„Carl von Linde“ – Versionsunterschied

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== Leben ==
== Leben ==
Carl Linde wurde als drittes von neun Kindern als Sohn des evangelisch-lutherischen Pfarrers Friedrich Linde und seiner Frau Franziska in Berndorf (Oberfranken) geboren.<ref name="Dienel" />{{rp|35}} Aus beruflichen Gründen – sein Vater übernahm die Pfarrei [[St. Mang (Kempten)|St. Mang]] – zog die Familie ins Pfarrhaus nach [[Kempten (Allgäu)|Kempten]]. Carl Linde besuchte als einziger der vier Söhne bis zum Abitur das Humanistische Gymnasium in Kempten, das heute nach ihm benannt ist ([[Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten]]). Bei häufigen Besuchen in der [[Mechanische Baumwollspinnerei und -weberei Kempten|Kemptener Aktienbaumwollspinnerei]] reifte in ihm der Wunsch, Ingenieurwissenschaften zu studieren.<ref name="Chronik" />{{rp|12}} Am 26. Februar verlobte er sich und am 17. September 1866 heiratete er in Kempten Helene Grimm, Tochter des Generalstaatsanwaltes in Berlin und eine entfernte Verwandte seiner Mutter.<ref name="Chronik" />{{rp|12}}<ref name="Dienel" />{{rp|36}} Aus der 53 Jahre währenden Ehe entstammten sechs Kinder: Maria Linde (1867–1954), Franziska Linde (1868–1966), der Physiker Friedrich Linde (1870–1965), Anna Linde (1873–1949), der Maschinenbauingenieur Richard Linde (1876–1961) und Elisabeth Linde (1880–1959). Die älteste Tochter Maria war mit dem Psychiater Karl Ranke verheiratet, der von 1935 bis 1948 auch dem Aufsichtsrat der Linde AG angehörte. Seine beiden Söhne Friedrich und Richard traten ebenfalls in die Firma ein und setzten das Lebenswerk von Carl von Linde ebenso fort, wie sein Schwiegersohn Rudolf Wucherer, der Ehemann der jüngsten Linde-Tochter Elisabeth. In der nächsten Generation ging die Unternehmensführung auf Rudolfs Sohn, Johannes Wucherer über.<ref name="Dienel" />{{rp|144}}
Carl Linde wurde als drittes von neun Kindern als Sohn des evangelisch-lutherischen Pfarrers Friedrich Linde und seiner Frau Franziska in Berndorf (Oberfranken) geboren.<ref>Hans-Liudger Dienel: ''Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004.'' München 2004, S. 35.</ref> Aus beruflichen Gründen – sein Vater übernahm die Pfarrei [[St. Mang (Kempten)|St. Mang]] – zog die Familie ins Pfarrhaus nach [[Kempten (Allgäu)|Kempten]]. Carl Linde besuchte als einziger der vier Söhne bis zum Abitur das Humanistische Gymnasium in Kempten, das heute nach ihm benannt ist ([[Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten]]). Bei häufigen Besuchen in der [[Mechanische Baumwollspinnerei und -weberei Kempten|Kemptener Aktienbaumwollspinnerei]] reifte in ihm der Wunsch, Ingenieurwissenschaften zu studieren.<ref>Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004, S. 12.</ref> Am 26. Februar verlobte er sich und am 17. September 1866 heiratete er in Kempten Helene Grimm, Tochter des Generalstaatsanwaltes in Berlin und eine entfernte Verwandte seiner Mutter.<ref>Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004, S. 12.; Hans-Liudger Dienel: ''Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004.'' München 2004, S. 36.</ref> Aus der 53 Jahre währenden Ehe entstammten sechs Kinder: Maria Linde (1867–1954), Franziska Linde (1868–1966), der Physiker Friedrich Linde (1870–1965), Anna Linde (1873–1949), der Maschinenbauingenieur Richard Linde (1876–1961) und Elisabeth Linde (1880–1959). Die älteste Tochter Maria war mit dem Psychiater Karl Ranke verheiratet, der von 1935 bis 1948 auch dem Aufsichtsrat der Linde AG angehörte. Seine beiden Söhne Friedrich und Richard traten ebenfalls in die Firma ein und setzten das Lebenswerk von Carl von Linde ebenso fort, wie sein Schwiegersohn Rudolf Wucherer, der Ehemann der jüngsten Linde-Tochter Elisabeth. In der nächsten Generation ging die Unternehmensführung auf Rudolfs Sohn, Johannes Wucherer über.<ref>Hans-Liudger Dienel: ''Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004.'' München 2004, S. 144.</ref>
Carl von Linde starb 1934 im Alter von 92 Jahren. Er ist im alten Teil des [[Waldfriedhof (München)|Waldfriedhofs in München]] im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.
Carl von Linde starb 1934 im Alter von 92 Jahren. Er ist im alten Teil des [[Waldfriedhof (München)|Waldfriedhofs in München]] im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.


