„Europa Regina“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Bussemacher Quad 1587 bavarikon.jpg|mini|hochkant=2|Matthias Quad nach Johannes Putsch: ''Europae Descriptio''. Kupferstich, 61 × 44 cm, Johann Bussemacher, Köln 1587.'''<ref>{{Internetquelle |url=https://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00113022-1 |titel=Staatliche Bibliothek Regensburg, Inv.-Nr. Gr/2Hist.pol.5,52a |titelerg=<nowiki>urn:nbn:de:bvb:12-bsb00113022-1</nowiki> |sprache=de |abruf=2024-03-04}}</ref> ''']]'''Europa regina''' ([[Latein|lateinisch]], deutsch ‚Königin Europa‘, ‚Europa als Königin‘) nennt man eine Landkarte des europäischen Kontinents in der Gestalt einer Königin mit den [[Reichskleinodien]]. Das Motiv kombiniert die meist nach Westen ausgerichtete [[Kartografie|kartographische]] Darstellung des Kontinents mit der figurativen Darstellung der mythischen Königstochter [[Europa (Tochter des Agenor)|Europa]], der späteren Königin von Kreta. Der Typus entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und war unter [[Kartograf|Kartographen]] bis ins 18.&nbsp;Jahrhundert zeitweise populär.
[[Datei:Europe As A Queen Sebastian Munster 1570.jpg|mini|''Europa regina'', handkolorierter Holzschnitt. In: [[Sebastian Münster]]: ''[[Cosmographia (Sebastian Münster)|Cosmographia]],'' Basel: Henricus Petri, 1628. S. 54.<ref>{{Internetquelle |autor=im Originalkontext: Sebastian Münster |url=https://archive.org/details/muenster_cosmographia_1628/page/54/mode/1up |titel=Cosmographia |titelerg=Basel: Henricus Petri, 1628. S. 54 |sprache=de |abruf=2014-01-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=im Originalkontext: Sebastian Münster |url=https://onlineonly.christies.com/s/fine-printed-books-manuscripts-including-americana/cosmographia-27/129705 |titel=Cosmographia |titelerg=Basel: Henricus Petri, 1628. S. 54 |werk=https://onlineonly.christies.com |hrsg=Christies. Online Auction 19988. Fine Printed Books and Manuscripts including Americana, 15. Oktober 2021, Lot 27 |sprache=en |abruf=2024-01-20}}</ref>]]

'''Europa regina''' ([[Lateinische Sprache|lat.]]: ''Königin Europa'', ''Europa als Königin'') nennt man eine kartenverwandte, nach Westen ausgerichtete Darstellung des europäischen Kontinents in der Gestalt einer Königin mit den [[Reichskleinodien]]. Das Motiv kombiniert die [[Kartografie|kartographische]] Darstellung des Kontinents mit einer Darstellung der mythischen Königstochter [[Europa (Tochter des Agenor)|Europa]], der späteren Königin von Kreta. Der Typus entstand in der ersten Hälfte des 16.&nbsp;Jahrhunderts und war unter [[Kartograf|Kartographen]] bis ins 18.&nbsp;Jahrhundert zeitweise populär.


== Beschreibung ==
== Beschreibung ==
Im Typus der ''Europa Regina'' hat der Kontinent Europa stets die Gestalt einer Dame im Hofkleid,<ref name="Werner2443">Elke Anna Werner: ''Triumphierende Europa – Klagende Europa. Zur visuellen Konstruktion europäischer Selbstbilder in der Frühen Neuzeit.'' Seite 243 ff. In: Roland Alexander Ißler; Almut-Barbara Renger (Hrsg.): ''Europa – Stier und Sternenkranz. Von der Union mit Zeus zum Staatenverbund.'' Bonn University Press, Vandenhoeck & Ruprecht, 2009, ISBN 3-89971-566-7, Seiten 241–260.</ref> die durch die [[Reichskrone]] in Form der [[Karolinger|karolingischen]] [[Bügelkrone]], den [[Reichsapfel]] und das [[Reichszepter]] als Herrscherin ausgezeichnet wird.<ref name="Landwehr2793">Achim Landwehr: ''Einführung in die europäische Kulturgeschichte'', Schöningh, Paderborn 2004, ISBN 3-8252-2562-3. Seite 279.</ref><ref name="Werner2443" /><ref name=":2">{{Literatur |Autor=Nicholas Detering und Dennis Pulina |Hrsg=Nicholas Detering, Clementina Marsico und Isabella Walser-Bürgler |Titel=Rivalry of Lament. Early Personifications of Europe in Neo-Latin Panegyrics for Charles V and Francis I. |Sammelwerk=Contesting Europe. A Comparative Perspectives on Early Modern Discourses on Europe (Fifteenth-Eighteenth Century) |Verlag=Brill |Ort=Leiden / Boston |Datum=2020 |ISBN=978-90-04-37605-2 |Seiten=13–38, hier S. 17–21 |Sprache=en}}</ref><ref name=":3">{{Literatur |Autor=Ulrich Heinen |Hrsg=Constanze Kirchner, Nicola Pauli und Ernst Wagner |Titel=Europa-Bilder als tragischer Ursprung des Kontinents. Einen Migrationsmythos transkulturell wahrnehmen |Sammelwerk=Transkulturelle Bildwelten – multiperspektivische Zugänge im Kunstunterricht. Praxisbeispiele und konzeptionelle Überlegungen |Verlag=Kopaed |Ort=München |Datum=2023 |ISBN=978-3-96848-111-1 |Seiten=197-225, hier S. 209-211}}</ref> Das Zepter wird dabei gelegentlich auch durch das [[Reichsschwert]] ersetzt (s.&nbsp;u.). Die Landkarte wird nach Westen ausgerichtet, so dass Spanien das Haupt und Portugal die Krone bilden.<ref name="Werner2443" /> Frankreich und das [[Heiliges Römisches Reich|Heilige Römische Reich]] stellen den Oberkörper dar mit Alpen und Rhein als schmückendem Halsgehänge.<ref name="Werner2443" /> Das Herz der Königin liegt im Original in Böhmen. In einer zeitgenössischen Beschreibung von [[Heinrich Bünting|Heinrich Büntings]] Europabildnis von 1587 (s.&nbsp;u.) ist das [[Königreich Böhmen]] „wie ein Güldener Pfenning oder wie ein rundes gehenge von Kleinodt“ und „mein hertzliebes Vaterland&nbsp;/ das [[Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel|Fürstenthumb Brunschwig]]“ das eigentliche Herz.<ref name=":02">{{Internetquelle |autor=Heinrich Bünting |url=https://books.google.de/books?id=LjRA-AeZLF4C |titel=Itinerarivm Sacrae Scriptvrae Das ist Ein Reisenbuch Vber die gantze heilige Schrifft: in zwey Bücher getheilet |titelerg=Wittemberg: Kirchner, 1587, 1. Teil, S. 11–18 |sprache=lat |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name="Picker2">{{Literatur |Autor=Marion Picker, Véronique Maleval, Florent Gabaude |Titel=Die Zukunft der Kartographie. Neue und nicht so neue epistemologische Krisen |Verlag=transcript Verlag |Ort=Bielefeld |Datum=2014 |ISBN=978-3-8394-1795-9 |Seiten=146 ff.}}</ref> Nach einer anderen Interpretation liegt das Herz der Jungfrau Europa in Deutschland. Das lange Gewand umfasst meist Ungarn, den Balkan, „[[Sarmatien|Sarmatia]]“, Polen, Litauen, Livland und Bulgarien. Die Donau fungiert in vielen Fassungen als schmückende Leibkette. Dänemark stellt die linke Hand dar, die das [[Zepter]] hält. Die Arme werden meist durch die italische Halbinsel und Dänemark gebildet, in den Händen hält die Königin rechts Sizilien als Reichsapfel und links meist das Zepter.<ref name="Werner2443" /> Die meisten Varianten zeigen am Rand der Karte Afrika, Asien, die Britischen Inseln und Skandinavien nur teilweise und schematisiert.
Im Typus der ''Europa Regina'' hat der Kontinent Europa stets die Gestalt einer Dame im Hofkleid,<ref name="Werner2443">Elke Anna Werner: ''Triumphierende Europa – Klagende Europa. Zur visuellen Konstruktion europäischer Selbstbilder in der Frühen Neuzeit.'' In: Roland Alexander Ißler, Almut-Barbara Renger (Hrsg.): ''Europa&nbsp;– Stier und Sternenkranz. Von der Union mit Zeus zum Staatenverbund.'' Bonn University Press, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 3-89971-566-7, S.&nbsp;241–260, hier S.&nbsp;243 ff.</ref> die durch die [[Reichskrone]] in Form der [[Karolinger|karolingischen]] [[Bügelkrone]], den [[Reichsapfel]] und das [[Reichszepter]] als Herrscherin ausgezeichnet wird.<ref name="Landwehr2793">Achim Landwehr: ''Einführung in die europäische Kulturgeschichte.'' Schöningh. Paderborn 2004, ISBN 3-8252-2562-3. Seite 279.</ref><ref name="Werner2443" /><ref name=":2">{{Literatur |Autor=Nicholas Detering, Dennis Pulina |Hrsg=Nicholas Detering, Clementina Marsico, Isabella Walser-Bürgler |Titel=Rivalry of Lament. Early Personifications of Europe in Neo-Latin Panegyrics for Charles&nbsp;V. and Francis&nbsp;I. |Sammelwerk=Contesting Europe. A Comparative Perspectives on Early Modern Discourses on Europe (Fifteenth-Eighteenth Century) |Verlag=Brill |Ort=Leiden&nbsp;/ Boston |Datum=2020 |ISBN=978-90-04-37605-2 |Seiten=13–38 |Fundstelle=hier S.&nbsp;17–21 |Sprache=en}}</ref><ref name=":3">{{Literatur |Autor=Ulrich Heinen |Hrsg=Constanze Kirchner, Nicola Pauli und Ernst Wagner |Titel=Europa-Bilder als tragischer Ursprung des Kontinents. Einen Migrationsmythos transkulturell wahrnehmen |Sammelwerk=Transkulturelle Bildwelten – multiperspektivische Zugänge im Kunstunterricht. Praxisbeispiele und konzeptionelle Überlegungen |Verlag=Kopaed |Ort=München |Datum=2023 |ISBN=978-3-96848-111-1 |Seiten=197-225 |Fundstelle=hier S.&nbsp;209–211}}</ref> Das Zepter wird dabei gelegentlich auch durch das [[Reichsschwert]] ersetzt (s.&nbsp;u.). Die Landkarte wird nach Westen ausgerichtet, so dass Spanien das Haupt und Portugal die Krone bilden.<ref name="Werner2443" /> Frankreich und das [[Heiliges Römisches Reich|Heilige Römische Reich]] stellen den Oberkörper dar mit Alpen und Rhein als schmückendem Halsgehänge.<ref name="Werner2443" /> Das Herz der Königin liegt im Original in Böhmen. In einer zeitgenössischen Beschreibung von [[Heinrich Bünting]]s (1545–1606) Europabildnis von 1587 (s.&nbsp;u.) ist das [[Königreich Böhmen]] „wie ein Güldener Pfenning oder wie ein rundes gehenge von Kleinodt“ und „mein hertzliebes Vaterland&nbsp;/ das [[Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel|Fürstenthumb Brunschwig]]“ das eigentliche Herz.<ref name=":02">{{Internetquelle |autor=Heinrich Bünting |url=https://books.google.de/books?id=LjRA-AeZLF4C |titel=Itinerarium Sacrae Scripturae Das ist Ein Reisenbuch Uber die gantze heilige Schrifft: in zwey Bücher getheilet |titelerg=Zacharias Kraft, Wittemberg / Ambrosius Kirchner, Magdeburg 1587, Teil&nbsp;1, S.&nbsp;11–18 |sprache=la |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name="Picker2">{{Literatur |Autor=Marion Picker, Véronique Maleval, Florent Gabaude |Titel=Die Zukunft der Kartographie. Neue und nicht so neue epistemologische Krisen |Verlag=transcript Verlag |Ort=Bielefeld |Datum=2014 |ISBN=978-3-8394-1795-9 |Seiten=146 ff.}}</ref> Nach einer anderen Interpretation liegt das Herz der Jungfrau Europa in Deutschland. Das lange Gewand umfasst meist Ungarn, den Balkan, „[[Sarmatien|Sarmatia]]“, Polen, Litauen, Livland und Bulgarien. Die Donau fungiert in vielen Fassungen als schmückende Leibkette. Dänemark stellt die linke Hand dar, die das [[Zepter]] hält. Die Arme werden meist durch die italische Halbinsel und Dänemark gebildet, in den Händen hält die Königin rechts Sizilien als Reichsapfel und links meist das Zepter.<ref name="Werner2443" /> Die meisten Varianten zeigen am Rand der Karte Afrika, Asien, die Britischen Inseln und Skandinavien nur teilweise und schematisiert.


== Benennung ==
== Benennung ==
Die Bezeichnung des Darstellungstypus als ''Europa regina'' entstand erst spät. Zeitgenossen benannten den Typus meist als ''Europa in forma virginis''<ref name=":02" /><ref name=":6">{{Literatur |Autor=Wolfgang Schmale |Hrsg=Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal |Titel=Das Reich als Paradies |Sammelwerk=Lesebuch altes Reich |WerkErg=(bibliothek Altes Reich, Bd 1) |Verlag=Oldenbourg Wissenschaftsverlag |Ort=München |Datum=2006 |ISBN=3-486-57909-6 |Seiten=59-66, hier S. 63}}</ref> &nbsp;– „Europa in der Gestalt einer Jungfrau“. Gelegentlich wird der Typus heute auch als ''Europa-Imago'' bezeichnet.<ref name="Schmale244">Wolfgang Schmale: ''Europa, Braut der Fürsten. Politische Relevanz des Europamythos im 17. Jahrhundert.'' S. 244. In: Klaus Bussmann; Elke Anna Werner (Hrsg.): ''Europa im 17. Jahrhundert. Ein politischer Mythos und seine Bilder''. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08274-3.</ref>
Die Bezeichnung des Darstellungstypus als ''Europa regina'' entstand erst spät. Auf der ältesten Darstellung wird dieser Typus 1534 als ''sub forma Europa puellae''<ref name="Wawruschka-Kramurium">{{Internetquelle |autor=Celine Wawruschka |url=https://www.derstandard.de/story/2000100357318/kartographischer-sonderfund-die-koenigin-europa-in-retz |titel=Kartografischer Sonderfund: Die Königin Europa in Retz |werk=DerStandard |datum=2019-03-28 |sprache=de-AT |abruf=2024-01-09}}</ref><ref name=":7" />&nbsp;– „Europa in der Gestalt eines Mädchens“&nbsp;– beschrieben. Ab 1587 wurde der Typus meist als ''Europa in forma virginis''<ref name=":02" /><ref name=":6">{{Literatur |Autor=Wolfgang Schmale |Hrsg=Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal |Titel=Das Reich als Paradies |Sammelwerk=Lesebuch altes Reich |Reihe=bibliothek Altes Reich |BandReihe=1 |Verlag=Oldenbourg Wissenschaftsverlag |Ort=München |Datum=2006 |ISBN=3-486-57909-6 |Seiten=59–66 |Fundstelle=hier S.&nbsp;63}}</ref><ref name=":7" />&nbsp;– „Europa in der Gestalt einer Jungfrau“ bezeichnet. In der Forschung wird der Typus heute gelegentlich auch ''Europa-Imago'' genannt.<ref name="Schmale244">Wolfgang Schmale: ''Europa, Braut der Fürsten. Politische Relevanz des Europamythos im 17.&nbsp;Jahrhundert.'' In: Klaus Bussmann, Elke Anna Werner (Hrsg.): ''Europa im 17.&nbsp;Jahrhundert. Ein politischer Mythos und seine Bilder.'' Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08274-3, S.&nbsp;241–267.</ref>


== Vorläufer ==
== Vorläufer ==
Die Orientierung einer Karte nach Westen, ihre Zentrierung auf Europa und ihre menschengestaltige Darstellung sind im Mittelalter sehr selten. [[Kosmografie|Kosmographische]] Karten waren vielmehr nach Osten, auf Jerusalem, ausgerichtet. Europa, Asien und Afrika waren auf den [[Radkarte|Radkarten]] im sogenannten TO-Schema angeordnet.<ref name="Borgolte2">Michael Borgolte: ''Perspektiven europäischer Mittelalterhistorie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert.'' S. 16. In: Ralf Lusiardi, Michael Borgolte (Hrsg.): ''Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs'', Akademie Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-05-003663-X, Seiten 13–28.</ref> Indem sie Kopf, Hände und Füße kreuzförmig an den Rändern einer solchen Radkarte anordnet, stellt eine dieser Karten, die [[Ebstorfer Weltkarte]] von um 1300, die Welt allerdings ausnahmsweise [[Anthropomorphismus|anthropomorphisierend]] dar.<ref>{{Literatur |Autor=Hartmut Kugler [Hrsg.] |Titel=Die Ebstorfer Weltkarte |TitelErg=2 Bde. |Auflage=kommentierte Neuausgabe |Verlag=wbg Edition |Ort=Darmstadt |Datum=2020 |ISBN=978-3-05-004117-9}}</ref> Die einzigen anderen Beispiele anthropomorphisierter Karten des Mittelalters bieten die in zwei rätselhaften Manuskripten erhaltenen kartographischen Karten des Mittelmeerraumes von [[Opicinus de Canistris]], die sukzessive zwischen 1337 und 1352 entstanden sind. In ihnen sind mit wechselnden Geschlechterrollen ein gutes Europa und ein böses Afrika einander auf beiden Seiten eines diabolischen Mittelmeers als streitendes Paar gegenübergestellt.<ref>{{Internetquelle |autor=Opicinus de Canistris |url=https://digi.vatlib.it/view/MSS_Vat.lat.6435 |titel=Vat.lat.6435 |hrsg=Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana |sprache=lat |abruf=2024-01-12}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Opicinus de Canistris |url=https://digi.vatlib.it/view/MSS_Pal.lat.1993 |titel=Pal. lat. 1993 |hrsg=Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana |sprache=lat |abruf=2024-01-12}}</ref><ref name="BennholdtThomsen" /><ref name="Borgolte2" /> Karten, die auf Europa zentriert waren, blieben sehr selten; die einzigen bekannten Exemplare sind eine auf 1112 datierte Karte aus dem [[Liber Floridus]] von [[Lambert de Saint-Omer]] und eine [[Byzantinisches Reich|byzantinische]] Karte aus dem 14. Jahrhundert.<ref name="Borgolte2" />
Die Orientierung einer Karte nach Westen, ihre Zentrierung auf Europa und ihre menschengestaltige Darstellung sind im Mittelalter sehr selten. [[Kosmografie|Kosmographische]] Karten waren vielmehr nach Osten, auf Jerusalem, ausgerichtet. Europa, Asien und Afrika waren auf den [[Radkarte]]n im sogenannten TO-Schema angeordnet.<ref name="Borgolte2">Michael Borgolte: ''Perspektiven europäischer Mittelalterhistorie an der Schwelle zum 21.&nbsp;Jahrhundert.'' In: Ralf Lusiardi, Michael Borgolte (Hrsg.): ''Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs.'' Akademie Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-05-003663-X, S.&nbsp;13–28, hier S.&nbsp;16.</ref> Indem sie Kopf, Hände und Füße kreuzförmig an den Rändern einer solchen Radkarte anordnet, stellt eine dieser Karten, die [[Ebstorfer Weltkarte]] von um 1300, die Welt allerdings ausnahmsweise [[Anthropomorphismus|anthropomorphisierend]] dar.<ref>{{Literatur |Autor=Hartmut Kugler [Hrsg.] |Titel=Die Ebstorfer Weltkarte |TitelErg=2&nbsp;Bände |Auflage=kommentierte Neuausgabe |Verlag=wbg Edition |Ort=Darmstadt |Datum=2020 |ISBN=978-3-05-004117-9}}</ref> Die einzigen anderen Beispiele anthropomorphisierter Karten des Mittelalters bieten die in zwei rätselhaften Manuskripten erhaltenen kartographischen Karten des Mittelmeerraumes von [[Opicinus de Canistris]] (1296&nbsp;– um 1353), die sukzessive zwischen 1337 und 1352 entstanden sind. In ihnen sind mit wechselnden Geschlechterrollen ein gutes Europa und ein böses Afrika einander auf beiden Seiten eines diabolischen Mittelmeers als streitendes Paar gegenübergestellt.<ref>{{Internetquelle |autor=Opicinus de Canistris |url=https://digi.vatlib.it/view/MSS_Vat.lat.6435 |titel=Vat.&nbsp;lat.&nbsp;6435 |hrsg=Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana |sprache=la |abruf=2024-01-12}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Opicinus de Canistris |url=https://digi.vatlib.it/view/MSS_Pal.lat.1993 |titel=Pal.&nbsp;lat.&nbsp;1993 |hrsg=Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana |sprache=la |abruf=2024-01-12}}</ref><ref name="BennholdtThomsen" /><ref name="Borgolte2" /> Karten, die auf Europa zentriert waren, blieben sehr selten; die einzigen bekannten Exemplare sind eine auf 1112 datierte Karte aus dem [[Liber Floridus]] von [[Lambert de Saint-Omer]] und eine [[Byzantinisches Reich|byzantinische]] Karte aus dem 14.&nbsp;Jahrhundert.<ref name="Borgolte2" />


