Mercedes-Benz W 198

Mercedes-Benz 300 SL (1955)

Der Mercedes W198 ist ein legendärer Sportwagen von Mercedes-Benz.

Unter der Verkaufsbezeichnung Mercedes 300 SL wurde er in den Jahren 1954 bis 1957 als Coupé mit Flügeltüren und in den Jahren 1957 bis 1963 als Roadster angeboten.

Mercedes-Benz präsentierte den 300 SL im Februar 1954 auf der "International Motor Sports Show" in New York. 1999 wurde das Fahrzeug von der deutschen Oldtimer-Zeitschrift Motor Klassik zum "Sportwagen des Jahrhunderts" gewählt.

Vorgängerversion im Motorsport

Der Mercedes-Benz 300 SL entstand zunächst als reiner Rennsportwagen (W 194). 1952 nahm das Fahrzeug an den wichtigen Rennen des Jahres teil. Beim Preis von Bern gelang der Dreifachsieg. Das 24-Stunden-Rennen von Le Mans beendete der Rennsportwagen unerwartet mit einem Doppelsieg. Bei einem Rennen am Nürburgring erfolgte wiederum ein Dreifach-Erfolg. Bei der Carrera Panamericana in Mexico siegte der 300 SL erneut. Damit knüpfte Mercedes-Benz an die großen Erfolge im Rennsport vor dem zweiten Weltkrieg an.

Entstehungsgeschichte des Serienfahrzeuges

Eine Serienfertigung des 300 SL war zunächst nicht geplant. Doch Maximilian („Maxi“) Hoffman, US-amerikanischer Importeur von Mercedes-Benz-Fahrzeugen, wünschte sich vom Vorstand von Mercedes-Benz schon seit einiger Zeit einen Sportwagen für seine Kundschaft. Eine Basis für diesen könne das Rennsport-Coupé sein. Nach langem Abwägen fiel die Entscheidung für eine Serienproduktion der Strassenversion des 300 SL (W 198). Ebenfalls wurde die Produktion eines kleineren Roadsters, die des Mercedes-Benz W121 (190 SL) bekannt gegeben.

Keine sechs Monate nach dem Vorstandsbeschluss feierten die beiden Sportwagen ihre Premiere in den USA auf der „International Motor Sports Show“ in New York, die dort vom 6. bis zum 14. Februar 1954 stattfand. Mercedes-Benz erlebte auf der Motor Show eine enorm positive Besucherresonanz auf den 300 SL und den 190 SL. Die Serienproduktion begann im August 1954 im Werk Sindelfingen.

Der Preis des W198 wurde auf 29.000 Mark festgelegt – damals eine enorme Summe. Ein Mercedes-Benz 170 Vb kostete zuletzt 7900 Mark.

Karosserie

Mercedes 300 SL
Seitenansicht

Die Karosserie des W198 folgte dem Diktat einer möglichst günstigen Aerodynamik. Die auffälligen Flügeltüren waren aufgrund der Fahrzeugkonstruktion nötig. Die Aluminiumhaut des 300 SL bedeckte einen Rohrrahmen, der an den Fahrzeugflanken zum Vorteil der Stabilität weit nach oben reichte, herkömmliche Fahrzeugtüren konnte man daher nicht einsetzen. Im englischsprachigen Raum bekam der W198 wegen der Flügeltüren den Beinamen „Gullwing“. Ein dezenter Stab ließ sich zum Öffnen der Türen aus der Karosserie schwenken, entriegelte das Schloss und ließ die von einer Teleskopfeder unterstützte Tür nach oben schwenken.

Der von Rudolf Uhlenhaut konstruierte Gitterrohrrahmen sorgte für hohe Stabilität bei geringem Gewicht. Sehr dünne Rohre wurden zu vielen Dreiecken zusammengesetzt, der fertige Rahmen war extrem verwindungssteif und wurde nur auf Druck und Zug beansprucht. Im Serien-SL wog der Rahmen nur 82 Kilogramm, das gesamte fahrfertige Auto inklusive Reserverad, Werkzeug und Treibstoff 1295 Kilogramm.

