„Eliteuniversität“ – Versionsunterschied

[ungesichtete Version][ungesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
Unter einer '''Eliteuniversität''' versteht man entweder eine [[Universität]] zur Ausbildung einer [[Elite]] oder eine Universität, zu der nur die Elite einer Gesellschaft Zugang hat. Die [[inflationär]]e Verwendung des Begriffes – insbesondere in den deutschen Medien, aber auch durch die Universitäten selbst – für mehr und mehr Universitäten erodiert den Gedanken der Elite und erzeugt so ein verzerrtes Bild, welches den Begriff [[ad absurdum]] führt.
Unter einer '''Eliteuniversität''' versteht man entweder eine [[Universität]] zur Ausbildung einer [[Elite]] oder eine Universität, zu der nur die Elite einer Gesellschaft Zugang hat. Die [[inflationär]]e Verwendung des Begriffes – insbesondere in den deutschen Medien, insbesondere innerhalb Wikipedias, aber auch durch die Universitäten selbst – für mehr und mehr Universitäten erodiert den Gedanken der Elite und erzeugt so ein verzerrtes Bild, welches den Begriff [[ad absurdum]] führt.


==Situation in Deutschland==
==Situation in Deutschland==

Version vom 24. November 2007, 13:17 Uhr

Unter einer Eliteuniversität versteht man entweder eine Universität zur Ausbildung einer Elite oder eine Universität, zu der nur die Elite einer Gesellschaft Zugang hat. Die inflationäre Verwendung des Begriffes – insbesondere in den deutschen Medien, insbesondere innerhalb Wikipedias, aber auch durch die Universitäten selbst – für mehr und mehr Universitäten erodiert den Gedanken der Elite und erzeugt so ein verzerrtes Bild, welches den Begriff ad absurdum führt.

Situation in Deutschland

In der Exzellenzinitiative für ihr Zukunftskonzept geförderte Universitäten in Deutschland,
Stand: Oktober 2007

Bislang existierten in Deutschland keine Eliteuniversitäten, wie es sie etwa in den USA oder Großbritannien oder in Frankreich in Form der Grandes Ecoles gibt. Dies liegt zum einen daran, dass in Deutschland der Hochschulzugangsberechtigung eine entscheidende Rolle bei der Vergabe von Studienplätzen zukommt. Dadurch wird verhindert, dass die einzelnen Universitäten nur eine gewisse Elite als Studenten zulässt. Zum anderen ist die Ausbildung der Universitäten keine reine Elitenausbildung, sondern eine breitere Akademikerausbildung. So trifft auch die zweite Definition für Deutschland nicht zu.

Eine Elitenausbildung träfe in Deutschland eher auf die außeruniversitäre Forschung zu. Zu dieser zählen vor allem die Max-Planck-Gesellschaft (Jahresetat: 1,3 Milliarden Euro), die Leibniz-Gemeinschaft (Jahresetat: 1,05 Milliarden Euro), die Fraunhofer-Gesellschaft (Jahresetat: 1 Milliarde Euro) und die Helmholtz-Gemeinschaft (Jahresetat: 2 Milliarden Euro), welche sich stark in der Förderung einer Wissenschaftselite engagieren. Daneben existiert noch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Jahresetat: 1,3 Milliarden Euro), welche in Sonderforschungsbereichen, Schwerpunktprogrammen und Graduiertenkollegs ebenfalls zur Forschungsförderung beiträgt. Diese Gesellschaften fördern auch Universitäten und angegliederte Institute. Darüber hinaus arbeiten sie stark mit Universitäten vor Ort bei der Doktoranden- und Masterausbildung zusammen.

Die hier angegebenen Jahresetatzahlen der Gesellschaften sind dabei im Vergleich zu dem Gesamtjahresetat einer großen Universität wie der Ludwig-Maximilians-Universität München zu sehen. Diese hat ein Jahresbudget von 1 Milliarde Euro, wobei jedoch allein ca. 60% davon auf das Uniklinikum entfallen[1]. Auch die Universität zu Köln, die Westfälische Wilhelms-Universität Münster, die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen oder die beiden größten Berliner Universitäten (Freie Universität und Humboldt-Universität) haben inklusive der Universitätskliniken ähnliche Budgets. Allerdings sollte man auch berücksichtigen, dass die Forschungsinstitute in der Regel nur Forscher ausbilden und über wenige Institute verfügen, die sehr viel bekommen. Somit sind höhere Forschungsleistungen möglich, was die sehr hohe Anzahl an Preisträgern an außeruniversitären Forschungseinrichtungen zeigt.

