnungszeichen wieder aus dem Text genommen und durch hochgestellte kleine Alif ersetzt[3]; auch im modernen Arabisch wird in in einigen Worten ein langer /ā/-Laut nicht mit Alif als mater lectionis sondern mit diesem optionalen Hilfszeichen geschrieben.

Das heutige Zeichen für den Hamzalaut (ء) scheint der initialen Form des Buchstaben ʿAin (), des Zeichen für den stimmhaften pharyngalen Frikativ [ʕ], abgeleitet worden zu sein.[2] Als Erfinder des Zeichens nennt Gotthold Weil den Gelehrten al-Farāhīdī. In der Verwendung von Alif als mater lectionis sah er eine Verwechslungsgefahr mit dem Glottisschlag, und kennzeichnete das konsonantische Alif daher mit einem übergesetzten Lesezeichen, dem Graphem Hamza.[4] Anfangs war stets Alif Kursī eines Hamza[5], durch Ibdāl (siehe Tahfīf al-hamza) konnten die Phoneme /w/ und /j/ einen Glottisschlag ersetzen – in diesen Fällen kam Hamza über die Grapheme Wāw und Yāʾ, die so zu möglichen Kursī wurden. Kennzeichnete kein Buchstabe eines Wortes den Glottisschlag, wurde Hamza ohne Träger auf die Linie gesetzt.[2] In einer früheren Phase wurden zur Unterscheidung vokalischer und konsonantischer Funktionen eines Zeichens gelbe oder grüne Punkte in den Text gesetzt.[6][1] Anstelle des Hamza-Zeichens wurde in kufischen Schriften ein Trägerzeichen auch mit zwei es umgebenden Punkten gekennzeichnet.[1]

Heinrich Alfred Barb nahm als Vorbild und Ursprung des Hamza-Zeichens die isolierte Form des Yāʾ ohne Punkte (ى) an[1]; Richard Lepsius schrieb 1861 über den Ursprung des Hamza:

„Da übrigens Hamza und das consonantische ا [=Alif] ganz identisch sind, und schon die Form ء zeigt, dass es nur als ein abgeschächtes ع [=ʿAin] aufgefasst wurde, so kann es in der That ursprünglich nur den Zweck gehabt haben, das consonantische ا von dem vokalischen, dem Verlängerungsا, zu unterscheiden. Es war also anfangs nur ein Unterscheidungszeichen, kein wirklicher Konsonant, und wurde daher auch nur übergeschrieben, nicht, wie später häufig, in die Reihe aufgenommen, für die sich seine ganze Gestalt schon nicht eignete. […] der Gang [kann] wie mir scheint, doch nur der gewesen sein […], dass ا wo es nöthig schien Hamza erhielt, dieses dann ebenso über ى [=Yāʾ] und و [=Wāw] gesetzt wurde, und endlich auch allein erschien, der letztere Gebrauch aber dann durch die Kalligraphen wieder beschränkt wurde.“

Richard Lepsius: Über die arabischen Sprachlaute und deren Umschrift: nebst einigen Erläuterungen über den harten i-Vocal in den tartarischen, slavischen und der rumänischen Sprache[7]
→ siehe auch: Geschichte der arabischen Schrift

Hamza in der arabischen Sprache

Hamza-Formen
im Arabischen
Grundform:
ء
über Alif:
أ
unter Alif:
إ
über Yāʾ:
ئ
über Wāw:
ؤ

In der modernen arabischen Sprache ist Hamza Graphem für das Phonem Hamz, welches im Hocharabischen dem Phon [ʔ] (stimmloser glottaler Plosiv) entspricht. Hamza erscheint in seiner Grundform „auf der Linie“, über den Trägerbuchstaben Alif, Yāʾ und Wāw, sowie unter einem Alif auf, im koranischen Arabisch auch unter einem Yāʾ. Während die Madda im koranischen Arabisch ein reines Längungszeichen ist, das auf Alif, Yāʾ und Wāw gesetzt werden kann, kommt es im modernen Arabisch nur auf Alif vor und ist anstelle der Zeichenfolge أا zu setzen (zwei Alif hintereinander sind im Arabischen unerwünscht; anstelle von اأا oder اآ ist اءا zu setzen) und ersetzt in diesem Fall das Graphem Hamza.