== Erstfassung ==
== Erstfassung ==
Erst der Tiroler Kartograph Johannes Putsch (latinisiert ''Johannes Bucius Aenicola'')<ref>{{Internetquelle |autor=Karlheinz Töchterle u.a. |url=https://web.archive.org/web/20060913074959/http://www.uibk.ac.at:80/sprachen-literaturen/tyrolis-latina/auctores.html#jputsch |titel=Putsch, Johannes |titelerg=100 ausgewählte Autoren |werk=Tirolensia Latina – Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol |hrsg=Universität Innsbruck, Institut für Sprachen und Literaturen/Abt.Latinistik |datum=2006-09-13 |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref><ref name=":5">{{Internetquelle |autor=Peter Meurer |url=https://doi.org/10.4000/belgeo.7711 |titel=Europa Regina. 16th century maps of Europe in the form of a queen |werk=Belgeo 3–4, 2008, S. 355–370, hier S. 222–227 |datum=2013-05-22 |sprache=en |abruf=2023-07-12}}</ref> produzierte Mitte der 1530er Jahre wieder eine Europakarte. Diese stellte den Kontinent Europa zudem erstmals im Typus der ''Europa regina'' dar.<ref name="Borgolte2" /> Das einzige noch bekannte Exemplar der ältesten Fassung dieser Karte, ein 1534 von Jobst Dennecker in Augsburg geschaffener Holzschnitt,<ref name="Wawruschka-Kramurium">{{Internetquelle |autor=Celine Wawruschka |url=https://www.derstandard.de/story/2000100357318/kartographischer-sonderfund-die-koenigin-europa-in-retz |titel=Kartografischer Sonderfund: Die Königin Europa in Retz |werk=DerStandard |datum=2019-03-28 |sprache=de-AT |abruf=2024-01-09}}</ref> wurde 2019 im Stadtmuseum Retz<ref>[https://www.museumretz.at/de/node/44 Eintrag auf der Homepage des Stadtmuseums Retz.]</ref> entdeckt.<ref name="Wawruschka-Kramurium" /><ref>{{Internetquelle |autor=Wolfgang Schmale |url=https://wolfgangschmale.eu/europa-regina/ |titel=Europa Regina |werk=Mein Europa |hrsg=Wolfgang Schmale |datum=2019-06-24 |sprache=de |abruf=2024-01-01}}</ref><ref name=":2" /><ref name=":3" /> Anders als alle späteren Kopien und Variationen enthält dieses Blatt auch das zugehörige [[Widmung|Widmungsgedicht]] und ein passendes [[Elegie|Klagegedicht]] der Europa, das 1544 in einer Gedichtanthologie noch einmal nachgedruckt wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Bucius Aenicola [Johannes Putsch] |url=https://books.google.de/books?id=UyY8AAAAcAAJ |titel=Lamentatio Europae ad Carolum V. Caesarem et Ferdinandum Romanorum regem fratres |werk=Poematia aliquot insignia illustrium poetarum recentiorum, s.p., |hrsg=Basel: Robert Winter |datum=1544 |sprache=lat |abruf=2023-01-07}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=Nicholas Detering |Titel=Krise und Kontinent. Die Entstehung der deutschen Europa-Literatur in der Frühen Neuzeit |Verlag=Böhlau |Ort=Köln und Wien |Datum=2017 |ISBN=978-3-412-50719-0 |Seiten=73 f., 83-87, 277, 297}}</ref><ref name=":2" /> Der Entstehungskontext der Fassung von 1534 ist durch das Widmungsgedicht an den späteren Kaiser [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand I.]] aus dem Hause [[Habsburgermonarchie|Habsburg]]&nbsp;– damals designierter Nachfolger seines Bruders [[Karl V. (HRR)|Karl V.]] auf dem Kaiserthron, König von Böhmen, Kroatien und Ungarn sowie [[Römisch-deutscher König|Römischer König]]&nbsp;– dokumentiert, zu dessen Entourage Putsch seit jungen Jahren gehörte.<ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /><ref name=":2" /> Michael von Eitzing überliefert 1583, dass ein Exemplar des Blattes 1535 zudem Ferdinands Bruder, Kaiser Karl V., in Italien überreicht wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Aitsingerus [Michael von Aitzing] |url=https://books.google.de/books?id=SBdhAAAAcAAJ |titel=Praefatio &#91;s.p., fol. 1r: „De Leone Belgico“&#93;, in: De Leone Belgico, eiusq&#91;ue&#93; Topographica atq&#91;ue&#93; historica descriptione liber |titelerg=Köln: Hogenberg 1583 |sprache=lat |abruf=2024-01-07}}</ref><ref name=":5" /><ref name=":3" /> Geographische Informationen zu Ungarn und dem Balkan entnahm Putsch 1534 wohl der von [[Lazarus Secretarius]] entworfenen und von [[Georg Tannstetter]] überarbeiteten Landkarte ''[[Tabula Hungarie|Tabula Hungariae]]'' von 1528.<ref name=":42">{{Internetquelle |autor=Александар Узелац [Aleksandar Uzelac] |url=https://www.academia.edu/68106297/_%D0%9A%D1%80%D0%B0%D1%99%D0%B8%D1%86%D0%B0_%D0%95%D0%B2%D1%80%D0%BE%D0%BF%D0%B0_%D0%91%D0%B5%D0%BE%D0%B3%D1%80%D0%B0%D0%B4%D1%81%D0%BA%D0%B8_%D0%B8%D1%81%D1%82%D0%BE%D1%80%D0%B8%D1%98%D1%81%D0%BA%D0%B8_%D0%B3%D0%BB%D0%B0%D1%81%D0%BD%D0%B8%D0%BA_12_2021_19_35_Europa_Regina_ |titel=‚Краљица Европа‘ &#91;Europa Regina&#93;. In: Београдски историјски гласник &#91;Belgrade Historical Review&#93; |titelerg=12, 2021, S. 19–35 |sprache=srp |abruf=2024-01-01}}</ref>
Erst der Tiroler Kartograph [[Johannes Putsch]] (latinisiert ''Johannes Bucius Aenicola''; 1516–1542)<ref>{{Internetquelle |autor=Karlheinz Töchterle u.a. |url=https://web.archive.org/web/20060913074959/http://www.uibk.ac.at:80/sprachen-literaturen/tyrolis-latina/auctores.html#jputsch |titel=Putsch, Johannes |titelerg=100 ausgewählte Autoren |werk=Tirolensia Latina – Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol |hrsg=Universität Innsbruck, Institut für Sprachen und Literaturen/Abt.Latinistik |datum=2006-09-13 |sprache=de |abruf=2023-01-09}}</ref><ref name=":5">{{Internetquelle |autor=Peter Meurer |url=https://doi.org/10.4000/belgeo.7711 |titel=Europa Regina. 16th century maps of Europe in the form of a queen |titelerg=''Belgeo.'' Band&nbsp;3–4, 2008, S.&nbsp;355–370, hier S.&nbsp;222–227 |datum=2013-05-22 |sprache=en |abruf=2023-07-12}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Horst |url=https://www.bbkl.de/index.php/frontend/lexicon/P/Pu-Py/putsch-johannes-83731 |titel=Johannes Putsch (1516–1542) |titelerg=In: ''Bautz. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon.'' Band&nbsp;XLIV, Ergänzungen&nbsp;XXXI, 2022, Sp.&nbsp;1052–1086. |sprache=de |abruf=2024-03-23}}</ref> produzierte Mitte der 1530er Jahre wieder eine Europakarte. Diese stellte den Kontinent Europa zudem erstmals im Typus der ''Europa regina'' dar.<ref name="Borgolte2" /> Das einzige noch bekannte Exemplar der ältesten Fassung dieser Karte, ein 1534 von [[Jobst Dennecker]] (†&nbsp;vor&nbsp;1548) in Augsburg geschaffener Holzschnitt, wurde 2019 im Stadtmuseum Retz entdeckt.<ref name="Wawruschka-Kramurium" /><ref>{{Internetquelle |url=https://www.museumretz.at/de/node/44 |titel=Königin Europa {{!}} Museum Retz |werk=Museum Retz |abruf=2024-03-05}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Wolfgang Schmale |url=https://wolfgangschmale.eu/europa-regina/ |titel=Europa Regina |werk=Mein Europa |hrsg=Wolfgang Schmale |datum=2019-06-24 |sprache=de |abruf=2024-01-01}}</ref><ref name=":2" /><ref name=":3" /><ref name=":7" /> Anders als alle späteren Kopien und Variationen enthält dieses Blatt auch das zugehörige [[Widmung]]sgedicht und ein passendes [[Elegie|Klagegedicht]] der Europa, das 1544 in einer Gedichtanthologie noch einmal nachgedruckt wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Bucius Aenicola [Johannes Putsch] |url=https://books.google.de/books?id=UyY8AAAAcAAJ |titel=Lamentatio Europae ad Carolum V. Caesarem et Ferdinandum Romanorum regem fratres |werk=Poematia aliquot insignia illustrium poetarum recentiorum, s.&nbsp;p. |hrsg=Robert Winter, Basel |datum=1544 |sprache=la |abruf=2023-01-07}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=[[Nicolas Detering]] |Titel=Krise und Kontinent. Die Entstehung der deutschen Europa-Literatur in der Frühen Neuzeit |Verlag=Böhlau |Ort=Köln und Wien |Datum=2017 |ISBN=978-3-412-50719-0 |Seiten=73 f., 83–87, 277, 297}}</ref><ref name=":2" /> Der Entstehungskontext der Fassung von 1534 ist durch das Widmungsgedicht an den späteren Kaiser [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand&nbsp;I.]] (1503–1564) aus dem Hause [[Habsburgermonarchie|Habsburg]]&nbsp;– damals designierter Nachfolger seines Bruders [[Karl V. (HRR)|Karl&nbsp;V.]] (1500–1558) auf dem Kaiserthron, König von Böhmen, Kroatien und Ungarn sowie [[Römisch-deutscher König|Römischer König]]&nbsp;– dokumentiert, zu dessen Entourage Putsch seit jungen Jahren gehörte.<ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /><ref name=":2" /> [[Michael von Aitzing]] (um 1530–1598) überliefert 1583, dass ein Exemplar des Blattes 1535 zudem Ferdinands Bruder, Kaiser Karl&nbsp;V., in Italien überreicht wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Aitsingerus [Michael von Aitzing] |url=https://books.google.de/books?id=SBdhAAAAcAAJ |titel=Praefatio &#91;s.p., fol.&nbsp;1<sup>r</sup>: „De Leone Belgico“&#93;, in: De Leone Belgico, eiusq&#91;ue&#93; Topographica atq&#91;ue&#93; historica descriptione liber |titelerg=Hogenberg, Köln 1583 |sprache=la |abruf=2024-01-07}}</ref><ref name=":5" /><ref name=":3" /> Geographische Informationen zu Ungarn und dem Balkan entnahm Putsch 1534 wohl der von [[Lazarus Secretarius]] entworfenen und von [[Georg Tannstetter]] (1482–1535) überarbeiteten Landkarte ''[[Tabula Hungarie|Tabula Hungariae]]'' von 1528.<ref name=":42">{{Internetquelle |autor=Александар Узелац [Aleksandar Uzelac] |url=https://www.academia.edu/68106297/_%D0%9A%D1%80%D0%B0%D1%99%D0%B8%D1%86%D0%B0_%D0%95%D0%B2%D1%80%D0%BE%D0%BF%D0%B0_%D0%91%D0%B5%D0%BE%D0%B3%D1%80%D0%B0%D0%B4%D1%81%D0%BA%D0%B8_%D0%B8%D1%81%D1%82%D0%BE%D1%80%D0%B8%D1%98%D1%81%D0%BA%D0%B8_%D0%B3%D0%BB%D0%B0%D1%81%D0%BD%D0%B8%D0%BA_12_2021_19_35_Europa_Regina_ |titel=‚Краљица Европа‘ &#91;Europa Regina&#93;. In: Београдски историјски гласник &#91;Belgrade Historical Review&#93; |titelerg=12, 2021, S.&nbsp;19–35 |sprache=sr |abruf=2024-01-01}}</ref>


== Kopien ==
== Kopien ==
[[Datei:QUAD Europae descriptio 1587.jpg|mini|hochkant=2|Matthias Quad (Kupferstich) nach Johannes Putsch (Inventor): ''Europae Descriptio.'' 61&nbsp;× 44 cm, Johann Bussemacher, Köln 1587.<ref name=":11">{{Internetquelle |autor=Matthias Quad (Kupferstich) nach Johannes Putsch (Entwurf) |url=https://collections.library.yale.edu/catalog/15259152 |titel=Europae Descriptio |titelerg=61&nbsp;× 44 cm, Kupferstich, Köln: Johann Bussemacher, 1587. Yale University Library, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Call Number 30an 1587, Container / Volume BRBL_00037 |sprache=la, de |abruf=2024-03-05}}</ref> ]]
Der von Putsch erfundene Darstellungstypus erfreute sich in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts größerer Beliebtheit. Die Erstfassung von 1534 kopiert bereits 1537 ein Holzschnitt des den [[Burgundische Niederlande|burgundischen Niederlanden]] stammenden [[Calvinismus|reformierten]] Druckers und Buchhändlers [[Christian Wechel]] in Paris, der&#160;im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum erhalten ist,<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Wolfgang Schmale |Titel=Europa – die weibliche Form |Sammelwerk=L’Homme. Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft |Band=11 |Nummer=2 |Datum=2000 |Seiten=211–233}}</ref><ref name=":5" /><ref name=":2" /> graphisch und typographisch grob, aber inhaltlich vollständig. Ein Zeitgenosse betonte, dass diese Fassung als Wandkarte genutzt werden könne, da sie auf der Rückseite nicht bedruckt war.<ref name=":12">{{Internetquelle |autor=Conrad Gesner |url=https://books.google.de/books?id=A29MAAAAcAAJ |titel=Bibliotheca Universalis &#91;…&#93; |titelerg=Zürich: Froschauer, 1545, f. 393v |sprache=lat |abruf=2024-01-07}}</ref><ref name=":2" />
Der von Putsch erfundene Darstellungstypus erfreute sich in der 2.&nbsp;Hälfte des 16.&nbsp;Jahrhunderts größerer Beliebtheit. Die Erstfassung von 1534 kopiert bereits 1537 ein Holzschnitt des aus den [[Burgundische Niederlande|Burgundischen Niederlanden]] stammenden [[Calvinismus|reformierten]] Druckers und Buchhändlers [[Christian Wechel]] (1495–1554) in Paris<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Wolfgang Schmale |Titel=Europa – die weibliche Form |Sammelwerk=L’Homme. Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft |Band=11 |Nummer=2 |Datum=2000 |Seiten=211–233}}</ref><ref name=":5" /><ref name=":2" /> graphisch und typographisch grob, aber inhaltlich vollständig. Ein Zeitgenosse betonte, dass diese Fassung als Wandkarte genutzt werden könne, da sie auf der Rückseite nicht bedruckt war.<ref name=":12">{{Internetquelle |autor=Conrad Gesner |url=https://books.google.de/books?id=A29MAAAAcAAJ |titel=Bibliotheca Universalis &#91;…&#93; |titelerg=Froschauer, Zürich 1545, fol.&nbsp;393<sup>v</sup> |sprache=la |abruf=2024-01-07}}</ref><ref name=":2" /> Auf der Rückseite des einzigen bekannten Exemplars dieser Fassung, die sich im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum befindet, wurde später allerdings eine gedruckte Tafel mit einer Beschreibung angebracht,<ref>{{Internetquelle |autor=Sebastião Tavares de Pinho |url=http://books.uc.pt/chapter?chapter=72041 |titel=A descrição camoniana da europa e a cartografia ginecomórfica |titelerg=In: José Seabra Pereira, Manuel Ferro (Hrsg.): ''Actas da VI reunião internacional de Camonistas.'' Imprensa da Universidade de Coimbra, S.&nbsp;252–279, hier S.&nbsp;272–274 |datum=2012-12-01 |sprache=pt |abruf=2024-02-01}}</ref> die, wie u.&nbsp;a. die [[Paginierung]] zeigt, jedoch aus einer der vielen nach 1587 erschienenen Ausgaben von Heinrich Büntings ''[[Itinerarium]] sacrae scripturae'' stammen muss,<ref name=":9" /> wo sie sich auf die dortige, an Putschs Vorbild angelehnte Darstellung bezieht.