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=== Studium und erste Tätigkeiten ===
=== Studium und erste Tätigkeiten ===
1861 begann Carl Linde ein Studium am [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|Polytechnikum Zürich]], wo [[Rudolf Clausius]], [[Gustav Zeuner]] und [[Franz Reuleaux]] seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach der Teilnahme an einem Studentenprotest gegen den Direktor Bolley zwangsexmatrikuliert wurde.<ref name="Dienel" />{{rp|35–36}} Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik von [[Kottern]] bei [[Kempten (Allgäu)]], die er im selben Jahr antrat.<!-- EN fehlt --> Er blieb dort aber nur kurze Zeit und arbeitete danach – aufgrund von Empfehlungsschreiben von Zeuner und Reuleaux – ab August 1865 als Ingenieur im Zeichenbüro von [[Borsig (Unternehmen)|Borsig]] in [[Berlin]].<ref name="Chronik" />{{rp|12}}<ref name="Dienel" />{{rp|36}} Bereits im Februar 1866 zog er nach [[München]], um als Leiter des Konstruktionsbüros bei der in Gründung befindlichen Lokomotivenfabrik von [[Georg Krauß (Industrieller)|Georg Krauß]] zu arbeiten.<ref name="Chronik" />{{rp|12}}
1861 begann Carl Linde ein Studium am [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|Polytechnikum Zürich]], wo [[Rudolf Clausius]], [[Gustav Zeuner]] und [[Franz Reuleaux]] seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach der Teilnahme an einem Studentenprotest gegen den Direktor Bolley zwangsexmatrikuliert wurde.<ref>Hans-Liudger Dienel: ''Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004.'' München 2004, S. 35–36.</ref> Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik von [[Kottern]] bei [[Kempten (Allgäu)]], die er im selben Jahr antrat.<!-- EN fehlt --> Er blieb dort aber nur kurze Zeit und arbeitete danach – aufgrund von Empfehlungsschreiben von Zeuner und Reuleaux – ab August 1865 als Ingenieur im Zeichenbüro von [[Borsig (Unternehmen)|Borsig]] in [[Berlin]].<ref>Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004, S. 12. Hans-Liudger Dienel: ''Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004.'' München 2004, S. 36.</ref> Bereits im Februar 1866 zog er nach [[München]], um als Leiter des Konstruktionsbüros bei der in Gründung befindlichen Lokomotivenfabrik von [[Georg Krauß (Industrieller)|Georg Krauß]] zu arbeiten.<ref>Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004, S. 12.</ref>


=== Hochschullehrer und Erfinder ===
=== Hochschullehrer und Erfinder ===
[[Datei:Carl von Linde 1868.jpg|mini|hochkant|Carl Linde (1868)]]
[[Datei:Carl von Linde 1868.jpg|mini|hochkant|Carl Linde (1868)]]
1868 folgte er einem Ruf von [[Karl Maximilian von Bauernfeind]], dem Gründungsdirektor zur [[Technische Universität München|Polytechnischen Schule München]], der Vorläuferin der heutigen Technischen Universität München. Mit erst 26 Jahren wurde er außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für [[Maschinenbau|Maschinenlehre]]. Am Polytechnikum richtete Linde für 70&nbsp;000 [[Gulden]] das erste Maschinenlabor Deutschlands ein, in dem unter anderem [[Rudolf Diesel]] ausgebildet wurde.<ref name="Chronik" />{{rp|12}}
1868 folgte er einem Ruf von [[Karl Maximilian von Bauernfeind]], dem Gründungsdirektor zur [[Technische Universität München|Polytechnischen Schule München]], der Vorläuferin der heutigen Technischen Universität München. Mit erst 26 Jahren wurde er außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für [[Maschinenbau|Maschinenlehre]]. Am Polytechnikum richtete Linde für 70&nbsp;000 [[Gulden]] das erste Maschinenlabor Deutschlands ein, in dem unter anderem [[Rudolf Diesel]] ausgebildet wurde.<ref>Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004, S. 12.</ref>