Hamza und Madda sind Grapheme für das Hamzat al-qatʿ / همزة القطع / Hamzatu l-qaṭʿ / ‚Schnitt-Hamza‘, am Wortbeginn auch Trennungsalif genannt. Hamzatu l-qatʿ ist ein vollwertiger Konsonant[8], der auch in als Radikal wie in قرأ / qaraʾa / ‚lesen‘ auftaucht, mit einer Schadda geminiert werden und an jeder Postion im Wort auftreten kann.[9] Wasla, Graphem für ein „Hilfshamza“ (Hamzat al-wasl / همزة الوصل / Hamzatu l-waṣl / ‚Kopplungs-Hamza‘), existiert hingegen nur am Wortanfang.

Steht Hamza über oder unter einem Trägervokal, ist dieser zwar ein Hinweis auf die korrekte Aussprache, selbst jedoch nicht auszusprechen. Die Schreibung des Hamza unterliegt genau festgelegten Regeln, jedoch werden Hamzas am Wortbeginn oft nicht geschrieben.

Der arabische Artikel Artikel al- / ال wird bei mit Hamza beginnenden Wörtern so wie vor Mondbuchstaben nicht assimiliert.

→ siehe auch: Der Glottisschlag im Arabischen

Hamza-Schreibregeln im modernen Arabisch

Wortbeginn

Am Wortbeginn steht Hamza stets über oder unter einem Alif – umgekehrt trägt ein Alif am Wortbeginn immer ein Hamza, Wasla oder eine Madda. Rutscht der Wortanfang durch eine Präposition oder den Artikel al- in die Mitte der Zeichenkette (im Arabischen werden der Artikel und die Präpositionen bi- / ب / ‚mit, durch‘ und li- / ل / ‚für‘ ans folgende Wort angehängt), gelten dennoch die Schreibregeln für ein Hamza am Wortbeginn.

Unter das Alif wird Hamza gesetzt, wenn dem Glottisschlag ein kurzer oder langer /i/-Laut folgt. Folgt ein kurzes oder langes /u/, ein Diphthong oder ein kurzes /a/, kommt das Hamza auf das Alif. Beginnt das Wort mit Glottisschlag und langem /a/, ist Alif mit Madda zu setzen. Einen unvokalisierten Konsonanten am Wortbeginn kennt die arabische Sprache nicht, dies trifft auch auf Hamza zu.[10]

Wortmitte

Wie Hamza in der Wortmitte zu schreiben ist, bestimmen die beiden das Hamza umgebenden Laute, wobei der Laut unmittelbar vor dem Hamza ignoriert wird, wenn er ein Langvokal oder Diphthong ist.

Bleibt Hamza unvokalisiert und folgt ihm somit ein Konsonant, ist der Vokal vor dem Hamza ausschlaggebend: Bei einem /i/ wird ist Hamza über ein Yāʾ, bei einem /u/ über ein Wāw, bei einem /a/ über ein Alif zu schreiben. Folgt Hamza auf einen nicht vokalisierten Konsonanten, ist nach demselben Prinzip der nach dem Hamza folgende Vokal entscheidend, jedoch muss nach einem Yāʾ Hamza stets über ein Yāʾ gesetzt werden.