Durch die sog. „Exzellenzinitiative“ werden die Mittel gezielt in einem Wettbewerb an Universitäten verteilt. Diese können in engen Fachgebieten Spitzenforschung über 5 Jahre anbieten.

Förderung der Elitenausbildung der Bundesländer

Bayern

Im Herbst 2004 begann der Freistaat Bayern mit seinem sogenannten Elitenetzwerk Bayern damit, zehn Elitestudiengänge und fünf internationale Doktorandenkollegs zu fördern. Diese Förderung wurde im Herbst 2005 um weitere sechs Elitestudiengänge und fünf Doktorandenkollegs ausgebaut. Im Herbst 2006 kommt es zu einer dritten und letztmaligen Erweiterung dieses Netzwerkes.

Nordrhein-Westfalen

Das Land Nordrhein-Westfalen fördert die Ausbildung der Wissenschaftselite durch den Aufbau von „NRW Graduate Schools“. Diesen international ausgerichteten Graduate Schools werden erhebliche Mittel zur Verfügung gestellt um internationale Spitzenforschung in bestimmten Bereichen anzubieten. Außerdem werden in Zusammenhang mit der EU gemeinsam Zentren, wie z. B. das European Research Center for Information Systems gefördert. Daneben werden spezielle Schwerpunkte der Hochschulen explizit gefördert und den Universitäten zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt.

Situation in Frankreich

Explizite Eliteuniversitäten gehören in Frankreich seit jeher zum Bildungssystem und heißen Grandes écoles, deren berühmteste die École normale supérieure, die École Polytechnique, die École Centrale, die École des Hautes Études Commerciales (HEC), die École Supérieur de Commerce de Paris (ESCP-EAP), das Institut d'Études Politiques de Paris (IEP, Sciences Po) und die École nationale d'administration (ENA) sind. Diese Grandes Écoles heben sich von den normalen Universitäten unter anderem bezüglich der Mittelausstattung, Auswahlprozess der Studenten, Karrierechancen, Interesse der Öffentlichkeit stark ab. Allerdings sind dies keine Universitäten im eigentlichen Sinne, da Promotionsmöglichkeiten bzw. eine Forschungskarriere bei diesen nicht vorgesehen sind.

Situation in Österreich

Am 2. Februar 2006 gab Bundesministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP), zu deren Ressort die österreichischen Universitäten gehörten, bekannt, die seit längerem geplante „University of Excellence“ (heute als "Institute for Science and Technology Austria" bezeichnet), eine Eliteuniversität nach US-amerikanischen Vorbild, in Maria Gugging/Niederösterreich einzurichten. Die Entscheidung für Maria Gugging und gegen Wien, wo Grundstücke am Flugfeld Aspern angeboten worden waren, wird offiziell der höheren finanziellen Beteiligung des Landes Niederösterreich und der sofortigen Verfügbarkeit der Baulichkeiten zugeschrieben. Von Beobachtern wird sie aber teils als politisch motiviert betrachtet, da Niederösterreich von einem ÖVP-Landeshauptmann regiert wurde, Wien aber einen SPÖ-Bürgermeister hatte. Der Quantenphysiker Anton Zeilinger, auf dessen Initiative diese Universität zurückgeht, sowie der Physiker Arnold Schmidt und der Chemiker Peter Schuster traten in Folge dieser Entscheidung von ihren Posten als wissenschaftliche Berater der Regierung für das Projekt zurück. In einer Presseaussendung begründeten sie das damit, dass diese Standortenscheidung eine „suboptimale Lösung“ und kein „möglichst breiter politischer Konsens“ erreicht worden sei.

Das ISTA sollte in den Gebäuden der früheren Landesnervenheilanstalt Gugging bereits im Herbst 2006 provisorisch in Betrieb gehen. Neuere Angaben (Dezember 2006) schätzen den Betriebsbeginn allerdings auf frühestens 2008.

