„Deutscher Adel“ – Versionsunterschied

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Der '''Adel''' ([[Althochdeutsche Sprache|althochdeutsch]]: ''Abstammung, Geschlecht)'' war die in [[Feudalismus|feudalen]] [[Ständeordnung]]en privilegierte herrschende [[soziale Schicht]] (Stand), meist gegründet auf Geburt, Besitz und gelegentlich auf Leistung oder Verbrechen, mit nach eigener Einschätzung besonderen Lebensformen und nach eigener Einschätzung hochentwickeltem Standesethos. Adel ist ein in fast allen Kulturen auftretendes Phänomen.
 
== Herkunft des Begriffs==

Version vom 7. März 2005, 10:40 Uhr

Der Adel (althochdeutsch: Abstammung, Geschlecht) war die in feudalen Ständeordnungen privilegierte herrschende soziale Schicht (Stand), meist gegründet auf Geburt, Besitz und gelegentlich auf Leistung oder Verbrechen, mit nach eigener Einschätzung besonderen Lebensformen und nach eigener Einschätzung hochentwickeltem Standesethos. Adel ist ein in fast allen Kulturen auftretendes Phänomen.

Herkunft des Begriffs

Der Begriff Adel stammt vom germanischen Wort Odal ab. Odal war der Haupthof germanischer Siedlungen, in dem nach dem Glauben der Germanen die Seelen der Ahnen lebten. Der Besitzer des Odal war der Odaling. Aus diesen Odalingen gingen die Uradelingen hervor.

Adel in Deutschland heute

Aufhebung des Adelsstandes in Deutschland am 11. August 1919

Alle deutschen Staatsangehörige sind seit dem 11. August 1919 gleichberechtigte Bürger. Ein Adel existiert seitdem in Deutschland nicht mehr.

Die am 11. August 1919 von der Nationalversammlung beschlossene Verfassung des Deutschen Reichs, die sogenannte Weimarer Verfassung, bestimmte durch den Artikel 1 mit dem Aufbau des Reichs, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgehe. Darüber hinaus bestimmte sie mit den Grundrechten und den Grundpflichten in Artikel 109 unter anderem die Aufhebung des Adelsstandes. Dies wurde später bestätigt mit Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland:

Alle Deutschen sind vor dem Gesetz gleich. (...) Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuheben.
Frühere Adelsbezeichnungen gelten nur noch als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden. Titel dürfen nur verliehen werden, wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen. Akademische Grade sind hierdurch nicht betroffen.

Einen deutschen "Adel" gibt es somit heute nur mehr als Eigen- oder Fremdbeschreibung derjenigen, deren Vorfahren dem historischen Adel angehört haben oder die von der medialen Öffentlichkeit als adelig wahrgenommen werden (etwa Frederic Prinz von Anhalt). Die Zugehörigkeit zum "Adel" beinhaltet nicht mehr die Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Körperschaft mit eigenem Standesrecht; die Adelsverbände sind privat-rechtliche Vereine, keine öffentlich-rechtlichen Körperschaften.

Namensrechtlich sind die ehemaligen Adelsbezeichnungen (also Prädikate wie "von" oder "zu", Titel wie "Graf", "Freiherr" etc.) Bestandteile des (bürgerlichen) Namens; eine Führung ehemaliger Primogeniturtitel (also Titel, die nur dem jeweils erstgeborenen Sohn einer Familie zukamen) ist unzulässig (daher "Prinz von Bayern" und nicht "Herzog von Bayern", "Prinz von Baden" und nicht "Markgraf von Baden", "Prinz von Thurn und Taxis" und nicht "Fürst von Thurn und Taxis", "Graf von Bismarck" und nicht "Fürst von Bismarck" etc.).

Weiterexistenz des deutschen Adels als soziale Gruppe

Adelsverbände und diverse Ritterorden behalten in der vereinsrechtlichen Satzung z. B. folgende Regelungen bei: Man muss eine "Adelsprobe" durchführen, wenn man "voller Ritter" (genannt Rechtsritter oder Justizritter, engl. Knight of Justice, fr. Chevalier de Justice) in einem Ritterorden, z. B. Johanniterorden oder Malteserorden werden möchte. "Nichtadelige" Mitglieder oder "Adelige mit ungenügender Adelsprobe" können nur "Ehrenritter" (engl.Knight of Honour fr. Chevalier d`Honneur) werden. Weniger strikt sind die Forderungen in Frankreich, wo man nur die "kleine Adelsprobe" verlangt, d. h. den Nachweis von vier "adeligen" Vorfahren auf der "Schwertseite". Auch zur Mitgliedschaft in der Vereinigung der Deutschen Adelsverbände e. V. (VdDA) oder zur Aufnahme ins Genealogische Handbuch des deutschen Adels verlangt man einen Adelsnachweis. Dabei handelt es sich jedoch jeweils lediglich um vereinsrechtliche Satzungen, die von den Vereinsmitgliedern festgelegt werden. Wer von den privatrechtlich organisierten Adelsverbänden anerkannt ist, darf in ihnen Mitglied werden.

Der Adel im Altertum

Der Adel im deutschen Sprachraum

Im Zuge der Vergrößerung der Staatswesen reduzierte sich die Zahl der herrschenden Häuser, deren Mitglieder Teil einer Rangfolge des erblichen Herrschaftsanspruchs waren. Die mit Privilegien verbundenen Titel wurden ursprünglich aufgrund von Besitz, Herkunft oder treuer Dienste für den Herrscher eines Landes erworben.

Uradel

Zum Uradel zählten Häuser, deren Geschlecht nachweislich vor 1350 dem ritterblütigen Adel angehört haben. Diese Häuser haben in der Regel irgendwann eine Bestätigung des Adels von einem Souverän erhalten und werden im alten Gothaischen Taschenbuch und im neuen Genealogischen Handbuch des deutschen Adels als Adelige (Freiherrliche, Gräfliche) Häuser A geführt.

Nicht immer waren Angehörige des Uradels Freiherren oder Grafen. Einige von diesen Geschlechtern waren so stolz, dass sie Erhebungen in den Freiherrn- oder Grafenstand (die durch den Titelkauf oft desavouiert waren) stets ablehnten. Beispiele: die uralte märkische Familie der Edlen Herren Gans zu Putlitz, die ihren alten Titel noch in der DDR aufrechterhielt, der Kanzler Ritter Karl vom und zum Stein oder sogar bekanntlich Otto von Bismarck, der sich gegen die Verleihung des Grafen- und später des Fürsten- und Herzogstitels sträubte (die Titel aber gleichwohl annahm).

Briefadel

Zum Briefadel zählten Häuser, die, ursprünglich bürgerlicher Herkunft, von einem Souverän durch Ausfertigung eines Adelsbriefes und Verleihung eines Wappens in den Adelsstand erhoben worden waren. Dieser Prozess begann in Deutschland schon in der Zeit Kaiser Karls IV. durch den Eingang sogenannter Ministerialen (Beamten, vor allem Juristen) in die Adelsklasse. Der älteste bekannte Adelsbrief wurde von Kaiser Karl IV. für Wyker Frosch, Scholast an der Stephanskirche zu Mainz, am 30. September 1360 ausgestellt. Diese Geschlechter werden in den Adelshandbüchern (siehe oben) als Adelige (Freiherrliche, Gräfliche) Häuser B geführt.

Erhebungen in den Adelsstand waren bis 1806, in der Zeit des Heiligen Römischen Reiches, vor allem eine Prärogative des Kaisers, abgesehen von Preußen, das in weiten Teilen dem Römischen Reich nicht angehörte und einigen anderen Fürsten, die dieses Recht erlangten: den Erzherzögen von Österreich (in 1453), den Kurfürsten von Bayern und der Pfalz, den Herzögen von Lothringen (im 14. Jh.), dem Erzbischof von Salzburg und den Bischöfen von Metz und Toul. Bis 1806 (in Österreich bis 1918) herrschte auch die Sitte, den Namen des Neu-Geadelten durch einen schön klingenden Zusatz zu verändern: so wurden z. B. die Nachkommen des Oberbürgermeisters von Frankfurt (Oder), des ehrbaren Bürgers Samuel Prätorius († 1605), der zuerst Schulz, dann Scultetus und zuletzt Praetorius hieß, im Jahre 1661 als die „Reichsritter und Edle Prätorius von Richthofen“ geadelt. Die unbetitelten Herren von Richthofen nennen sich noch heute Prätorius von Richthofen.

Eine besondere Kategorie des Briefadels waren der Offiziersadel und der Ordensadel. Nach 30 Jahren Dienst in der Reichsarmee (bis 1806) hatte jeder Offizier bürgerlicher Herkunft den rechtlichen Anspruch auf die Erhebung in den Adel, die nach Einreichung des entsprechenden Gesuchs fast immer bewilligt wurde. Die Tradition wurde in der österreichisch-ungarischen Monarchie bis 1918 aufrechterhalten.

Die Verleihung gewisser Orden (insbesondere der Hausorden) war mit automatischer Nobilitierung verbunden. So hatte z. B. bis 1918 jeder Ritter des Militär-Maria-Theresien-Ordens den Anspruch auf die direkte Erhebung in den Freiherrnstand (auch wenn er nicht adlig war), dies war auch die Usance im Falle der Großkreuzinhaber des Sachsen-Ernestinischen Hausordens, des Schwarzer-Adler-Ordens und einiger anderer Orden der deutschen Teilstaaten, sowie in Russland bei der Verleihung gewisser Klassen des Ordens des Heiligen Wladimir und des Annaordens (siehe: Russischer Orden der Heiligen Anna).

Persönlicher Adel (lebenslanger, nicht vererbbarer Adel), wie er etwa in Großbritannien der Normalfall ist, existierte in Deutschland von 1815 bis 1918 nur in Bayern und Württemberg.

Niederer Adel

Zum niederen Adel zählten Adlige, die keinen Titel besaßen. Dazu gehörten Familien, die ein von, ein von und zu, selten ein am oder ein vom als Adelsprädikat im Namen führten. Allerdings gab es auch Adelsfamilien, die zwar kein Adelsprädikat im Namen führten, aber trotzdem Adlige waren. In Adelshandbüchern wird das von immer mit v. abgekürzt, um Namen nichtadeliger Familien mit von (beispielsweise von der Forst) von Namen ehemals adeliger Familien zu unterscheiden. Diese Sitte folgt dem Gebrauch in den Ranglisten der alten preußischen Armee.

In Deutschland umfasste der niedere (nicht reichsständische) Adel ursprünglich den reichsfreien und den landsässigen Adel (Personalisten und Posessionaten). Der reichsfreie Adel war unmittelbar dem Kaiser unterstellt (siehe oben, Briefadel), der landsässige Adel war nicht alleine dem Kaiser, sondern auch einem besonderen Landesherren unterworfen. Allmählich vereinigten sich die Reichsfreien, der landsässige Adel und die Ritter vom Briefadel, die nach und nach Wappen- Turnier- und Hoffähigkeit erlangten, zu einem geschlossenen Reichsstand, der Reichsritterschaft, der sich später auch einige altadlige Herren anschlossen, die die Reichsstandschaft aufgegeben hatten. Bei der Entwicklung der Reichsritterschaft ging es in erster Linie darum, die Interessen des niederen Adels gegen die wachsende Macht der Landesherren zu wahren. Vor der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches erlangte die Reichsritterschaft eine fast unabhängige Stellung, die von der Rheinbundsakte völlig aufgehoben wurde. Erst beim Wiener Kongress erlangte der niedere Adel gewisse besondere Rechte, z. B. die Patrimonialgerichtsbarkeit und die Kirchenpatronate, die ihm aber bald durch neuere Gesetzgebung genommen wurden.