Liegt Hamza zwischen zwei Vokalen, ist Hamza über ein Yāʾ zu setzen, wenn zumindest einer der beiden Selbstlaute ein /i/ ist, ansonsten über ein Wāw. Über ein Alif wird Hamza nur gesetzt, wenn beide umgebenden Selbstlaute /a/ sind. Bei /āʾa/, /āʾā/ und /ūʾa/ ist Hamza ohne Träger zu schreiben. Ist gemäß den bisher genannten Regeln ein Hamza mit Alif als Träger zu schreiben, dem Alif als Zeichen für den langen /a/-Laut folgt, ist Alif mit Madda zu setzen.[10]

Wortende

Folgt Hamza am Wortende einem Kurzvokal, ist dieser für die Schreibung des Hamza ausschlaggebend. In diesem Fall gilt wiederum Hamza über Yāʾ nach einem /i/, über Wāw nach einem /u/ und über ein Alif nach einem /a/. Nach einem Langvokal, Diphthong oder unvokalisierten Konsonanten wird Hamza ohne Träger geschrieben. Ist Hamza am Wortende vokalisiert (bedeutet, dass dem Hamza noch ein Kurzvokal folgt), hat dies keinen Einfluss auf die Schreibung.

Rückt Hamza durch einen Suffix in die Wortmitte, gelten prinzipiell die Regeln der Mittelstellung mit zwei Ausnahmen:

  • Folgt Hamza einem Zeichen, das nicht nach links verbunden werden kann (ا د ذ ر ز و), und ist es mit Fatha vokalisiert, steht es ohne Träger
  • Folgt Hamza einem nicht vokalisierten Yāʾ, steht Yāʾ als Träger

Steht Hamza in Verbindung mit der Endung des unbestimmten Akkusativ mit Fathatān (Nunation), gelten wiederum Extraregeln: Ist Fathatān ansonsten immer über ein Alif, das als Fathatān-Träger keinen eigenen Lautwert hat, oder Tāʾ marbūṭa zu setzen, ist das Fathatan direkt über ein trägerloses Hamza zu setzen, wenn es einem Alif als Zeichen für ein langes /a/ folgt. Endet ein Wort mit einem Alif als Hamzaträger, ist Fathatān über dieses Zeichen zu setzen. Folgt einem Hamza nur noch ein Alif mit Fathatān, gelten die Regeln der Mittelstellung. Liegt Hamza als vorletzter Buchstabe im Wort zwischen Yāʾ und Alif mit Fathatān, ist Hamza mit Yāʾ als Träger zu schreiben.[10]

Ist Yāʾ mit Hamza das letzte Zeichen eines Wortes, ist an dessen Stelle die Schreibweise mit einem trägerlosen Hamza nach einem punktelosen Yāʾ ebenfalls in Gebrauch.[8]

Abweichungen

Es gibt es vereinzelte Abweichungen von und Unstimmigkeiten über diese Regeln: Oft wird das Setzen von zwei oder drei Wāws hintereinander vermieden, indem das Wāw für den Langvokal /ū/ nicht geschrieben wird. Bei /aʾū/ wird öfter Alif als Hamzaträger verwendet, bei /ūʾū/ ein Yāʾ oder Hamza ohne Träger. Bei /īʾū/, /āʾū/ und /ʾū/ nach einem Konsonanten wird gerne Yāʾ als Hamzaträger verwendet. In diesen Punkten gibt es mehrere sich zum Teil widersprechende Lehrmeinungen. Um das Aufeinandertreffen gleicher Buchstaben (als Trägerzeichen des Hamza und als Konsonanten- oder Dehnungszeichen) zu vermeiden, wird auf ein Dehnungszeichen in der Orthographie nach einem Hamza mit formgleichem Trägerbuchstaben gelegentlich verzichtet (رؤس statt رؤوس).

