Antéchrista

Antéchrista (deutscher Titel: Böses Mädchen) ist der elfte von Amélie Nothomb publizierte Roman und ist 2003 im belgischen Verlag „Éditions Albin Michel“ erschienen. Die Sprache des Originaltextes ist Französisch, die deutsche Übersetzung ist 2006 im Diogenes Verlag erschienen.

Zusammenfassung

Blanche (frz. für weiß, hier: wie ein unbeschriebenes Blatt), ein schüchternes, unscheinbares und in sich zurückgezogenes Mädchen lernt an der Universität in Brüssel Christa kennen und freundet sich mit ihr an. Es ist die erste Freundin in Blanches Leben und zunächst ist sie sehr gespannt und aufgeregt. Es stellt sich heraus, dass Christa das genaue Gegenstück zu Blanche ist: sie ist begabt, brillant und vor allem sehr bekannt. Sehr schnell findet Blanche heraus, dass Christas Freundschaft ein falsches Spiel ist und Christa Stück für Stück zu ihrem Scharfrichter, dem Antichrist, wird. Blanche muss nun also ihre Beklommenheit und ihre Ängste überwinden, um der „Antéchrista“ zu entkommen und ihre Familie vor der „Apokalypse“ zu retten.

Zeitliche Übersicht und Struktur

An der zeitlichen Struktur und Wahrnehmung Blanches (durch Ich-Perspektive des personalen Erzählers gegeben) lässt sich gut der rote Faden im Buch ausmachen. Folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Handlung im Buch auf und versucht eine zeitliche Verortung herzustellen:

Woche Zeitliche Struktur Handlung
1 Erster Tag Blanche sieht Christa's Lächeln
2 Eine Woche später Christa sieht Blanche an
2 Am folgenden Tag (Montag) Christa spricht Blanche an
2 Dienstag Christa ist müde
2 Am folgenden Tag (Mittwoch) Blanche lädt Christa zu sich ein
3 Montag Christa kommt zu Blanche, die Folter und Kennenlernen mit den Eltern
3 Am folgenden Morgen (Dienstag) Rückkehr zur Universität; Abends: Blanche führt die Gymnastik von Christa aus
3 Am folgenden Tag (Mittwoch) Blanche fühlt sich einsam
4 Am nächsten Montag Christa wird mit großem Überschwang von den Eltern in Empfang genommen (Champagner)
4 Einige Tage später Christa stellt Blanche ihren Freunden vor
5 Montagnacht Blanche stellt Fragen über Detlev, sie denkt über die Freundschaft nach
6 Am nächsten Montag Christa erscheint weder in der Universität noch in der Wohnung der Hasts; Blanche's Eltern sind beunruhigt
6 Am Folgetag Christa erscheint wieder in der Universität
7 Am darauffolgenden Montag Blanche verliert ihre Eltern; sie schlagen Christa vor während der ganzen Woche bei ihnen zu wohnen

Die zeitliche Dynamik macht immer größere Sprünge; wird das Geschehen anfangs noch in Schritten von Tages- und Nachtzeiten erzählt, sind es dann Wochen (von Montag zu Montag) und schließlich gegen Ende des Buches Monate.

Christliche Symbolik im Buch

Keine der Romanfiguren hat eine Bindung oder irgendeine Affinität zur christlichen Religion. Weder Blanche, noch ihre Eltern, noch Christa sind praktizierende Christen. Trotzdem werden christliche Metaphern, Gleichnisse und Symbole von ihnen verwendet: Gleichnis vom verlorenen Sohn, Epiphanie, Antichrist, Apokalypse, Judaskuss, Kreuzigung. Diese Spuren der christlichen Bekenntnisswelt sind in der säkularisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts weitgehend bedeutungslos geworden und haben ihren ursprünglichen Sinngehalt verloren. Meinungsforschungsinstitute haben ermittelt, dass Weihnachten von einem Großteil der (französischen) Bevölkerung mit Geschenkaustausch und Winterferien assoziiert und Ostern mit Osterhasen und Frühlingserwachen in Zusammenhang gebracht wird - beim Pfingstfest ist die Erklärungsnot am größten -, während das christliche Heilsgeschehen größtenteils in Vergessenheit geraten ist. Dieser Sachverhalt spiegelt sich im Romangeschehen wider. Alle Anlehnungen und Parallelen zur christlichen Bekenntniswelt haben ihre religiöse Konnotation eingebüßt und sind mit negativen Vorzeichen versehen: das Gleichnis vom verlorenen Sohn nutzt Christa rücksichtslos für ihre eigene Profilierung aus. Die Epiphanie wird zu einer erbärmlichen Farce und Wortklauberei herabgewürdigt. Christa wird aufgrund ihrer satanischen Machenschaften von Blanche zur „Antéchrista“ erklärt. Ihre teuflischen Manipulationen nehmen im Mikrokosmos der Hast-Familie apokalyptische Ausmaße an. Der Judaskuss trägt zur Entlarvung der hinterhältigen Christa bei. Die Kreuzigung wird zur Schilderung von Blanches innerer Zerrissenheit entweiht.[1]

Veröffentlichungen

Quellen

  1. Nachwort von Helmut Keil in Antéchrista, Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Ditzingen, Oktober 2008, ISBN 978-3150197394
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