Betitelter Adel

Zum betitelten Adel gehörten im Heiligen Römischen Reich die Edler, Reichsritter, Freiherren, Grafen und Fürsten, wobei der höhere Adel bei den Freiherren begann. In der späteren Entwicklung nach 1806 bestand der Unterschied zum niederen Adel, der nur das Prädikat "von" oder die Titel Edler von... oder Ritter von...führte, im Besitz eines höheren Titels.

Hochadel

Der Hochadel (dies ist ein sprachlicher, kein rechtlicher Begriff) bestand vor allem aus Häusern, die von uradligen, regierenden oder standesherrlichen Geschlechtern abstammten, von denen die meisten zur Zeit der Abschaffung des Adels einen Fürstentitel führten. Hochadel ist aber nicht dasselbe wie Hoher Adel, denn zum Hochadel wurden auch - wegen des Titels - nicht souveräne und nicht ebenbürtige Fürstengeschlechter gerechnet (sog. Troisiéme Partie im alten Almanach de Gotha). Heutzutage erheben auch einige ehemals uradlige und briefadlige Grafen- und Freiherrngeschlechter den Anspruch, zum Hochadel zu gehören.

Der Hochadel war und ist heute noch in manchen Staaten wie Saudi-Arabien (hier nur Mitglieder der weitverzweigten Königsfamilie) an militärischen, politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Führungspositionen beteiligt. In demokratischen Staaten, beispielsweise im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, haben Teile des Hochadels noch Funktionen, die sich aber meist auf repräsentative Aufgaben beschränken.

Erbkrankheiten

Im europäischen Adel, insbesondere im europäischen Hochadel und Hohen Adel kam es immer wieder zu Eheschließungen, die zumindest hart an der Grenze des Inzest waren. Grund dafür war der Glaube an eine "göttliche Kraft" des Blutes, die, so meinte man, durch Eheschließung und Fortpflanzung mit anderen Familienmitgliedern, die Inhaber des gleichen Blutes waren, nur noch gestärkt werden konnte. Die zweite Ursache war, den Landbesitz in der Familie zu behalten oder durch Heiraten mit nahen Verwandten zu vergrössern. Auch das Prinzip der Ebenbürtigkeit schränkte die Wahl der möglichen Ehepartner erheblich ein, so dass schließlich fast jeder mit jedem verwandt war. Das kanonische Recht der katholischen Kirche verbot zwar Eheschließungen zwischen in engem Grade Verwandten, anders als bei Bürgerlichen war die Kirche bei Angehörigen des Hochadels (oft gegen gewisse finanzielle Zuwendungen) aber oft bereit, eine Ausnahmegenehmigung (einen päpstlichen Dispens) zu erteilen.

Nachdem die Kenntnisse der Genetik heute größer sind, nimmt man an, dass die hohe Zahl von Ehen im engen Verwandschaftskreis zumindest eine Mitursache des Aussterbens einiger großer europäischer Dynastien (z. B. der Häuser Valois oder des spanischen Zweiges des Hauses Habsburg) war. Ein zusätzlicher Bedrohungsfaktor war der Brauch, dass man Ehen nur innerhalb der eigenen Religionsgemeinschaft schloss - also Katholiken nur mit Katholiken, Protestanten nur mit Protestanten. Heutzutage (2005) sind die noch vorhandenen Dynastien nicht mehr so bedroht: sämtliche Prinzen der heute regierenden Familien schlossen nach 1945 Ehen mit Angehörigen des niederen Adels oder des Bürgertums (vgl.Belgien, Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Haus Österreich, Haus Preußen, Spanien und Schweden). Im Adel, insbesondere im europäischen Hochadel und Hohen Adel existieren bis heute viele Erbkrankheiten durch den über viele Jahrhunderte gepflegten Brauch, stets standesgleich, also untereinander zu heiraten. Diese Verwandtenehe nennt man auch Inzucht. Es wäre aber ungerecht, die Erbkrankeiten nur in adligen Kreisen zu suchen. Auch unter Bauern, besonders in entlegenen Gebirgsdörfern oder Waldvierteln, kam die Inzucht und die mit ihr verbundenen Erbkrankheiten ( z. B. Schuppenflechte oder Geisteskrankheiten) mindestens ebenso oft wie im Adel vor. Beispiel: die Familie Hitler aus dem österreichischen Waldviertel.

Unter den vielen insbesondere im europäischen Hochadel und Hohen Adel existierenden Erbkrankheiten sind die bekanntesten die Hämophilie (Bluterkrankheit) und die geistige Behinderung.

Österreichischer Adel

In den deutschsprachigen Stammlanden der Habsburger Monarchie sowie in Böhmen und Mähren lagen die Dinge nicht wesentlich anders als im Norden des alten Heiligen Römischen Reiches, aber es gab auch ein paar Unterschiede: erstens, wie auch im deutschen Süden, war die Zahl der reichsunmittelbaren Herren und Städte viel größer als im Norden; zweitens hat der Adel keine so große Rolle in der Armee gespielt wie z. B. in Preußen. Dies ging darauf zurück, dass die Besetzung der Offiziersstellen in Österreich in der Hand der Regimentsinhaber blieb und dass der dortige Adel viel reicher war als in Preußen, so dass die jungen Edelleute nicht so früh genötigt waren, von der Pike auf zu dienen wie in Brandenburg und Preußen, wo sie wegen der Vermögenslage der Familie fast ausnahmslos auf den Militär- und Staatsdienst angewiesen waren.

Eine Besonderheit des österreichischen Adels ist der Umstand, dass die Habsburger Monarchie sich nicht auf einen Adel gleichartiger Nationalität stützen konnte: es gab Familien deutscher (vor allem schwäbischer), niederländischer, ungarischer, polnischer, kroatischer, slowenischer, italienischer, tschechischer und spanischer Abstammung. Diese Adelstitel waren nicht immer miteinander vergleichbar und daher eine ständige Quelle subtiler Rangstreitigkeiten.

Der Adel in Österreich besaß die fünf üblichen Rangstufen; im niederen Adel wurden die aus dem Heiligen Römischen Reich übernommenen Titel "Edler von..." und "Ritter von..." beibehalten, die übrigens auch in Bayern in Gebrauch waren. Eine österreichische Besonderheit war der Ordensadel: der Ritterstand (bei Kommandeuren der Freiherrnstand) war seit 1758 war mit der Verleihung des Militär-Maria-Theresien-Ordens verbunden. In der Folgezeit knüpfte sich auch an die Erwerbung des Stephansordens, des Leopoldsordens wie auch des Ordens der Eisernen Krone die Verleihung des Ritter- bzw. des Freiherrnstandes. Die Nobilitierten gehörten zur sogenannten „Zweiten Gesellschaft.“ Bei dieser handelte es sich um Personen, die weder zur Aristokratie (der „Ersten Gesellschaft“) noch zum „Volk“ im landläufigen Sinne gehörten. Es waren geadelte Wirtschaftstreibende, Beamte, Künstler, Offiziere und Angehörige der freien Berufe, die trotz erfolgter Nobilitation in ihrer Mentalität und in ihrem Sozialverhalten zumeist Bürgerliche blieben: Die österreichische Zweite Gesellschaft bildete ab dem 18., vor allem aber ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Elite des aufsteigenden, teilweise liberalen Bürgertums. Im Jahr 1884 wurden diese Nobilitierungen, die quasi schon "fließbandmäßigen" Charakter angenommen hatten, dadurch gestoppt, dass mit der Erwerbung eines der oben angeführten Ordens das Recht, um Nobilitierung anzusuchen, nicht mehr verknüpft war. "Erste" und "Zweite" Gesellschaft hatten zwar gesellschaftliche Kontakte (z. B. im Heer oder auf dem weiten Feld der "Wohltätigkeit", das ennuyierten Damen die Zeit vertreiben half) aber keineswegs so, dass die einen ohne weiteres in den Häusern der anderen zu verkehren pflegten. Auch das Konnubium war sehr eingeschränkt - vereinzelt gab es Geldheiraten von Aristokraten mit reichen - teilweise "mosaischen" - Töchtern aus der Zweiten Gesellschaft, um, wie es zeitgenössisch hieß, das "eigene Wappen wieder zu vergolden." Nach der kaiserlichen Verordnung vom Jänner 1757 (erneuert am 16. April 1811) durfte jeder Offizier, der 30 Jahre ununterbrochen gedient hatte und an mindestens einem feindlichen Treffen teilgenommen hatte, die Erhebung in den Adelsstand beantragen. Ohne Teilnahme an Kriegszügen betrug die Frist 40 Jahre. Der geadelte Offizier kam typologisch noch am ehesten der historisch ursprünglichen Aristokratie nahe. Ein brauchbarer sozialgeschichtlicher Indikator, ob eine der zahlreichen Offizierskategorien als höherrangig angesehen wurde oder nicht, ist auch die vorhandene oder nicht vorhandene Berechtigung, um die Erhebung in der Adelsstand anzusuchen (nicht berechtigt: Militärärzte, Auditore, Rechnungsoffiziere usw.).

Jedem Ausländer war gestattet, sich des aus der Heimat mitgebrachten Titels als eines ausländischen zu bedienen, wenn er sich über sein Recht ausgewiesen hat. Die ausländischen Titel (wie die venezianischen Principe, Duca, Marchese, Conte usw.) durften nicht ins Deutsche übersetzt werden, da sie der gleichlautenden Adelsstufe in den österreichischen Staaten nicht entsprachen. Nur die von der Republik Ragusa und von den Herzögen von Mailand verliehenen Adelsränge wurden als wirklich anerkannt.

Abschaffung des Adels in der Republik Deutschösterreich

Die Verfassung der Republik Deutschösterreich schaffte den Adel ab und stellte den Gebrauch von Prädikaten und Titeln unter Strafe. Dieses wurde auch in der Zeit nach dem Anschluss nicht aufgehoben und dem in Deutschland geltenden Namensgesetz nicht angepasst.

Besonders für den Beamtenadel der "Zweiten Gesellschaft" war diese republikanische Vorgangsweise überaus degradierend, weil die Standeserhöhungen die vielfach ersehnte soziale Krönung für die beamteten Adelswerber und deren Familien gewesen war. Die tatsächlichen Aristokraten konnten die formale Entadelung leicht verschmerzen - sie blieben gesellschaftlich, was sie gewesen waren. Selbst Michael Hainisch, republikanischer Bundespräsident von 1920 bis 1928, nannte die offizielle Abschaffung des Adels

..ein kindisches Beginnen, schon deshalb, weil man gar nicht diejenigen traf, die man hatte treffen wollen. Ich (=Hainisch) sprach einmal mit der ebenso feinen wie klugen Fürstin Fanny Starhemberg über diesen Punkt. 'Uns', sagte sie, 'macht die Aufhebung des Adels nichts, wir bleiben mit oder ohne den Titel immer die Starhembergs.

Nichtsdestoweniger hat der Adel in den alten deutschen Stammlanden der Habsburger seine Position als Schicht der Grundbesitzer behaupten können, da auch die anfänglich eingezogenen Güter in der sowjetischen Besatzungszone nach dem Staatsvertrag zurückerstattet wurden. Auch in Tschechien erhielt ein Teil des Adels nach 1992 (nur die, die sich vor 1938 zur tschechischen Volkszugehörigkeit bekannten) seine Schlösser und Restgüter zurück.