Hamza im Koran

Im Koran, in dem vier verschiedene Aussprachevarianten eines Hamza unterschieden werden[6], findet sich Hamza auch ohne Träger über oder unter der Linie (ــٔـ, ــٕـ) sowie unter einem Yāʾ.[11]

Die Schreibregeln eines Hamza im Koran unterscheiden sich nur in wenigen Fällen von denen des modernen Arabisch. Nach einem Sukun wird ein mediales Hamza ohne Träger entweder alleinstehend oder über die Linie gesetzt. Hamza mit Kasra in medialer Position wird nicht über ein Yāʾ, sondern darunter gesetzt, wobei das Yāʾ punktelos bleibt. Um zwei idente Schriftzeichen hintereinander zu vermeiden, wird Hamza trägerlos geschrieben, wenn es sonst Wāw als Träger vor einem weiteren Wāw oder Yāʾ als Träger vor einem weiteren Yāʾ hätte. Ebenso entfällt Alif als Hamzaträger vor oder nach einem weiteren Alif. Madda ist im Koran ein reines Längungszeichen, an seiner Stelle tritt fallweise ein alleinstehendes Hamza, auch am Wortanfang (Beispiel: ءامنوا anstelle von آمنوا).[6]

Umschrift

Beim Transliterieren oder Transkribieren arabischer Texte ins lateinische Alphabet wird ein Hamza am Wortbeginn in vielen Umschriften nicht wiedergegeben. Die Transkription oder Transliteration eines Hamza erfolgt bei der DMG[12] und EI als modifizierender rechter Halbkreis („ʾ“), bei ISO 233 mit einem Betonungszeichen („ˈ“ wenn mit Trägerzeichen, alleinstehend „ˌ“), bei der Umschrift der UNGEGN und ALA mit Apostroph („’“).[13] Die Umschrift einer Madda erfolgt als Umschrift des Hamza mit nachfolgender Umschrift des Alif (bei ISO 233 jedoch als „ʾâ“).

Im Chat-Arabischen wird für ein Hamza die Ziffer „2“ gesetzt.[14] Das Morsezeichen für Hamza ist „“.[15]

Arabische und westliche Lehrmeinungen

Arabische Gelehrte sind sich uneins darüber, ob Hamza und/oder Alif als Buchstabe des arabischen Alphabets zu bezeichnen ist/sind. In der klassischen Lehrmeinung hat Alif den Status als Buchstabe: Alif lässt sich aus dem phönizischen Alphabet ableiten und ist somit viel älter als Hamza. Hamza steht jedoch für den Laut, den die Vorläufer des Alif repräsentierten.

al-Farāhīdī zählte 27 oder 28 Buchstaben im arabischen Alphabet (ob er Hamza/Alif aus dem Alphabet strich oder ihm nur den ersten Platz verwehrte ist nicht zu ermitteln), Sībawaihi 29 – er erkannte sowohl Hamza als auch Alif als Buchstaben an. Abū l-ʿAbbās al-Mubarrad strich Hamza aus seinem Alphabet, da es sein Erscheinungsbild mehrfach gewechselt hatte und kein Buchstabe mit feststehender Gestalt sei, nahm Alif am Ende des Alphabets auf und kam dadurch auf 28 Buchstaben. Gotthold Weil bezeichnet die Aufnahme von sowohl Alif als auch Hamza ins Alphabet als „linguistisch und historisch unrichtig“ – Hamza und das Dehnungs-Alif hatten bis zur Erfindung des Graphems Hamza eine gemeinsame Form, ebenso wie heute noch die Buchstaben Wāw und Yāʾ, die als Konsonant und als Dehnungszeichen ebenso eine Doppelfunktion haben.[16]

„Gerade an der Geschichte des Lautes Alif im Arabischen kann man erkennen, wie stark sich die mangelnde Kenntnis der semitischen Sprachen bei den arabischen Nationalgrammatikern fühlbar macht. Mit Hülfe jener erkennt man nämlich, dass das Hamza ein dem Alphabet wesensfremder Bestandteil ist, dass […] der Name des ersten Buchstaben des Alphabets Alif heisst, […] da sich Vokale in keinem semitischen Alphabet finden, und dass endlich Alif, و und ى […] als matres lectionis oder Dehnungsbuchstaben im Kapitel der Vokale zu behandeln sind.“

Gotthold Weil: Die Behandlung des Hamza-Alif im Arabischen besonders nach der Lehre von az-Zamaḫšarî und Ibn al-Anbârî[17]