Linde schuf ganz wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von [[Paraffin]] war für den Hochschullehrer der Anreiz zum Entwurf einer Kühlmaschine. 1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte [[Kältemaschine|Kältetechnikverfahren]] im Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt. Im Sommer 1871 trat daraufhin August Deiglmayr von der Brauerei [[Anton Dreher junior|Dreher]] an Linde mit der Frage heran, ob es möglich wäre, eine Kühlanalage für eine Gärkeller der Brauerei in [[Triest]] zu bauen. Mit [[Gabriel Sedlmayr der Jüngere|Gabriel Sedlmayr]] von der Münchner [[Spaten (Brauerei)|Spaten-Brauerei]] fanden die Beiden einen weiteren Interessen, der Linde sowohl mit Räumlichkeiten in München als auch finanziell bei Versuchen unterstützte. Für die entworfene Kälteerzeugungsmaschine wurde 1873 ein bayrisches Patent erteilt, allerdings mit der der Vorgabe, dass binnen eines Jahres ein funktionsfähiges Exemplar existierte, und Linde und Sedlmayr beauftragten die [[MAN|Maschinenfabrik Augsburg]] mit dem Bau. Die Maschine war zwar rechtzeitig fertig, aber die von Linde vorgesehene [[Quecksilber]]-Dichtung für das [[Kältemittel]] [[Dimethylether]] funktionierte nur mangelhaft. Daher entwarf er mit Friedrich Schipper eine neue, einfachere, leichtere und wirkungsvollere Kältemaschine, mit Ammoniak als Kühlmittel. Das Prinzip der Abkühlung von [[Gas]], das vorher [[Arbeit (Physik)|mechanische Arbeit]] geleistet hatte, war beiden gemeinsam. Linde meldete den neuen Kompressor am 25. März 1876 zum Bayrischen Patent und im August 1877 im gerade erst gegründeten [[Reichspatentamt]] zum Reichspatent an: das Patent erhielt die Nummer 1250. Der erste neue Kompressor wurde 1876 an die Dreher-Brauerei in Triest verkauft und lief dort von 1877 bis 1908.<ref name="Plank"/><ref name="Chronik" />{{rp|7}} Weitere Maschinen folgten an die [[Mainzer Aktien Bierbrauerei|Mainzer Actien-Bierbrauerei]], [[Spaten (Brauerei)|Spaten]] in München, [[Heineken]] in den Niederlanden und [[Carlsberg (Brauerei)|Carlsberg]] in Dänemark.
Linde schuf ganz wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von [[Paraffin]] war für den Hochschullehrer der Anreiz zum Entwurf einer Kühlmaschine. 1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte [[Kältemaschine|Kältetechnikverfahren]] im Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt. Im Sommer 1871 trat daraufhin August Deiglmayr von der Brauerei [[Anton Dreher junior|Dreher]] an Linde mit der Frage heran, ob es möglich wäre, eine Kühlanalage für eine Gärkeller der Brauerei in [[Triest]] zu bauen. Mit [[Gabriel Sedlmayr der Jüngere|Gabriel Sedlmayr]] von der Münchner [[Spaten (Brauerei)|Spaten-Brauerei]] fanden die Beiden einen weiteren Interessen, der Linde sowohl mit Räumlichkeiten in München als auch finanziell bei Versuchen unterstützte. Für die entworfene Kälteerzeugungsmaschine wurde 1873 ein bayrisches Patent erteilt, allerdings mit der der Vorgabe, dass binnen eines Jahres ein funktionsfähiges Exemplar existierte, und Linde und Sedlmayr beauftragten die [[MAN|Maschinenfabrik Augsburg]] mit dem Bau. Die Maschine war zwar rechtzeitig fertig, aber die von Linde vorgesehene [[Quecksilber]]-Dichtung für das [[Kältemittel]] [[Dimethylether]] funktionierte nur mangelhaft. Daher entwarf er mit Friedrich Schipper eine neue, einfachere, leichtere und wirkungsvollere Kältemaschine, mit Ammoniak als Kühlmittel. Das Prinzip der Abkühlung von [[Gas]], das vorher [[Arbeit (Physik)|mechanische Arbeit]] geleistet hatte, war beiden gemeinsam. Linde meldete den neuen Kompressor am 25. März 1876 zum Bayrischen Patent und im August 1877 im gerade erst gegründeten [[Reichspatentamt]] zum Reichspatent an: das Patent erhielt die Nummer 1250. Der erste neue Kompressor wurde 1876 an die Dreher-Brauerei in Triest verkauft und lief dort von 1877 bis 1908.<ref>Rudolf Plank: Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-86206-9, S. 551–552; Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004, S. 7.</ref> Weitere Maschinen folgten an die [[Mainzer Aktien Bierbrauerei|Mainzer Actien-Bierbrauerei]], [[Spaten (Brauerei)|Spaten]] in München, [[Heineken]] in den Niederlanden und [[Carlsberg (Brauerei)|Carlsberg]] in Dänemark.