Schwertadel

Schwertadel war die Bezeichnung der nach dem Sieg im deutsch-französischen Krieg 1870/71 vom König von Preußen geadelten Militärs. Bereits am Tage des Einzuges der preußischen Truppen in Berlin verlieh Wilhelm I. 42 Stabsoffizieren den erblichen Adelstitel. In den folgenden Jahren kamen noch weitere 73 Nobilitierungen hinzu. Unter Friedrich III. wurden fünf Offiziere und unter Wilhelm II. noch 54 geadelt. Als gemeinsames Wappenmerkmal erhielten sie alle ein purpurnes Schildhaupt mit einem grünen Lorbeerkranz, innerhalb welchen sich ein gekreuztes Zepter und Schwert befinden.

Der Schwertadel hatte ein eigenes genealogisches Handbuch (1897).

Entwicklung des Adels im übrigen Europa

Die Ursprünge der meisten aristokratischen Familien Europas liegen im Rittertum des Mittelalters. Die Entwicklung moderner Feuerwaffen wie Kanonen und Musketen machten den gepanzerten Ritter zwar bereits im 16. Jahrhundert obsolet, doch hatten sich die Adelsfamilien als Landbesitzer bereits so etabliert, dass sie sich als Adlige dem höfischen Leben zuwenden konnten. Insbesondere für Preußen, Großbritannien und das kaiserliche Russland gilt jedoch, dass der Adel sich stets dem Militärdienst verpflichtet fühlte. Das Fundament der preußischen Armee war bis ins späte 19. Jahrhundert ihr Offizierskorps aus Junkern. Dasselbe galt für das Offizierskorps im kaiserlichen Russland.

Belgischer, niederländischer und luxemburgischer Adel

Belgien

Während der spanischen und österreichischen Herrschaft hatte der Adel (der größtenteils Uradel aus der Zeit des Heiligen Römischen Reiches war) große politische Bedeutung. Während der Vereinigung mit den Niederlanden (1814 - 1830) hatte das Land eine ständische Verfassung, nach der der Adel in einer besonderen Kammer des Reichstags saß. Diese wurde nach der Erlangung der Unabhängigkeit abgeschafft und der Adel verlor jede politische Bedeutung, obwohl dem König das Recht verblieb, Adelstitel zu verleihen. Ausländische Adlige, die belgische Untertanen geworden waren, galten nur dann als adlig, wenn sie durch das Conseil Héraldique zum Adel des Königreichs zugelassen wurden. Es gibt in Belgien einen persönlichen und einen erblichen Adel: der erbliche vererbt sich entweder auf alle Nachkommen, oder geht von Mann zu Mann nach dem Recht der Erstgeburt über. Die Rangstufen sind: unbetitelter Adel (" ridder " oder Ecuyer), Ritter ("ridder" oder Chevalier), Baron, Graf (" graaf " oder Comte), Markgraf ("Markgraaf" oder "") (" markies " oder Marquis), Fürst (" prins " oder Prince), und Herzog ("hertog" oder Duc).

Niederlande

Die Herkunft des Adels und die Entwicklung und späterer Verlust seiner Privilegien verliefen in ähnlichen Bahnen wie in Belgien. Ursprünglich war der Adel in den Landadel und das Stadtpatriziat aufgeteilt und hatte anfangs die Macht in den Händen, diese ging jedoch durch die Einführung der Republik im Jahre 1795 verloren. Im Jahre 1807 versuchte der zeitweilige König von Holland Louis Bonaparte den Adel mit seinen Titeln, Prädikaten und Privilegien wieder aufleben zu lassen, welches jedoch auf energischen Widerstand seines Bruders Napoleon I. stieß. Die niederländische Verfassung von 1848 schaffte endgültig alle Adelsprivilegien und das königliche Vorrecht der Nobilitierung ab. Der heutige niederländische Adel besteht vor allem aus Landbesitzern. Traditionsmäßig hat der Adel auch einige Funktionen am Hofe inne. Die Rangstufen sind: unbetitelter Adel (Adelsprädikat Jonkheer, nicht van oder de, die nur Präposition bzw. Artikel sind), Ritter (ridder), Baron (baron), Burggraf (burggraaf), Graf (graaf), Herzog (hertog), Prinz (prins).

Luxemburg

Die Situation ist ähnlich wie in Belgien, außer dass man keinen Fürsten- oder Herzogstitel hat. Im Unterschied zu Holland werden noch immer Erhebungen in den Adelsstand vom Großherzog vorgenommen, höhere Titel wie Graf (Comte) werden vor allem ausländischen Fürstlichkeiten vorbehalten (siehe: Austritt aus dem Königshaus).

Britischer Adel

Der britische Adel ist in zwei Klassen eingeteilt, die Gentry, den niederen Adel, und die Nobility oder Peerage, den Hochadel. Den Kern der Gentry bildete der Landadel, dessen alter ritterschaftlicher Besitz von Familienstiftungen (entails, vergleichbar dem dt. Fideikommiss) gesichert war. Das 19. und das 20. Jahrhundert brachten große, durch Nobilitierungen entstandene Scharen von besitzlosen Adligen in die Gentry. Die höchste Rangstufe der Gentry ist der Baronet, dessen Namen das Wort Sir vorangesetzt und in der Schriftsprache Bart. hinter dem Namen geschrieben wird. (Titel der Ehefrauen: Lady). Diese Würde ist in der männlichen Linie nach dem Rechte der Erstgeburt erblich. Die Würde wurde von James I. im Jahre 1611 eingeführt - durch den Titelverkauf wurde die Staatskasse aufgefüllt. Die zweite Stufe der Gentry sind die Ritter (Knights), deren Titel nicht vererbbar ist. Vorsatz:Sir, Titel der Frauen - Lady. Die dritte Stufe ist der unbetitelte Adel, der oft hinter dem Familiennamen den Zusatz Esquire (Abkürzung Esq.) führt.

Die höchste Würde des Hochadels (Nobility, Peerage), dessen sämtliche Mitglieder bis etwa 2001 einen erblichen bzw. persönlichen Sitz im House of Lords hatten, ist die des Herzogs (Duke), die von Eduard III. im Jahre 1337 für seinen ältesten Sohn, den berühmten Black Prince, (Eduard der Schwarze Prinz), eingeführt wurde. Zur Zeit der Königin Elisabeth I. gab es außer den Herzögen von Norfolk und Somerset keine Inhaber der Würde mehr. Erst 50 Jahre nach ihrem Tode wurde der erste neue Herzog ernannt - George Villiers, 1. Herzog von Buckingham. Die heute noch blühenden britischen Herzogsgeschlechter sind (ursprüngliche Familiennamen in Klammern): Abercorn (Hamilton), Argyll (Campbell), Atholl (Stewart-Murray), Beaufort (Somerset, Plantagenet), Bedford (Russell), Berwick (Fitz-James, Stuart), Devonshire (Cavendish), Grafton (FitzRoy, Stuart), Leeds (Osborne), Leinster (Fitz Gerald), Manchester (Montagu), Marlborough (Spencer-Churchill), Montrose (Graham), Newcastle (Pelham-Clinton), Norfolk (Howard), Northumberland (Percy), Portland (Bentinck), Richmond (Lennox), Roxburghe (Innes), Rutland (Manners), Saint Albans (Beauclerk), Somerset (Seymour/Saint Maur), Wellington (Wellesley), Westminster (Grosvenor). Der Premier Duke of England ist der Herzog von Norfolk aus dem Hause der Howards, dessen Geschichte in das 10. Jahrhundert zurückreicht. Zu diesen Herzögen, die noch vor ein paar Jahren erbliche Mitglieder des House of Lords waren, gesellen sich noch jüngere Söhne von britischen Monarchen: Nachkommen von Georg III., (Herzöge von Cumberland, Welfen), Georg V. (Herzöge von Gloucester und Kent) und Elisabeth II. (Herzöge von York), die ebenfalls den Titel Duke führen. Sämtliche Herzöge sind zugleich Viscounts oder Earls und Barone.

Der Titel Prinz - Prince - steht nur den Nachkommen der regierenden Könige zu, wobei die Welfen den alten Titel "Prince of Great Britain and Ireland" führten, während die späteren Nachkommen den neueren Titel "Prince of Great Britain and Northern Ireland" tragen.

Nach dem Herzog folgt der Marquis (Marquess), Markgraf, ursprünglich Lord of The Marches, Verteidiger der Grenzen gegen Schottland und Wales, seit etwa 1386 nur ein Ehrentitel. Es gibt gegenwärtig etwa 30 Markisate.

Der Titel der nächsten Rangstufe, Earl (Graf) stammt noch aus der sächsischen Zeit. Ursprünglich standen die Grafen an der Spitze der Zivilverwaltung der Grafschaften (Shires), der erbliche Besitz des Titels war an den Besitz eines gewissen Landstriches gebunden, jedoch bereits in der Zeit des Königs Johann ohne Land waren sie nur die erste Klasse der Barone, die über bedeutenden Landbesitz verfügten. Es gibt gegenwärtig etwa 150 Earls.

Die nächste Rangstufe ist die des Viscounts (Vizegrafen). Diesen Zwischentitel führte Heinrich VI. ein, indem er 1440 John Beaumont zum Viscount erhob. Es gibt heute etwa 40 Viscounts.

Die älteste Adelswürde im Vereinigten Königreich ist die des Barons, heute die fünfte und niedrigste Stufe des Hochadels. Ihre ersten Träger aus der Normandie erstritten Wilhelm I. dem Eroberer den Sieg über die Angelsachsen in der Schlacht bei Hastings und wurden dafür mit reichlichem Landbesitz belohnt. Erst unter Heinrich II. gesellten sich diesen Feudalbaronen die Barone "by writ", d. h. Mitglieder des Königlichen Rates. Richard II. ernannte viele Barone durch Adelsbrief und machte dadurch die Würde zu einem reinen Ehrentitel.

Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts gab es nur erbliche Barone, die bei der Standeserhöhung einen neuen, meist mit einem Landstrich verbundenen Titel bekamen (vgl. Arthur Tedder). Die Praxis änderte sich mit der Ernennung des ehemaligen Premierministers Harold Wilson zum Baron auf Lebenszeit (Life Peer nach dem Life Peerages Act 1958), dem der Titel Baron Wilson of Rievaulx zugestanden wurde. Durch viele ähnliche Standeserhöhungen in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war die Zahl der Barone so angewachsen, dass man die Regeln der Zugehörigkeit zum House of Lords ändern musste (House of Lords Act 1999). Weitere Reformen wurden angekündigt.

Die Rolle des Adels, besonders der Gentry, beim Aufbau des gewesenen Britischen Imperiums ist nicht zu unterschätzen. Aus der Gentry - der auch die jüngeren, unbetitelten Söhne des Hochadels angehörten - ergänzte sich das Offizierskorps und früher auch die Politikerschicht des Imperiums. Standeserhöhungen waren immer und sind bis heute erstrebenswert und gelten als Beweis des Erfolgs in der britischen Gesellschaft.