Hamza in anderen Sprachen

zusätzliche Hamza-Formen
anderer Sprachen
über Hāʾ:
ۀ
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über Čhōťī hē:
ۂ
final: ـۂFehler bei Vorlage * Parametername unbekannt (Vorlage:ar): "SIZE"
über Baŕī yē:
ۓ
über Ḥāʾ:
ځ
über Rāʾ:
ݬ
Alif mit hohem Hamza:
ٵ
Wāw mit hohem Hamza:
ٶ
U mit hohem Hamza:
ٷ
Yāʾ mit hohem Hamza:
ٸ
Übergesetztes
gewelltes Hamza:
ٲ
Untergesetztes
gewelltes Hamza:
ٳ
„Sindhi-&“:
۽

Das Hamza ist auch Bestandteil mehrerer arabisch-basierter Schriftsysteme anderer Sprachen, übernimmt dort jedoch nicht selten zusätzliche oder andere Funktionen als im Arabischen. Angeführt werden hier nur Sprachen, in denen die Funktion des Hamza-Zeichens über die des Graphems für den Glottisschlag hinausreicht – die Regeln zur Schreibung dieses Lautes können in hier nicht angeführten Sprachen dennoch denen der arabischen Sprache widersprechen.

Iranische Sprachen

Farsi

In der Schrift des Farsi taucht Hamza einerseits in Wörtern persischen Ursprungs auf, andererseits in Wörtern arabischen Ursprungs. In Wörtern arabischen Ursprungs kann es an jeder Position im Wort auftauchen, geschrieben wird Hamza bei diesen Wörtern ohne Trägerzeichen oder über Alif (persisch Alef), Wāw (Vāv) oder Yāʾ (Je). Die Schreibung des Hamza stimmt jedoch nicht immer mit der im arabischen Original überein und da ein solches Hamza im Persischen unausgesprochen bleibt, wird es auch nicht immer geschrieben.

In Wörtern persischer Herkunft markiert Hamza eine Ezāfe-Endung. Über einem Hāʾ (He) am Wortende zeigt es die Endung -eye an, über einem Je die Endung -iye, jedoch wird das Hamza in diesen beiden wie auch in den weiteren Fällen nicht immer gesetzt. Veraltet ist die Schreibung Je mit Hamza vor einem weiteren Je nach den Vokalen /ā/ oder /u/ – an ihrer Stelle werden heute zwei normale Je gesetzt. Ebenfalls nicht mehr in Gebrauch ist He mit Hamza für die Endung -e'ī, die heute mit He-Alef-Je geschrieben wird, wobei He und Alif nicht verbunden werden (Beispiel خامنه‌ای Chāmene'ī).

In manchen Fremdwörtern, zum Beispiel in Gāzuil / گازوئيل / ‚Gasöl‘, zeigt Hamza den Wechsel zwischen zwei Vokalen an.[18]

Paschto

In der paschtunischen Schrift ist Hamza als diakritisches Zeichen über den Buchstaben Ḥāʾ (paschtunisch Hā-yi huttī) und Yāʾ (Je) in Verwendung. Hā-yi huttī mit Hamza, der Buchstabe Dze (ځ), wird regional unterschiedlich als [d͡z] oder [z] ausgesprochen; Je mit Hamza (Fe'li Je) ist eine der fünf im Paschtunischen vertretenen Varianten des Je und steht für die Endung [-əy] bei Verben in der 2. Person Plural.

In der Peschawar-Orthographie finden sich – in Anlehnung an die Schrift des Urdu – auch ein Baŕī yē und Hāʾ (hā-yi hawwaz) mit übergesetztem Hamza, jeweils als Zeichen für Vokale am Wortende. He mit Hamza steht für den Vokalauslaut -a, das Baŕī yē mit Hamza ersetzt bisweilen die Zeichen Fe'li Je und Ṣchadzina Je.