Die Karosserie des 300 SL wurde zum größten Teil aus hochwertigem Stahlblech hergestellt, die Motorhaube, die Kofferraumklappe, die Schweller- und Türhaut jedoch aus Aluminium. Auf Wunsch und gegen einen verhältnismäßig geringen Aufpreis bestand die gesamte Karosserie aus Leichtmetall, wodurch das Fahrzeug 80 Kilogramm leichter wurde. Doch diese Option wählten nur 29 SL-Kunden, heute sind diese Exemplare sehr begehrt.

Technik

Die Technik des 300 SL basierte zum Teil auf der Limousine W 186 II (Typ 300). Der Sechszylinder-Motor wurde stark modifiziert und erhielt unter anderem statt eines Vergasers eine Benzin-Direkteinspritzung, zur damaligen Zeit und noch lange danach eine technische Besonderheit. Der Motor hatte eine Leistung von 158 kW (215 PS). Damit erreichte der W198 je nach Hinterradübersetzung bis zu 260 km/h. Fünf unterschiedliche Übersetzungen waren erhältlich. Die Serienübersetzung war 1:3,64, und vor allem auf hohe Beschleunigung abgestimmt. Sie ermöglichte eine Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h. Eine noch bessere Beschleunigung boten die Übersetzungen 1:3,89 und 1:4,11. Die Übersetzung 1:3,42 bot eine höhere Endgeschwindigkeit, welche mit der dritten Übersetzung von 1:3,25 noch einmal auf 260 km/h gesteigert wurde. Diese verringerte jedoch die Beschleunigung, so dass der Wagen im Stadtverkehr nicht mehr so gut zu fahren war.

Die Beschleunigung von 0 bis 100 km/h betrug 10 Sekunden. Den Verbrauch ermittelten zeitgenössische Autotester mit durchschnittlich rund 15 Liter Benzin. Im Heck war ein 100-Liter-Tank untergebracht, der gegen Aufpreis auf bis zu 130 Liter erweitert wurde.

Damit der Motor im flachen Auto überhaupt untergebracht werden konnte, wurde er um 45 Grad nach links geneigt. Jedoch nahm das Aggregat dem Beifahrer etwas Fußraum weg. Der Fahrzeugschwerpunkt lag fast genau in der Fahrzeugmitte. Das Fahrwerk entsprach im Wesentlichen dem der Limousine des Typs 300a, wurde aber sportlicher abgestimmt. Die zunächst verwendeten Trommelbremsen waren auf die Sportwagen-Leistung ausgelegt. Erst später, 1961 als Roadster, wurde der 300 SL rundum mit Scheibenbremsen ausgestattet.

Innenraum

Der Innenraum

Der Innenraum des 300 SL war nicht luxuriös ausgestattet. Standardmäßig wurde für den Sitzbezug Stoff in drei karierten Mustern angeboten. Doch die meisten Kunden entscheiden sich für Leder. Für die Karosserie ist Silbermetallic die Standardfarbe, gern wurde auch Rot, Dunkelblau und Schwarz bestellt.

Das Einsteigen in den 300 SL erforderte Übung aufgrund des knappen Raums und der breiten Seitenteile der Karosserie. Damit die Beine einfacher in Richtung Pedale gefädelt werden konnten, ließ sich das Lenkrad nach oben klappen. Im Hauptblickfeld des Fahrers lagen Drehzahlmesser und Tachometer.

Presseberichte

Die zeitgenössische Presse war voll des Lobs für den 300 SL.

  • Autosport sagte: „Der 300 SL ist ein Wagen mit einer wunderbaren äußeren Erscheinung, gepaart mit einer fast unglaublichen Leistungsfähigkeit. Seine Konstruktion und seine Fertigungsqualität sind geradezu erstklassig, das ganze Konzept stellt eine kompromisslose Verwirklichung aller neuen Ideen dar."
  • Road & Track schrieb nach dem ersten Test: „Wenn ein komfortabler Innenraum mit einem bemerkenswert guten Fahrverhalten konform geht, mit geradezu unheimlicher Bodenhaftung der Räder, einer leichtgängigen und präzisen Lenkung und einer Leistung, die den besten bisher bekannten Wagen nahe kommt und sie sogar noch zu übertreffen vermag, bleibt nur eines zu sagen: Der Sportwagen der Zukunft ist Wirklichkeit geworden.“
  • Auto Motor und Sport hielt fest: „Unter den Sportwagen unserer Zeit ist der Mercedes 300 SL der kultivierteste und zugleich der faszinierendste – ein Traum von einem Automobil.“