Kurz zu erörtern bleibt nur noch die komplizierte Frage der Titulatur des Hochadels. Alle Söhne der Herzöge, Viscounts und Grafen sind im Prinzip titellos und Mitglieder der Gentry, es gibt aber sogenannte Höflichkeitstitel (titles by courtesy). Der älteste erbberechtigte Sohn eines Herzogs, Viscounts oder Earls trägt zu Lebzeiten des Vaters dessen zweiten Titel, ohne ihn wirklich zu besitzen oder ein Peer zu sein; die jüngeren Söhne werden Lord + Vorname + Familienname genannt, deren Söhne müssen sich mit dem Höflichkeitsprädikat Right Honourable begnügen, bis sie sich selber zu einem Titel hochgedient haben. Ein Beispiel: der volle Titel des Charles Richard John Spencer-Churchill 9. Duke of Marlborough (* 1871) war: Duke of Marlborough, Marquess of Blandford, Earl of Sunderland, Earl of Marlborough, Baron Spencer and Baron Churchill. Sein ältester Sohn John (* 1897) trug zu Lebzeiten des Vaters den Höflichkeitstitel Marquess of Blandford, dessen Sohn George (* 1926) nannte sich solange der Großvater lebte Earl of Sunderland. Der jüngere Bruder des 8. Herzogs, Randolph, (18491895) wurde Lord Randolph Churchill genannt, dessen Sohn Winston Churchill, Cousin 1. Grades des 9. Herzogs, durfte sich nur Rt. Honourable nennen, bis er selber Baronet wurde, während ein Sohn des 4. Herzogs George (17391817), Lord Francis Spencer (17791845) vor 1806 zum deutschen Reichsfürsten und 1815 zum 1. Baron Spencer erhoben wurde (Ahne der Lady Diana Mountbatten-Windsor).

Frauen dürfen sich Duchess, Viscountess usw. nur dann nennen, wenn sie selber Trägerinnen des Titels sind, sonst heißen sie Lady. Einige Titel des Hochadels sind auch in der weiblichen Linie (d. h. beim Mangel der männlichen Nachkommen des Geschlechts) vererbbar, z. B. Marlborough oder Berwick. Bei Verleihungen des Adels an Frauen als Trägerinnen der Würde bekommen diese den Titel "Dame" (beim niederen Adel) oder "Baroness " usw. (vgl. Margaret Thatcher).

Französischer Adel, "Noblesse"

Genauso wie in Deutschland ist der französische Adel aus dem Lehnswesen des Mittelalters entstanden und war bis zur Revolution von 1789 in einen hohen und einen niederen Adel eingeteilt. Der Hohe Adel (zu welchem auch Seitenlinien der herrschender Kapetinger gehörten), führte jahrhundertelang einen blutigen Kampf gegen die Königsmacht, der mit konfessionellen Gegensätzen begann und aus dem das siegreiche Königtum gestärkt hervorging. Den letzten regierenden Kapetingern, den Bourbonen, und ihren Ministern Richelieu und Mazarin gelang es schließlich durch Verbindung mit den protestantischen Mächten und durch antihabsburgische Politik die Macht des Adels völlig zu brechen und ihn in einen Hofadel am glänzenden Hof von Versailles zu verwandeln. Dieses führte letzten Endes zum moralischen und wirtschaftlichen Ruin der Mehrzahl der Landedelleute.

Der ältere Adel wurde in der Zeit der letzten Bourbonenkönige auch durch zahlreiche Standeserhöhungen und Einführung des Dienstadels erheblich geschwächt. Dazu kamen zahlreiche Adelsanmaßungen (Frankreich besaß keine Adelsmatrikel), die dazu führten, dass man einen umfangreichen Handel mit Bestätigungsurkunden trieb. Das einzige Privileg, das diesem stark vermehrten Adel blieb, war die Steuerfreiheit, an der bis zur Revolution starr festgehalten wurde und die die Kluft zwischen dem Adel und dem Bürgertum erweiterte.

Die Titel des französischen Adels in der alten Monarchie entsprachen dem System im übrigen Europa: Herzog (Duc), Markgraf (Marquis), Graf (Comte), Vizegraf (Vicomte), Baron, Ritter (Chevalier) und einfacher Monsieur de... und wurden sämtlich durch die Revolution ausgelöscht. Napoleon I. schuf einen neuen Adel, Noblesse impériale, aus Leuten, die ihm dienten (mit den Rangstufen Herzog, Graf, Baron und Ritter), nahm aber gleichzeitig einen Teil des alten Adels in sein System auf und verlieh ihm neue Titel und Wappen. Die Bourbonenrestauration von 1814 erkannte den kaiserlichen Adel formell an und setzte den alten wieder in seine Titel ein, duldete aber stillschweigend, dass Angehörige des alten niederen Adels die Titel von Baronen, Grafen und Marquis annahmen, ohne sie freilich jemals zu bestätigen. Diese Selbstadelung ist ein Phänomen, das noch heute in Frankreich vorhanden ist (etwa 10.000 Familien sind 2004 falscher Adel).

Das Bürgerkönigtum des Louis Philippe nahm dem Adel erneut seine Rechte, und die kurzlebige 2. Republik schaffte den Adel ab, er wurde aber von Napoleon III. wiederhergestellt, um von der 3. Republik endgültig abgeschafft zu werden. Seitdem haben adlige Titel nur als Bestandteil des Namens Bedeutung, der (echte und falsche) Adel hat aber seine Position als vornehmster Teil der Gesellschaft behalten.

Vom alten königlichen Adel haben bis heute folgende Herzogsfamilien überlebt: Bauffremont, Beaufort-Spontin, Beauvau-Craon, Béthune, Blacas d'Aulps, Caylus (Rougé), Cossé-Brissac, Broglie, des Cars, Clermont-Tonnerre, Gramont, Harcourt, Caumont La Force, La Rouchefoucauld, Durfort Civrac de Lorge, Lucinge, Luynes, Maillé de la Tour-Landry, Merode, Mortemart, Noailles, Polignac, Praslin, Rarécourt de La Vallée de Pimodan, Riquet de Caraman-Chimay, Rohan-Rohan, Rohan-Chabot, Sabran-Pontevès und Crussol d'Uzès. Die napoleonischen Herzöge (8 Geschlechter blühen noch, meistens Nachkommen von Marschällen: Abrantès-Junot, Decazes-Glücksbierg, Fouché d´Otrante, Lannes de Montebello, Massa-Regnier, d'Avout d'Auerstaedt, Murat de Ponte Corvo, Ney La Moskowa) wurden von diesem alten Adel anfangs boykottiert, dann aber im Laufe des 19. Jahrhunderts anerkannt, so dass heute zahlreiche Familienbande zwischen des beiden Herzogsgruppen bestehen.

Italienischer Adel (mit Vatikan und San Marino)

Ähnlich wie in Deutschland und Frankreich entwickelte sich der italienische Landadel aus dem Lehnswesen, dabei besaß Italien im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten auch eine starke Klasse des Stadtadels, die Signoria. Einige Geschlechter des Landadels, wie die Gonzaga in Mantua, die Este in Ferrara, die Visconti und Sforza in Mailand, oder des Stadtadels, wie die Medici in Florenz erlangten schon früh Souveränität für ihre Familien, in der Regel als Vasallen des Papstes. Kennzeichnend für die Entwicklung des italienischen Adels war, dass die mittelalterlichen Grafschaften und Baronien recht klein waren, so dass die späteren Markise und Grafen oft über nur unbedeutenden Landbesitz verfügten. Die Entwicklung verlief in allen bedeutenderen Teilstaaten Italiens ziemlich ähnlich, mit Ausnahme des Kirchenstaates, wo verschiedene Päpste zuerst ihre Familien in den Herzogsrang erhoben und dann Gunstbeweise in der Form von Adelsbriefen und sehr zahlreichen Standeserhöhungen an ihre Anhänger austeilten. Ein Kardinal teilte seinen Adel der ganzen Familie mit, alle höheren Militärgrade führten Baronen- oder Grafentitel mit sich, höhere Würden in den Ritterorden gaben hohe Titel.

Die Rangstufen waren ähnlich wie in Frankreich und Großbritannien: Ritter (Cavaliere), Baron, Graf (Conte), Markis (Marchese), Herzog (Duca) und Prinz (Principe). Wegen der hohen Zahl der betitelten Adligen im alten Stadt-und Landadel hat sich ein Kleinadel kaum entwickeln können. Die zwei höchsten Titel des Herzogs und Prinzen waren nur nach dem Recht der Erstgeburt zusammen mit dem Majorat vererbbar, die jüngeren Söhne nahmen die Titel von anderen Gütern der Familie. Als Beispiel nehmen wir die noch heute blühende Familie Borghese. Der Chef der Familie in den 30er Jahren des 20.Jahrhunderts, Livio (*1874), führte folgende Titel: 11. Prinz von Montecompatri, 11.Prinz von Salmona und Vivaro, 10. Prinz von Rossano, 5. Herzog von Canemorte, 11.Herzog von Palombara, 5.Herzog von Castelchiodato, 11.Herzog von Poggionativo, 11.Markis von Mentana, Norma, Civitella, Pratica, Moricone und Percille, 11. Graf von Valinfreda, 11. Baron von Cropalati, 11. Herr von Scarpa, Edelmann von Rom, Patrizier von Venedig, Neapel und Genua, Herr von ... (noch elf Titel). Dessen ältester Sohn Flavio (*1902) hieß zu Lebzeiten des Vaters nur "12. Prinz von Sulmona". Prinz Livios Bruder Rodolfo durfte sich nur Prinz von Nettuno nennen. Von den italienischen Prinzen-und Herzogsfamilien haben bis heute etwa 25 überlebt.

Nach der Entstehung des Königreiches Italien unter der sabaudischen Dynastie wurde der alte Adel bestätigt und neuer durch Adelsbriefe nach den oben beschriebenen Rangstufen ziemlich fleißig kreiert. Dies dauerte bis zur Abschaffung der Monarchie im Jahre 1946. Die Italienische Republik schaffte 1946 den Adel ab, toleriert aber den Gebrauch von Titeln auch in amtlichen Dokumenten.

Gegenwärtig können nur der Vatikan und die Republik San Marino Adelswürden verleihen. Beim Heiligen Stuhl wird das seit dem Pontifikat Johannes XXIII. nicht mehr praktiziert, obwohl die theoretische Möglichkeit immer noch besteht, die kleine Republik San Marino verlieh dagegen noch in den 70er Jahren des 20.Jahrhunderts Adelstitel, weniger an Inländer als an Ausländer für "Verdienste um den Staat", d. h. wahrscheinlich gegen klingende Münze.

Polnischer Adel, "Szlachta"

Der polnische Adel (etwa 10-15 % der Bevölkerung) war ursprünglich eine reine Kriegerkaste und schuf im Kampfe mit der Königsmacht etwas Einzigartiges in ganz Europa - eine Adelsrepublik mit einem Wahlkönig an der Spitze, der eigentlich nichts mehr war als ein auf Lebenszeit gewählter gekrönter Präsident.

Man nimmt an, dass die polnische Szlachta (von mhd. geslaht d. h. Geschlecht) sich unter der Dynastie der Piasten aus dem waffenfähigen Bauerntum in den ständigen Kämpfen gegen Böhmen, Markgraf Gero, den Kaisern, den Litauern, Pommern, Pruzzen und dem Deutschen Orden entwickelte.