Die Ezāfe-Endung -ʾi wird durch Anhängen eines Hamza gekennzeichnet. In arabischen Fremdwörtern finden sich die Hamzaformen der arabischen Sprache.[19]

Sorani

Das Sorani-Kurdische verwendet, ähnlich wie das Uigurische, ein vor den meisten Vokalen am Wortbeginn. Lediglich der /i/-Laut, der an anderen Positionen im Wort nicht geschrieben wird, wird in initialer Position nicht mit , sondern mit Alif geschrieben.[20]

Ormuri

Im Ormuri, eine südostiranische Sprache aus Süd-Waziristan mit etwa 1000 Sprechern, existiert der Laut [], für den ein Rāʾ mit Hamza gesetzt wird. Der Laut kommt in keiner anderen indoiranischen Sprache vor. Das Affrikat [d͡z] ist als Ḥāʾ mit Hamza verschriftlicht.[21]

Indoarische Sprachen

Urdu

Hamza hat in der Schrift des Urdu verschiedene Funktionen und taucht „auf der Linie“ ebenso auf wie über Yāʾ (Urdu: Čhōťī yē), Wāw (Wāō), Čhōťī hē (hat die Funktion des Hāʾ des Arabischen, jedoch nur isoliert dieselbe Form) und Baŕī yē.

Zum einen trennt Hamza zwei Selbstlaute. Im Falle von انشاءاﷲ, „Inschallah“, wird die Schreibweise „auf der Linie“ vom arabischen Original beibehalten. Ist der zweite Vokal ein [] oder [e], dargestellt durch Čhōťī yē oder Baŕī yē, sitzt das Hamza vor jenem Buchstaben auf einem „Sessel“ (≈ Čhōťī yē). Ist der zweite Vokal ein kurzes [ɪ], wird dieser ebenso durch ein Hamza auf einem „Sessel“ dargestellt. Wenn der zweite Vokal ein durch ein Wāō dargestelltes [] oder [o] ist, kann das Hamza auf das Wāō gesetzt werden, wird jedoch oft ausgelassen. Ebenso ohne Hamza wiedergegeben werden die Vokalkombinationen [iːɑ̃], [iːe] und [iːo].[22]

Ein zweiter Zweck des Hamza ist das Kennzeichnen der Ezafe. Im Urdu wird eine Ezafe meist mit dem Vokalzeichen Zer (entspricht dem arabischen Kasra) markiert. Endet das erste Wort eines Ezafe-Gefüges mit einem Čhōťī hē oder Čhōťī yē, wird zur Markierung der Ezafe über dieses Zeichen ein Hamza gesetzt; endet das erste Wort mit einem Langvokal, wird die Izāfat durch ein Baŕī yē gekennzeichnet, über das ein Hamza gesetzt werden kann.[22]

Um Angaben in islamischer Zeitrechnung von gregorianischen Daten unterscheiden zu können, werden gregorianische Zeitangaben mit einem Hamza, islamische mit einem Dō-čašmī hē versehen (‏ء‎۲۰۰۴ für 2004 n.Chr.; ‏ھ‎١٢٣٤ für 1234 AH). Eine weitere Funktion des alleinstehenden Hamza ist die eines Dezimaltrennzeichens (Beispiel: ۲٫۰۰۰‏ء‎۵۰ für 2.000,50).[23]

Kashmiri

In der arabischen Schrift des Kashmiri werden zwei verschiedene Hamza-Formen zur Vokalisierung verwendet. Übergesetzt stehen das „normale“ und das gewellte Hamza für einen kurzen oder langen [ə]-Laut, untergesetzt für den Laut [ɨ].[24]

Sindhi

Die arabische Schrift des Sindhi kennt ein Hamza mit zwei nebeneinander stehenden, vertikalen Strichen unterhalb (۽) als Kurzzeichen für das Wort „und“. Das Dezimaltrennzeichen der arabischen Schrift des Sindhi ist dem Hamza in seiner Form ähnlich.[25]

