Orgelbau Vleugels

Orgelbau Vleugels GmbH
RechtsformGmbH
Gründung1967
SitzHardheim, Deutschland
LeitungHans-Georg Vleugels

Johannes D. C. Vleugels

Mitarbeiterzahl20
BrancheOrgelbau
Websitewww.vleugels.de

Orgelbau Vleugels ist eine Orgelbau-Werkstatt in Hardheim (Neckar-Odenwald-Kreis, Baden-Württemberg).

Geschichte

Die Orgelbaugeschichte in Hardheim begann 1855 mit Ignaz Dörr, wurde ab 1886 von der Familie Bader weitergeführt und setzt sich bis heute unter dem Namen Vleugels fort.

Hans Theodor Vleugels lernte von 1945 bis 1948 den Orgelbau bei W. Kendel in Oberndorf/N., arbeitete dann bei Klais und Walcker und legte 1957 die Meisterprüfung ab. 1958 übernahm Vleugels als Orgelbaumeister die Orgelbaufirma von Maximilian Bader in der Langen Gasse und zwei Jahre später auch die seines Bruders Wilhelm Bader junior in der Würzburger Straße. Von 1960 bis 1966 wurden die beiden Orgelbaubetriebe gemeinsam von Hans Theodor Vleugels und Paul Mund geführt. 1967 gründete Hans Theodor Vleugels die Firma Orgelbau-Vleugels GmbH.[1]

1985 wurden nach dem Tod von Winfried Albiez das Inventar der Firma Albiez und einzelne Mitarbeiter übernommen sowie angefangene Projekte (Augsburg Bärenkeller ev. Kirche, Karlsruhe-Rüppurr Christkönigskirche) fertiggestellt.[2]

Am heutigen Firmensitz in der Roten Au in Hardheim wurde 1985 ein neuer Gebäudekomplex erworben. 1989 wurde dieses Areal um einen Werkstattneubau mit großem Montagesaal ergänzt und bis heute mehrfach erweitert.

1991 übernahm Orgelbaumeister Hans-Georg Vleugels die Geschäftsführung der Orgelbau-Vleugels GmbH[3] und lebt seit 1995 mit seiner Familie am erweiterten Werkstattsitz in Hardheim. Ebenfalls 1995 wurde ein großes Lager für historische Orgeln und Orgelteile gebaut und darin alle Außenlager integriert.

Ein weiteres Werkstattgebäude kam 2005 auf dem Nachbargrundstück hinzu und beherbergt heute u. a. das Holzlager und den Holzzuschnitt.

Auf 2000 m² Werkstattfläche werden Orgelwerke aller Größenordnungen erstellt und restauriert.

Werk

Neben klassischen Instrumenten werden auch modernere Entwürfe ausgeführt. Der Stil der Neubauten ist von einer Synthese spätbarocker und deutsch-romantischer Elemente geprägt; seit etwa 1990 werden auch innovative Tendenzen in der Prospektgestaltung manifest, insbesondere hinsichtlich der Farbgebung.[4]

Frühe moderne Instrumente von Hans Theodor Vleugels sind die Orgel von Köln-Gremberg, aufgesetzt auf einem Betonpilz oder ein neuer Spieltischtyp auf Stahlsäulen mit seitlich schwenkbar angebrachtem Registertableau in Stuttgart-Möhringen. In Stuttgart-Fasanenhof entstand eine Orgel an einer freihängenden Stahlkonstruktion, teilweise verkleidet mit Plexiglas.

Hans-Georg Vleugels gestaltet seit 1996 Orgelgehäuse mit moderner Oberflächenbemalung. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlern wurden bis heute 15 Instrumente mit farbig gestalteten Orgelprospekten geschaffen. Diese Orgeln stehen in:

Orgeln entstanden so in Zusammenarbeit mit folgenden Künstlern:

  • Jacques Gassmann
  • Peter Schwarz
  • Martin Figlhuber
  • Rudolf Mirer
  • Eberhard Münch
  • Thomas Lange
  • Anina Gröger
  • Gabriele Wilpers
  • Friedrich Koller

Neben farblichen Gestaltungen wurden auch Orgeln mit zeitgenössischem Design konzipiert und gebaut. So entstanden Werke wie die Glasorgeln in der Flughafenkapelle, München (1997) und bei der Weltausstellung Expo2000 in Hannover oder die Orgel der Propsteikirche in Jülich (1998). Die Orgel im Juliusspital Würzburg erhielt bemalte Flügeltüren, die sich während des Spielens elektrisch schließen lassen. In Limbach entstand eine neue Form eines Orgelgehäuses aus einem elliptischen Grundriss. In Assamstadt 1975 und Pöcking 1995 wurden Gemälde als Schleiergitter verwendet.