Die Organisation der Schlachta war rein demokratisch: alle Mitglieder des Standes waren gleichberechtigte Staatsbürger, sie hatten das Recht, immer Waffen zu tragen und alleiniges Stimm- und Wahlrecht, ihre Besitzungen wurden unbeschränktes Eigentum. Um 1200 begann die Schlachta, Wappen zu führen: im Unterschied zum übrigen Europa gab es jedoch keine Familienwappen, sondern etwa 160-170 Wappenstämme (polnisch: Herby, Rody Herbowe), so dass dieselben Wappen von mehreren Familien geführt wurden (so sollte es bis 1815 verbleiben). Es gab vom Mittelalter bis 1569 keine Adelstitel: die obersten Beamten trugen zwar den Titel Comes (Graf) und die Mitglieder des Königlichen Rates den des Baro (Baron), jedoch nur lebenslänglich. Sie versuchten natürlich, die Titel in ihren Familien erblich zu machen, dies wurde jedoch durch den König Wladyslaw I. und den Reichstag vereitelt: ab 1331 sollte es nur einen einzigen Ritterstand geben. Um ihm anzugehören, musste man seit 1347 die adlige Geburt und seit 1412 auch die Berechtigung zur Führung eines Wappens nachweisen. 1496 verbot man dem Adel, andere Beschäftigung als Ackerbau und Waffendienst zu haben. Um die gesellschaftliche Position des ärmeren und besitzlosen Adels zu sichern, parzellierte man einen Teil der Staatsgüter und wies den kleineren Adligen erbliche Höfe zu. Auf diese Weise entstanden, vor allem in Mittel- und Ostpolen, die Adelsdörfer: nicht selten saßen in einem Dorfe 20-30 adlige Familien zusammen. Noch heute begegnet man diesen Dörfern mit ihren Traditionen in der Gegend von z. B. Siedlce oder Suwalki, aber auch in Masowien. Andere Adelsdörfer waren im Besitz von Tataren - Familien, deren Vorfahren in den vielen Kriegen im Osten auf Polens Seite kämpften. Sie wurden geadelt, durften aber ihre Religion behalten. Noch heute sieht man diese Dörfer mit ihren kleinen Moscheen im Gebiet von Suwalki.

Infolge dieser Entwicklung entstanden innerhalb des "einzigen Ritterstandes" bedeutende Unterschiede: es gab eine Schicht der superreichen Magnaten, die nach der Union mit Litauen erheblich verstärkt wurde, eine Schicht des vermögenden Mitteladels und die große Masse des Kleinadels, der nobiles pauperes, aus der der Hofadel der Magnaten stammte.

Bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts hatte der Adel keine Familiennamen, abgesehen von ein paar ganz alten, die noch aus der heidnischen Zeit stammten. Man fügte dem Taufnamen den Namen des Besitzes mit der Präposition "de" oder "z" hinzu (welche dasselbe waren wie das deutsche "von"). Erst nach 1500 verbreitete sich die Sitte, diese in Eigenschaftswörter mit der Endung "ski oder "icz" zu verwandeln, diese neuen Namen hatten aber lange Zeit keinen dauernden Bestand, denn man änderte sie je nach Besitz: z. B. Marcin z Siecina (Martin von Siecin, 16. Jahrhundert) nannte sich zuerst Siecinski, nach der Erheiratung des Gutes Krasiczyn änderte er den Namen zu Krasicki; dies war der Brauch in sehr vielen Familien.

Der Bestand des alten angestammten rein polnischen Adels vergrößerte sich 1342 durch den Erwerb Galiziens, 1434 durch den Anschluss Wolhyniens und Podoliens, 1454 durch die Aufnahme des überwiegend deutschen Adels aus Ost- und Westpreußen (der zwar das Prädikat "von" und seine Adelstitel verlor, aber seine Wappen behalten durfte), und 1569 durch die Union mit Litauen. Bis zur Union mit Litauen waren alle Adelstitel verboten, der litauische, unermesslich reiche Hochadel (meist ukrainischer und weißrussischer Nationalität und dynastischer Herkunft) erkämpfte sich jedoch in der Lubliner Union vom Jahre 1569 das Recht, seine "Knjas" (Fürst)- Titel weiterhin zu führen, (jedoch mit der Bedingung, dass daraus keine Vorrechte erwachsen dürfen). Es waren folgende Nachkommen von Rurik: Czetwertynski, Drucki-Lubecki, Massalski, Oginski, Puzyna und folgende Nachkommen von Gediminas: Czartoryski, Sanguszko und Woroniecki, außerdem ein paar alte litauische Adelsgeschlechter nichtdynastischer Herkunft, wie Radziwill und Sapieha. Statt der ersehnten Grafentitel musste sich der Mitteladel mit dem lebenslangen Besitz der Titel der Landesämter (wie Starost, Woiwode, Mundschenk usw. begnügen (z.B. der letzte König Stanislaus II. August war vor seiner Wahl "Mundschenk von Litauen").

Der König verlor ab 1578 sein Recht, Inländer zu nobilitieren. Die Erteilung des Indigenats war ab nun ein Vorrecht des Sejm. Ausländer wurden weiterhin vom König nobilitiert, sogar gegraft und gefürstet, die Titel waren aber nicht gültig in Polen.

Eine besondere Situation entstand in den 60er Jahren des 18. Jahrhunderts. Eine große Gruppe von jüdischen Familien aus Podolien, Anhänger des Zaddik Jakob Josef Frank, ging 1759 zum katholischen Glauben über, erhielt den Adel und wurde in Wappenstämme aufgenommen. Diese sogenannten Frankisten sind noch heute an ihren Namen Kwiecinski (Taufe im April), Majewski (Taufe im Mai) oder Krzyzanowski (von "Kreuz" abgeleitet) erkennbar.

Mit den Teilungen Polens kam eine große Veränderung der Situation des Adels. Der größte Teil der Kleinadligen verlor die Adelswürde, denn er konnte seine noble Herkunft nicht ausreichend beweisen (er behielt aber die Traditionen und war das Rückgrat der Aufstände von 1830 und 1863). Der Hochadel behielt alle Privilegien und bekam seine Fürstentitel bestätigt, der Mitteladel bekam endlich die ersehnten Grafentitel und die Erlaubnis, Fideikommisse zu gründen. In Galizien und Lodomerien wurde eine besondere Adelsmatrikel angelegt und viele neue Nobilitierungen mit dem Titel "Ritter von..." durchgeführt. In Preußen 1772 garantierte Friedrich II. dem polnischen Adel seinen Stand und Besitz und seine Nachfolger führten viele Standeserhöhungen durch (vor allem der Grafenstand wurde verliehen, zuerst für alle Nachkommen, nach 1871 nur für den jeweiligen Besitzer eines Fideikommisses, während übrige Nachkommen einfache "Herren von..." blieben). In Russland bestand eine besondere Matrikel nur für Kongresspolen, der Rest des polnischen Adels wurde dem russischen Adel einverleibt.

Die Niederlagen der großen Aufstände gegen Russland von 1830 und 1863 brachten eine wesentliche Verschlechterung der Situation auch des Mitteladels. Die Güter wurden konfisziert, die Inhaber oft für Jahrzehnte nach Sibirien deportiert. Nach der Rückkehr mussten sie bürgerliche oder sogar handwerkliche Berufe ergreifen. Langsam wurde diese enteignete Klasse des Mittel- und Kleinadels zum Rückgrat der sogenannten Intelligenz, die patriotische Traditionen fortleben ließ.

Im neuerstandenen Polen von 1918 wurde der Adel durch die Verfassung von 1921 abgeschafft und der Gebrauch von Titeln verboten, die adligen Gutsherren behielten indessen eine nicht zu unterschätzende Machtposition durch ihren Besitz von etwa 40 % des Ackerlandes. Die neue Verfassung vom Jahre 1935 nahm das Verbot von 1921 weg, ohne den Adel ausdrücklich neu zu gründen. Ab 1936 tolerierte man stillschweigend das Wiederaufleben des Titelgebrauchs (auch in amtlichen Dokumenten) - nach dem deutschen Muster, aus "Graf Bogdan von Hutten-Czapski" wurde "Bogdan Graf Hutten-Czapski".

1945 wurde der Adel durch Wiedereinführung der Verfassung von 1921 erneut abgeschafft und die Güter parzelliert. Bis etwa 1947 beließ man dem Adel seine Herrenhäuser (die sie allerdings mit vielen anderen Mietern, die vom Wohnungsamt angewiesen wurden, teilen mussten) und Restgüter (Großpolen: 100 ha, im übrigen Lande 50 ha), dann wurde er auch dieses Besitzes beraubt. Auch nach 1990 wurde nichts zurückgegeben.

Nach 1990 entstanden wieder Adelsverbände und Bruderschaften der Wappenstämme, auch kamen Titel wieder in (nicht so häufigen) Gebrauch, allerdings nicht in amtlichen Papieren. Viele Adlige legten ihrem Familiennamen die Bezeichnung des Wappenstammes bei, z. B. "Rogala-Krasicki", um sich von nichtadligen Namensträgern unterscheiden zu können. Als Gesellschaftsklasse existiert aber der Adel nicht mehr.

Die Gesamtzahl der noch heute blühenden polnischen Adelsfamilien beträgt (Kleinadel ungerechnet) etwa 23.000 - 25.000 Geschlechter. Ihre Herkunft spiegelt die Vergangenheit des einst riesigen Landes wieder: es sind vor allem ethnische Polen, aber auch herkunftsmäßig Armenier, Deutsche, Engländer, Franzosen, Holländer, Italiener, Juden, Kosaken, Litauer, Slowaken, Schotten, Tataren (bis heute Muslime), Ukrainer und Tschechen.

Heute (2004) führen 16 Geschlechter den Fürstentitel, davon Nachkommen von Rurik: Czetwertynski, Drucki-Lubecki, Massalski, Oginski, Puzyna; Nachkommen von Gediminas: Czartoryski, Sanguszko, Woroniecki; altlitauische dynastische Geschlechter: Gedroic, Radziwiłł, Sapieha; Reichsfürsten und österreichische Fürsten: Lubomirski, Poniatowski, Sułkowski; russische Fürsten: Swiatopełk-Mirski; preußische Fürsten: Radolin. 1 Geschlecht (Wielopolski) führt den päpstlichen Markgrafentitel, 104 Geschlechter sind Reichsgrafen oder österreichische Grafen, 41 Geschlechter sind preußische oder deutsche Grafen, 17 Geschlechter sind päpstliche Grafen, 9 Geschlechter sind russische Grafen, 4 Geschlechter sind sächsische Grafen und 2 sind italienische Grafen. 19 Geschlechter sind österreichische Freiherren, 13 sind napoleonische Freiherren, 3 sind polnische Freiherren, 1 russische Freiherren und 1 Freiherren von Sachsen-Coburg-Gotha. 35 Geschlechter führen den napoleonischen Titel Chevalier de l`Empire.

Russischer Adel, "Дворянство"

Der russische Adel (Dworjanstwo) war eine seltsame Mischung: neben dynastischen Geschlechtern, Nachkommen des Rurik, des Gediminas und uralter kaukasischer Fürstengeschlechter standen die Söhne des niedersten Volkes, und neben ethnischen Russen eine internationale Gesellschaft, die aus Angehörigen der unterjochten Völker und Einwanderern verschiedenster Nationalitäten bestand. In alter Zeit galten in Russland die Bojaren als Adel, deren Titel waren aber nicht erblich und sie hatten auch keinen festen Grundbesitz. Sie durften einen Beirat des Fürsten wählen, die Fürsten-Duma und bildeten eine stehende Leibwache des Souveräns. Bereits im 14. Jahrhundert wurden dem Adel Güter "zur Nutzung", also nicht als fester Besitz - denn alles blieb Besitz des Großfürsten - überlassen. Im 15. Jahrhundert, nachdem der Großfürst von Moskau den Titel "Selbstherrscher aller Reußen" angenommen hatte, wurden die Bojaren und die entthronten Nachkommen von Rurik aus den kleineren Fürstentümern zu einem Dienstadel, der verpflichtet war, dem Zaren als Beamte oder Offiziere zu dienen. Im Jahre 1649 wurde die Position des Adels durch gesetzliche Verankerung der Leibeigenschaft der Bauern konsolidiert. Nach der Volkszählung von 1678 befanden sich 507.000 Bauernhöfe (85 % der Gesamtzahl) in den Händen des Adels. Am Ende dieses Jahrhunderts schuf man auch die ersten Adelsmatrikeln (Barchamnaja kniga). Der damalige Adel wurde in Kategorien eingeteilt: die höchste war die des Moskauer Adels, die niedrigste die des Stadtadels.