=== Unternehmensgründung ===
=== Unternehmensgründung ===
[[Datei:BIB - Kältemaschine.jpg|mini|Modell einer Kompressionskältemaschine von Carl von Linde, Deutsches Museum München]]
[[Datei:BIB - Kältemaschine.jpg|mini|Modell einer Kompressionskältemaschine von Carl von Linde, Deutsches Museum München]]
1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und gründete am 21. Juni des gleichen Jahres mit Sedlmayr, Georg Krauß, [[Heinrich von Buz]] von der Maschinenfabrik Augsburg, [[Carl Lang]] und [[Gustav Jung]] von der [[Mainzer Aktien-Bierbrauerei]] die ''Gesellschaft für Linde's Eismaschinen AG'' (heute [[Linde AG]]) in [[Wiesbaden]]. Carl von Linde war der einzige Vorstand, die anderen Gründer bildeten den Aufsichtsrat. Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf [[Kältetechnik|kältetechnischem]] Gebiet. Brauereien in ganz Europa interessierten sich prompt für diese neue Kältetechnik als Ersatz für [[Natureis]], da viele ab 1840 von [[Obergärige Hefe|obergärigem]] ''englischen Bier'' auf [[Untergärige Hefe|untergäriges]] ''Lagerbier'' umgestellt hatten. Das Lagerbier war geschmackvoller und lagerstabiler, benötigte aber während des Brauprozesses stabil niedrige Temperaturen. Dabei wirkte sich ein milder Winter 1883/1884 günstig aus: Es kam zu einer Knappheit bei Natureis, das für die temperaturregulierte Gärung von untergärigem Bier benötigt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt, und Linde lieferte umgehend. Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von [[Chlor]] und [[Kohlensäure]] war sein Verfahren gefragt, die Firma florierte. 1890 waren bereits 625 von Linde gefertigte Kältemaschinen, davon die meisten in Brauereien, in Betrieb.<ref name="Plank" /><ref name="Chronik" />{{rp|8–14}}
1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und gründete am 21. Juni des gleichen Jahres mit Sedlmayr, Georg Krauß, [[Heinrich von Buz]] von der Maschinenfabrik Augsburg, [[Carl Lang]] und [[Gustav Jung]] von der [[Mainzer Aktien-Bierbrauerei]] die ''Gesellschaft für Linde's Eismaschinen AG'' (heute [[Linde AG]]) in [[Wiesbaden]]. Carl von Linde war der einzige Vorstand, die anderen Gründer bildeten den Aufsichtsrat. Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf [[Kältetechnik|kältetechnischem]] Gebiet. Brauereien in ganz Europa interessierten sich prompt für diese neue Kältetechnik als Ersatz für [[Natureis]], da viele ab 1840 von [[Obergärige Hefe|obergärigem]] ''englischen Bier'' auf [[Untergärige Hefe|untergäriges]] ''Lagerbier'' umgestellt hatten. Das Lagerbier war geschmackvoller und lagerstabiler, benötigte aber während des Brauprozesses stabil niedrige Temperaturen. Dabei wirkte sich ein milder Winter 1883/1884 günstig aus: Es kam zu einer Knappheit bei Natureis, das für die temperaturregulierte Gärung von untergärigem Bier benötigt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt, und Linde lieferte umgehend. Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von [[Chlor]] und [[Kohlensäure]] war sein Verfahren gefragt, die Firma florierte. 1890 waren bereits 625 von Linde gefertigte Kältemaschinen, davon die meisten in Brauereien, in Betrieb.<ref>Rudolf Plank: ''Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie.'' Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-86206-9, S. 551–552; Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004, S. 8–14.</ref>