1587 gab Jan Büchsenmacher unter dem Namen ''Europae descriptio'' (Beschreibung Europas) eine besonders getreu und qualitätvoll im Kupferstich gestaltete Fassung von Putschs Bilderfindung heraus, die der aus den Niederlanden stammende, in Köln ansässige und der reformierten Kirche angehörende [[Matthias Quad]] gestochen hatte.<ref>{{Internetquelle |autor=Matthias Quad (Kupferstich) nach Johannes Putsch (Inventor) |url=https://collections.library.yale.edu/catalog/15259152 |titel=Europae Descriptio |titelerg=61 x 44 cm, Köln: Jan Büchenmacher 1587 |hrsg=Yale University Library |sprache=lat/de |abruf=2024-02-08}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /> Es wurde vermutet, dass entsprechend der gängigen Nutzung von Darstellungen der Entführung der Europa durch Jupiter bei Fürstenhochzeiten mit Europa als Königin hier die damals mit Kaiser [[Rudolf II. (HRR)|Rudolf II.]] verlobte spanische Infantin [[Isabella Clara Eugenia von Spanien|Isabella Clara Eugenia]] gemeint sei. Damit sei es zugleich die bei Fürstenhochzeiten gängige Allegorie vom Herrscher, der sein Reich zur Braut nimmt, hier konkret vom Kaiser, der mit der anstehenden Hochzeit Europa als sein Reich zur Braut nehmen sollte.<ref name=":1" />
1587 gab [[Johann Bussemacher]] (vor 1577&nbsp;– nach 1616) unter dem Namen ''Europae descriptio'' (Beschreibung Europas) eine besonders getreu und qualitätvoll im Kupferstich gestaltete Fassung von Putschs Bilderfindung heraus, die der aus den Niederlanden stammende, in Köln ansässige und der reformierten Kirche angehörende [[Matthias Quad]] (1557&nbsp;– vor 29.&nbsp;Oktober 1613) gestochen hatte.<ref name=":11" /><ref name=":1" /><ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /> Es wurde vermutet, dass entsprechend der gängigen Nutzung von Darstellungen der Entführung der Europa durch Jupiter bei Fürstenhochzeiten mit Europa als Königin hier die damals mit Kaiser [[Rudolf II. (HRR)|Rudolf&nbsp;II.]] (1552–1612) verlobte spanische Infantin [[Isabella Clara Eugenia von Spanien|Isabella Clara Eugenia]] (1566–1633) gemeint sei. Damit sei es zugleich die bei Fürstenhochzeiten gängige Allegorie vom Herrscher, der sein Reich zur Braut nimmt, hier konkret vom Kaiser, der mit der anstehenden Hochzeit Europa als sein Reich zur Braut nehmen sollte.<ref name=":1" />


== Variationen ==
== Variationen ==
Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde die Europakarte des Johannes Putsch vielfach variiert.<ref name="Schmale244" />
Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde die Europakarte des Johannes Putsch vielfach variiert.<ref name="Schmale244" />


[[Guillaume Postel]] gab 1561 der Überlegung seiner [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand I.]] gewidmeten ''Cosmographiae Disciplinae Compendium'' (Kompendium der Lehre von der Kosmographie), Europa in „Iapetia“ umzubenennen, einen kleinen Holzschnitt bei, der die kartographische Gestalt des Kontinents grob verzerrte und losgelöst von den benachbarten Kontinenten in der angedeuteten Figur einer Königin zeigt,<ref name=":4">{{Internetquelle |autor=Guillaume Postel |url=https://books.google.de/books?id=CwC2B3BFSnAC |titel=Cosmographiae Disciplinae Compendium |titelerg=Basel: Johannes Oporinus, 1561, S. 5 |sprache=lat |abruf=2024-02-08}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Katharina N. Piechocki |Titel=Cartographic Humanism. The Making of Early Modern Europe |Ort=Chicago und London |Datum=2019 |ISBN=978-0-226-64118-8 |Seiten=107-111, Fig. 15 |Sprache=en}}</ref><ref name=":0" /> und erläutert dies im Text unter Bezug auf Putschs Fassung von 1537.<ref name=":4" /> Dieser Darstellung des Kontinents Europa/Iapetia als einsame Königin folgt – etwas feiner gezeichnet – 1642 eine Radierung in Georg Philipp Harsdörffers ''Frauen-Zimmer Gespräch-Spiel''.<ref>{{Internetquelle |autor=Anonym [Georg Philipp Harsdörffer] |url=https://books.google.de/books?id=8TRUAAAAcAAJ |titel=Frauen-Zimmer Gespräch-Spiel |titelerg=Bd. 2 (Anderer Theil). Nürnberg 1642, S. 184 |sprache=de |abruf=2024-01-09}}</ref><ref name=":0" />
[[Guillaume Postel]] (1510–1581) gab 1561 der Überlegung seiner [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand&nbsp;I.]] gewidmeten ''Cosmographiae Disciplinae Compendium'' (Kompendium der Lehre von der Kosmographie), Europa in „Iapetia“ umzubenennen, einen kleinen Holzschnitt bei, der die kartographische Gestalt des Kontinents grob verzerrte und losgelöst von den benachbarten Kontinenten in der angedeuteten Figur einer Königin zeigt,<ref name=":4">{{Internetquelle |autor=Guillaume Postel |url=https://books.google.de/books?id=CwC2B3BFSnAC |titel=Cosmographiae Disciplinae Compendium |titelerg=Johannes Oporinus, Basel 1561, S.&nbsp;5 |sprache=la |abruf=2024-01-09}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Katharina N. Piechocki |Titel=Cartographic Humanism. The Making of Early Modern Europe |Ort=Chicago / London |Datum=2019 |ISBN=978-0-226-64118-8 |Seiten=107-111, Fig. 15 |Sprache=en}}</ref><ref name=":0" /> und erläutert dies im Text unter Bezug auf Putschs Fassung von 1537.<ref name=":4" /> Dieser Darstellung des Kontinents Europa/Iapetia als einsame Königin folgt&nbsp;– etwas feiner gezeichnet&nbsp;– 1642 eine Radierung in [[Georg Philipp Harsdörffer]]s (1607–1658) ''Frauen-Zimmer Gespräch-Spiel''.<ref>{{Internetquelle |autor=Anonym [Georg Philipp Harsdörffer] |url=https://books.google.de/books?id=8TRUAAAAcAAJ |titel=Frauen-Zimmer Gespräch-Spiel |titelerg=Band 2 (Anderer Theil). Nürnberg 1642, S.&nbsp;184 |sprache=de |abruf=2024-01-09}}</ref><ref name=":0" />


In der Erläuterung der Weltkarte in seinem [[Wilhelm der Jüngere (Braunschweig-Lüneburg)|Wilhelm d.J.]], dem Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, gewidmeten ''[[Itinerarium]] sacrae scripturae'' (Wegeplan der Heiligen Schrift) von 1582 erklärte der Lutheraner [[Heinrich Bünting]], dass die Gestalt des Kontinents Europa einer „ligenden Jungfrawen“ mit Spanien als Haupt, Frankreich als Brust, Deutschland als Herz usw. gleiche, und deutete in der Weltkarte eine Annäherung der kartographischen Gestalt des Kontinents an die Formen einer menschlichen Gestalt zumindest rudimentar an.<ref>{{Internetquelle |autor=Heinrich Bünting |url=https://books.google.de/books?id=iEWOiaekuqgC |titel=Itinerarivm Sacræ Scriptvræ |titelerg=Helmstadt: Jacobus Lucius Siebenbürger, 1582, S. 7–9 |sprache=lat |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" /> Dabei folgte er einem Holzschnitt, der die anthropomorphisierende Andeutung der kartographischen Form in der Ausgabe von Sebastian Münsters ''Cosmographia'' von 1550 allerdings noch weniger deutlich ausgeprägt hatte.<ref>{{Internetquelle |autor=Sebastian Münster |url=https://books.google.de/books?id=yXwX-Ajin6wC |titel=Cosmographia universalis Libri VI |titelerg=Basel: Henricus Petrus, 1550, S. 56 |sprache=lat |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" />[[Datei:Europa Prima Pars Terrae in Forma Virginis.jpg|mini|''Europa regina'', handkolorierter Holzschnitt. In: [[Heinrich Bünting]]: ''Itinerarium sacrae scripturae.'' Bd. 1, aus einer Ausgabe ab 1587. S. 12 f.]]
In der Erläuterung der Weltkarte in seinem [[Wilhelm der Jüngere (Braunschweig-Lüneburg)|Wilhelm der Jüngere]] (1535–1592), dem Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, gewidmeten ''Itinerarium sacrae scripturae'' (Wegeplan der Heiligen Schrift) von 1582 erklärte der Lutheraner [[Heinrich Bünting]], dass die Gestalt des Kontinents Europa einer „ligenden Jungfrawen“ mit Spanien als Haupt, Frankreich als Brust, Deutschland als Herz usw. gleiche, und deutete in der Weltkarte eine Annäherung der kartographischen Gestalt des Kontinents an die Formen einer menschlichen Gestalt zumindest rudimentär an.<ref name=":9">{{Internetquelle |autor=Heinrich Bünting |url=https://books.google.de/books?id=iEWOiaekuqgC |titel=Itinerarium Sacrae Scripturae |titelerg=Jacobus Lucius Siebenbürger, Helmstadt 1582, S.&nbsp;7–9 |sprache=la |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" /> Dabei folgte er einem Holzschnitt, der die anthropomorphisierende Andeutung der kartographischen Form in der Ausgabe von [[Sebastian Münster]]s (1488–1552) ''Cosmographia'' von 1550 allerdings noch weniger deutlich ausgeprägt hatte.<ref>{{Internetquelle |autor=Sebastian Münster |url=https://books.google.de/books?id=yXwX-Ajin6wC |titel=Cosmographia universalis Libri VI |titelerg=Henricus Petri, Basel 1550, s.&nbsp;p.: ''General tafel begreifend der gantzen andern weldt beschreibung''; siehe auch die Beschreibung der Inseln Europas als Edelsteine einer Krone, ebd., p.&nbsp;xxxvi. |sprache=la |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" />[[Datei:Europa Prima Pars Terrae in Forma Virginis.jpg|mini|''Europa regina'', handkolorierter Holzschnitt. In: [[Heinrich Bünting]]: ''Itinerarium sacrae scripturae.'' Band&nbsp;1, aus einer Ausgabe ab 1587. S.&nbsp;12 f.]]
[[Datei:Europe as a queen map.JPG|mini|''Europa regina'', handkolorierter Holzschnitt. In: [[Heinrich Bünting]]: ''Itinerarium sacrae scripturae.'' Bd. 1, aus einer Ausgabe ab 1587. Comenius-Museum [[Naarden]].]]
[[Datei:Europe as a queen map.JPG|mini|''Europa regina'', handkolorierter Holzschnitt. In: [[Heinrich Bünting]]: ''Itinerarium sacrae scripturae.'' Band&nbsp;1, aus einer Ausgabe ab 1587. Comenius-Museum [[Naarden]].]]
Ab der Ausgabe von 1587 fügte Bünting in seinem ''Itinerarium'' auf einer Doppelseite eine Karte Europas in der ausgeprägten Gestalt einer Königin hinzu, wie Putsch es vorgeführt hatte.<ref>{{Internetquelle |autor=Heinrich Bünting |url=https://books.google.de/books?id=4MJOAAAAcAAJ |titel=Itinerarium sacrae scripturae |titelerg=Bd. 1. Wittenberg: Kirchner, 1587. S. 12 f. |sprache=lat |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /><ref name="Werner###">{{Literatur |Autor=Elke Anna Werner |Hrsg=Walter S. Melion, Bret Rothstein und Michel Weemans |Titel=Anthropomorphic Maps. On the Aesthetic Form and Political Function of Body Metaphors in the Early Modern Discourse |Sammelwerk=The Anthropomorphic Lens. Anthropomorphism, Microcosmism and Analogy in Early Modern Thought and Visual Arts (Intersections. Interdisciplinary Studies in Early Modern Culture) |Verlag=Brill |Ort=Leiden / Boston |Datum=2015 |ISBN=978-90-04-26170-9 |Seiten=251–270, hier S. 260 f. |Sprache=en}}</ref> Anders als bei Johannes Putsch ist diese Variante allerdings&nbsp;– wie die in der Seitenfolge unmittelbar vorangehende Weltkarte&nbsp;– genordet; entgegen der Konzeption einer stehenden Figur „liegt“ Europa nun. Auch fehlen bei Bünting die bei Putsch so zahlreichen Wappen sowie viele weitere Details; und die Landschaften sind&nbsp;– insbesondere für Osteuropa&nbsp;– weitaus gröber [[Generalisierung (Kartografie)|generalisiert]] wiedergegeben. Einige Städte sind aber von Putsch übernommen und weitere sogar neu hinzugekommen. Die Ansicht zeigt zudem zusätzliche Inseln um Europa herum: Neben Großbritannien sind dies [[Seeland (Dänemark)|Seeland]], [[Fünen]], [[Irland|Hibernia]], [[Korsika]], [[Sardinien]] sowie [[Malta]]. Auch sind nun „[[Moskowien|Moscovia]]“ und „[[Russland|Russia]]“ benannt.


Ab der Ausgabe von 1587 fügte Bünting in seinem ''Itinerarium'' auf einer Doppelseite eine Karte Europas in der ausgeprägten Gestalt einer Königin hinzu, wie Johannes Putsch es vorgeführt hatte.<ref>{{Internetquelle |autor=Heinrich Bünting |url=https://books.google.de/books?id=4MJOAAAAcAAJ |titel=Itinerarium Sacrae Scripturae Das ist Ein Reisenbuch Uber die gantze heilige Schrifft: in zwey Bücher getheilet |titelerg=Zacharias Kraft, Wittemberg / Ambrosius Kirchner, Magdeburg, 1587, Teil&nbsp;1, S.&nbsp;12–14 |sprache=la |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /><ref name="Werner###">{{Literatur |Autor=Elke Anna Werner |Hrsg=Walter&nbsp;S. Melion, Bret Rothstein, Michel Weemans |Titel=Anthropomorphic Maps. On the Aesthetic Form and Political Function of Body Metaphors in the Early Modern Discourse |Sammelwerk=''The Anthropomorphic Lens. Anthropomorphism, Microcosmism and Analogy in Early Modern Thought and Visual Arts'' (''Intersections. Interdisciplinary Studies in Early Modern Culture'') |Verlag=Brill |Ort=Leiden&nbsp;/ Boston |Datum=2015 |ISBN=978-90-04-26170-9 |Seiten=251–270 |Fundstelle=hier S.&nbsp;260 f. |Sprache=en}}</ref> Anders als bei Putsch ist diese Variante allerdings&nbsp;– wie die in der Seitenfolge unmittelbar vorangehende Weltkarte&nbsp;– genordet; entgegen der Konzeption einer stehenden Figur „liegt“ Europa nun. Auch fehlen bei Bünting die bei Putsch so zahlreichen Wappen sowie viele weitere Details; und die Landschaften sind&nbsp;– insbesondere für Osteuropa&nbsp;– weitaus gröber [[Generalisierung (Kartografie)|generalisiert]] wiedergegeben. Einige Städte sind aber von Putsch übernommen und weitere sogar neu hinzugekommen. Die Ansicht zeigt zudem zusätzliche Inseln um Europa herum: Neben Großbritannien sind dies [[Seeland (Dänemark)|Seeland]], [[Fünen]], [[Irland|Hibernia]], [[Korsika]], [[Sardinien]] sowie [[Malta]]. Auch sind nun „[[Moskowien|Moscovia]]“ und „[[Russland|Russia]]“ benannt.[[Datei:Europe As A Queen Sebastian Munster 1570.jpg|mini|''Europa regina'', handkolorierter Holzschnitt. In: [[Sebastian Münster]]: ''[[Cosmographia (Sebastian Münster)|Cosmographia]],'' [[Heinrich Petri|Henricus Petri]], Basel 1628. S.&nbsp;54.<ref>{{Internetquelle |autor=im Originalkontext: Sebastian Münster |url=https://archive.org/details/muenster_cosmographia_1628/page/54/mode/1up |titel=Cosmographia |titelerg=Henricus Petri, Basel 1628, S.&nbsp;54 |sprache=de |abruf=2014-01-20}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=im Originalkontext: Sebastian Münster |url=https://onlineonly.christies.com/s/fine-printed-books-manuscripts-including-americana/cosmographia-27/129705 |titel=Cosmographia |titelerg=Henricus Petri, Basel 1628, S.&nbsp;54 |werk=https://onlineonly.christies.com/ |hrsg=Christies. Online Auction 19988. Fine Printed Books and Manuscripts including Americana, 15.&nbsp;Oktober 2021, Lot&nbsp;27 |sprache=en |abruf=2024-01-20}}</ref> ]]
In den Ausgaben ''der [[Cosmographia (Sebastian Münster)|Cosmographia]]'' des zum Luthertum konvertierten [[Sebastian Münster]] erschien ab 1588 eine vereinfachte Nachgestaltung nach Putschs Vorlage,<ref>{{Internetquelle |autor=Sebastian Münster |url=https://books.google.de/books?id=PnWOwW4IqckC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ViewAPI |titel=Cosmographey Oder beschreibung Aller Länder herrschafftenn vnd fürnemesten Stetten des gantzen Erdbodens |titelerg=Basel: Henricpetri, 1588, p. xii |sprache=de |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Borgolte2" /><ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /><ref name="Werner###" /><ref name=":0" /> die wenigen älteren Auflagen möglicherweise nachträglich beigebunden wurde.<ref name=":6" />


In den Ausgaben ''der [[Cosmographia (Sebastian Münster)|Cosmographia]]'' des zum Luthertum konvertierten [[Sebastian Münster]] erschien ab 1588 eine vereinfachte Nachgestaltung nach Putschs Vorlage,<ref>{{Internetquelle |autor=Sebastian Münster |url=https://books.google.de/books?id=PnWOwW4IqckC |titel=Cosmographey Oder beschreibung Aller Länder herrschafftenn vnd fürnemesten Stetten des gantzen Erdbodens |titelerg=Henricus Petri, Basel 1588, p.&nbsp;xii |sprache=de |abruf=2024-01-08}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Borgolte2" /><ref name="Schmale244" /><ref name=":5" /><ref name="Werner###" /><ref name=":0" /> die wenigen älteren Auflagen möglicherweise nachträglich beigebunden wurde.<ref name=":6" />
Wie bei Putsch ist die Karte nach Westen ausgerichtet, und Europa steht aufrecht da. Wie bei Bünting sind aber viele der bei Putsch dargestellten Details weggelassen. Die [[Britische Inseln|britischen Inseln]] jedoch sind getreuer dargestellt, und „[[Moskowien|Moscovia]]“ und „[[Skythen|Scythia]]“ nun Teil der [[Legende (Karte)|Legende]]. Die Darstellungen nach Münster und Bünting wurden bis ins 17. Jahrhundert vielfach nachgedruckt.


Wie bei Putsch ist die Karte nach Westen ausgerichtet, und Europa steht aufrecht da. Wie bei Bünting sind aber viele der bei Putsch dargestellten Details weggelassen. Die [[Britische Inseln|britischen Inseln]] jedoch sind getreuer dargestellt, und „[[Moskowien|Moscovia]]“ und „[[Skythen|Scythia]]“ nun Teil der [[Legende (Karte)|Legende]]. Die Darstellungen nach Münster und Bünting wurden bis ins 17.&nbsp;Jahrhundert vielfach nachgedruckt.
Völlig neu interpretiert [[Frans Hogenberg]] das Motiv im Frontispiz zu dem 1588 erschienenen Kartenwerk ''De Europae Virginis, Tauro Insidentis, Topographica, Atque Historica Descriptione, Liber'' (Buch über die topographische und historische Beschreibung der Jungfrau Europas, die auf den Stier steigt) des [[Michael von Aitzing]], der eng mit den Habsburgern in Wien verbunden war. Unter der Inschrift ''Europa quatuor orbis terrar[um] Praesentiss[ima]'' (Europa, die mächtigste unter den vier Erdteilen) erscheint der Kontinent nun in der Gestalt der Königin Europa, die selbstbewusst auf einem Stier reitet&nbsp;– im Mythos Jupiter, der sich in einen Stier verwandelt hatte, um die Königstochter Europa zu entführen.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Aitsingero [Michael von Aitzing] |url=http://data.onb.ac.at/rep/108AED96 |titel=De Europae Virginis, Tavro Insidentis, Topographica, Atque Historica Descriptione, Liber |titelerg=Köln: Godefridum Kempensem, 1588, Frontispiz |sprache=lat |abruf=2024-02-08}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Isabella Walser-Bürgler |Hrsg=Maria Consiglia Alvino, Matteo Di Franco, Federica Rossetti, Gabriella Rubulotta |Titel=Draco volans: A Political Replacement of the Myth of Europe in Seventeenth-Century Latin Cosmographies |Sammelwerk=Le voyage d’Euope au fil des siècles / Europa’s Journey through the Ages: Histoire et Reception d’un Mythe Antique |WerkErg=(Recherches sur les Rhétoriques Religieuses 34) |Verlag=Brepols Publisher |Ort=Turnhout |Datum=2021 |ISBN=978-2-503-59153-7 |Seiten=87-104, hier S. 90, Anm. 10 |Sprache=en}}</ref>