Die Stellung des Adels wurde durch den Ukas des Kaisers Peter I. vom 24. Januar 1722 geregelt, der eine Rangtafel der Staatsdienerklassen schuf. Peter I. führte auch die bisher in Russland unbekannten Grafen- und Baronenwürden ein (es existierte bis dahin nur der Fürstenrang - Knjaz). Es gab ab nun (ähnlich wie in Großbritannien) den persönlichen und den erblichen Adel (Litschnoje Dworjanstwo/Potomstwjennoje Dworjanstwo). Schon der erste Offiziersrang im Heer und der Marine gab den persönlichen Adel, der Rang eines Obersten oder Kapitäns den erblichen Adel. Auch der Besitz gewisser Orden gab den erblichen Adel: des Großkreuzes aller Orden und des Orden des Heiligen Wladimir samt des Sankt-Georg-Ordens (siehe Russischer Orden des Heiligen Georg) aller Klassen. Nach 25 Jahren unbescholtenen Dienstes erhielten die Beamten den Wladimirorden 4. Klasse mit der Inschrift "25 ljet" und damit den erblichen Adel. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die Rechte und Privilegien des Adels erheblich erweitert: im Jahre 1726 begrenzte man die obligatorische Dienstpflicht des Adels im Beamtentum oder der Armee auf 25 Jahre, 1762 wurde er von dieser Dienstpflicht völlig entbunden und von bloßen Nutznießern zu Besitzern der Güter erklärt. Gleichzeitig erhielt der Adel 1785 unter Katharina II. totales und schon entartetes Verfügungsrecht über die ihm untertanen Bauern: sie durften verkauft, nach Sibirien deportiert oder zwangsweise zu Soldaten gemacht werden. Dieses wurde erst unter Zar Alexander II. durch das Gesetz vom 19. Februar 1861 über die Abschaffung der Leibeigenschaft geändert.

In der russischen Armee gehörten etwa 50 % der Offiziere dem erblichen Adel an, während die übrigen den persönlichen Adel hatten, der, wie oben gesagt, schon durch das Offizierspatent erworben wurde. In den drei elitären Leibgarde-Regimentern (Preobraschenski, Semjonowski, Ismailowski) dienten nur Abkömmlinge des alten betitelten Adels.

Die Adelstitel in Russland gestalteten sich seit Peter I. ähnlich wie im übrigen Europa: Fürst, Graf, Baron und unbetitelter Adel. Die fürstlichen Familien waren entweder dynastischen Ursprungs oder stammten von den höchsten Staatsmännern und Heerführern ab. Gräfliche Häuser waren entweder Nachkommen von Bojaren oder auch deutsche Adlige aus den eroberten Ländern des Baltikum, deren Anzahl unter den Grafen sehr hoch war. Der Barontitel war unter dem älteren Adel nicht besonders geschätzt, da er vor allem an Bankiers und Kaufleute zum Lohne für geleistete Geldhilfe verliehen wurde. Der erste Baron der russischen Geschichte war der von Peter I. in diesen Stand erhobene jüdische Bankier Schaffirow.

Das Ende des 19. und der Anfang des 20. Jahrhunderts waren durch den allmählichen Verlust der Landgüter durch den Adel gekennzeichnet, welches natürlich im Zusammenhang mit der Aufhebung der Leibeigenschaft bleibt und dem Unvermögen des Adels, die Güter unter neuen Bedingungen zu bewirtschaften. 1877 besaß der Adel noch 80 % der Landgüter, 1905 nur noch 62 %.

Die russische Revolution vom Oktober des Jahres 1917 schaffte den Adel ab (Dekret vom 10./23. November 1917), welcher noch in der Februarrevolution eine aktive Rolle spielte und viele Positionen in der Politik und Staatsverwaltung besetzte (z. B. Fürst Lwow und Kerenski), viele Adlige hatten jedoch einen wesentlichen Anteil am Aufbau des neuen Staates - wie Lenin selbst, Geheimdienstchef Felix Dserschinski oder die Marschälle Michail Tuchatschewski, Konstantin Rokossowskij und andere. Unzählige Adlige fielen im Bürgerkrieg nach der Oktoberrevolution - in den Verbänden der "Weißen" gab es ganze Regimenter, die ausschließlich aus adligen Offizieren bestanden. Andere emigrierten, vor allem nach Deutschland, Frankreich, wo sich Paris zum Zentrum der russischen Emigranten entwickelte, und Polen, von dort weiter in die USA, wo heute der Großteil der ehemaligen Zarendynastie lebt.

In der Folgezeit unter der kommunistischen Herrschaft wurden viele Adlige verfolgt, inhaftiert und erschossen. Die Zarenfamilie wurde nach Sibirien verbannt. Den Säuberungen unter Stalin fielen Tausende Dissidenten, gläubige Christen, Angehörige nicht russischer Völker, kommunistische Funktionäre und Adlige zum Opfer.

Nach 1991 wurden die Adelsverbände und Organisationen der adeligen Traditionspflege wieder erlaubt, als soziale Schicht existiert aber der russische Adel nicht mehr.

Die Zahl der noch heute blühenden Geschlechter ist nach mehr als 70 Jahren Kommunismus schwer abzuschätzen, sie müsste jedoch bei etwa 100 Millionen Einwohnern des Jahres 1917 mindestens 50-60.000 umfassen.

Skandinavischer Adel

Dänemark

Die Anfänge des dänischstämmigen Adels im Lande gehen auf die Bildung der Königsgarde, der Hauskerle zurück, die ein Adel kriegerischen Gepräges war. Die ersten Privilegien des Adels wurden ihm von König Knut VI. im 12. Jahrhundert verliehen, der den Adel und die Geistlichkeit zu privilegierten Ständen gegenüber dem Bürger und dem Bauern erhob, wodurch die nordische Freiheit und Gleichheit zurückgedrängt wurde. Die Vorrechte des Adels vermehrten sich noch, nachdem nach der Thronbesteigung der Oldenburg der schleswig-holsteinische Adel, der bedeutende Privilegien genoss, zahlreich in Dänemark eingewandert war. Diese Vorherrschaft des Adels im Staate dauerte bis 1660. In diesem Jahre wurde König Friedrich III. (Frederik III.) von den Ständen Geistlichkeit und Bürgerschaft zum absoluten Herrscher im Lande erklärt: der alte Adel behielt nur seine soziale Bevorzugung, musste sie aber seit 1671 mit dem neugeschaffenen Hofadel teilen. König Christian V. führte seit diesem Jahre sehr zahlreiche Nobilitierungen und Standeserhöhungen von Bürgerlichen und naturalisierten Fremden durch, welche den königstreuen Hofadel bildeten. Die neue Verfassung von 1849 hob dann die letzten dem Adel noch verbliebenen Vorrechte auf.

Heute blühen in Dänemark noch etwa 225 Geschlechter, von denen der dritte Teil naturalisierter, ausländischer Herkunft ist. Es gibt nur drei Rangstufen: unbetitelter Adel, Freiherren und Grafen. Das Staatsoberhaupt führt keine Nobilitierungen oder Standeserhöhungen mehr durch.

Finnland

Der finnische (richtiger finnländische) Adel ist zum größten Teil schwedischen Ursprungs und behielt bis zum Jahre 1906 seine Stellung als einer der vier Stände des finnländischen Landtages und die Befugnis, an der Gesetzgebung und Steuerbewilligung teilzunehmen. Für den alten und neuen Adel besteht (wie in Schweden) ein Ritterhaus, einst eine besondere Kammer des Parlaments, heute mehr eine traditionspflegende Vereinigung.

Nur wenige Adlige sind Grundbesitzer. Die meisten Söhne des finnländischen Adels dienten während der Personalunion mit Russland (1809-1917) in der russischen Armee und machten sich durch Tapferkeit und Begabung einen Namen (vgl. Gustaf Mannerheim). Die Anzahl der Geschlechter beträgt heute etwa 200. Es gibt drei Rangstufen: unbetitelter Adel, Freiherren und Grafen.

Norwegen

In Norwegen hat sich ein eigentlicher Adel niemals entwickelt: der freie, wehrhafte Bauernstand blieb immer das vorherrschende und entscheidende Element im Staate. Im Mittelalter standen die vom König nominierten Jarle an der Spitze einzelner Landschaften, sie hatten aber nur den persönlichen Amtsadel. Einige wenige dänische Adelsgeschlechter wanderten während der Personalunion mit Dänemark (1397-1814) nach Norwegen ein, sie gewannen aber keine Bedeutung. Größerer adeliger Landbesitz ist in Norwegen nur durch zwei Güter repräsentiert, die Grafschaft Wedel-Jarlsberg und die Baronie Rosendal.

Im Jahre 1815 wurde der Adel durch das Parlament (Stortinget) abgeschafft.

Schweden

Der schwedische Adel entstand im Zeitraum von der Mitte des 11. bis zur Mitte des 13.Jahrhunderts während ständiger Fehden zwischen verschiedenen Königsgeschlechtern und entwickelte sich aus dem freien Bauerntum. Es gab damals noch keine Unterscheidung des Adels in hohen und niederen. Erst Erich XIV. machte bei seiner Krönung im Jahre 1561 die mächtigsten und begütertsten Edelleute zu Grafen und Freiherren, so dass ein hoher und ein niederer Adel entstanden. Seine Nachfolgerin zwei Generationen später, Christina I. vermehrte den niederen Adel um etwa 400 Familien, die meisten von schottischem oder deutschem Ursprung. Als öffentliche Körperschaft nahm der Adel Gestalt im Jahre 1626, als König Gustav II. Adolf durch seine Ritterhausordnung den Adel in einem Ritterhaus vereinigte. Dessen Nachfolger zwei Generationen später, der Wittelsbacher Karl XI. versetzte der Stellung des Hochadels einen schweren Stoß, indem er die von seinen Vorgängern reichlich verliehenen Staatsgüter im Jahre 1682 wieder einzog und die Einbürgerung vieler eingewanderter, vor allem deutscher Familien begünstigte. Schon nach dem Tode seines Nachfolgers Karl XII. gelang es indessen dem Adel, die Krone zu entmachten und die Gewalt im Staate an sich zu reißen. Dieses Adelsregime überlebte bis 1772, dem Staatstreich Gustavs III., der die Macht des Adels brach. Bis zur Verfassungsänderung der Jahre 1865-1866 war der Adel im Ständereichstag reichlich vertreten, denn jedes Oberhaupt der etwa 1.000 adligen Familien hatte das Recht, nach Vollendung des 24. Lebensjahres im Reichstag zu erscheinen und abzustimmen. Der Adel war damals in drei Klassen geteilt: 1. Herrenstand (herrar) - Grafen und Freiherren; 2. Ritterstand (riddare), unbetitelter Adel, der nachweisen konnte, dass seine Vorfahren im Reichsrat saßen; 3. Kleinadel (svenner). Der Adel versammelte sich im schönen barocken Palais Riddarhuset (erbaut 1641-1675) im Zentrum von Stockholm, noch heute Sitz des schwedischen Adelsverbandes, mit Wappenschildern sämtlicher erloschener und blühender Geschlechter verziert. 1865 wurde der neue Reichstag mit zwei Kammern geschaffen und der Adel gab seine politische Stellung freiwillig auf.