=== Forscher und Unternehmer ===
=== Forscher und Unternehmer ===
1890 übergab Linde den Vorstandsposten an seinen Mitarbeiter Friedrich Schipper, zog sich aus dem [[operatives Geschäft|operativen Geschäft]] zurück und wurde [[Aufsichtsratsvorsitzender]] der Linde Aktiengesellschaft – diesen Posten behielt er bis 1931. 1892 zog er zurück nach München, wo er eine [[Honorarprofessur]] an der Technischen Hochschule annahm. Diese wurde 1900 in eine ordentliche Professur umgewandelt und er hielt wieder Vorlesungen zu Kältemaschinen.<ref name="Dienel" />{{rp|36–38}}
1890 übergab Linde den Vorstandsposten an seinen Mitarbeiter Friedrich Schipper, zog sich aus dem [[operatives Geschäft|operativen Geschäft]] zurück und wurde [[Aufsichtsratsvorsitzender]] der Linde Aktiengesellschaft – diesen Posten behielt er bis 1931. 1892 zog er zurück nach München, wo er eine [[Honorarprofessur]] an der Technischen Hochschule annahm. Diese wurde 1900 in eine ordentliche Professur umgewandelt und er hielt wieder Vorlesungen zu Kältemaschinen.<ref>Hans-Liudger Dienel: ''Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004.'' München 2004, S. 36–38.</ref>


1895 konnte Linde als einer der Ersten größere Mengen Luft verflüssigen (gleichzeitig gelang das in England [[William Hampson]], der sein Patent etwas vor Linde einreichte). Das [[Linde-Verfahren]] nutzt den [[Joule-Thomson-Effekt]] und beruht auf dem [[Gegenstromprinzip (Verfahrenstechnik)|Gegenstromverfahren]]. Damit schuf Linde die Möglichkeiten für physikalische [[Tieftemperaturphysik|Tieftemperaturuntersuchungen]] und zur Trennung der Luftbestandteile durch [[fraktionierte Destillation]].
1895 konnte Linde als einer der Ersten größere Mengen Luft verflüssigen (gleichzeitig gelang das in England [[William Hampson]], der sein Patent etwas vor Linde einreichte). Das [[Linde-Verfahren]] nutzt den [[Joule-Thomson-Effekt]] und beruht auf dem [[Gegenstromprinzip (Verfahrenstechnik)|Gegenstromverfahren]]. Damit schuf Linde die Möglichkeiten für physikalische [[Tieftemperaturphysik|Tieftemperaturuntersuchungen]] und zur Trennung der Luftbestandteile durch [[fraktionierte Destillation]].
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== Film ==
== Film ==
* ''Der Eiskönig Carl von Linde'', Dokumentation, 45 Min., ausgestrahlt in [[BR-alpha]] am 14. Juli 2011
* ''Der Eiskönig Carl von Linde'', Dokumentation, 45 Min., ausgestrahlt in [[BR-alpha]] am 14. Juli 2011

== Einzelnachweise ==
<references>
<ref name="Chronik">Festschrift der Linde AG: [http://www.the-linde-group.com/internet.global.thelindegroup.global/de/images/chronik_d%5B1%5D16_9855.pdf ''125 Jahre Linde. Eine Chronik''], 2004 (PDF; 3&nbsp;MB).</ref>
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<ref name="Plank">{{Literatur |Titel=Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie |Autor=Rudolf Plank |Online={{Google Buch |BuchID = cW_PBgAAQBAJ}} |Datum=2013-12-01 |Verlag=Springer-Verlag |ISBN=978-3-642-86206-9 |Seiten=551–552}}</ref>
</references>


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* Vortrag von Carl Linde: [http://www.vhkk.org/vortrag/pdf/Berliner_Kuehlhaeuser-Linde.pdf ''Die Berliner Kühlhäuser der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen''] Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 1. November 1902, S. 1643&nbsp;ff.(PDF; 11,3&nbsp;MB)
* Vortrag von Carl Linde: [http://www.vhkk.org/vortrag/pdf/Berliner_Kuehlhaeuser-Linde.pdf ''Die Berliner Kühlhäuser der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen''] Zeitschrift des Vereins Deutscher Ingenieure, 1. November 1902, S. 1643&nbsp;ff.(PDF; 11,3&nbsp;MB)

== Einzelnachweise ==
<references />


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Version vom 19. November 2018, 01:11 Uhr

Carl von Linde (1925)

Carl Paul Gottfried Linde (* 11. Juni 1842 in Berndorf bei Thurnau; † 16. November 1934 in München), seit 1897 Ritter von Linde, war ein deutscher Ingenieur, Erfinder und Gründer eines heute internationalen Konzerns, der Linde AG. Mithilfe seines Linde-Verfahrens war die Entwicklung der ersten Kühlschränke mit heutiger Kühltechnik möglich.