Produktion

Die ersten W198 wurden 1954 zunächst in Europa verkauft. Im März 1955 wurde das erste Fahrzeug in die USA exportiert. Insgesamt wurden 1400 Flügeltürer gebaut. Der größte Teil, etwa 1100 Stück, gelangten in die USA.

Durch die speziellen Wünsche der Kunden in den USA (etwas mehr Komfort, größerer Kofferraum und oft auch ein Cabrio) wurde ab 1957 der 300 SL Roadster (W 198 II) produziert. Von diesem Modell wurden insgesamt 1858 Stück produziert.

Renn- und Rallye-Erfolge

Die rennsportliche Basis des W198 verführte namhafte Piloten und Privatfahrer in aller Welt zur Teilnahme an Sportwagenrennen und Rallyes. Ab 1955 werden die populären Sportveranstaltungen der damaligen Zeit gefahren, mit großem Erfolg gleich von Beginn an. Diese Erfolge, aber vor allem seine markante Erscheinung machten den Mercedes-Benz W198 schon zu seinen Produktionszeiten zum Klassiker. Er ist es seither geblieben und gehört zu den gesuchtesten und bestnotierten Autos der Welt.

Technische Daten des Mercedes-Benz 300 SL, W 198 I, 1954-1957

Allgemeine Daten

  • Radstand: 2400 mm
  • Spur vorne/hinten: 1385/1435 mm
  • Maße L x B x H: 4520 x 1790 x 1300 mm
  • Wendekreis: 11,5m
  • Wagengewicht: 1295 kg (fahrbereit)
  • Zulässiges Gesamtgewicht: 1555 kg
  • Höchstgeschwindigkeit: 235 km/h bis 260 km/h, je nach Hinterachsübersetzung
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 10 s
  • Verbrauch nach DIN: 9,5 l
  • Kraftstofftank: 100 l im Heck
Der Motor
  • Daimler-Benz M 198 Reihensechszylinder mit Direkteinspritzung
  • Hubraum: 2996 cm³
  • Bohrung x Hub: 85 x 88 mm
  • Leistung: 215 PS bei 5800/min
  • Drehmoment: 28 mkg bei 4600/min
  • Verdichtungsverhältnis: 1 : 8,55
  • Gemischaufbereitung: Direkteinspritzung, mechanisch geregelt; Sechsstempel-Einspritzpumpe
  • Ventile: hängend, zwei je Zylinder, obenliegende Nockenwelle, Antrieb durch eine Duplex-Rollenkette
  • Schmierung: Trockensumpf-Schmierung

Kraftübertragung

  • Antrieb auf Hinterräder
  • Kupplung: Einscheiben-Trockenkupplung
  • 4-Gang-Schaltgetriebe
  • Übersetzungen: I. 3,34, II. 1,97, III. 1,39, IV. 1,00, R 2,73
  • Achsantrieb: 3,64, 3,25, 3,42, 3,89 oder 4,11
  • Stahlrohr-Gitterrahmen, Stahlblech bzw. Leichtmetall-Karosserie
  • Führung: Doppel-Querlenker
  • Federung: Schraubenfedern, Drehstab-Stabilisator
  • Führung: Pendel-Schwingachse
  • Federung: Schraubenfedern
  • Stoßdämpfer vorn/hinten: hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer
  • Bremsen: hydraulisch mit Unterdruck-Bremskraftverstärker, auf Vorder- und Hinterräder wirkend, Trommelbremsen vorn/hinten; mechanische Hand-Feststellbremse auf Hinterräder wirkend
  • Kugelumlauflenkung

Felgen und Reifen

  • Räder: Stahlblech-Scheibenräder 5 K x 15
  • Reifen: 6,50-15 Supersport


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