Heute (2004) blühen noch etwa 619 schwedische Adelsgeschlechter (die zusammen etwa 28 000 Personen umfassen). Wie früher sind sie in Grafen, Freiherren und den unbetitelten Adel eingeteilt (46 Grafenhäuser, 124 Freiherrenhäuser und 449 adlige Häuser haben überlebt). Als Uradel im deutschen Sinne können nur aber höchstens 30 Geschlechter gelten, deren Ahnen schon in der Zeit der ersten Wasa-Könige groß und mächtig waren (nicht nur in Schweden, aber auch in den ehemaligen dänischen Provinzen Skåne, Halland und Blekinge, die von Karl X. Gustav erobert wurden). Der Rest gehört dem Briefadel, der oft ausländischer Herkunft ist (etwa 45 %). Der Prinzen- und Herzogstitel steht ausschließlich den erbberechtigten Mitgliedern des Königshauses zu.

Standeserhöhungen wurden bis 1809 in unbegrenzt erblicher Form des Titelbesitzes durchgeführt, nach diesem Jahre hatte nur das Oberhaupt des Geschlechtes den Freiherrn- oder Grafentitel oder auch die unbetitelte Adelswürde. Da die Verfassungen von 1809 und 1865 mit gewissen Modifizierungen bis 1975 galten, hatte der Monarch das Recht, auch Erhebungen in den Adelsstand und Einbürgerungen des ausländischen Adels vorzunehmen: die letzte Nobilitierung, die des Forschungsreisenden Sven Hedin, fand 1902 statt. 1904-1975 wurden keine mehr Nobilitierungen vorgenommen. Ausländische Adlige, die die schwedische Staatsbürgerschaft erworben haben, werden nicht zum schwedischen Adel (Mitgliedern im Ritterhaus) gerechnet und sind in einer besonderen Körperschaft organisiert. Unter ihnen gibt es auch einige Mitglieder der Familie Bernadotte (vgl. Austritt aus dem Königshaus).

Bezüglich des Adelsprädikates gab es keine ständige Praxis bei den Nobilitierungen. Die ältesten Familien des Uradels (z. B. Bildt, Bjelke, Bonde, Natt och Dag, Oxenstjerna, Thott) tragen kein Adelsprädikat. Unter Königin Christina I. wurde der Adel oft, aber nicht immer, mit dem deutschen Prädikat "von" verliehen, bei schottischen Geschlechtern (wie Hamilton, Spence) in der Regel ohne "von". Der Name des Geadelten wurde oft zur Unkenntlichkeit verändert. "Von" war besonders beliebt während der Regierung der beiden deutschstämmigen Könige Friedrich I. von Hessen-Homburg und Adolf Friedrich von Holstein-Gottorp. Unter deren Nachfolgern bis 1809 verlieh man den Adel meist ohne von. Nach 1809 verwendete man ausschließlich das schwedische "af" (Entsprechung des "von"), oder verlieh den Adel ohne Prädikat.

Schweizerischer Adel

In der Schweiz hatte sich seit dem 14. Jahrhundert ein Bauernadel entwickelt, der eine gewisse Ähnlichkeit mit der englischen Gentry besaß. Viele seiner Mitglieder erlangten später eine dynastische Stellung und übten eigene Gerichtsbarkeit aus.

Im Kanton Bern verschmolzen viele adlige Grundherren aus der Umgebung der Stadt mit dem dortigen Patriziat zu einer Aristokratie, die die Macht an sich riss und bis zum Jahre 1798, der französischen Invasion, ausübte.

Gegenwärtig haben Adel und Patriziat in der Schweiz keine staatsrechtliche Stellung mehr, erfreuen sich aber in sozialer Hinsicht noch immer eines bedeutungsvollen Einflusses. Die Führung der Prädikate und Titel ist ganz dem persönlichen Ermessen überlassen, jedoch können diese Titel nicht in amtliche Schriften eingetragen werden. Traten Angehörige von Schweizer Adelsfamilien in fremde Militärdienste (z. B. in die des Vatikans oder Frankreichs), so führten sie dort in der Regel ihre Titel. Die 1792 bei der Erstürmung der Tuilerien durch die Sansculotten gefallenen Angehörigen der Garde waren zu 90 % schweizerische Adlige.

Spanischer und portugiesischer Adel

Spanien

In Spanien wurde der Adel durch die republikanische Verfassung von 1931 aufgehoben und unter dem Regime des Generals Francisco Franco im Jahre 1948 wiedereingeführt. Er besteht aus dem Hochadel (den Granden) mit folgender Rangfolge der Titel: Principe, Duque, Marqués, Conde, Vizconde und Baron und dem niederen Adel mit den Titeln Hidalgo, Caballero und Escudero (gewöhnlich Hidalgos genannt). Der Titel Don, ursprünglich dem Könige vorbehalten, wird heute bei allen Standespersonen verwendet. Nobilitierungen und Standeserhöhungen wurden sowohl unter Franco wie auch unter der neuen Monarchie durchgeführt: z. B. wurde Salvador Dali von König Juan Carlos I. zum Marquis ernannt.

Der alte Adel wurde unter den Königen Karl III. und Karl IV. durch viele Nobilitierungen erheblich geschwächt. König Joseph Bonaparte schaffte die Grandentitel ab, nach der Rückkehr der Bourbonen wurden sie indessen wiedereingeführt und ein neues Oberhaus des Parlaments geschaffen, wo die Granden ständige Plätze erhielten. Ein empfindlicher Stoß gegen die Position der Granden war von den Cortes verfügte Abschaffung der Majorate im Jahre 1855: für viele Familien führte sie zum Ruin, andere arbeiteten sich auf dem Gebiet des Handels, des Gewerbes und der Kunst wieder empor. Anfang des 20. Jahrhunderts lebten etwa 200 hochadlige Familien in tiefstem Elend und hatten nicht einmal das Recht, ihre alten Titel zu führen, denn bei jedem Übergang des Titels vom Vater an den Sohn mussten hohe Abgaben an den Fiskus entrichtet werden, welches die Möglichkeiten der meisten Geschlechter überstieg. Während der alten Monarchie bis 1931 waren 392 Granden im spanischen Staatskalender aufgeführt, von denen nur 35 ausreichenden Vermögensstatus hatten, um ihren Sitz im Senat einnehmen zu können. Von etwa 500.000 Mitgliedern des niederen Adels lebten die meisten Hidalgos in großer Armut.

Portugal

In Portugal wurde der erbliche Adel erst im 14. Jahrhundert unter König Johann I. geschaffen, der auch den Herzogstitel einführte. König Alfons V. fügte die Titel des Marquis, Vicomte und Baron hinzu. Diese Häuser bildeten den Hochadel, der Gerichtsbarkeit ausüben durfte. Der niedere Adel bestand aus den Hidalgos, den Rittern und den Rechtsgelehrten (doutores oder letrados). In der Zeit dieses Königs begann auch die Bildung der Majorate (morgados).

Im 18. Jahrhundert, während der Regierung Joseph I., schuf der Minister Pombal ein Gegengewicht zum alten Adel, den Briefadel, der aus Grundbesitzern, Kaufleuten und Gelehrten bestand. Die adlige Gerichtsbarkeit wurde im Jahre 1790 abgeschafft, durch die Revolution von 1820 verlor der Adel alle Vorrechte. Nach der Einführung der Republik im Jahre 1910 wurde der Adel abgeschafft.


Ungarischer Adel

Die Verhältnisse in Ungarn ähnelten denen in Polen. Ein Lehnsverband, den man sonst überall im mittelalterlichen Europa findet, bestand dort nie. Jedes Mitglied des kriegerischen Stammes der Magyaren, das von niemand abhängig war und den Fahnen des Königs folgen konnte, rechnete sich zum Adel. Auf diese Weise entstand der sehr zahlreiche ungarische Adel, der wie in Polen etwa 12-16 % der Gesamtbevölkerung ausmacht. Aus der Masse des Adels gingen allmählich die Magnatenfamilien hervor. Am Anfang des 11. Jahrhunderts gab König Stephan I. (der Heilige) dem Lande eine Verfassung, durch welche die Krone im Geschlecht Arpad erblich wurde und Prälaten mit dem hohen Adel samt niederer Adel als privilegierte Stände galten.

Im Jahre 1405 vereinigte sich im Nationalkonvent der niedere Adel mit den Vertretern der Städte zur Ständetafel, während die hohen geistlichen Würdenträger und der Hochadel die Magnatentafel bildeten, in welcher jeder Bischof oder Magnat persönlich vertreten war. In der Ständetafel hatte der niedere Adel das unbedingte Übergewicht; auf den Komitatsversammlungen hatte jeder grundbesitzende Edelmann (auch wenn er einen Kleinsthof bewirtschaftete) Sitz und Stimme. Der Adel war befreit von Zöllen, Steuern und Einquartierungen und vom Militärdienst: er zog nur zu Felde, wenn ein Adelsaufgebot ("Nemes felkelés") für König und Vaterland ausgerufen worden war. Ein Adliger konnte nur von seinesgleichen gerichtet werden und die wichtigeren Ämter waren ihm vorbehalten. Erst 1843 wurden nichtadlige Personen zu den Ämtern zugelassen.

Der magyarische Adel kannte nur zwei Titel: Graf ("gróf") und Baron ("baró"). Rang und Titel eines Fürsten ("herczeg") kamen nur den Söhnen des Königs zu. Vier Grafengeschlechter erhielten indessen ausländische Fürstentitel: Batthyáni (1764), Esterházy (1687), Odescalchi (1689) und Pálffy (1816), die in Ungarn anerkannt wurden. Später erwarben auch zehn ausländische fürstliche Häuser das ungarische Indigenat. In der Zeit der Monarchie mit einem König - bis 1918 - gab es in Ungarn außer diesen 14 Fürstenhäusern 98 gräfliche und 94 freiherrliche Geschlechter, deren Titel aber nicht weiter zurück als um 1550 reichten und habsburgische Verleihungen waren. Diese Zahl wuchs nach 1918, da auch der Reichsverweser Admiral Miklós Horthy in der königlosen Monarchie Standeserhebungen vornahm.

Durch die Abschaffung des Adels und die Parzellierung der Güter nach 1945 wurde dem ungarischen Adel die Existenzgrundlage genommen, viele Adlige blieben jedoch im Lande und emigrierten erst 1956, um ein oft kümmerliches Dasein in Deutschland oder Österreich zu fristen. Beinahe die einzigen, die von der Konfiszierung verschont blieben, waren die Fürsten Esterházy, die einen Teil ihrer Güter im Burgenland hatten. Nach 1991 kehrten viele Vertreter des Adels, auch des Hochadels, nach Ungarn zurück.