Leben

Carl Linde wurde als drittes von neun Kindern als Sohn des evangelisch-lutherischen Pfarrers Friedrich Linde und seiner Frau Franziska in Berndorf (Oberfranken) geboren.[1] Aus beruflichen Gründen – sein Vater übernahm die Pfarrei St. Mang – zog die Familie ins Pfarrhaus nach Kempten. Carl Linde besuchte als einziger der vier Söhne bis zum Abitur das Humanistische Gymnasium in Kempten, das heute nach ihm benannt ist (Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten). Bei häufigen Besuchen in der Kemptener Aktienbaumwollspinnerei reifte in ihm der Wunsch, Ingenieurwissenschaften zu studieren.[2] Am 26. Februar verlobte er sich und am 17. September 1866 heiratete er in Kempten Helene Grimm, Tochter des Generalstaatsanwaltes in Berlin und eine entfernte Verwandte seiner Mutter.[3] Aus der 53 Jahre währenden Ehe entstammten sechs Kinder: Maria Linde (1867–1954), Franziska Linde (1868–1966), der Physiker Friedrich Linde (1870–1965), Anna Linde (1873–1949), der Maschinenbauingenieur Richard Linde (1876–1961) und Elisabeth Linde (1880–1959). Die älteste Tochter Maria war mit dem Psychiater Karl Ranke verheiratet, der von 1935 bis 1948 auch dem Aufsichtsrat der Linde AG angehörte. Seine beiden Söhne Friedrich und Richard traten ebenfalls in die Firma ein und setzten das Lebenswerk von Carl von Linde ebenso fort, wie sein Schwiegersohn Rudolf Wucherer, der Ehemann der jüngsten Linde-Tochter Elisabeth. In der nächsten Generation ging die Unternehmensführung auf Rudolfs Sohn, Johannes Wucherer über.[4] Carl von Linde starb 1934 im Alter von 92 Jahren. Er ist im alten Teil des Waldfriedhofs in München im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.

Werk

Studium und erste Tätigkeiten

1861 begann Carl Linde ein Studium am Polytechnikum Zürich, wo Rudolf Clausius, Gustav Zeuner und Franz Reuleaux seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach der Teilnahme an einem Studentenprotest gegen den Direktor Bolley zwangsexmatrikuliert wurde.[5] Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik von Kottern bei Kempten (Allgäu), die er im selben Jahr antrat. Er blieb dort aber nur kurze Zeit und arbeitete danach – aufgrund von Empfehlungsschreiben von Zeuner und Reuleaux – ab August 1865 als Ingenieur im Zeichenbüro von Borsig in Berlin.[6] Bereits im Februar 1866 zog er nach München, um als Leiter des Konstruktionsbüros bei der in Gründung befindlichen Lokomotivenfabrik von Georg Krauß zu arbeiten.[7]

Hochschullehrer und Erfinder

Carl Linde (1868)

1868 folgte er einem Ruf von Karl Maximilian von Bauernfeind, dem Gründungsdirektor zur Polytechnischen Schule München, der Vorläuferin der heutigen Technischen Universität München. Mit erst 26 Jahren wurde er außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für Maschinenlehre. Am Polytechnikum richtete Linde für 70 000 Gulden das erste Maschinenlabor Deutschlands ein, in dem unter anderem Rudolf Diesel ausgebildet wurde.[8]

Linde schuf ganz wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von Paraffin war für den Hochschullehrer der Anreiz zum Entwurf einer Kühlmaschine. 1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte Kältetechnikverfahren im Bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt. Im Sommer 1871 trat daraufhin August Deiglmayr von der Brauerei Dreher an Linde mit der Frage heran, ob es möglich wäre, eine Kühlanalage für eine Gärkeller der Brauerei in Triest zu bauen. Mit Gabriel Sedlmayr von der Münchner Spaten-Brauerei fanden die Beiden einen weiteren Interessen, der Linde sowohl mit Räumlichkeiten in München als auch finanziell bei Versuchen unterstützte. Für die entworfene Kälteerzeugungsmaschine wurde 1873 ein bayrisches Patent erteilt, allerdings mit der der Vorgabe, dass binnen eines Jahres ein funktionsfähiges Exemplar existierte, und Linde und Sedlmayr beauftragten die Maschinenfabrik Augsburg mit dem Bau. Die Maschine war zwar rechtzeitig fertig, aber die von Linde vorgesehene Quecksilber-Dichtung für das Kältemittel Dimethylether funktionierte nur mangelhaft. Daher entwarf er mit Friedrich Schipper eine neue, einfachere, leichtere und wirkungsvollere Kältemaschine, mit Ammoniak als Kühlmittel. Das Prinzip der Abkühlung von Gas, das vorher mechanische Arbeit geleistet hatte, war beiden gemeinsam. Linde meldete den neuen Kompressor am 25. März 1876 zum Bayrischen Patent und im August 1877 im gerade erst gegründeten Reichspatentamt zum Reichspatent an: das Patent erhielt die Nummer 1250. Der erste neue Kompressor wurde 1876 an die Dreher-Brauerei in Triest verkauft und lief dort von 1877 bis 1908.[9] Weitere Maschinen folgten an die Mainzer Actien-Bierbrauerei, Spaten in München, Heineken in den Niederlanden und Carlsberg in Dänemark.