Situation in den USA

Die US-amerikanischen Spitzeninstitutionen sind keine reinen „Kaderschmieden“, sondern erhielten ihre Reputation primär durch die Wissenschaftspflege in der ganzen Breite. Sehr viele Universitäten sind erst durch die erheblichen Verteidungsausgaben der amerikanischen Regierung nach dem 2. Weltkrieg und im kalten Krieg zu dem geworden was sie heute sind. So hatten vor dem Krieg z.B. die Harvard University oder das MIT mit erheblichen finanziellen Problemen zu kämpfen. Hinzu kamen die zwangsemigrierten Spitzenwissenschaftler aus dem zweiten Weltkrieg und dem kalten Krieg aus ganz Europa. Spitzeninstitutionen gibt es sowohl von staatlicher und im Gegensatz zu Europa auch von privater Seite. Obwohl oft ihre hohen Studiengebühren (engl. tuition, typischerweise 35 000–45 000 US-Dollar im Jahr) manchmal in der Öffentlichkeit außerhalb der USA als überzogen wahrgenommen werden, zahlt nur ein geringer Teil der Ivy League-Studenten die kompletten Kosten, sondern beziehen finanzielle Unterstützung, die sich nach der individuellen Situation der Familie richtet. Dementsprechend decken die Gebühren auch nur einen relativ kleinen Teil des Gesamthaushalts ab. Die meisten Einnahmen sind Forschungsmittel aus verschiedenen Quellen, die auch forschungsbezogen ausgegeben werden. Studiengebühren und Kapitalanlagen der Institutionen dienen oft nur zur Deckung der grundlegenden Betriebskosten. Diese Einrichtungen sind typischerweise auch nicht als „luxuriös“ zu bezeichnen, jedoch höchst effizient im entsprechenden Wissenschaftsbetrieb.

Im Gegensatz zu den Graduiertenstudien (graduate study) werden die Studenten im undergraduate study jedoch nicht nur nach ihrer akademischen Qualifikation ausgewählt. Oft wird die unausgeglichene sozioökonomische Verteilung kritisiert, dass z. B. 74% der undergraduate Studenten an den besten Universitäten lediglich die wohlhabendesten 1/4 der Bevölkerung repräsentiert (Century Foundation, 2004). Auch Kinder von Absolventen der jeweiligen Universität werden bevorzugt. Jedes Jahr werden z. B. an der Harvard University hunderte von Studenten aufgrund dieses so genannten Legacy Systems (dt. in etwa: „Erbsystem“) angenommen (das Legacy System entstand in den 1920er Jahren zunächst an der Yale University und wurde rasch von anderen Universitäten übernommen. Damals ging es darum, den Anteil der jüdischen Studierenden, der nach Ansicht der Universitätsleitung zu hoch war, zu begrenzen). Ein anderer, sehr häufiger Bevorzugungsgrund ist die sportliche Leistung, da das wettbewerbsstarke US-amerikanische interuniversitäre Sportsystem ein hohes Gewicht genießt. Diese Praxis, die nicht selten zu Lasten der akademischen Normen betrieben wird, ist jedoch weniger ausgeprägt innerhalb der Ivy League (eine Sportliga von amerikanischen Universitäten) aufgrund des Ivy League Agreement (dt. „Vereinbarung der Ivy League“).

Viele Faktoren begünstigten den Erfolg des US-amerikanischen Systems, das sich stark an die nationalen Gegebenheiten angepasst hat. Neben der stark ausgeprägten, philanthropischen Spendenbereitschaft in der US-Gesellschaft (als die größte Spende in der US-Hochschulgeschichte erhielt 2001 das California Institute of Technology 600 Millionen US-Dollar von Gordon Moore) gibt es einen enormen und über Generationen ungebrochenen Fluss an Fördermitteln aus den staatlichen Quellen für die Grundlagenforschung und angewandte Forschung, zum anderen einen dagegen vergleichsweise geringeren Anteil aus der Wirtschaft. Die staatliche Förderung wird dann auch über einen viel stärkeren Wettbewerbsmechanismus ausgegeben, zum Teil wird die Ausgabe auch so gestaltet, dass Wettbewerb erst recht entsteht (z. B. durch mehrfache Vergabe). Das System betont das Tenure-Track-Vorgehen: Ein Professor wird bei seiner Erstanstellung zunächst befristet beschäftigt; er ist akademisch unabhängig, aber einer ständigen Leistungsanforderung und -kontrolle unterlegen, um eine Aussicht auf feste Anstellung zu erhalten. Ein Hochschullehrer steht einer Wettbewerbssituation sogar innerhalb des eigenen Fachbereichs gegenüber, die beträchtlichen Studiengebühren der eigenen Doktoranden müssen erst durch Fördermitteln erwirtschaftet werden.

Auffällig ist im US-amerikanischen System auch, dass die Konkurrenz auf globaler Ebenen stattfindet, sowohl um die Lehrstühle als auch um die Studienplätze an US-amerikanischen Hochschulen, in beiden Fällen zusätzlich erleichtert durch recht moderat gehaltene Anforderungen an die Kenntnisse der Englischen Sprache. Hier spielt ein bidirektionales System zum Erhalt der Qualität eine wichtige Rolle, hierbei wirbt die Hochschule um die besten Studenten und die Studenten bemühen sich um die Aufnahme an einer guten Hochschule.

Siehe auch

Literatur

Quellen

  1. Zahlen und Fakten der LMU München Stand: 2004 (gelesen 8.08.2006)