Abdankung des Adels

Der Niedergang des Adels als herrschende Klasse begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der Aufklärung, hatte ihren Höhepunkt jedoch im 19. Jahrhundert, als sich die Gesellschaft als zunehmend zu kompliziert erwies, als dass sie weiterhin von Aristokraten verwaltet werden konnte. Das Können und die Geschicklichkeit speziell ausgebildeter Generalstabsoffiziere war notwendig, um die modernen Massenheere zu lenken. Dominic Lieven schrieb in seinem Buch über den europäischen Adel des 19. Jahrhunderts: Wenn die Modernisierung traditionelle aristokratische Werte sogar in der Armee überflüssig zu machen drohte, so galt dies erst recht für die Gesellschaft als Ganzes. ... Regierung und Politik selbst wurden mehr und mehr zu Arbeitsbereichen für Verwaltungsfachleute, seit die staatlichen Bürokratien, besonders in Kontinentaleuropa, zusehends größer und spezialisierter wurden. ... Der Adel war nicht groß genug an Zahl, um alle Positionen von Macht und Einfluß zu besetzen, die eine industrielle Gesellschaft schuf. Überdies sträubten sich aristokratische Tradition, Ausbildung und Kultur gegen das Besetzen dieser Positionen, besonders wenn in offenem Wettstreit mit Angehörigen der gebildeten bürgerlichen Mittelschicht darum gerungen werden mußte.

Der Adel in Ostasien

Japan

Bis in 5. Jahrhundert. n. Chr. war der Adel in Japan nur ein lockerer Verband von bodenbeherrschenden Sippen. Im 6. Jahrhundert erteilte die kaiserliche Zentralmacht erbliche Standestitel an einige der Sippenoberhäupter. Die tatsächliche Befehlsgewalt der Sippenoberhäupter wurde damit staatlich delegiert und legitimiert.

Im 7. Jahrhundert wurde das Adelskriterium der Geburt durch die Verwaltungsfähigkeit ersetzt. Durch Landesgesetz aus dem Jahre 701 wurde der Geburtsadel durch einen Verdienstadel von Zivilbeamten ersetzt. Unter der Leitung dieses Verdienstadels, der sich zunehmend in der Hauptstadt Heian (heute Kyoto) konzentrierte, verdrängten Verbände von bodenständigen Kriegern und Landgutsverwaltern aus den Provinzen den Zivil-Adel bis ca. 1200 zunehmend von der Macht. Es regierte dann der sogenannte Schwert-Adel der Samurai in Japan bis 1868. Dem Kaiser (Tenno) blieben lediglich oberpriesterliche, kuturwahrende und legitimierende Aufgaben. 1884 in der Meiji-Restauration durch die (oder zumindest im Namen der) Kaisermacht wurden Zivil-Adel und Schwert-Adel zu einem Einheitsadel zusammengefasst, der Samurai-Stand als solcher abgeschafft. Durch das Gesetz vom 7. Juli 1884 wurde der Adel nach dem chinesischen Muster in fünf Klassen abgestuft, jedoch im Gegensatz zu der in China geltenden Regel war er unbegrenzt erblich nach dem Grundsatz der Erstgeburt, so dass die jüngeren Söhne eines betitelten Adligen zeitlebens und der Erbsohn bei Lebzeiten des Vaters ohne Adelsprädikat waren. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Adel als Institution durch die Verfassung von 1946 beseitigt. Lediglich die kaiserliche Familie selbst blieb bestehen.

China

Bis zur Abschaffung des Kaisertums im Jahre 1912 gab es in China einen Hochadel, der erstens aus den Mitgliedern der herrschenden Mandschu-Dynastie bestand (in Europa nannte man sie "Prinzen"), und zweitens aus dem engen Kreis von zehn Häusern, die den erblichen Adel von früheren Kaisern erhalten hatten, u. a. dem Oberhaupt der Nachkommen von Konfuzius, der Familie Kong, und dem der Sprösslinge des Warlords von Formosa im 17. Jahrhundert, des Koxinga.

Bei den übrigen Adelsverleihungen erbte jede nachfolgende Generation nur den um eine Stufe niedrigeren Adel (es gab fünf Stufen), so dass die adlige Würde nach fünf Generationen wieder verschwand.

Die Zugehörigkeit zum Adel gab nur Vorrechte bei der Besetzung der Hofämter. Im Zivildienst und in der Armee gaben die literarischen und militärischen Prüfungen ohne Rücksicht auf die soziale Herkunft den Ausschlag.

In der bürgerlichen und der kommunistischen Republik verschwand der Adel spurlos. Viele wanderten aus, nach Hong Kong, Taiwan oder in die USA. Sogar die ehemalige kaiserliche Sippe (bis 1924 noch vom Staat mit Apanage versehen), muss heute sehr bescheidene Berufe ausüben.

Die neueste Entwicklung seit etwa 2003 scheint eine Erneuerung der alten Traditionen zu bringen. Die Oberhäupter der Nachfahren des Konfuzius (1937: 650.000 Personen (Frauen ungerechnet) haben wieder das Wohnrecht im alten Familienpalais in Qufu. Vielleicht kommt auch ein Aufschwung für die Kaisersippe, dies ist aber weniger glaubhaft, denn die Qing-Dynastie wurde als fremde, nicht-chinesische Eindringlinge betrachtet.

Der Adel in Afrika

Äthiopien

Die Glanzzeit des Adels

In Europa hatte der Adel im Mittelalter seine Glanzzeit. Bis in das 20. Jahrhundert hinein bestimmte er weite Teile des öffentlichen Lebens. Seine Privilegien gingen ihm durch den Absolutismus und durch die Folgen der Französische Revolution verloren.

In Deutschland wurde der Adel 1918 zwar politisch abgeschafft, allerdings wurde die Beibehaltung des Adelstitels als Bestandteil des Familiennamens gestattet (z. B. "Otto Graf Lambsdorff" statt "Graf Otto Lambsdorff"). Die Rechtsprechung erlaubt eine geschlechtsspezifische Anpassung des Namens.

Die Krone auf der Helmzier bei Adelswappen (franz. couronne de noblesse, eng. crown, coronet) symbolisiert den Rang. Die Verleihung von Kronen bei Adelsdiplomen bildete sich erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts als Vorrecht des Adels aus, früher kamen gekrönte Helme nur fürstlichen Personen zu.

Die Rangkronen im deutschen Sprachraum

Die Adelskrone ist ein goldener, mit Perlen und Steinen besetzter Reif, der oben mit acht Zinken versehen ist, von denen fünf sichtbar sind. Davon sind die mittleren und die äußeren blätterartig gebildet, während die anderen Perlen tragen (in Bayern und Württemberg wurden die Blätter oft durch Perlen ersetzt).

Bei der Freiherrnkrone sind sieben, bei der Grafenkrone neun mit Perlen besetzte Zacken sichtbar. Einige ältere reichsständische Grafenhäuser verwendeten Kronen, die auf den Zinken abwechselnd fünf Blätter und vier Perlen zeigen. Einige mediatisierte Grafen- und kleinere Fürstenhäuser, die das Anrecht auf die Anrede Erlaucht hatten, führten eine Krone, aus der sich eine purpurne Mütze ohne Bügel erhob, die bei dem Familienoberhaupt oben mit einem Reichsapfel, bei den Nachgeborenen mit einem Hermelinschwänzchen besetzt war. Die Fürstenkrone ist ein goldener, mit Steinen besetzter Reifen mit fünf Blattzinken und einer von drei sichtbaren Bügeln umschlossenen purpurnen Mütze, mit dem Reichsapfel als oberer Abschluss. Die Herzogskrone hat fünf Bügel, aber nur vier Zinken. Zwischen den Bügeln ist purpurnes Futter sichtbar.

Die Rangkronen in anderen Ländern

Die altfranzösische, auch in Russland und Italien gebräuchliche Baronskrone ist ein mit einer Perlenschnur mehrfach umwundener goldener Reifen ohne Zacken.

Die schwedische Freiherrnkrone hat acht Perlen, auf denen in der Mitte und an den Seiten noch drei weitere Perlen ruhen. Die schwedische Grafenkrone hat zehn Perlen, darüber in der Mitte und an den Seiten noch je eine.

Die dänische und russische Fürstenkrone und Grafenkrone war die gleiche wie die deutsche (siehe oben).

Die englische Herzogskrone ist ein reich ziselierter Reif, von dem sich acht Erdbeerblätter erheben, dahinter eine purpurne Samtkappe, die mit einer goldenen Quaste nach oben und einem Hermelinreifen nach unten abschließt. Bei der Marquiskrone sind von den 8 Erdbeerblättern vier durch silberne Kugeln ersetzt. Die Krone der Earls hat acht goldene Zacken mit silbernen Kugeln, dazwischen je ein goldenes Erdbeerblatt. Die Viscountkrone hat nur zwölf silberne Kugeln und keine Erdbeerblätter, die Baronskrone sechs silberne Kugeln.

Siehe auch: Anrede, Deutsche Adelshäuser, Genealogisches Handbuch des Adels, Hoher Adel, Standesherrlichkeit, Peer (Adel)

Literatur

  • Dominic Lieven: Abschied von Macht und Würden - Der Europäische Adel 1815 - 1914, Frankfurt 1995, ISBN 3-10-044804-9
  • Arno J. Mayer: Adelsmacht und Bürgertum. Die Krise in der europäischen Gesellschaft 1848-1814, dtv : München 1988, 342 S., ISBN 3-406-09749-9
  • Stephan Malinowski: Vom König zum Führer. Sozialer Niedergang und politische Radikalisierung im deutschen Adel zwischen Kaiserreich und NS-Staat, Akademie Verlag, Berlin, 2003

Dänemark:

  • Danmarks Adels Aarbog, Kopenhagen 1932

Frankreich:

  • Almanach de Gotha, Gotha 1901 und 1930
  • M. Borel d`Hauterive/A. Révérend, Annuaire de la Noblesse de France, Paris 1890

Großbritannien:

  • Almanach de Gotha, Gotha 1901 und 1930
  • Burke`s Peerage and Baronetage, London 1892
  • Burke`s Landed Gentry, London 1870
  • Historical Anecdotes of Heraldry and Chivalry, Worcester 1795

Italien:

  • Enciclopedia Italiana di Szienze, Letteri et Arti, Band XXIV., Roma MDCCCCXXXVI - XIII.

Japan:

  • H.A. Dettmer, Die Urkunden Japans von 8. bis ins 10. Jhd. Bd. 1: Die Ränge (1972)
  • U. Goch, Janpan-Handbuch, hrsg. von H. Hammitzsch(1981)
  • C. Kiley in Kodansha Encyclopedia of Japan (Tokio 1983)

Österreich:

  • Megerle von Mühlfeld, J.G., Österreichisches Adels-Lexikon des 18. und 19. Jahrhunderts

... (Wien 1822), Ergänzungsband (Wien 1824)

  • Frank zu Döfering, Karl Friedrich, Alt-Österreichisches Adels-Lexikon (Wien 1928)
  • Karl Megner, Zisleithanische Adels- und Ritterstandserwerber 1868-1884, [maschinschr.] Hausarbeit am Institut für österreichische Geschichtsforschung (Wien 1974)

Polen:

  • Simon Konarski, Armorial de la noblesse polonaise titrée, Paris 1957
  • siehe auch: Szlachta

Russland:

  • S. Andoljenko, Nagrudnyje znaki russkoj armii, Paris 1966;
  • Bolschaja Sowjetskaja Enciklopedija, Band VII, Moskau 1972

Schweden:

  • Sveriges Ridderskaps och Adels Kalender, Stockholm 1933
  • Ch. von Warnstedt (Hrsg.), Ointroducerad Adels Kalender, Uppsala 1975

Siehe auch