Unternehmensgründung

Modell einer Kompressionskältemaschine von Carl von Linde, Deutsches Museum München

1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und gründete am 21. Juni des gleichen Jahres mit Sedlmayr, Georg Krauß, Heinrich von Buz von der Maschinenfabrik Augsburg, Carl Lang und Gustav Jung von der Mainzer Aktien-Bierbrauerei die Gesellschaft für Linde's Eismaschinen AG (heute Linde AG) in Wiesbaden. Carl von Linde war der einzige Vorstand, die anderen Gründer bildeten den Aufsichtsrat. Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf kältetechnischem Gebiet. Brauereien in ganz Europa interessierten sich prompt für diese neue Kältetechnik als Ersatz für Natureis, da viele ab 1840 von obergärigem englischen Bier auf untergäriges Lagerbier umgestellt hatten. Das Lagerbier war geschmackvoller und lagerstabiler, benötigte aber während des Brauprozesses stabil niedrige Temperaturen. Dabei wirkte sich ein milder Winter 1883/1884 günstig aus: Es kam zu einer Knappheit bei Natureis, das für die temperaturregulierte Gärung von untergärigem Bier benötigt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt, und Linde lieferte umgehend. Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von Chlor und Kohlensäure war sein Verfahren gefragt, die Firma florierte. 1890 waren bereits 625 von Linde gefertigte Kältemaschinen, davon die meisten in Brauereien, in Betrieb.[10]

Forscher und Unternehmer

1890 übergab Linde den Vorstandsposten an seinen Mitarbeiter Friedrich Schipper, zog sich aus dem operativen Geschäft zurück und wurde Aufsichtsratsvorsitzender der Linde Aktiengesellschaft – diesen Posten behielt er bis 1931. 1892 zog er zurück nach München, wo er eine Honorarprofessur an der Technischen Hochschule annahm. Diese wurde 1900 in eine ordentliche Professur umgewandelt und er hielt wieder Vorlesungen zu Kältemaschinen.[11]

1895 konnte Linde als einer der Ersten größere Mengen Luft verflüssigen (gleichzeitig gelang das in England William Hampson, der sein Patent etwas vor Linde einreichte). Das Linde-Verfahren nutzt den Joule-Thomson-Effekt und beruht auf dem Gegenstromverfahren. Damit schuf Linde die Möglichkeiten für physikalische Tieftemperaturuntersuchungen und zur Trennung der Luftbestandteile durch fraktionierte Destillation.

1901 folgte die Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von Sauerstoff und (ab 1903) Stickstoff. Im Süden Münchens ließ Linde in Höllriegelskreuth 1903 eine Fertigungsstätte bauen, die noch heute der größte Standort des Linde-Konzerns ist.

Ab 1910 zog sich Linde als Direktor seiner inzwischen ungeheuer erfolgreichen Aktiengesellschaft zurück und reichte sie an seine Söhne Friedrich und Richard weiter. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 traf die Linde AG hart; das Unternehmen erholte sich aber und die Gewinne stiegen wieder.

Aktie der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen vom 7. Juni 1898 mit Unterschrift vom Aufsichtsrat Carl Linde

1890 gehörte Linde zu den Mitbegründern der Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen in Berlin. Deren Sitz war ab 1895 München und seit 1909 Hamburg. Diese Gesellschaft besaß zunächst Kühlhäuser und Eisfabriken in Hamburg und Berlin und wurde später der größte deutsche Kühlhausbetreiber und Marktführer im Bereich der Tiefkühllogistik. Linde war jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender dieser Aktiengesellschaft.