Turksprachen

Uigurisch

In der arabischen Schrift der Uigurischen Sprache existiert Hamza „auf einem Zahn“ (). Dieses Zeichen gilt als integraler Bestandteil der isolierten und initialen Form der Vokalzeichen (Beispiel Uyghur / ئۇيغۇر – vor dem u / ۇ am Wortbeginn steht ein , das u in der zweiten Silbe steht ohne Hamza). Als erstes Zeichen eines Wortes übernimmt somit die Funktion eines Dummybuchstaben, die etwa im Paschtunischen ein initial stehendes Alif innehat. Steht medial oder am Wortende, repräsentiert es einen Hiatus. Hamza „auf einem Zahn“ gilt in dieser Funktion ebenfalls nicht als eigener Buchstabe, sondern als eine spezielle Schreibweise von Vokalen in Mittel- oder Endposition.[26]

Kasachisch

Die arabische Schrift der kasachischen Sprache, in Verwendung in der Autonomen Provinz Xinjiang in der Volksrepublik China, verwendet ein „hohes Hamza“ um einen Wortbeginn mit einem Laut der Vokalreihe /æ,ø,i,ʏ/ zu kennzeichnen. Das hohe Hamza kann in Kombination mit Alif, Wāw, Yāʾ und U stehen – dieselben Schriftzeichen ohne hohes Hamza repräsentieren die Vokalreihe /a,o,ɯ,u/ (siehe auch: Vokalharmonie).

Chinesisch

Silbenendlaute und Vokale mit Hamza im Xiao'erjing
Xiao'erjing:ءَاِئـِئيُؤـُؤءِـِؤءُءًاءٌءٍءْا
Pinyin:aye-ieyue-ue
-üe
yi-eiwuanenyinang

Im der arabisch-basierten Schrift Xiao'erjing ist Hamza in verschiedenen Erscheinungsformen Bestandteil einiger Silbenendlaute und Vokale. Glottisschläge werden, obwohl sie auch im Chinesischen phonemisch sind, im Xiao'erjing nicht verschriftet.

Zeichencodierung

In Unicode ist das Hamza nicht nur als kombinierendes diakritisches Zeichen kodiert, sondern auch in isolierter Form und als Einheit mit einem Trägerzeichen.

Im Unicode-Block Arabisch finden sich alle Hamza-Varianten bis auf das Re mit Hamza, das im Block Arabisch, Ergänzung aufgenommen ist. Diese Zeichen passen sich ihrer Position im Wort automatisch an und erscheinen dementsprechend in isolierter, finaler, medialer oder initialer Form. In den Blöcken Arabische Präsentationsformen-A und Arabische Präsentationsformen-B ist ein Großteil der Zeichen ein weiteres Mal vorhanden, sowie zusätzlich einige Ligaturen. Die zeichen der beiden letztgenannten Unicode-Blöcke passen sich nicht an ihre Position im Wort an.