Völlig neu interpretiert [[Frans Hogenberg]] (1535–1590) das Motiv im Frontispiz zu dem 1588 erschienenen Kartenwerk ''De Europae Virginis, Tauro Insidentis, Topographica, Atque Historica Descriptione, Liber'' (Buch über die topographische und historische Beschreibung der Jungfrau Europas, die auf den Stier steigt) des [[Michael von Aitzing]], der eng mit den Habsburgern in Wien verbunden war. Unter der Inschrift ''Europa quatuor orbis terrar[um] Praesentiss[ima]'' (Europa, die mächtigste unter den vier Erdteilen) erscheint der Kontinent nun in der Gestalt der Königin Europa, die selbstbewusst auf einem Stier reitet&nbsp;– im Mythos Jupiter, der sich in einen Stier verwandelt hatte, um die Königstochter Europa zu entführen.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael von Aitzing |url=https://data.onb.ac.at/rep/108AED96 |titel=De Europae Virginis, Tauro Insidentis, Topographica, Atque Historica Descriptione, Liber |titelerg=Godtfried Kempen, Köln 1588, Frontispiz |sprache=la |abruf=2024-01-09}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Isabella Walser-Bürgler |Hrsg=Maria Consiglia Alvino, Matteo Di Franco, Federica Rossetti, Gabriella Rubulotta |Titel=Draco volans: A Political Replacement of the Myth of Europe in Seventeenth-Century Latin Cosmographies |Sammelwerk=Le voyage d’Euope au fil des siècles / Europa’s Journey through the Ages. Histoire et Reception d’un Mythe Antique |Reihe=Recherches sur les Rhétoriques Religieuses |BandReihe=34 |Verlag=Brepols Publisher |Ort=Turnhout |Datum=2021 |ISBN=978-2-503-59153-7 |Seiten=87–104 |Fundstelle=hier S.&nbsp;90, Anm.&nbsp;10 |Sprache=en}}</ref>
Eine bildnerisch und politisch radikale Wendung gibt dem Motiv eine anonyme niederländische Radierung, die unter dem Titel ''Het Spaens Europa ben ic ghenomt'' (Das Spanische Europa werd’ ich genannt) einer 1598 in Holland erschienenen polemischen antispanischen Flugschrift beigegeben wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Anonym |url=https://archive.org/details/ned-kbn-all-00014585-001/page/n2/mode/2up |titel=Het Spaens Europa ben ic ghenomt |titelerg=s.l. [Amsterdam ?], August 1598 |sprache=nl |abruf=2024-02-08}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Werner###" /><ref name=":7">{{Literatur |Autor=Carmen Nocentelli |Titel=Rereading Elizabeth I as Europa |Sammelwerk=Publications of the Modern Language Association |Band=138 |Nummer=2 |Datum=2023 |Seiten=321-342 |Sprache=en}}</ref> In dieser [[Satire|satirischen]] Darstellung des Kontinents als Königin bedeckt das Gewand nun auch Skandinavien. England bildet die linke Hand, in der die heftig bewegte Königin das Reichsschwert schwingt. Auf dem Oberkörper ziehen in der Mitte Europas kleine berittene Krieger von Frankreich aus gegen die [[Habsburgische Niederlande|Habsburgischen Niederlande]], symbolisiert durch den von ihnen gejagten [[Leo Belgicus]] (Belgischen Löwen). Über der linken Schulter geht in der [[Biskaya|Biscaya]]&nbsp;– wie eine Inschrift, dem Ereignis vom Herbst 1588 folgend, erläutert&nbsp;– die spanische [[Spanische Armada|Armada]] unter.<ref name="Werner###" /><ref name=":7" /> Unter dem Titel ''Het Spaens Europa'' (Das Spanische Europa) wird das Motiv im selben Jahr wohl in Frankfurt am Main in einer weiteren anonymen Radierung wiederholt und durch weitere Kampfmotive ergänzt.<ref>{{Internetquelle |autor=Anonym |url=https://collections.musee-mccord-stewart.ca/fr/objects/435054/het-spaens-europa-spanish-europe |titel=Het Spaens Europa |titelerg=Radierung, 25,5 x 33 cm, Frankfurt am Main, 1598, McCord Stewart Museum. Collection Stewart, Montreal |sprache=nl |abruf=2024-02-08}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Werner###" /> Um das Blatt als Beigabe einer [[Meßrelation|Messrelation]] verbreiten zu können, wurde es durch die kurze Erläuterung in deutscher Sprache ergänzt,<ref name=":7" /> dass die Holländer mit dieser Darstellung im August 1598 verdeutlicht hätten, warum sie in der aktuellen Lage ein Friedensangebot des habsburgischen Spanien nicht annehmen.<ref name=":7" />


Bildnerisch originell und politisch radikal wendet eine anonyme niederländische Radierung, die unter dem Titel ''Het Spaens Europa ben ic ghenomt'' (Das Spanische Europa werd’ ich genannt) einer 1598 in Holland erschienenen polemischen antihabsburgischen Flugschrift beigegeben wurde, das Motiv gegen die Habsburger.<ref>{{Internetquelle |autor=Anonym (Ellert de Veer?) |url=https://archive.org/details/ned-kbn-all-00014585-001/page/n2/mode/2up |titel=Het Spaens Europa ben ic ghenomt |titelerg=s.l. [Amsterdam ?], August 1598 |sprache=nl |abruf=2024-01-09}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Werner###" /><ref name=":7">{{Literatur |Autor=Carmen Nocentelli |Titel=Rereading Elizabeth I as Europa |Sammelwerk=Publications of the Modern Language Association |Band=138 |Nummer=2 |Datum=2023 |Seiten=321–342 |Sprache=en}}</ref> In dieser [[Satire|satirischen]] Darstellung des Kontinents als Königin, der die Krone vom Kopf zu fallen droht, umfasst das Gewand nun auch Skandinavien. Ihren unbedeckten rechten Fuß setzt die Königin Europa auf das europäische Ufer [[Konstantinopel]]s, das seit 1453 vom [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]] besetzt war, ihren linken an die Grenze Schwedens zum russischen Reich, die im [[Russisch-Schwedischer Krieg (1590–1595)|Russisch-Schwedischen Krieg]] von 1590–1595 umkämpft war. England bildet die linke Hand, in der die heftig bewegte Königin das Reichsschwert schwingt. Auf dem Oberkörper ziehen in der Mitte Europas kleine berittene Krieger von Frankreich aus gegen die [[Spanische Niederlande|Habsburgischen Niederlande]], symbolisiert durch den von ihnen gejagten ''[[Leo Belgicus]]'' (Belgischen Löwen). Unter dem Gürtel der Königin Europa liest man einen Hinweis auf den Sieg des [[Hugenotten]]heeres unter dem neuen französischen König [[Heinrich IV. (Frankreich)|Henri&nbsp;IV.]] (1553–1610) gegen die [[Heilige Liga (1576)|Heilige Liga]] in der [[Schlacht bei Ivry]] von 1590. Über der linken Schulter geht in der [[Biskaya]]&nbsp;– wie eine Inschrift, dieses Ereignis vom Sommer 1588 erläutert&nbsp;– die spanische [[Spanische Armada|Armada]] unter.<ref name="Werner###" /><ref name=":7" />
Ebenfalls sehr eigenständig variiert das Thema des Kontinents Europa in Gestalt der Königin Europa auch eine Landkarte, die Hendrick Kloekhof gestochen und François Bohn im ersten Band von [[Arend Fokke Simonsz.]] ''Geheimzinnige Toebereidselen tot eene Boertige Reis Door Europa'' 1794 in Haarlem unter dem Titel ''Europa. Volgens de nieuwste Verdeeling'' herausgegeben hat.<ref>{{Internetquelle |autor=Hendrick Kloekhoff: Europa Volgens de nieuwste Verdeeling, Kupferstich, handkoloriert, 223 x 140 mm. In:&#160;Arend Fokke Simonsz. |url=https://www.europeana.eu/de/item/92076/BibliographicResource_1000056392532 |titel=Geheimzinnige Toebereidselen tot eene Boertige Reis Door Europa |titelerg=Band I, Haarlem: Francois Bohn 1794. Das ganze Buch, S. 153 |sprache=nl |abruf=2024-02-08}}</ref><ref name="BennholdtThomsen">Anke Bennholdt-Thomsen und Alfredo Guzzoni: ''Analecta Hölderliana. Zur Hermetik des Spätwerks,'' Königshausen & Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1629-7, Seiten 22–24.</ref> Wie Simonsz. im vorangehenden Text erklärt, facht die ins Profil gewendete Königin, die mit ihrer linken Hand an der Stelle von Sizilien und dem [[Ätna]] ein Stövchen mit Glut hält, das Feuer an, um mit der Wärme gegen die Krankheit vorzugehen, die politische Probleme in Frankreich und Deutschland&nbsp;– wohl eine Anspielung auf die Neuordnung Europas während der [[Koalitionskriege]]&nbsp;– im Zentrum ihres Körpers ausgelöst haben.<ref name="BennholdtThomsen" />

Unter dem niederländischen Titel ''Het Spaens Europa'' (Das Spanische Europa) wiederholte ein weiterer anonymen Tiefdruck, der im selben Jahr in [[Frankfurt am Main]] erschien, das Motiv, fügt aber aus dem Titelblatt einer weiteren gleichzeitig erschienenen Flugschrift die allegorische Darstellung der Verteidigung des von einem Flechtzaun geschützten ''Gartens von Holland'' (Hollandse tuin), damals ein Inbild des nordniederländischen Freiheitswillens, gegen eine Flotte hinzu, die von der „heilig Liga, Spanische Regiment und Spanische Inquisition“ angeführt wird.<ref>{{Internetquelle |autor=Anonym |url=https://objektkatalog.gnm.de/wisski/navigate/25530/view |titel=Het Spaens Europa |titelerg=Kupferstich, Radierung (aus einer Messrelation), 20,9&nbsp;× 25,3 cm, Frankfurt am Main, 1598. Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg, Inv.-Nr. HB296 |sprache=de |abruf=2024-02-01}}</ref><ref name=":13">{{Literatur |Autor=Carsten-Peter Warncke |Titel=Die ornamentale Groteske in Deutschland. 1500–1650 |TitelErg=(= ''Quellen und Schriften zur bildenden Kunst.'' Band 6,2). 2 Bände |Verlag=Spiess |Ort=Berlin |Datum=1979 |ISBN=3-88435-007-2 |Seiten=77}}</ref><ref name=":1" /><ref name="Werner###" /><ref name=":7" /> Für ein deutschsprachiges Publikum wird unter dem Blatt unter Bezug auf die in Holland erschienene Flugschrift ''Het Spaens Europa ben ic ghenomt'' (s.&nbsp;o.) kurz erläutert,<ref name=":7" /> dass die Holländer mit dieser Darstellung im August 1598 verdeutlicht hätten, warum sie in der aktuellen Lage ein Friedensangebot des habsburgischen Spanien nicht annehmen.<ref name=":7" /> In der von [[Conrad Lautenbach]] (1534–1595) unter dem Pseudonym Jacobus Francus herausgegebene [[Meßrelation|Messrelation]] ''Historicae Relationis Continvatio'' von 1598, der das Blatt beigegeben wurde,<ref name=":10">{{Internetquelle |autor=Jacobus Francus |url=https://books.google.de/books?id=r0pjAAAAcAAJ |titel=Historicae Relationis Continuatio. Warhafftige Beschreibunge aller gedenckwürdigen Historien |titelerg=Wallstatt 1598, S.&nbsp;118–120 |sprache=de |abruf=2024-02-01}}</ref> erläutert das rahmende Kapitel die Beratung von Niederländern und Engländern, unter deren Protektorat sich die sieben nördlichen Provinzen der Habsburgischen Niederlande seit 1585 im [[Niederländischer Aufstand|Aufstand]] gegen ihren angestammten Landesherrn begeben hatten, als Kontext des Blattes. Zudem werden Details, die auf dem Blatt durch kleine Ziffern und Buchstaben markiert sind, ausführlich erläutert.<ref name=":10" /><ref>{{Literatur |Autor=Carmen Nocentelli |Titel=Rereading Elizabeth I as Europa |Sammelwerk=Publications of the Modern Language Association |Band=138 |Nummer=2 |Datum=2023 |Seiten=321–342 |Fundstelle=hier S.&nbsp;321}}</ref>
[[Datei:Europa Volgens de nieuwste Verdeeling.jpg|mini|Hendrick Kloekhoff: ''Europa Volgens de nieuwste Verdeeling'', Kupferstich, handkoloriert, 223&nbsp;× 140 mm, 1794.<ref>{{Internetquelle |autor=Arend Fokke Simonsz. |url=https://www.europeana.eu/de/item/92076/BibliographicResource_1000056392532 |titel=Geheimzinnige Toebereidselen tot eene Boertige Reis Door Europa |titelerg=Band 1. Francois Bohn, Haarlem 1794. ''Das ganze Buch.'' S.&nbsp;138 |sprache=nl |abruf=2024-03-04}}</ref> ]]
Ebenfalls sehr eigenständig variiert das Thema des Kontinents Europa in Gestalt der Königin Europa auch eine Landkarte, die [[Hendrick Kloekhof]] gestochen und [[François Bohn]] (1757–1819) im ersten Band von [[Arend Fokke Simonsz.]] (1755–1812) ''Geheimzinnige Toebereidselen tot eene Boertige Reis Door Europa'' 1794 in Haarlem unter dem Titel ''Europa. Volgens de nieuwste Verdeeling'' herausgegeben hat.<ref>{{Internetquelle |autor=Hendrick Kloekhoff |url=https://www.europeana.eu/de/item/92076/BibliographicResource_1000056392532 |titel=Europa Volgens de nieuwste Verdeeling |titelerg=Kupferstich, handkoloriert, 223&nbsp;× 140 mm. In: Arend Fokke Simonsz.: ''Geheimzinnige Toebereidselen tot eene Boertige Reis Door Europa.'' Band 1. Francois Bohn, Haarlem 1794. ''Das ganze Buch.'' S.&nbsp;138 |sprache=nl |abruf=2024-01-09}}</ref><ref name="BennholdtThomsen">Anke Bennholdt-Thomsen, Alfredo Guzzoni: ''Analecta Hölderliana. Zur Hermetik des Spätwerks.'' Königshausen&nbsp;& Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1629-7, S.&nbsp;22–24.</ref> Wie Simonsz. im vorangehenden Text erklärt, facht die ins Profil gewendete Königin, die mit ihrer linken Hand an der Stelle von Sizilien und dem [[Ätna]] ein Stövchen mit Glut hält, das Feuer an, um mit der Wärme gegen die Krankheit vorzugehen, die politische Probleme in Frankreich und Deutschland&nbsp;– wohl eine Anspielung auf die Neuordnung Europas während der [[Koalitionskriege]]&nbsp;– im Zentrum ihres Körpers ausgelöst haben.<ref name="BennholdtThomsen" />


== Literarische Grundlagen ==
== Literarische Grundlagen ==
Schon im [[Antikes Griechenland|antiken Griechenland]] wurde der Verlauf der [[Küstenlinie]] von Inseln oder Kontinenten mit Formen von Gegenständen oder Körperteilen verglichen. Der giechische Historiograph und Geograph [[Strabon]] vergleicht im frühen 1.&nbsp;Jahrhundert n.&nbsp;Chr. die Form der [[Peloponnes]] mit der eines [[Platanen|Platanenblattes]] (''Geographie'' 8,2,1<ref>{{Internetquelle |autor=Strabo |url=http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3atext%3a1999.01.0197 |titel=Geographica |titelerg=Hrsg. von A. Meineke, Leipzig: Teubner. 1877 |werk=Perseus Digital Library |sprache=el |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Strabo |url=https://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Strab.+8.2&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0198 |titel=The Geography of Strabo |titelerg=ed. H. L. Jones, Cambridge, Mass.: Harvard University Press; London: William Heinemann, Ltd. 1924 |werk=Perseus digital Library |sprache=en |abruf=2024-01-16}}</ref><ref name=":8">{{Internetquelle |url=http://www.symbolforschung.ch/Phantastische_Landkarten.html#12 |titel=Dossier zum Thema: Allegorische Ausdeutung von Geländeformationen und Landkarten |titelerg=Phantastische Landkarten. 2018 |hrsg=Schweizerische Gesellschaft für Symbolforschung / Société Suisse de Recherches en Symbolique |abruf=2024-01-18}}</ref>); der römische Geograph [[Pomponius Mela]] formuliert 43/44 n.&nbsp;Chr., dass der Zugang zum Persischen Golf ([[Straße von Hormus|Straße von Hormuz]]) wie ein Hals aussehe und der Meeresteil dahinter wie ein menschlicher Kopf (''Chorographia'' 3,73<ref>{{Internetquelle |autor=Pomponius Mela |url=http://www.thelatinlibrary.com/pomponius1.html |titel=De Chorographia |werk=The Latin Library |sprache=la |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Pomponius Mela |url=https://topostext.org/work/145 |titel=Chorographia |titelerg=Pomponius Mela's Description of the World. Übers. von Frank E. Romer. University of Michigan Press, 1998 |werk=Topos Text. Aikaterini Laskaridis Foundation |sprache=en |abruf=2024-01-18}}</ref><ref name=":8" />); und [[Plinius der Ältere|Plinius d. Ä.]] überliefert, dass der griechische Historiker [[Timaios von Tauromenion]] die Insel Sardinien wegen der Ähnlichkeit ihres Umrisses mit einer Sandale (lateinisch ''sandalium'') „Sandaliotis“ und der griechische Historiker Myrtilus sie wegen der Ähnlichkeit mit einem Fußabdruck „Ichnusa“ (von griechisch ''ἴχνος'', ''Fußabdruck'') genannt habe (''[[Naturalis historia]]'', 3,85<ref>{{Internetquelle |autor=Plinius d. Ä. |url=https://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Plin.+Nat.+3&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.02.0138 |titel=Naturalis Historia |titelerg=Karl Friedrich Theodor Mayhoff. Lipsiae. Teubner. 1906 |sprache=lat |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Pliny the Elder |url=http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.02.0137%3Abook%3D3&force=y |titel=The Natural History |titelerg=Hrsg. von John Bostock u. a. London. Taylor and Francis, 1855. Book III: An account of countries, nations, seas, towns, havens, mountains, rivers, distances, and peoples who now exist or formerly existed |werk=Perseus Digital Library |sprache=en |abruf=2024-01-18}}</ref><ref name=":8" />).
Schon im [[Antikes Griechenland|antiken Griechenland]] wurde der Verlauf der [[Küstenlinie]] von Inseln oder Kontinenten mit Formen von Gegenständen oder Körperteilen verglichen. Der griechische Historiograph und Geograph [[Strabon]] vergleicht im frühen 1.&nbsp;Jahrhundert nach Christus die Form der [[Peloponnes]] mit der eines [[Platanen]]blattes (''Geographie''&nbsp;8,2,1<ref>{{Internetquelle |autor=Strabo |url=http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3atext%3a1999.01.0197 |titel=Geographica |titelerg=Herausgegeben von A. Meineke. Teubner, Leipzig 1877 |werk=Perseus Digital Library |sprache=el |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Strabo |url=https://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Strab.+8.2&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0198 |titel=The Geography of Strabo |titelerg=Herausgegeben von H.&nbsp;L. Jones. Harvard University Press, Cambridge, Mass. / William Heinemann, Ltd., London 1924 |werk=Perseus digital Library |sprache=en |abruf=2024-01-16}}</ref><ref name=":8">{{Internetquelle |url=http://www.symbolforschung.ch/Phantastische_Landkarten.html#12 |titel=Dossier zum Thema: Allegorische Ausdeutung von Geländeformationen und Landkarten |titelerg=Phantastische Landkarten. 2018 |hrsg=Schweizerische Gesellschaft für Symbolforschung / Société Suisse de Recherches en Symbolique |abruf=2024-01-18}}</ref>); der römische Geograph [[Pomponius Mela]] formuliert 43/44 nach&nbsp;Christus, dass der Zugang zum Persischen Golf ([[Straße von Hormus|Straße von Hormuz]]) wie ein Hals aussehe und der Meeresteil dahinter wie ein menschlicher Kopf (''Chorographia''&nbsp;3,73<ref>{{Internetquelle |autor=Pomponius Mela |url=http://www.thelatinlibrary.com/pomponius1.html |titel=De Chorographia |werk=The Latin Library |sprache=la |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Pomponius Mela |url=https://topostext.org/work/145 |titel=Chorographia |titelerg=Pomponius Mela’s Description of the World. Übers. von Frank&nbsp;E. Romer. University of Michigan Press, 1998 |werk=Topos Text. Aikaterini Laskaridis Foundation |sprache=en |abruf=2024-01-18}}</ref><ref name=":8" />); und [[Plinius der Ältere]] (23 oder 24&nbsp;–79) überliefert, dass der griechische Historiker [[Timaios von Tauromenion]] die Insel Sardinien wegen der Ähnlichkeit ihres Umrisses mit einer Sandale ({{laS|sandalium}}) „Sandaliotis“ und der griechische Historiker [[Myrtilus]] sie wegen der Ähnlichkeit mit einem Fußabdruck „ichnusa“ ([[Altgriechische Sprache|altgriechisch]] ''ἴχνος'' ''[ichnos]'', deutsch ‚Fußabdruck‘) genannt habe (''[[Naturalis historia]]''&nbsp;3,85<ref>{{Internetquelle |autor=Plinius der Ältere |url=https://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Plin.+Nat.+3&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.02.0138 |titel=Naturalis Historia |titelerg=Herausgegeben von Karl Friedrich Theodor Mayhoff. Teubner, Leipzig 1906 |sprache=la |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Pliny the Elder |url=http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.02.0137%3Abook%3D3&force=y |titel=The Natural History |titelerg=Herausgegeben von John Bostock u. a. Taylor and Francis, London 1855. Band&nbsp;3: ''An account of countries, nations, seas, towns, havens, mountains, rivers, distances, and peoples who now exist or formerly existed'' |werk=Perseus Digital Library |sprache=en |abruf=2024-01-18}}</ref><ref name=":8" />).