Mitgliedschaften und Auszeichnungen

Linde war Mitglied von wissenschaftlichen und Ingenieurvereinigungen, unter anderem gehörte er dem Kuratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an und war Vorstandsvorsitzender des Deutschen Kältevereins (DKV). 1903 war er an der Gründung des Deutschen Museums beteiligt.

Linde wurde von Prinzregent Luitpold 1897 mit dem Verdienstorden der Bayerischen Krone ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten in den persönlichen Adelsstand erhoben. Auch wurde ihm im Jahr 1897 die Grashof-Denkmünze des Vereins Deutscher Ingenieure verliehen. 1907 erhielt er den Maximiliansorden. 1916 war er der erste Preisträger des Siemens-Rings. 1918 wurde er Träger des Ordens Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste.

Als Ehrendoktor wurde er 1897 von der Universität Göttingen ausgezeichnet (Dr. phil. h. c.), 1902 von der Technischen Hochschule Dresden (Dr.-Ing. E. h.) und 1917 von der Technischen Hochschule Wien (Dr. techn. h. c.).[12]

Nach Linde sind das Carl-von-Linde-Gymnasium Kempten[13], die Carl-von-Linde-Realschule München[14] und die Carl-von-Linde-Schule Kulmbach[15] benannt.

Linde-Verfahren

Verflüssigung von Luft

Das Linde-Verfahren ist eine von Carl von Linde entwickelte technische Methode zur Verflüssigung von Luft. Angesaugte Luft wird komprimiert und die dabei entstehende Wärme durch Wasserkühlung abgeführt. Daraufhin wird die Luft wieder entspannt, wobei sie sich aufgrund des Joule-Thomson-Effektes abkühlt. Bei einem Druckgefälle von 200 zu 20 bar erfolgt eine Abkühlung um etwa 45 Kelvin. Diese abgekühlte Luft kühlt in einem Gegenstrom-Wärmeaustauscher nachkommende verdichtete Luft vor, welche die nächste nachkommende Luft vorkühlt. Die kontinuierliche Wiederholung führt zu fortschreitender Temperaturerniedrigung, die schließlich beim Unterschreiten ihres Siedepunkts die Verflüssigung von Luft zur Folge hat. Mit dem gleichen Verfahren werden auch Wasserstoff und Helium verflüssigt, wobei diese Gase mit flüssiger Luft vorgekühlt werden müssen.

Siehe auch Kältemaschine und Kühlschrank.

Literatur

  • Carl Linde: Aus meinem Leben und von meiner Arbeit. Aktualisierter Neudruck der 1916 erschienenen Aufzeichnungen. Hrsg. von Lisa Berger, Volker Gerndt und Werner Jakobsmeier. CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014, ISBN 1-497-49791-4 (Taschenbuch, 242 Seiten).
  • Kurt Mayer; Karl Michaelis: Linde, Carl Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 577–581 (Digitalisat).
  • Florian Beierl: Carl von Linde. Erfinder, Unternehmer und Tourismuspionier am Obersalzberg. Klartext Verlag, Essen 2012. ISBN 978-3-8375-0784-3.

Film

  • Der Eiskönig Carl von Linde, Dokumentation, 45 Min., ausgestrahlt in BR-alpha am 14. Juli 2011
Commons: Carl von Linde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. München 2004, S. 35.
  2. Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, 2004, S. 12.
  3. Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, 2004, S. 12.; Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. München 2004, S. 36.
  4. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. München 2004, S. 144.
  5. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. München 2004, S. 35–36.
  6. Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, 2004, S. 12. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. München 2004, S. 36.
  7. Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, 2004, S. 12.
  8. Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, 2004, S. 12.
  9. Rudolf Plank: Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-86206-9, S. 551–552; Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, 2004, S. 7.
  10. Rudolf Plank: Die Anwendung der Kälte in der Lebensmittelindustrie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-86206-9, S. 551–552; Festschrift der Linde AG: 125 Jahre Linde. Eine Chronik, 2004, S. 8–14.
  11. Hans-Liudger Dienel: Die Linde AG. Geschichte eines Technologiekonzerns 1879–2004. München 2004, S. 36–38.
  12. Kurt Mayer; Karl Michaelis: Linde, Carl Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, ISBN 3-428-00195-8, S. 577–581 (Digitalisat).
  13. Website des CvL Kempten
  14. Website der Carl-von-Linde-Realschule
  15. Website der Carl-von-Linde-Schule Kulmbach (Memento des Originals vom 25. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.realschule-kulmbach.de