In Windows-1256, MacArabic, ISO 8859, ISO 8859-6, Codepage 708, Codepage 720 und Codepage 864 sind jeweils die Hamza- und Madda-Varianten der arabischen Sprache kodiert. ArabTeX ist den Bedürfnissen aller hier aufgeführten arabischen Schriften inklusive des koranischen Arabisch angepasst.[27] In arabischen Tastaturlayouts sind Hamza und Madda meist nur als Einheit mit einem Trägerzeichen vorhanden.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Gotthold Weil: Die Behandlung des Hamza-Alif im Arabischen besonders nach der Lehre von az-Zamaḫšarî und Ibn al-Anbârî. In: Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete, Band 19, 1905-06, S. 1-63. S. 11-13
  2. a b c d The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Band 3. 1971; S. 150-152
  3. The writing of the Quran and the timing of the mathematical miracle. The writing of the Alif (Alef), Taa and Yaa auf submission.org
  4. Gotthold Weil: Die Behandlung des Hamza-Alif im Arabischen besonders nach der Lehre von az-Zamaḫšarî und Ibn al-Anbârî. In: Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete, Band 19, 1905-06, S. 1-63. S. 11
  5. Mary Catherine Bateson: Arabic language handbook. Georgetown University Press, 2003. ISBN 9780878403868; S. 56
  6. a b c M. A. S. Abdel Haleem: Qur'ānic Orthography: The Written Representation Of The Recited Text Of The Qur'ān. In: Islamic Quarterly o.J.
  7. Richard Lepsius: Über die arabischen Sprachlaute und deren Umschrift: nebst einigen Erläuterungen über den harten i-Vocal in den tartarischen, slavischen und der rumänischen Sprache. Dümmler, 1861; S. 143f
  8. a b El-Said M. Badawi, M. G. Carter, Adrian Gully: Modern written Arabic: a comprehensive grammar. Routledge, 2004. ISBN 9780415130851; S. 11-14
  9. Gotthold Weil: Die Behandlung des Hamza-Alif im Arabischen besonders nach der Lehre von az-Zamaḫšarî und Ibn al-Anbârî. In: Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete, Band 19, 1905-06, S. 1-63. S. 7
  10. a b c Günther Krahl, Wolfgang Reuschel, Eckehard Schulz: Lehrbuch des modernen Arabisch. Langenscheidt Verlag Enzyklopädie, 1995. ISBN 9783324006132; S. 401-404
  11. S. Muhammad Tufail: The Qur’ān Reader. An Elementary Course in Reading the Arabic Script of the Qur’ān. 1974 (PDF-Datei)
  12. Deutsche Morgenländische Gesellschaft: Die Transliteration der arabischen Schrift in ihrer Anwendung auf die Hauptliteratursprachen der islamischen Welt. Leipzig 1935 (PDF-Datei)
  13. Überblick über verschiedene Transliterationen des Arabischen auf transliteration.eki.ee (PDF-Datei)
  14. David Palfreyman & Muhamed al Khalil: "A Funky Language for Teenzz to Use": Representing Gulf Arabic in Instant Messaging Zayed University, Dubai 2003
  15. Auflistung von Morsecodes verschiedener Schriften auf homepages.cwi.nl
  16. Gotthold Weil: Die Behandlung des Hamza-Alif im Arabischen besonders nach der Lehre von az-Zamaḫšarî und Ibn al-Anbârî. In: Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete, Band 19, 1905-06, S. 1-63. S. 9-11
  17. Gotthold Weil: Die Behandlung des Hamza-Alif im Arabischen besonders nach der Lehre von az-Zamaḫšarî und Ibn al-Anbârî. In: Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete, Band 19, 1905-06, S. 1-63. S. 13-14
  18. John Mace: Persian grammar: for reference and revision. Routledge, 2003. ISBN 9780700716944; S. 17-19
  19. Romanisierung der paschtunischen Schrift auf loc.gov (PDF-Datei)
  20. W. M. Thackston: ورديى سۆرانى زمانى — Sorani Kurdish — A Reference Grammar with Selected Readings auf fas.harvard.edu, S. 5 (PDF-Datei)
  21. Rozi Khan Burki: Dying Languages; Special Focus on Ormuri. Pakistan Journal of Public Administration; December 2001; Volume 6. No. 2
  22. a b Richard Ishida: Urdu script notes auf rishida.net. 2006
  23. Urdu Design Guide auf tdil.mit.gov.in (PDF-Datei)
  24. Alphabet des Kashmiri auf omniglot.com
  25. Sindhi Design Guide auf tdil.mit.gov.in (PDF-Datei)
  26. Jean Rahman Duval & Waris Abdukerim Janbaz: An Introduction to Latin-Script Uyghur. 2006; S. 4, 11f (PDF-Datei)
  27. vgl. Klaus Lagally: ArabTEX Typesetting Arabic and Hebrew User Manual Version 4.00. 2004 (PDF-Datei)

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