Die konkreten literarischen Grundlagen der Bilderfindung, Europa als Königin darzustellen und ihre Gestalt mit der kartographischen Form des Kontinents zu verschmelzen, der ihren Namen trägt, liegen im antiken Mythos von der Königstochter [[Europa (Tochter des Agenor)|Europa]]. Einen Kontinent überhaupt im Typus der ''Europa regina'' in Frauengestalt darzustellen geht darauf zurück, dass der Königstochter im Traum die Kontinente Asien und Europa in Frauengestalt erscheinen und darum streiten, wer sie besitze ([[Moschos]], Europa 8–15).<ref>{{Internetquelle |autor=Johann Heinrich Voss [Übers.]: |url=https://books.google.de/books/about/Theokritos_Bion_und_Moschos.html?id=7DBbAAAAQAAJ&redir_esc=y |titel=Theokritos, Bion und Moschos |titelerg=Tübingen: Cotta's Buchhandlung, 1808, S. 354 f. |abruf=2024-01-10}}</ref><ref name=":3" /> Damit verbindet bereits der Mythos die älteste [[Anthropomorphismus|anthropomorphisierende]] Vorstellung vom Kontinent in Frauengestalt mit der [[Allegorie|allegorischen]] Darstellung territorialer Besitzansprüche von kontinentaler Dimension, die für die Verwendung des Darstellungstypus der ''Europa regina'' im 16. Jahrhundert zentral ist (s.u. zur politischen Argumentation).<ref name=":3" /> Dass der Kontinent nach der Europa benannt werden wird, sagt [[Venus (Mythologie)|Venus]] der Europa zu, als diese ihre Entführung durch [[Jupiter (Mythologie)|Jupiter]] aus dem heimatlichen [[Sidon]] übers Meer ins fremde Kreta bejammert, und die Liebesgöttin sie daraufhin ermahnt, ihr Klagen zu beenden und ihr Schicksal hinzunehmen ([[Horaz]], Carmina III 27,75f.).<ref>{{Internetquelle |autor=deutschsprachige Übers.: Markus Janka u.a. (Universität Regensburg) |url=https://www.fachdidaktik.klassphil.uni-muenchen.de/forschung/seminarertraege/mythologie/horaz-carmen_3_27.pdf |titel=Europa. Die Schöne und der Stier. Horaz, Carmen 3,27 |hrsg=Abteilung für Griechische und Lateinische Philologie der LMU München/Forum Didacticum (Markus Janka u.a.)/Seminarerträge/Mythologie |format=PDF |sprache=lat/de |abruf=2024-01-10}}</ref> Die Überblendung der mythischen Figur mit dem Erdteil im Darstellungstypus der ''Europa regina'' stellt im 16. Jahrhundert diese mythische [[Metamorphose (Mythologie)|Metamorphose]] und [[Apotheose]] der sterblichen Europa in die ewige Gestalt des Kontinents unmittelbar vor Augen.<ref name=":3" /> Dass die Königstochter Europa später selbst zu einer Königin wird, als der König von Kreta sie zur Gemahlin nimmt (Apollodor, [[Bibliotheke des Apollodor|Bibliotheke]] 3,1,2,1),<ref>{{Internetquelle |autor=deutschsprachige Übersetzung: Egon und Gisela Gottwein |url=https://www.gottwein.de/Grie/apollod/apollod30101.php#Apollod.3,1,2 |titel=Apollodoros 3,1,1,1 – 3,3,2,1 Das Geschlecht des Agenor. Kretische Mythen |werk=Gottwein. Navicula Bacchi. https://gottwein.de/ |sprache=gr/de |abruf=2024-01-10}}</ref> wird im Typus der ''Europa regina'' ganz wörtlich übernommen.<ref name=":3" /> Eine Verbindung zwischen Mythos und Landkarte wurde auch schon darin vermutet, dass die Europa hier von Wasser umgeben dargestellt ist (siehe auch unten die Analogisierung zum Paradies), so dass die Karte an die Entführung der Europa über das Meer erinnere.<ref name="Werner2443" />
Die konkreten literarischen Grundlagen der Bilderfindung, Europa als Königin darzustellen und ihre Gestalt mit der kartographischen Form des Kontinents zu verschmelzen, der ihren Namen trägt, liegen im antiken Mythos von der Königstochter [[Europa (Tochter des Agenor)|Europa]]. Einen Kontinent überhaupt im Typus der ''Europa regina'' in Frauengestalt darzustellen geht darauf zurück, dass der Königstochter im Traum die Kontinente Asien und Europa in Frauengestalt erscheinen und darum streiten, wer sie besitze ([[Moschos]], ''Europa''&nbsp;8–15).<ref>{{Internetquelle |autor=Johann Heinrich Voss [Übers.]: |url=https://books.google.de/books/about/Theokritos_Bion_und_Moschos.html?id=7DBbAAAAQAAJ&redir_esc=y |titel=Theokritos, Bion und Moschos |titelerg=Cotta’s Buchhandlung, Tübingen 1808, S.&nbsp;354 f. |abruf=2024-01-10}}</ref><ref name=":3" /> Damit verbindet bereits der Mythos die älteste anthropomorphisierende Vorstellung vom Kontinent in Frauengestalt mit der [[Allegorie|allegorischen]] Darstellung territorialer Besitzansprüche von kontinentaler Dimension, die für die Verwendung des Darstellungstypus der ''Europa regina'' im 16.&nbsp;Jahrhundert zentral ist (s.&nbsp;u. zur politischen Argumentation).<ref name=":3" /> Dass der Kontinent nach der Europa benannt werden wird, sagt [[Venus (Mythologie)|Venus]] der Europa zu, als diese ihre Entführung durch [[Jupiter (Mythologie)|Jupiter]] aus dem heimatlichen [[Sidon]] übers Meer ins fremde Kreta bejammert, und die Liebesgöttin sie daraufhin ermahnt, ihr Klagen zu beenden und ihr Schicksal hinzunehmen ([[Horaz]], ''Carmina''&nbsp;III&nbsp;27,75 f.).<ref>{{Internetquelle |autor=deutschsprachige Übers.: Markus Janka u.a. (Universität Regensburg) |url=https://www.fachdidaktik.klassphil.uni-muenchen.de/forschung/seminarertraege/mythologie/horaz-carmen_3_27.pdf |titel=Europa. Die Schöne und der Stier. Horaz, ''Carmen''&nbsp;3,27 |hrsg=Abteilung für Griechische und Lateinische Philologie der LMU München/Forum Didacticum (Markus Janka u.a.)/Seminarerträge/Mythologie |format=PDF |sprache=la, de |abruf=2024-01-10}}</ref> Die Überblendung der mythischen Figur mit dem Erdteil im Darstellungstypus der ''Europa regina'' stellt im 16.&nbsp;Jahrhundert diese mythische [[Metamorphose (Mythologie)|Metamorphose]] und [[Apotheose]] der sterblichen Europa in die ewige Gestalt des Kontinents unmittelbar vor Augen.<ref name=":3" /> Dass die Königstochter Europa später selbst zu einer Königin wird, als der König von Kreta sie zur Gemahlin nimmt ([[Apollodor von Athen (Schriftsteller)|Apollodor]], ''[[Bibliotheke des Apollodor|Bibliotheke]]''&nbsp;3,1,2,1),<ref>{{Internetquelle |autor=deutschsprachige Übersetzung: Egon und Gisela Gottwein |url=https://www.gottwein.de/Grie/apollod/apollod30101.php#Apollod.3,1,2 |titel=Apollodoros&nbsp;3,1,1,1–3,3,2,1 Das Geschlecht des Agenor. Kretische Mythen |werk=Gottwein. Navicula Bacchi. https://gottwein.de/ |sprache=gr/de |abruf=2024-01-10}}</ref> wird im Typus der ''Europa regina'' ganz wörtlich übernommen.<ref name=":3" /> Eine Verbindung zwischen Mythos und Landkarte wurde auch schon darin vermutet, dass die Europa hier von Wasser umgeben dargestellt sei (siehe auch unten die Analogisierung zum Paradies), so dass die Karte an die Entführung der Europa über das Meer erinnere.<ref name="Werner2443" />


== Politische Allegorik ==
== Politische Allegorik ==
[[Datei:Habsburg Map 1547.jpg|mini|Besitzungen des Hauses Habsburg unter Karl V. in grün]]
[[Datei:Habsburg Map 1547.jpg|mini|Besitzungen des Hauses Habsburg unter Karl&nbsp;V. in grün]]
Als die Darstellung der ''Europa regina'' erstmals 1534 veröffentlicht wurde, regierte das Haus [[Habsburg#Begründung der Machtstellung Habsburgs|Habsburg]] in weiten Teilen Europas. [[Karl V. (HRR)|Kaiser Karl V.]] vereinte in seiner Hand die Kaiserwürde im Heiligen Römischen Reich mit der Herrschaft über Spanien, Sizilien, Neapel sowie über das burgundische Erbe der Niederlande und hatte durch Heirat Erbrechte an Portugal erworben.<ref name=":6" /> Mit dem von [[Karl V. (HRR)|Karl V.]] regierten [[Spanien]] als Kopf, dem zu dessen Erbansprüchen zählenden [[Portugal]] als Krone und dem von diesem als Kaiser beherrschten [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] als Brust und Herz warb die nach Westen ausgerichtete Karte als politische [[Allegorie]] für den [[Universalmonarchie|universalmonarchischen]] Herrschaftsanspruch Karls V.<ref name="Werner2443" /><ref name=":3" /> Die Darstellung der [[Reichskleinodien]] ([[Bügelkrone]], [[Reichsapfel (Reichskleinodien)|Reichsapfel]] und [[Zepter]]) spielte sichtlich auf die Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reichs an, und auf die Vorrangstellung Karls V. als Kaiser innerhalb Europas.<ref name="Werner2443" /><ref name=":3" /> Das Gewand der Königin Europa entsprach der zeitgenössischen Mode am Hof der Habsburger, ihr Gesicht soll Ähnlichkeiten zur Gemahlin Karls, [[Isabella von Portugal (1503–1539)|Isabella]] aufweisen.<ref name="Werner2443" /> Im Widmungsgedicht zu Putschs Erstfassung von 1534 heißt es, dass die Königin Europa „nach Italien zu ihrer Rechten lächelt“.<ref name="Wawruschka-Kramurium" /> Da eine solche Wendung nach rechts in Ehegemälden der Zeit vorkommt, wurde dies so interpretiert, dass die Europa ihrem nicht abgebildeten Gemahl, dem Kaiser, das Gesicht zuwendet und ihm die Macht in Form des Reichsapfels darbietet.<ref name="Werner2443" /> Dass [[Britannien]] in der ursprünglichen Karte von Putsch wie ein Felsbrocken auf der Schulter der Europa zu lasten scheint, veranschaulichte die damals wachsenden dynastischen Spannungen zwischen Karl V. und seinem Onkel, dem englischen König [[Heinrich VIII. (England)|Heinrich VIII]].<ref name=":2" /><ref name=":3" /> Die vor Schwäche herabsinkende rechte Hand, die Sizilien hält, markiert eine andauernde Gefährdung der Insel durch osmanische Piraten,<ref name=":3" /> gegen die Karl V. damals für das Folgejahr den [[Tunisfeldzug]] vorbereitete.
Als die Darstellung der ''Europa regina'' erstmals 1534 veröffentlicht wurde, regierte das Haus [[Habsburg#Begründung der Machtstellung Habsburgs|Habsburg]] in weiten Teilen Europas. Kaiser [[Karl V. (HRR)|Karl&nbsp;V.]] vereinte in seiner Hand die Kaiserwürde im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] mit der Herrschaft über Spanien, Sizilien, Neapel sowie über das burgundische Erbe der Niederlande und hatte durch Heirat Erbrechte an Portugal erworben.<ref name=":6" /> Mit dem von Karl&nbsp;V. regierten [[Spanien]] als Kopf, dem zu dessen Erbansprüchen zählenden [[Portugal]] als Krone und dem von diesem als Kaiser beherrschten Heiligen Römischen Reich als Brust und Herz warb die nach Westen ausgerichtete Karte als politische [[Allegorie]] für den [[Universalmonarchie|universalmonarchischen]] Herrschaftsanspruch Karls&nbsp;V.<ref name="Werner2443" /><ref name=":3" /> Die Darstellung der [[Reichskleinodien]] ([[Bügelkrone]], [[Reichsapfel (Reichskleinodien)|Reichsapfel]] und [[Zepter]]) spielte sichtlich auf die Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reichs an, und auf die Vorrangstellung Karls&nbsp;V. als Kaiser innerhalb Europas.<ref name="Werner2443" /><ref name=":3" /> Das Gewand der Königin Europa entsprach der zeitgenössischen Mode am Hof der Habsburger, ihr Gesicht soll Ähnlichkeiten zur Gemahlin Karls, [[Isabella von Portugal (1503–1539)|Isabella]] (1503–1539) aufweisen.<ref name="Werner2443" /> Im Widmungsgedicht zu Putschs Erstfassung von 1534 heißt es, dass die Königin Europa „nach Italien zu ihrer Rechten lächelt“.<ref name="Wawruschka-Kramurium" /> Da eine solche Wendung nach rechts in Ehegemälden der Zeit vorkommt, wurde dies so interpretiert, dass die Europa ihrem nicht abgebildeten Gemahl, dem Kaiser, das Gesicht zuwendet und ihm die Macht in Form des Reichsapfels darbietet.<ref name="Werner2443" /> Dass [[Britannien]] in der ursprünglichen Karte von Putsch wie ein Felsbrocken auf der Schulter der Europa zu lasten scheint, veranschaulichte die damals wachsenden dynastischen Spannungen zwischen Karl&nbsp;V. und seinem Onkel, dem englischen König [[Heinrich VIII. (England)|Heinrich&nbsp;VIII.]](1491–1547).<ref name=":2" /><ref name=":3" /> Die vor Schwäche herabsinkende rechte Hand, die Sizilien hält, markiert eine andauernde Gefährdung der Insel durch osmanische Piraten,<ref name=":3" /> gegen die Karl&nbsp;V. damals für das Folgejahr den [[Tunisfeldzug]] vorbereitete.


Mit Böhmen und der alten kaiserlichen Residenzstadt Prag als Körpermitte der ''Königin Europa'', gleich daneben Österreich und Wien als bevorzugter Residenz Ferdinands I. sowie mit Ungarn und dem Balkan treten die Gebiete ins Zentrum der gesamten Karte,<ref name=":3" /> über die [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand I.]]&nbsp;– dem die Karte 1534 gewidmet war&nbsp;– bereits herrschte oder auf die er Ansprüche hatte (s.&nbsp;o.). In Putschs Klagegedicht der Europa, das der Erstfassung beigeben war, beklagt der in der mythischen Gestalt Europa personifizierte Kontinent passend hierzu die ständige Bedrohung durch das Osmanische Reichs, dankt dann aber Ferdinand I. und Karl V. für die Aussicht auf Frieden nach der Vertreibung eines osmanischen Heers aus dem westungarischen Erbe der Habsburger 1532. Das Widmungsgedicht fordert Ferdinand I. zudem auf, als neuer König von Kroatien die osmanische Herrschaft nun auch auf kleinasiatischem Boden zu beenden.<ref name=":3" /> So thematisiert die Karte von 1534 eine vereinte Christenheit (''res publica christiana'') des Kontinents<ref name="Werner2443" /><ref name=":6" /><ref name=":3" /> für den erfolgreichen Abwehrkampf gegen das Osmanische Reich.<ref name=":3" /> Der zwischen Klagen und Siegesbewusstsein schwankenden Ambivalenz der politischen Lage, für die Putsch das Motiv erfand und die auch das zugehörende Klagegedicht zeigt, entspricht es, dass man den Darstellungstypus der ''Europa regina'' mal den Allegorien der ''[[Europa triumphans]]'' (triumphierende Europa) zugerechnet hat<ref name="Werner2443" /><ref>{{Literatur |Autor=Isabella Walser-Bürgler |Titel=Andres Laguna, Europa heautentimorumene (1543). Europas Klage im Kontext europapolitischer Bewusstseinsbildung |Sammelwerk=Lateinforum |Band=97/98 |Datum=2019 |Seiten=6-24, hier S. 15 f.}}</ref> und mal auch mit Darstellungen der ''[[Europa deplorans]]'' (klagende Europa) in Verbindung bringt.<ref name=":3" />
Mit Böhmen und der alten kaiserlichen Residenzstadt Prag als Körpermitte der ''Königin Europa'', gleich daneben Österreich und Wien als bevorzugter Residenz Ferdinands I. sowie mit Ungarn und dem Balkan treten die Gebiete ins Zentrum der gesamten Karte,<ref name=":3" /> über die [[Ferdinand I. (HRR)|Ferdinand&nbsp;I.]]&nbsp;– dem die Karte 1534 gewidmet war&nbsp;– bereits herrschte oder auf die er Ansprüche hatte (s.&nbsp;o.). In Putschs Klagegedicht der Europa, das der Erstfassung beigeben war, beklagt der in der mythischen Gestalt Europa personifizierte Kontinent passend hierzu die ständige Bedrohung durch das Osmanische Reichs, dankt dann aber Ferdinand&nbsp;I. und Karl&nbsp;V. für die Aussicht auf Frieden nach der Vertreibung eines osmanischen Heers aus dem westungarischen Erbe der Habsburger 1532. Das Widmungsgedicht fordert Ferdinand&nbsp;I. zudem auf, als neuer König von Kroatien die osmanische Herrschaft nun auch auf kleinasiatischem Boden zu beenden.<ref name=":3" /> So thematisiert die Karte von 1534 eine vereinte Christenheit (''res publica christiana'') des Kontinents<ref name="Werner2443" /><ref name=":6" /><ref name=":3" /> für den erfolgreichen Abwehrkampf gegen das Osmanische Reich.<ref name=":3" /> Der zwischen Klagen und Siegesbewusstsein schwankenden Ambivalenz der politischen Lage, für die Putsch das Motiv erfand und die auch das zugehörende Klagegedicht zeigt, entspricht es, dass man den Darstellungstypus der ''Europa regina'' mal den Allegorien der ''[[Europa triumphans]]'' (triumphierende Europa) zugerechnet hat<ref name="Werner2443" /><ref>{{Literatur |Autor=Isabella Walser-Bürgler |Titel=Andres Laguna, Europa heautentimorumene (1543). Europas Klage im Kontext europapolitischer Bewusstseinsbildung |Sammelwerk=Lateinforum |Band=97/98 |Datum=2019 |Seiten=6–24 |Fundstelle=hier S.&nbsp;15 f.}}</ref> und mal auch mit Darstellungen der ''[[Europa deplorans]]'' (klagende Europa) in Verbindung bringt.<ref name=":3" />


Die späteren Variationen auf das Motiv der ''Europa regina'' übernehmen die Habsburger Interessen von Putschs Vorlage mal bewusst, mal unbewusst und abschwächend. Gerade im Bezug auf die habsburgische Prägung des Typus können sie die politische Bedeutung des Motivs aber auch in ihr Gegenteil umkehren, wie etwa die beiden Radierungen zeigen, die mit ''Het Spaens Europa'' betitelt sind und in engem Zusammenspiel mit dem Text der Flugschrift ein gegen die Habsburger gerichtetes Europaverständnis und einen für ganz Europa koordiniert agierenden protestantischen Norden des Kontinents propagieren (s.&nbsp;o.).<ref name=":1" /><ref name="Werner###" /><ref name=":7" />
Die späteren Variationen auf das Motiv der ''Europa regina'' übernehmen die Habsburger Interessen von Putschs Vorlage mal bewusst, mal unbewusst und abschwächend. Gerade im Bezug auf die habsburgische Prägung des Typus können sie die politische Bedeutung des Motivs aber auch in ihr Gegenteil umkehren, wie etwa die beiden Radierungen zeigen, die mit ''Het Spaens Europa'' betitelt sind und in engem Zusammenspiel mit dem Text der Flugschrift ein gegen die Habsburger gerichtetes Europaverständnis und einen für ganz Europa koordiniert agierenden protestantischen Norden des Kontinents propagieren (s.&nbsp;o.).<ref name=":1" /><ref name="Werner###" /><ref name=":7" />


Wegen der Krone und der Bezeichnung als ''sub forma Europa puellae'' oder ''Europa prima pars Terrae in forma virginis'' (s.&nbsp;o.) wird im Typus auch eine Anspielung auf die [[Krönung Mariens]], ihren Titel als ''Himmelkönigin'' (''[[Regina caeli|Regina coeli]]'') und ihre Jungfräulichkeit vermutet.<ref>{{Literatur |Autor=Genevieve Carlton |Titel=Viewing the World. Women, Religion, and the Audience for Maps in Early Modern Venice |Sammelwerk=Terrae Incognitae |Band=48 |Nummer=1 |Datum=2016 |Seiten=15–36 |Fundstelle=hier S.&nbsp;34}}</ref><ref name=":7" /> Die von Putsch angelegte und von seinen Nachfolgern immer wieder übernommene Umfassung Böhmens mit einem Ring bewaldeter Berge als Nabel Europas hätte dann die Vorstellung von Marias Schoß als ebenso fruchtbarer wie schutzbedürftiger ''[[hortus conclusus]] ''({{laS||de=}}, deutsch ‚umschlossener Garten‘) aufrufen können, woran sich dann wiederum die Vorstellung von Böhmen als einem Raum geknüpft haben kann, aus dem man&nbsp;– mit Ferdinand&nbsp;I., dem Widmungsempfänger der ersten Fassung des Motivs, als König von Böhmen&nbsp;– Friede und Heil erwarten sollte, der angesichts der bedrohlichen Nähe des Osmanischen Reiches zugleich aber auch verwundbar sei und daher bewacht und verteidigt werden müsse.''<ref name=":7" />''
Eine weitere Interpretation nimmt an, dass die Darstellung des Kontinents Europa als Königin in Sebastian Münsters ''Cosmographia'', die den Kontinent Europa zum Lob des Kaisers und des Heiligen Römischen Reichs an mehreren Stellen mit dem Paradies vergleicht, eine Assoziation zum Garten Eden auslösen sollte. Dies wird zum ersten daran festgemacht, dass Europa hier umschlossen von Meeren und Flüssen dargestellt werde, wie man sich das Paradies als umschlossenen Garten vorstellte; und zum zweiten daran, dass sich in diesem Holzschnitt die Donau, nachdem sie Europa durchflossen hat, im Mündungsgebiet in vier Arme verzweigt, wie der Paradiesstrom sich nach dem Durchfließen des Gartens Eden in vier Ströme teilt (Gen 2,10–14).<ref name=":1" /><ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Schmale |Hrsg=Christine Lebeau |Titel=Un paradis nomme Allemagne. Sebastian Münster ou la visualisation geographique et idealisee du Saint-Empire au XVIe siecle |Sammelwerk=L'espace du Saint-Empire du Moyen Age à l'epoque moderne |Verlag=Presses universitaires de Strasbourg |Ort=Strasbourg |Datum=2004 |ISBN=2-86820-236-5 |Seiten=19-31 |Sprache=fr}}</ref><ref name=":6" />

Eine weitere Interpretation nimmt an, dass die Darstellung des Kontinents Europa als Königin in Sebastian Münsters ''Cosmographia'', die den Kontinent Europa zum Lob des Kaisers und des Heiligen Römischen Reichs an mehreren Stellen mit dem Paradies vergleicht, eine Assoziation zum Garten Eden auslösen sollte. Dies wird zum ersten daran festgemacht, dass Europa hier umschlossen von Meeren und Flüssen dargestellt werde, wie man sich das Paradies als umschlossenen Garten vorstellte; und zum zweiten daran, dass sich in diesem Holzschnitt die Donau, nachdem sie Europa durchflossen hat, im Mündungsgebiet in vier Arme verzweigt, wie der Paradiesstrom sich nach dem Durchfließen des Gartens Eden in vier Ströme teilt (Gen&nbsp;2,10–14).<ref name=":1" /><ref>{{Literatur |Autor=Wolfgang Schmale |Hrsg=Christine Lebeau |Titel=Un paradis nomme Allemagne. Sebastian Münster ou la visualisation geographique et idealisee du Saint-Empire au XVIe siecle |Sammelwerk=L’espace du Saint-Empire du Moyen Age à l’epoque moderne |Verlag=Presses universitaires de Strasbourg |Ort=Strasbourg |Datum=2004 |ISBN=2-86820-236-5 |Seiten=19-31 |Sprache=fr}}</ref><ref name=":6" />


== Mnemonik ==
== Mnemonik ==
Gerade die [[Generalisierung (Kartografie)|generalisierten]], späteren Varianten der anthropomorphen Landkarte wurden zudem als [[Mnemotechnik|mnemotechnische]] Hilfsmittel genutzt, damit sich die Betrachter die Geographie Europas besser einprägen können.<ref name="Picker2" /><ref name=":0" />
Gerade die [[Generalisierung (Kartografie)|generalisierten]], späteren Varianten figurativer und insbesondere anthropomorpher Landkarte wurden zudem als [[Mnemotechnik|mnemotechnische]] Hilfsmittel genutzt, damit sich die Betrachter die Geographie Europas besser einprägen können.<ref name="Picker2" /><ref name=":0" />


== Weiterentwicklungen ==
== Weiterentwicklungen ==
Die anthroporphiserende Darstellung von Landkarten als eine Sonderform der Darstellung von Ländern in der Gestalt von Lebewesen ist eine Sonderform der Zusammensetzung einer Gestalt aus heterogenen Teilen, die man nach ihrem Hauptvertreter, [[Giuseppe Arcimboldo]] (um 1526–1593), später als Arcimboldeske bezeichnet hat.<ref name=":13" /> Anschließend an Putschs Erfindung stellte Bünting auf den Seiten, die seiner Darstellung des Kontinents Europa als Königin folgen, nach diesem Prinzip Asien als [[Pegasos (Mythologie)|Pegasus]] dar.<ref name=":02" /> Die Landkarte der Niederlande wurde in vielfältigen Variationen als ''[[Leo Belgicus]]'' dargestellt.<ref>{{Literatur |Autor=Henk A.&nbsp;M. van der Heijden |Titel=Keizer Karel en de leeuw. De oorsprong van de Nederlandse cartografie en de Leo Belgicus |Verlag=Canaletto u.&nbsp;a. |Ort=Alphen aan den Rijn u.&nbsp;a. |Datum=2000 |ISBN=90-6469-761-2 |Sprache=nl}}</ref> Weite Verbreitung erreichten auch die verschiedenen Fassungen „allegorischer“ und „tragisch-komischer“ Kriegskarten für das Jahr 1877 des [[Fred&nbsp;W. Rose|Fred[erick] W[illiam] Rose]] (1849–1915), in der die komplexe Konfliktkonstellation zwischen den Nationen Europas sowie zu ihren Nachbarn in Menschen- und Tiergestalten interpretiert und kommentiert wird. Die Karte erschien auch in deutschen, dänischen, schwedischen, niederländischen, portugiesischen, spanischen, italienischen, französischen und amerikanischen Ausgaben.<ref>{{Internetquelle |autor=Fred W. Rose |url=https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fred._W._Rose_The_Avenger_An_Allegorical_War_Map_for_1877_1877_Cornell_CUL_PJM_1080_01.jpg |titel=The Avenger. An Allegorical War Map For 1877 |titelerg=G.W. [George Washington] Bacon & Co., London 1877. Division of Rare & Manuscript Collections. Persuasive Cartography: The PJ Mode Collection |sprache=en |abruf=2024-02-02}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Fred&nbsp;W. Rose |url=https://www.loc.gov/item/2003677957/ |titel=Serio-Comic War Map For The Year 1877 |titelerg=G.&nbsp;W. [George Washington] Bacon&nbsp;& Co., London 1877. Library of Congress Prints and Photographs Division Washington, D.&nbsp;C. |sprache=en |abruf=2024-02-03}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Fred W. Rose |url=https://digital.library.cornell.edu/catalog/ss:19343682 |titel=Serio-Comic War Map For The Year 1877. Revised Edition |titelerg=44&nbsp;× 62 cm. G.&nbsp;W. [George Washington] Bacon&nbsp;& Co., London 1877. Cornell University Library. Digital Collections |sprache=de en |abruf=2024-02-03}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Roderick M. Barron |url=https://doi.org/10.4000/belgeo.11935 |titel=Bringing the map to life. European satirical maps 1845–1945 |titelerg=''Belgeo.'' Band&nbsp;3–4, 2008, S.&nbsp;445–464 |sprache=en |abruf=2024-02-02}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Roderick&nbsp;M. Barron |url=https://barronmaps.com/politics-personified-fred-w-rose-and-serio-comic-maps-1877-1880-part-1 |titel=Politics personified. Fred&nbsp;W. Rose and Liberal&nbsp;& Tory serio-comic maps, 1877–1880, Part&nbsp;1 |werk=Barron Maps Blog |datum=2016-03-11 |sprache=en |abruf=2024-02-02}}</ref>
Die Darstellung von Ländern in der Gestalt von Lebewesen wurde von weiteren Kartographen des Humanismus gerne genutzt. So stellte Bünting auf den Seiten, die seiner Darstellung des Kontinents Europa als Königin folgen, Asien als [[Pegasos (Mythologie)|Pegasus]] dar.<ref name=":02" /> Der ''[[Leo Belgicus]]'' war unter niederländischen Kartenmachern ein beliebtes Motiv.<ref>{{Literatur |Autor=Henk A. M. van der Heijden |Titel=Keizer Karel en de leeuw. De oorsprong van de Nederlandse cartografie en de Leo Belgicus |Verlag=Canaletto u. a. |Ort=Alphen aan den Rijn u. a. |Datum=2000 |ISBN=90-6469-761-2 |Sprache=nl}}</ref>

In der Literatur findet sich eine anthropomorphisierende Vorstellung geographischer Formen ein Jahrzehnt nach Putschs Erfindung im dritten Buch des satirischen Romans ''[[Gargantua und Pantagruel|Pantagruel]]'' von [[François Rabelais]] (um 1494–1553) von 1546: „Ich seh, das Haar wird dir schon grau auf deinem Kopf; dein Bart schaut aus wie eine Weltkart, nach den Flecken des Grauen, Weissen, Schwarzen und Braunen. Schau, hie ist Asien, hie [[Euphrat]] und [[Tigris]], da Afrika, dort die [[Dair al-Qamar|Mondsgebirg]]. Siehst du die Nil-Sümpf? Hie hüben Europa. Siehst du wohl [[Abtei Thelema|Thelem]]? Dieß ganz schneeweisse Büschel hie, das sind die [[Hyperborea|hyperboräischen Berg]]. Bey meiner Kehl, Freund! wann der Schnee erst auf den Bergen liegt, ich mein auf Haupt und Kinn, dann ist die Hitz im Hosenthal auch nicht mehr groß.“<ref>{{Internetquelle |autor=François Rabelais |url=https://books.google.bi/books?id=HkBmAAAAcAAJ |titel=Tiers livre des faictz &#91;… du noble&#93; Pantagruel |titelerg=Buch&nbsp;3, Paris 1546, Kapitel&nbsp;28, S.&nbsp;164 |sprache=fr |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Franz Rabelais |url=https://books.google.bi/books?id=HkBmAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false |titel=Gargantua und Pantagruel |titelerg=Übersetzt &#91;…&#93; und herausgegeben von Gottlob Regis. Barth, Leipzig 1832. Buch&nbsp;2. Kapitel&nbsp;28, S.&nbsp;451 |sprache=de |abruf=2024-01-18}}</ref><ref name=":8" />


== Literatur ==
In der Literatur findet sich eine anthropomorphisierende Vorstellung geographischer Formen ein Jahrzehnt nach Putschs Erfindung im dritten Buch des satirischen Romans ''[[Gargantua und Pantagruel|Pantagruel]]'' von [[François Rabelais]] von 1546: „Ich seh, das Haar wird dir schon grau auf deinem Kopf; dein Bart schaut aus wie eine Weltkart, nach den Flecken des Grauen, Weissen, Schwarzen und Braunen. Schau, hie ist Asien, hie [[Euphrat]] und [[Tigris]], da Afrika, dort die [[Dair al-Qamar|Mondsgebirg]]. Siehst du die Nil-Sümpf? Hie hüben Europa. Siehst du wohl [[Abtei Thelema|Thelem]]? Dieß ganz schneeweisse Büschel hie, das sind die [[Hyperborea|hyperboräischen Berg]]. Bey meiner Kehl, Freund! wann der Schnee erst auf den Bergen liegt, ich mein auf Haupt und Kinn, dann ist die Hitz im Hosenthal auch nicht mehr groß.“<ref>{{Internetquelle |autor=François Rabelais |url=https://books.google.bi/books?id=HkBmAAAAcAAJ |titel=Tiers livre des faictz &#91;… du noble&#93; Pantagruel |titelerg=Buch 3, Paris 1546, Kapitel 28, S. 164 |sprache=fr |abruf=2024-01-18}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Franz Rabelais |url=https://books.google.bi/books?id=HkBmAAAAcAAJ&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false |titel=Gargantua und Pantagruel |titelerg=Übers. &#91;…&#93; und hrsg. von Gottlob Regis. Leipzig: Barth, 1832. Buch 2. Kapitel 28, S. 451 |sprache=de |abruf=2024-01-18}}</ref><ref name=":8" />
* [[Nicolas Detering]]: ''Krise und Kontinent. Die Entstehung der deutschen Europa-Literatur in der Frühen Neuzeit.'' Böhlau, Köln und Wien 2017, ISBN 978-3-412-50719-0, S.&nbsp;73 f., 83–87, 277, 297.
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== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Europa regina|Europa Regina}}
* [https://www.derstandard.de/story/2000100357318/kartographischer-sonderfund-die-koenigin-europa-in-retz Johannes Putsch: Die Königin Europa, Holzschnitt, 1534, Stadtmuseum Retz] hochauflösendes Digitalisat
* Jobst Dennecker nach Johannes Putsch: ''[https://www.derstandard.de/story/2000100357318/kartographischer-sonderfund-die-koenigin-europa-in-retz Die Königin Europa]'', kolorierter Holzschnitt, Augsburg 1534, Stadtmuseum Retz. Abgerufen am 5.&nbsp;März 2024&nbsp;– hochauflösendes Digitalisat.
* [https://www.bavarikon.de/object/bav:SBR-HSS-00000BSB00113022?lang=de Evropae Descriptio: allegorische Darstellung der Europakarte in Frauengestalt von 1587] – hochauflösendes Digitalisat in bavarikon
* Christian Wechel nach Johannes Putsch: ''[https://journals.openedition.org/belgeo/7711 Die Königin Europa]'', 1537, Holzschnitt (1495–1554) in Paris<ref>{{Internetquelle |autor=Peter Meurer |url=https://journals.openedition.org/belgeo/7711?lang=de |titel=Europa Regina. 16th century maps of Europe in the form of a queen |titelerg=In: ''Belgeo.'' Band&nbsp;3–4, 2008, S.&nbsp;355–370, Fig.&nbsp;1 |sprache=en |abruf=2024-03-09}}</ref> &nbsp;– Digitalisat.
* Heinrich Bünting: ''[https://books.google.de/books?id=LjRA-AeZLF4C Itinerarium Sacrae Scripturae Das ist Ein Reisenbuch Uber die gantze heilige Schrifft: in zwey Bücher getheilet].'' Zacharias Kraft, Wittemberg&nbsp;/ [[Ambrosius Kirchner]], Magdeburg 1587, Teil&nbsp;1, S.&nbsp;12 f.: ''„Europa prima pars terrae in forma virginis“'' (deutsche Übersetzung: Europa, der erste Teil der Erde, in Gestalt einer Jungfrau), Holzschnitt. Abgerufen am 8.&nbsp;Januar 2024 – hochauflösendes Digitalisat.
* [[Matthias Quad]] (Kupferstich) nach Johannes Putsch (Entwurf): ''[https://collections.library.yale.edu/catalog/15259152 Europae Descriptio]'', Flugblatt, Kupferstich und Typendruck, 61&nbsp;× 44 cm. [[Johann Bussemacher]], Köln 1587. Abgerufen am 5.&nbsp;März 2024 – hochauflösendes Digitalisat.
* Sebastian Münster: [https://books.google.de/books?id=PnWOwW4IqckC ''Cosmographey Oder beschreibung Aller Länder herrschafftenn vnd fürnemesten Stetten des gantzen Erdbodens'']. Henricus Petri, Basel 1588, p.&nbsp;xii: ''Europa als Königin'', Holzschnitt. Abgerufen am 8.&nbsp;Januar 2024&nbsp;– hochauflösendes Digitalisat.
* [[Michael von Aitzing]]: [https://data.onb.ac.at/rep/108AED96 ''De Europae Virginis, Tauro Insidentis, Topographica, Atque Historica Descriptione, Liber'']. [[Godtfried Kempen]], Köln 1588, Frontispiz, Kupferstich. Abgerufen am 9.&nbsp;Januar 2024 (Latein)&nbsp;– hochauflösendes Digitalisat.
* Anonym (Ellert de Veer?): ''[[IArchive:ned-kbn-all-00014585-001/page/n2/mode/2up|Het Spaens Europa ben ic ghenomt]].'' s.&nbsp;l. [Amsterdam ?], August 1598, Titelblatt, Kupferstich. Abgerufen am 9.&nbsp;Januar 2024 (niederländisch)&nbsp;– hochauflösendes Digitalisat.
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* Hendrick Kloekhoff: ''[https://www.europeana.eu/de/item/92076/BibliographicResource_1000056392532 Europa Volgens de nieuwste Verdeeling]'', Kupferstich, handkoloriert, 223&nbsp;× 140 mm. In: Arend Fokke Simonsz.: ''Geheimzinnige Toebereidselen tot eene Boertige Reis Door Europa.'' Band 1, Francois Bohn, Haarlem 1794. ''Das ganze Buch.'' S.&nbsp;138 f. Abgerufen am 9.&nbsp;Januar 2024 (niederländisch) – hochauflösendes Digitalisat.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 6. Juli 2024, 14:02 Uhr

Matthias Quad nach Johannes Putsch: Europae Descriptio. Kupferstich, 61 × 44 cm, Johann Bussemacher, Köln 1587.[1]

Europa regina (lateinisch, deutsch ‚Königin Europa‘, ‚Europa als Königin‘) nennt man eine Landkarte des europäischen Kontinents in der Gestalt einer Königin mit den Reichskleinodien. Das Motiv kombiniert die meist nach Westen ausgerichtete kartographische Darstellung des Kontinents mit der figurativen Darstellung der mythischen Königstochter Europa, der späteren Königin von Kreta. Der Typus entstand in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und war unter Kartographen bis ins 18. Jahrhundert zeitweise populär.

Beschreibung

Im Typus der Europa Regina hat der Kontinent Europa stets die Gestalt einer Dame im Hofkleid,[2] die durch die Reichskrone in Form der karolingischen Bügelkrone, den Reichsapfel und das Reichszepter als Herrscherin ausgezeichnet wird.[3][2][4][5] Das Zepter wird dabei gelegentlich auch durch das Reichsschwert ersetzt (s. u.). Die Landkarte wird nach Westen ausgerichtet, so dass Spanien das Haupt und Portugal die Krone bilden.[2] Frankreich und das Heilige Römische Reich stellen den Oberkörper dar mit Alpen und Rhein als schmückendem Halsgehänge.[2] Das Herz der Königin liegt im Original in Böhmen. In einer zeitgenössischen Beschreibung von Heinrich Büntings (1545–1606) Europabildnis von 1587 (s. u.) ist das Königreich Böhmen „wie ein Güldener Pfenning oder wie ein rundes gehenge von Kleinodt“ und „mein hertzliebes Vaterland / das Fürstenthumb Brunschwig“ das eigentliche Herz.[6][7] Nach einer anderen Interpretation liegt das Herz der Jungfrau Europa in Deutschland. Das lange Gewand umfasst meist Ungarn, den Balkan, „Sarmatia“, Polen, Litauen, Livland und Bulgarien. Die Donau fungiert in vielen Fassungen als schmückende Leibkette. Dänemark stellt die linke Hand dar, die das Zepter hält. Die Arme werden meist durch die italische Halbinsel und Dänemark gebildet, in den Händen hält die Königin rechts Sizilien als Reichsapfel und links meist das Zepter.[2] Die meisten Varianten zeigen am Rand der Karte Afrika, Asien, die Britischen Inseln und Skandinavien nur teilweise und schematisiert.

Benennung

Die Bezeichnung des Darstellungstypus als Europa regina entstand erst spät. Auf der ältesten Darstellung wird dieser Typus 1534 als sub forma Europa puellae[8][9] – „Europa in der Gestalt eines Mädchens“ – beschrieben. Ab 1587 wurde der Typus meist als Europa in forma virginis[6][10][9] – „Europa in der Gestalt einer Jungfrau“ bezeichnet. In der Forschung wird der Typus heute gelegentlich auch Europa-Imago genannt.[11]

Vorläufer

Die Orientierung einer Karte nach Westen, ihre Zentrierung auf Europa und ihre menschengestaltige Darstellung sind im Mittelalter sehr selten. Kosmographische Karten waren vielmehr nach Osten, auf Jerusalem, ausgerichtet. Europa, Asien und Afrika waren auf den Radkarten im sogenannten TO-Schema angeordnet.[12] Indem sie Kopf, Hände und Füße kreuzförmig an den Rändern einer solchen Radkarte anordnet, stellt eine dieser Karten, die Ebstorfer Weltkarte von um 1300, die Welt allerdings ausnahmsweise anthropomorphisierend dar.[13] Die einzigen anderen Beispiele anthropomorphisierter Karten des Mittelalters bieten die in zwei rätselhaften Manuskripten erhaltenen kartographischen Karten des Mittelmeerraumes von Opicinus de Canistris (1296 – um 1353), die sukzessive zwischen 1337 und 1352 entstanden sind. In ihnen sind mit wechselnden Geschlechterrollen ein gutes Europa und ein böses Afrika einander auf beiden Seiten eines diabolischen Mittelmeers als streitendes Paar gegenübergestellt.[14][15][16][12] Karten, die auf Europa zentriert waren, blieben sehr selten; die einzigen bekannten Exemplare sind eine auf 1112 datierte Karte aus dem Liber Floridus von Lambert de Saint-Omer und eine byzantinische Karte aus dem 14. Jahrhundert.[12]

Erstfassung

Erst der Tiroler Kartograph Johannes Putsch (latinisiert Johannes Bucius Aenicola; 1516–1542)[17][18][19] produzierte Mitte der 1530er Jahre wieder eine Europakarte. Diese stellte den Kontinent Europa zudem erstmals im Typus der Europa regina dar.[12] Das einzige noch bekannte Exemplar der ältesten Fassung dieser Karte, ein 1534 von Jobst Dennecker († vor 1548) in Augsburg geschaffener Holzschnitt, wurde 2019 im Stadtmuseum Retz entdeckt.[8][20][21][4][5][9] Anders als alle späteren Kopien und Variationen enthält dieses Blatt auch das zugehörige Widmungsgedicht und ein passendes Klagegedicht der Europa, das 1544 in einer Gedichtanthologie noch einmal nachgedruckt wurde.[22][23][4] Der Entstehungskontext der Fassung von 1534 ist durch das Widmungsgedicht an den späteren Kaiser Ferdinand I. (1503–1564) aus dem Hause Habsburg – damals designierter Nachfolger seines Bruders Karl V. (1500–1558) auf dem Kaiserthron, König von Böhmen, Kroatien und Ungarn sowie Römischer König – dokumentiert, zu dessen Entourage Putsch seit jungen Jahren gehörte.[11][18][4] Michael von Aitzing (um 1530–1598) überliefert 1583, dass ein Exemplar des Blattes 1535 zudem Ferdinands Bruder, Kaiser Karl V., in Italien überreicht wurde.[24][18][5] Geographische Informationen zu Ungarn und dem Balkan entnahm Putsch 1534 wohl der von Lazarus Secretarius entworfenen und von Georg Tannstetter (1482–1535) überarbeiteten Landkarte Tabula Hungariae von 1528.[25]

Kopien

Matthias Quad (Kupferstich) nach Johannes Putsch (Inventor): Europae Descriptio. 61 × 44 cm, Johann Bussemacher, Köln 1587.[26]

Der von Putsch erfundene Darstellungstypus erfreute sich in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts größerer Beliebtheit. Die Erstfassung von 1534 kopiert bereits 1537 ein Holzschnitt des aus den Burgundischen Niederlanden stammenden reformierten Druckers und Buchhändlers Christian Wechel (1495–1554) in Paris[27][18][4] graphisch und typographisch grob, aber inhaltlich vollständig. Ein Zeitgenosse betonte, dass diese Fassung als Wandkarte genutzt werden könne, da sie auf der Rückseite nicht bedruckt war.[28][4] Auf der Rückseite des einzigen bekannten Exemplars dieser Fassung, die sich im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum befindet, wurde später allerdings eine gedruckte Tafel mit einer Beschreibung angebracht,[29] die, wie u. a. die Paginierung zeigt, jedoch aus einer der vielen nach 1587 erschienenen Ausgaben von Heinrich Büntings Itinerarium sacrae scripturae stammen muss,[30] wo sie sich auf die dortige, an Putschs Vorbild angelehnte Darstellung bezieht.

1587 gab Johann Bussemacher (vor 1577 – nach 1616) unter dem Namen Europae descriptio (Beschreibung Europas) eine besonders getreu und qualitätvoll im Kupferstich gestaltete Fassung von Putschs Bilderfindung heraus, die der aus den Niederlanden stammende, in Köln ansässige und der reformierten Kirche angehörende Matthias Quad (1557 – vor 29. Oktober 1613) gestochen hatte.[26][27][11][18] Es wurde vermutet, dass entsprechend der gängigen Nutzung von Darstellungen der Entführung der Europa durch Jupiter bei Fürstenhochzeiten mit Europa als Königin hier die damals mit Kaiser Rudolf II. (1552–1612) verlobte spanische Infantin Isabella Clara Eugenia (1566–1633) gemeint sei. Damit sei es zugleich die bei Fürstenhochzeiten gängige Allegorie vom Herrscher, der sein Reich zur Braut nimmt, hier konkret vom Kaiser, der mit der anstehenden Hochzeit Europa als sein Reich zur Braut nehmen sollte.[27]

Variationen

Im weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde die Europakarte des Johannes Putsch vielfach variiert.[11]

Guillaume Postel (1510–1581) gab 1561 der Überlegung seiner Ferdinand I. gewidmeten Cosmographiae Disciplinae Compendium (Kompendium der Lehre von der Kosmographie), Europa in „Iapetia“ umzubenennen, einen kleinen Holzschnitt bei, der die kartographische Gestalt des Kontinents grob verzerrte und losgelöst von den benachbarten Kontinenten in der angedeuteten Figur einer Königin zeigt,[31][32][23] und erläutert dies im Text unter Bezug auf Putschs Fassung von 1537.[31] Dieser Darstellung des Kontinents Europa/Iapetia als einsame Königin folgt – etwas feiner gezeichnet – 1642 eine Radierung in Georg Philipp Harsdörffers (1607–1658) Frauen-Zimmer Gespräch-Spiel.[33][23]

In der Erläuterung der Weltkarte in seinem Wilhelm der Jüngere (1535–1592), dem Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, gewidmeten Itinerarium sacrae scripturae (Wegeplan der Heiligen Schrift) von 1582 erklärte der Lutheraner Heinrich Bünting, dass die Gestalt des Kontinents Europa einer „ligenden Jungfrawen“ mit Spanien als Haupt, Frankreich als Brust, Deutschland als Herz usw. gleiche, und deutete in der Weltkarte eine Annäherung der kartographischen Gestalt des Kontinents an die Formen einer menschlichen Gestalt zumindest rudimentär an.[30][27] Dabei folgte er einem Holzschnitt, der die anthropomorphisierende Andeutung der kartographischen Form in der Ausgabe von Sebastian Münsters (1488–1552) Cosmographia von 1550 allerdings noch weniger deutlich ausgeprägt hatte.[34][27]

Europa regina, handkolorierter Holzschnitt. In: Heinrich Bünting: Itinerarium sacrae scripturae. Band 1, aus einer Ausgabe ab 1587. S. 12 f.
Europa regina, handkolorierter Holzschnitt. In: Heinrich Bünting: Itinerarium sacrae scripturae. Band 1, aus einer Ausgabe ab 1587. Comenius-Museum Naarden.

Ab der Ausgabe von 1587 fügte Bünting in seinem Itinerarium auf einer Doppelseite eine Karte Europas in der ausgeprägten Gestalt einer Königin hinzu, wie Johannes Putsch es vorgeführt hatte.[35][27][11][18][36] Anders als bei Putsch ist diese Variante allerdings – wie die in der Seitenfolge unmittelbar vorangehende Weltkarte – genordet; entgegen der Konzeption einer stehenden Figur „liegt“ Europa nun. Auch fehlen bei Bünting die bei Putsch so zahlreichen Wappen sowie viele weitere Details; und die Landschaften sind – insbesondere für Osteuropa – weitaus gröber generalisiert wiedergegeben. Einige Städte sind aber von Putsch übernommen und weitere sogar neu hinzugekommen. Die Ansicht zeigt zudem zusätzliche Inseln um Europa herum: Neben Großbritannien sind dies Seeland, Fünen, Hibernia, Korsika, Sardinien sowie Malta. Auch sind nun „Moscovia“ und „Russia“ benannt.

Europa regina, handkolorierter Holzschnitt. In: Sebastian Münster: Cosmographia, Henricus Petri, Basel 1628. S. 54.[37][38]

In den Ausgaben der Cosmographia des zum Luthertum konvertierten Sebastian Münster erschien ab 1588 eine vereinfachte Nachgestaltung nach Putschs Vorlage,[39][27][12][11][18][36][23] die wenigen älteren Auflagen möglicherweise nachträglich beigebunden wurde.[10]

Wie bei Putsch ist die Karte nach Westen ausgerichtet, und Europa steht aufrecht da. Wie bei Bünting sind aber viele der bei Putsch dargestellten Details weggelassen. Die britischen Inseln jedoch sind getreuer dargestellt, und „Moscovia“ und „Scythia“ nun Teil der Legende. Die Darstellungen nach Münster und Bünting wurden bis ins 17. Jahrhundert vielfach nachgedruckt.

Völlig neu interpretiert Frans Hogenberg (1535–1590) das Motiv im Frontispiz zu dem 1588 erschienenen Kartenwerk De Europae Virginis, Tauro Insidentis, Topographica, Atque Historica Descriptione, Liber (Buch über die topographische und historische Beschreibung der Jungfrau Europas, die auf den Stier steigt) des Michael von Aitzing, der eng mit den Habsburgern in Wien verbunden war. Unter der Inschrift Europa quatuor orbis terrar[um] Praesentiss[ima] (Europa, die mächtigste unter den vier Erdteilen) erscheint der Kontinent nun in der Gestalt der Königin Europa, die selbstbewusst auf einem Stier reitet – im Mythos Jupiter, der sich in einen Stier verwandelt hatte, um die Königstochter Europa zu entführen.[40][41]

Bildnerisch originell und politisch radikal wendet eine anonyme niederländische Radierung, die unter dem Titel Het Spaens Europa ben ic ghenomt (Das Spanische Europa werd’ ich genannt) einer 1598 in Holland erschienenen polemischen antihabsburgischen Flugschrift beigegeben wurde, das Motiv gegen die Habsburger.[42][27][36][9] In dieser satirischen Darstellung des Kontinents als Königin, der die Krone vom Kopf zu fallen droht, umfasst das Gewand nun auch Skandinavien. Ihren unbedeckten rechten Fuß setzt die Königin Europa auf das europäische Ufer Konstantinopels, das seit 1453 vom Osmanischen Reich besetzt war, ihren linken an die Grenze Schwedens zum russischen Reich, die im Russisch-Schwedischen Krieg von 1590–1595 umkämpft war. England bildet die linke Hand, in der die heftig bewegte Königin das Reichsschwert schwingt. Auf dem Oberkörper ziehen in der Mitte Europas kleine berittene Krieger von Frankreich aus gegen die Habsburgischen Niederlande, symbolisiert durch den von ihnen gejagten Leo Belgicus (Belgischen Löwen). Unter dem Gürtel der Königin Europa liest man einen Hinweis auf den Sieg des Hugenottenheeres unter dem neuen französischen König Henri IV. (1553–1610) gegen die Heilige Liga in der Schlacht bei Ivry von 1590. Über der linken Schulter geht in der Biskaya – wie eine Inschrift, dieses Ereignis vom Sommer 1588 erläutert – die spanische Armada unter.[36][9]

Unter dem niederländischen Titel Het Spaens Europa (Das Spanische Europa) wiederholte ein weiterer anonymen Tiefdruck, der im selben Jahr in Frankfurt am Main erschien, das Motiv, fügt aber aus dem Titelblatt einer weiteren gleichzeitig erschienenen Flugschrift die allegorische Darstellung der Verteidigung des von einem Flechtzaun geschützten Gartens von Holland (Hollandse tuin), damals ein Inbild des nordniederländischen Freiheitswillens, gegen eine Flotte hinzu, die von der „heilig Liga, Spanische Regiment und Spanische Inquisition“ angeführt wird.[43][44][27][36][9] Für ein deutschsprachiges Publikum wird unter dem Blatt unter Bezug auf die in Holland erschienene Flugschrift Het Spaens Europa ben ic ghenomt (s. o.) kurz erläutert,[9] dass die Holländer mit dieser Darstellung im August 1598 verdeutlicht hätten, warum sie in der aktuellen Lage ein Friedensangebot des habsburgischen Spanien nicht annehmen.[9] In der von Conrad Lautenbach (1534–1595) unter dem Pseudonym Jacobus Francus herausgegebene Messrelation Historicae Relationis Continvatio von 1598, der das Blatt beigegeben wurde,[45] erläutert das rahmende Kapitel die Beratung von Niederländern und Engländern, unter deren Protektorat sich die sieben nördlichen Provinzen der Habsburgischen Niederlande seit 1585 im Aufstand gegen ihren angestammten Landesherrn begeben hatten, als Kontext des Blattes. Zudem werden Details, die auf dem Blatt durch kleine Ziffern und Buchstaben markiert sind, ausführlich erläutert.[45][46]

Hendrick Kloekhoff: Europa Volgens de nieuwste Verdeeling, Kupferstich, handkoloriert, 223 × 140 mm, 1794.[47]

Ebenfalls sehr eigenständig variiert das Thema des Kontinents Europa in Gestalt der Königin Europa auch eine Landkarte, die Hendrick Kloekhof gestochen und François Bohn (1757–1819) im ersten Band von Arend Fokke Simonsz. (1755–1812) Geheimzinnige Toebereidselen tot eene Boertige Reis Door Europa 1794 in Haarlem unter dem Titel Europa. Volgens de nieuwste Verdeeling herausgegeben hat.[48][16] Wie Simonsz. im vorangehenden Text erklärt, facht die ins Profil gewendete Königin, die mit ihrer linken Hand an der Stelle von Sizilien und dem Ätna ein Stövchen mit Glut hält, das Feuer an, um mit der Wärme gegen die Krankheit vorzugehen, die politische Probleme in Frankreich und Deutschland – wohl eine Anspielung auf die Neuordnung Europas während der Koalitionskriege – im Zentrum ihres Körpers ausgelöst haben.[16]

Literarische Grundlagen

Schon im antiken Griechenland wurde der Verlauf der Küstenlinie von Inseln oder Kontinenten mit Formen von Gegenständen oder Körperteilen verglichen. Der griechische Historiograph und Geograph Strabon vergleicht im frühen 1. Jahrhundert nach Christus die Form der Peloponnes mit der eines Platanenblattes (Geographie 8,2,1[49][50][51]); der römische Geograph Pomponius Mela formuliert 43/44 nach Christus, dass der Zugang zum Persischen Golf (Straße von Hormuz) wie ein Hals aussehe und der Meeresteil dahinter wie ein menschlicher Kopf (Chorographia 3,73[52][53][51]); und Plinius der Ältere (23 oder 24 –79) überliefert, dass der griechische Historiker Timaios von Tauromenion die Insel Sardinien wegen der Ähnlichkeit ihres Umrisses mit einer Sandale (lateinisch sandalium) „Sandaliotis“ und der griechische Historiker Myrtilus sie wegen der Ähnlichkeit mit einem Fußabdruck „ichnusa“ (altgriechisch ἴχνος [ichnos], deutsch ‚Fußabdruck‘) genannt habe (Naturalis historia 3,85[54][55][51]).

Die konkreten literarischen Grundlagen der Bilderfindung, Europa als Königin darzustellen und ihre Gestalt mit der kartographischen Form des Kontinents zu verschmelzen, der ihren Namen trägt, liegen im antiken Mythos von der Königstochter Europa. Einen Kontinent überhaupt im Typus der Europa regina in Frauengestalt darzustellen geht darauf zurück, dass der Königstochter im Traum die Kontinente Asien und Europa in Frauengestalt erscheinen und darum streiten, wer sie besitze (Moschos, Europa 8–15).[56][5] Damit verbindet bereits der Mythos die älteste anthropomorphisierende Vorstellung vom Kontinent in Frauengestalt mit der allegorischen Darstellung territorialer Besitzansprüche von kontinentaler Dimension, die für die Verwendung des Darstellungstypus der Europa regina im 16. Jahrhundert zentral ist (s. u. zur politischen Argumentation).[5] Dass der Kontinent nach der Europa benannt werden wird, sagt Venus der Europa zu, als diese ihre Entführung durch Jupiter aus dem heimatlichen Sidon übers Meer ins fremde Kreta bejammert, und die Liebesgöttin sie daraufhin ermahnt, ihr Klagen zu beenden und ihr Schicksal hinzunehmen (Horaz, Carmina III 27,75 f.).[57] Die Überblendung der mythischen Figur mit dem Erdteil im Darstellungstypus der Europa regina stellt im 16. Jahrhundert diese mythische Metamorphose und Apotheose der sterblichen Europa in die ewige Gestalt des Kontinents unmittelbar vor Augen.[5] Dass die Königstochter Europa später selbst zu einer Königin wird, als der König von Kreta sie zur Gemahlin nimmt (Apollodor, Bibliotheke 3,1,2,1),[58] wird im Typus der Europa regina ganz wörtlich übernommen.[5] Eine Verbindung zwischen Mythos und Landkarte wurde auch schon darin vermutet, dass die Europa hier von Wasser umgeben dargestellt sei (siehe auch unten die Analogisierung zum Paradies), so dass die Karte an die Entführung der Europa über das Meer erinnere.[2]

Politische Allegorik

Besitzungen des Hauses Habsburg unter Karl V. in grün

Als die Darstellung der Europa regina erstmals 1534 veröffentlicht wurde, regierte das Haus Habsburg in weiten Teilen Europas. Kaiser Karl V. vereinte in seiner Hand die Kaiserwürde im Heiligen Römischen Reich mit der Herrschaft über Spanien, Sizilien, Neapel sowie über das burgundische Erbe der Niederlande und hatte durch Heirat Erbrechte an Portugal erworben.[10] Mit dem von Karl V. regierten Spanien als Kopf, dem zu dessen Erbansprüchen zählenden Portugal als Krone und dem von diesem als Kaiser beherrschten Heiligen Römischen Reich als Brust und Herz warb die nach Westen ausgerichtete Karte als politische Allegorie für den universalmonarchischen Herrschaftsanspruch Karls V.[2][5] Die Darstellung der Reichskleinodien (Bügelkrone, Reichsapfel und Zepter) spielte sichtlich auf die Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reichs an, und auf die Vorrangstellung Karls V. als Kaiser innerhalb Europas.[2][5] Das Gewand der Königin Europa entsprach der zeitgenössischen Mode am Hof der Habsburger, ihr Gesicht soll Ähnlichkeiten zur Gemahlin Karls, Isabella (1503–1539) aufweisen.[2] Im Widmungsgedicht zu Putschs Erstfassung von 1534 heißt es, dass die Königin Europa „nach Italien zu ihrer Rechten lächelt“.[8] Da eine solche Wendung nach rechts in Ehegemälden der Zeit vorkommt, wurde dies so interpretiert, dass die Europa ihrem nicht abgebildeten Gemahl, dem Kaiser, das Gesicht zuwendet und ihm die Macht in Form des Reichsapfels darbietet.[2] Dass Britannien in der ursprünglichen Karte von Putsch wie ein Felsbrocken auf der Schulter der Europa zu lasten scheint, veranschaulichte die damals wachsenden dynastischen Spannungen zwischen Karl V. und seinem Onkel, dem englischen König Heinrich VIII.(1491–1547).[4][5] Die vor Schwäche herabsinkende rechte Hand, die Sizilien hält, markiert eine andauernde Gefährdung der Insel durch osmanische Piraten,[5] gegen die Karl V. damals für das Folgejahr den Tunisfeldzug vorbereitete.

Mit Böhmen und der alten kaiserlichen Residenzstadt Prag als Körpermitte der Königin Europa, gleich daneben Österreich und Wien als bevorzugter Residenz Ferdinands I. sowie mit Ungarn und dem Balkan treten die Gebiete ins Zentrum der gesamten Karte,[5] über die Ferdinand I. – dem die Karte 1534 gewidmet war – bereits herrschte oder auf die er Ansprüche hatte (s. o.). In Putschs Klagegedicht der Europa, das der Erstfassung beigeben war, beklagt der in der mythischen Gestalt Europa personifizierte Kontinent passend hierzu die ständige Bedrohung durch das Osmanische Reichs, dankt dann aber Ferdinand I. und Karl V. für die Aussicht auf Frieden nach der Vertreibung eines osmanischen Heers aus dem westungarischen Erbe der Habsburger 1532. Das Widmungsgedicht fordert Ferdinand I. zudem auf, als neuer König von Kroatien die osmanische Herrschaft nun auch auf kleinasiatischem Boden zu beenden.[5] So thematisiert die Karte von 1534 eine vereinte Christenheit (res publica christiana) des Kontinents[2][10][5] für den erfolgreichen Abwehrkampf gegen das Osmanische Reich.[5] Der zwischen Klagen und Siegesbewusstsein schwankenden Ambivalenz der politischen Lage, für die Putsch das Motiv erfand und die auch das zugehörende Klagegedicht zeigt, entspricht es, dass man den Darstellungstypus der Europa regina mal den Allegorien der Europa triumphans (triumphierende Europa) zugerechnet hat[2][59] und mal auch mit Darstellungen der Europa deplorans (klagende Europa) in Verbindung bringt.[5]

Die späteren Variationen auf das Motiv der Europa regina übernehmen die Habsburger Interessen von Putschs Vorlage mal bewusst, mal unbewusst und abschwächend. Gerade im Bezug auf die habsburgische Prägung des Typus können sie die politische Bedeutung des Motivs aber auch in ihr Gegenteil umkehren, wie etwa die beiden Radierungen zeigen, die mit Het Spaens Europa betitelt sind und in engem Zusammenspiel mit dem Text der Flugschrift ein gegen die Habsburger gerichtetes Europaverständnis und einen für ganz Europa koordiniert agierenden protestantischen Norden des Kontinents propagieren (s. o.).[27][36][9]

Wegen der Krone und der Bezeichnung als sub forma Europa puellae oder Europa prima pars Terrae in forma virginis (s. o.) wird im Typus auch eine Anspielung auf die Krönung Mariens, ihren Titel als Himmelkönigin (Regina coeli) und ihre Jungfräulichkeit vermutet.[60][9] Die von Putsch angelegte und von seinen Nachfolgern immer wieder übernommene Umfassung Böhmens mit einem Ring bewaldeter Berge als Nabel Europas hätte dann die Vorstellung von Marias Schoß als ebenso fruchtbarer wie schutzbedürftiger hortus conclusus (lateinisch, deutsch ‚umschlossener Garten‘) aufrufen können, woran sich dann wiederum die Vorstellung von Böhmen als einem Raum geknüpft haben kann, aus dem man – mit Ferdinand I., dem Widmungsempfänger der ersten Fassung des Motivs, als König von Böhmen – Friede und Heil erwarten sollte, der angesichts der bedrohlichen Nähe des Osmanischen Reiches zugleich aber auch verwundbar sei und daher bewacht und verteidigt werden müsse.[9]

Eine weitere Interpretation nimmt an, dass die Darstellung des Kontinents Europa als Königin in Sebastian Münsters Cosmographia, die den Kontinent Europa zum Lob des Kaisers und des Heiligen Römischen Reichs an mehreren Stellen mit dem Paradies vergleicht, eine Assoziation zum Garten Eden auslösen sollte. Dies wird zum ersten daran festgemacht, dass Europa hier umschlossen von Meeren und Flüssen dargestellt werde, wie man sich das Paradies als umschlossenen Garten vorstellte; und zum zweiten daran, dass sich in diesem Holzschnitt die Donau, nachdem sie Europa durchflossen hat, im Mündungsgebiet in vier Arme verzweigt, wie der Paradiesstrom sich nach dem Durchfließen des Gartens Eden in vier Ströme teilt (Gen 2,10–14).[27][61][10]

Mnemonik

Gerade die generalisierten, späteren Varianten figurativer und insbesondere anthropomorpher Landkarte wurden zudem als mnemotechnische Hilfsmittel genutzt, damit sich die Betrachter die Geographie Europas besser einprägen können.[7][23]

Weiterentwicklungen

Die anthroporphiserende Darstellung von Landkarten als eine Sonderform der Darstellung von Ländern in der Gestalt von Lebewesen ist eine Sonderform der Zusammensetzung einer Gestalt aus heterogenen Teilen, die man nach ihrem Hauptvertreter, Giuseppe Arcimboldo (um 1526–1593), später als Arcimboldeske bezeichnet hat.[44] Anschließend an Putschs Erfindung stellte Bünting auf den Seiten, die seiner Darstellung des Kontinents Europa als Königin folgen, nach diesem Prinzip Asien als Pegasus dar.[6] Die Landkarte der Niederlande wurde in vielfältigen Variationen als Leo Belgicus dargestellt.[62] Weite Verbreitung erreichten auch die verschiedenen Fassungen „allegorischer“ und „tragisch-komischer“ Kriegskarten für das Jahr 1877 des Fred[erick] W[illiam] Rose (1849–1915), in der die komplexe Konfliktkonstellation zwischen den Nationen Europas sowie zu ihren Nachbarn in Menschen- und Tiergestalten interpretiert und kommentiert wird. Die Karte erschien auch in deutschen, dänischen, schwedischen, niederländischen, portugiesischen, spanischen, italienischen, französischen und amerikanischen Ausgaben.[63][64][65][66][67]

In der Literatur findet sich eine anthropomorphisierende Vorstellung geographischer Formen ein Jahrzehnt nach Putschs Erfindung im dritten Buch des satirischen Romans Pantagruel von François Rabelais (um 1494–1553) von 1546: „Ich seh, das Haar wird dir schon grau auf deinem Kopf; dein Bart schaut aus wie eine Weltkart, nach den Flecken des Grauen, Weissen, Schwarzen und Braunen. Schau, hie ist Asien, hie Euphrat und Tigris, da Afrika, dort die Mondsgebirg. Siehst du die Nil-Sümpf? Hie hüben Europa. Siehst du wohl Thelem? Dieß ganz schneeweisse Büschel hie, das sind die hyperboräischen Berg. Bey meiner Kehl, Freund! wann der Schnee erst auf den Bergen liegt, ich mein auf Haupt und Kinn, dann ist die Hitz im Hosenthal auch nicht mehr groß.“[68][69][51]

Literatur

  • Nicolas Detering: Krise und Kontinent. Die Entstehung der deutschen Europa-Literatur in der Frühen Neuzeit. Böhlau, Köln und Wien 2017, ISBN 978-3-412-50719-0, S. 73 f., 83–87, 277, 297.
  • Nicholas Detering, Dennis Pulina: Rivalry of Lament. Early Personifications of Europe in Neo-Latin Panegyrics for Charles V and Francis I. In: Nicholas Detering, Clementina Marsico, Isabella Walser-Bürgler (Hrsg.): Contesting Europe. A Comparative Perspectives on Early Modern Discourses on Europe (Fifteenth-Eighteenth Century). Brill, Leiden / Boston 2020, ISBN 978-90-04-37605-2, S. 13–38.
  • Ulrich Heinen: Europa-Bilder als tragischer Ursprung des Kontinents. Einen Migrationsmythos transkulturell wahrnehmen. In: Constanze Kirchner, Nicola Pauli, Ernst Wagner (Hrsg.): Transkulturelle Bildwelten – multiperspektivische Zugänge im Kunstunterricht. Praxisbeispiele und konzeptionelle Überlegungen. Kopaed, München 2023, ISBN 978-3-96848-111-1, S. 197–225, hier S. 209–211.
  • Thomas Horst: Johannes Putsch (1516–1542). In: Bautz. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band XLIV, Ergänzungen XXXI, 2022, Sp. 1052–1086.
  • Carmen Nocentelli: Rereading Elizabeth I as Europa. In: Publications of the Modern Language Association. Band 138, Nr. 2, 2023, S. 321–342 (englisch).
  • Peter Meurer: Europa Regina. 16th century maps of Europe in the form of a queen. In: Belgeo. Band 3–4, 2008, S. 355–370, hier S. 222–227.
  • Katharina N. Piechocki: Cartographic Humanism. The Making of Early Modern Europe. Chicago / London 2019, ISBN 978-0-226-64118-8, S. 107–111.
  • Wolfgang Schmale: Europa – die weibliche Form. In: L’Homme. Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft. Band 11, Nr. 2, 2000, S. 211–233.
  • Wolfgang Schmale: Europa, Braut der Fürsten. Politische Relevanz des Europamythos im 17. Jahrhundert. In: Klaus Bussmann, Elke Anna Werner (Hrsg.): Europa im 17. Jahrhundert. Ein politischer Mythos und seine Bilder. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08274-3, S. 241–267.
  • Wolfgang Schmale: Un paradis nomme Allemagne. Sebastian Münster ou la visualisation geographique et idealisee du Saint-Empire au XVIe siecle. In: Christine Lebeau (Hrsg.): L’espace du Saint-Empire du Moyen Age à l’epoque moderne. Presses universitaires de Strasbourg, Strasbourg 2004, ISBN 2-86820-236-5, S. 19–31.
  • Wolfgang Schmale: Europa Regina. In: Mein Europa. Wolfgang Schmale, 24. Juni 2019, abgerufen am 9. März 2024.
  • Celine Wawruschka: Kartografischer Sonderfund. Die Königin Europa in Retz. In: DerStandard. 28. März 2019, abgerufen am 9. März 2024.
  • Elke Anna Werner: Triumphierende Europa – Klagende Europa. Zur visuellen Konstruktion europäischer Selbstbilder in der Frühen Neuzeit. In: Roland Alexander Ißler, Almut-Barbara Renger (Hrsg.): Europa – Stier und Sternenkranz. Von der Union mit Zeus zum Staatenverbund. Bonn University Press, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 3-89971-566-7, S. 241–260.
  • Elke Anna Werner: Anthropomorphic Maps. On the Aesthetic Form and Political Function of Body Metaphors in the Early Modern Discourse. In: Walter S. Melion, Bret Rothstein, Michel Weemans (Hrsg.): The Anthropomorphic Lens. Anthropomorphism, Microcosmism and Analogy in Early Modern Thought and Visual Arts (= Intersections. Interdisciplinary Studies in Early Modern Culture). Brill, Leiden/Boston 2015, ISBN 978-90-04-26170-9, S. 251–270.
Commons: Europa Regina – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Staatliche Bibliothek Regensburg, Inv.-Nr. Gr/2Hist.pol.5,52a. urn:nbn:de:bvb:12-bsb00113022-1. Abgerufen am 4. März 2024.
  2. a b c d e f g h i j k l Elke Anna Werner: Triumphierende Europa – Klagende Europa. Zur visuellen Konstruktion europäischer Selbstbilder in der Frühen Neuzeit. In: Roland Alexander Ißler, Almut-Barbara Renger (Hrsg.): Europa – Stier und Sternenkranz. Von der Union mit Zeus zum Staatenverbund. Bonn University Press, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 3-89971-566-7, S. 241–260, hier S. 243 ff.
  3. Achim Landwehr: Einführung in die europäische Kulturgeschichte. Schöningh. Paderborn 2004, ISBN 3-8252-2562-3. Seite 279.
  4. a b c d e f g Nicholas Detering, Dennis Pulina: Rivalry of Lament. Early Personifications of Europe in Neo-Latin Panegyrics for Charles V. and Francis I. In: Nicholas Detering, Clementina Marsico, Isabella Walser-Bürgler (Hrsg.): Contesting Europe. A Comparative Perspectives on Early Modern Discourses on Europe (Fifteenth-Eighteenth Century). Brill, Leiden / Boston 2020, ISBN 978-90-04-37605-2, S. 13–38, hier S. 17–21 (englisch).
  5. a b c d e f g h i j k l m n o p Ulrich Heinen: Europa-Bilder als tragischer Ursprung des Kontinents. Einen Migrationsmythos transkulturell wahrnehmen. In: Constanze Kirchner, Nicola Pauli und Ernst Wagner (Hrsg.): Transkulturelle Bildwelten – multiperspektivische Zugänge im Kunstunterricht. Praxisbeispiele und konzeptionelle Überlegungen. Kopaed, München 2023, ISBN 978-3-96848-111-1, S. 197–225, hier S. 209–211.
  6. a b c Heinrich Bünting: Itinerarium Sacrae Scripturae Das ist Ein Reisenbuch Uber die gantze heilige Schrifft: in zwey Bücher getheilet. Zacharias Kraft, Wittemberg / Ambrosius Kirchner, Magdeburg 1587, Teil 1, S. 11–18. Abgerufen am 8. Januar 2024 (Latein).
  7. a b Marion Picker, Véronique Maleval, Florent Gabaude: Die Zukunft der Kartographie. Neue und nicht so neue epistemologische Krisen. transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8394-1795-9, S. 146 ff.
  8. a b c Celine Wawruschka: Kartografischer Sonderfund: Die Königin Europa in Retz. In: DerStandard. 28. März 2019, abgerufen am 9. Januar 2024 (österreichisches Deutsch).
  9. a b c d e f g h i j k Carmen Nocentelli: Rereading Elizabeth I as Europa. In: Publications of the Modern Language Association. Band 138, Nr. 2, 2023, S. 321–342 (englisch).
  10. a b c d e Wolfgang Schmale: Das Reich als Paradies. In: Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal (Hrsg.): Lesebuch altes Reich (= bibliothek Altes Reich. Band 1). Oldenbourg Wissenschaftsverlag, München 2006, ISBN 3-486-57909-6, S. 59–66, hier S. 63.
  11. a b c d e f Wolfgang Schmale: Europa, Braut der Fürsten. Politische Relevanz des Europamythos im 17. Jahrhundert. In: Klaus Bussmann, Elke Anna Werner (Hrsg.): Europa im 17. Jahrhundert. Ein politischer Mythos und seine Bilder. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08274-3, S. 241–267.
  12. a b c d e Michael Borgolte: Perspektiven europäischer Mittelalterhistorie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. In: Ralf Lusiardi, Michael Borgolte (Hrsg.): Das europäische Mittelalter im Spannungsbogen des Vergleichs. Akademie Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-05-003663-X, S. 13–28, hier S. 16.
  13. Hartmut Kugler [Hrsg.]: Die Ebstorfer Weltkarte. 2 Bände. kommentierte Neuausgabe Auflage. wbg Edition, Darmstadt 2020, ISBN 978-3-05-004117-9.
  14. Opicinus de Canistris: Vat. lat. 6435. Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, abgerufen am 12. Januar 2024 (Latein).
  15. Opicinus de Canistris: Pal. lat. 1993. Vatikan, Biblioteca Apostolica Vaticana, abgerufen am 12. Januar 2024 (Latein).
  16. a b c Anke Bennholdt-Thomsen, Alfredo Guzzoni: Analecta Hölderliana. Zur Hermetik des Spätwerks. Königshausen & Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1629-7, S. 22–24.
  17. Karlheinz Töchterle u.a.: Putsch, Johannes. 100 ausgewählte Autoren. In: Tirolensia Latina – Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol. Universität Innsbruck, Institut für Sprachen und Literaturen/Abt.Latinistik, 13. September 2006, abgerufen am 9. Januar 2023.
  18. a b c d e f g Peter Meurer: Europa Regina. 16th century maps of Europe in the form of a queen. Belgeo. Band 3–4, 2008, S. 355–370, hier S. 222–227. 22. Mai 2013, abgerufen am 12. Juli 2023 (englisch).
  19. Thomas Horst: Johannes Putsch (1516–1542). In: Bautz. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Band XLIV, Ergänzungen XXXI, 2022, Sp. 1052–1086. Abgerufen am 23. März 2024.
  20. Königin Europa | Museum Retz. In: Museum Retz. Abgerufen am 5. März 2024.
  21. Wolfgang Schmale: Europa Regina. In: Mein Europa. Wolfgang Schmale, 24. Juni 2019, abgerufen am 1. Januar 2024.
  22. Bucius Aenicola [Johannes Putsch]: Lamentatio Europae ad Carolum V. Caesarem et Ferdinandum Romanorum regem fratres. In: Poematia aliquot insignia illustrium poetarum recentiorum, s. p. Robert Winter, Basel, 1544, abgerufen am 7. Januar 2023 (Latein).
  23. a b c d e Nicolas Detering: Krise und Kontinent. Die Entstehung der deutschen Europa-Literatur in der Frühen Neuzeit. Böhlau, Köln und Wien 2017, ISBN 978-3-412-50719-0, S. 73 f., 83–87, 277, 297.
  24. Michael Aitsingerus [Michael von Aitzing]: Praefatio [s.p., fol. 1r: „De Leone Belgico“], in: De Leone Belgico, eiusq[ue] Topographica atq[ue] historica descriptione liber. Hogenberg, Köln 1583. Abgerufen am 7. Januar 2024 (Latein).
  25. Александар Узелац [Aleksandar Uzelac]: ‚Краљица Европа‘ [Europa Regina]. In: Београдски историјски гласник [Belgrade Historical Review]. 12, 2021, S. 19–35. Abgerufen am 1. Januar 2024 (serbisch).
  26. a b Matthias Quad (Kupferstich) nach Johannes Putsch (Entwurf): Europae Descriptio. 61 × 44 cm, Kupferstich, Köln: Johann Bussemacher, 1587. Yale University Library, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Call Number 30an 1587, Container / Volume BRBL_00037. Abgerufen am 5. März 2024 (Latein, deutsch).
  27. a b c d e f g h i j k Wolfgang Schmale: Europa – die weibliche Form. In: L’Homme. Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft. Band 11, Nr. 2, 2000, S. 211–233.
  28. Conrad Gesner: Bibliotheca Universalis […]. Froschauer, Zürich 1545, fol. 393v. Abgerufen am 7. Januar 2024 (Latein).
  29. Sebastião Tavares de Pinho: A descrição camoniana da europa e a cartografia ginecomórfica. In: José Seabra Pereira, Manuel Ferro (Hrsg.): Actas da VI reunião internacional de Camonistas. Imprensa da Universidade de Coimbra, S. 252–279, hier S. 272–274. 1. Dezember 2012, abgerufen am 1. Februar 2024 (portugiesisch).
  30. a b Heinrich Bünting: Itinerarium Sacrae Scripturae. Jacobus Lucius Siebenbürger, Helmstadt 1582, S. 7–9. Abgerufen am 8. Januar 2024 (Latein).
  31. a b Guillaume Postel: Cosmographiae Disciplinae Compendium. Johannes Oporinus, Basel 1561, S. 5. Abgerufen am 9. Januar 2024 (Latein).
  32. Katharina N. Piechocki: Cartographic Humanism. The Making of Early Modern Europe. Chicago / London 2019, ISBN 978-0-226-64118-8, S. 107–111, Fig. 15 (englisch).
  33. Anonym [Georg Philipp Harsdörffer]: Frauen-Zimmer Gespräch-Spiel. Band 2 (Anderer Theil). Nürnberg 1642, S. 184. Abgerufen am 9. Januar 2024.
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