Die Orgeln aus der Werkstatt in Hardheim orientieren sich am süddeutschen Barock und der deutschen Romantik, zeigen aber einen großen Variantenreichtum in alle Klangstile. In der Schloßkirche Chemnitz wurde erstmals eine Orgel im Stil der französischen Romantik des Aristide Cavaillé-Coll gebaut. In dieser Orgel ist auch eine originale Barker-Maschine aus seiner Werkstatt eingebaut.

Seit 1960 werden mechanische Schleifladen gebaut. Im Neubau werden seit 1995 in Einzelfällen auch wieder Registerkanzellen-Windladen eingesetzt (Aschaffenburg, Herz-Jesu). Schon sehr früh für den Nachkriegsorgelbau wurden bei Neubauten gute vorhandene Register aus Vorgängerinstrumenten verwendet, wie in Hardheim, St. Alban (1968).[11]

Restaurierung

Neben älteren Orgeln wurden romantische Werke, wie die Konzertsaalorgeln in Görlitz, Heidelberg, Prag und beispielsweise das der Kirchenorgel von Chemnitz in St. Petri restauriert. Hierbei setzte vor allem die Restaurierung der Voit-Orgel in Stadthalle Heidelberg neue Maßstäbe.

„Gleichzeitig ist das Restaurierungsergebnis [...] dazu geeignet, die lange geführte Diskussion um die Unrestaurierbarkeit spätromantischer Orgeln zu widerlegen und neue Maßstäbe im substanzschonenden Umgang mit pneumatischen und elektrischen Systemen zu setzen“

Klaus Könner: Die Voit-Orgel in der Stadthalle Heidelberg, 1993

2004 wurde die Eberhard-Friedrich-Walcker-Orgel von 1856 in Loffenau (Opus 139; II/23) von Vleugels restauriert.[12]

2009 arbeitete die Restaurierungsabteilung der Orgelmanufactur an der Cavaillé-Coll-Orgel von 1884 (II/26) in der Basílica de San Francisco el Grande, Madrid.

Von der UNESCO kam der Auftrag, die größte mechanische Kirchenorgel der Welt von Barnim Grüneberg, Stettin (1828–1907), erbaut im Jahr 1885 für die Dreifaltigkeitskirche zu Libau/Lettland mit 131 Registern auf 4 Manualen und Pedal, zu begutachten und zu dokumentieren.

Werkliste (Auswahl)

Die Opusliste umfasst Neubauten sowie umfassende Restaurierungen. Die Zählung beginnt mit der Übernahme der Hardheimer Orgelbauwerkstätten durch Orgelbaumeister Hans Theodor Vleugels im Jahr 1958.

Die Größe der Instrumente wird in der sechsten Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der siebten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal.

JahrOpusOrtGebäudeBildManualeRegisterBemerkungen
19591SeckachEv. KircheI5
19602HemsbachSt. LaurentiusII/P23
19604Mörrum (Schweden)KircheII/P22Kirche Mörrum in der schwedischen Wikipedia,

die Orgel wurde 2016 durch ein neues Instrument ersetzt.[13]

19616Freudenberg (Baden)St. LaurentiusIII/P31
19618Nättraby (Schweden)KircheII/P10Kirche Nättraby mit Orgelbeschreibung in der schwedischen Wikipedia,

die Orgel wurde 1991 durch ein neues Instrument ersetzt.[13]

196426Buchen (Odenwald)St. OswaldIII/P38
196551WaiblingenSt. AntoniusIII/P33
196656Müllheim (Baden)Ev. KircheIII/P46
196879Stuttgart-Feuerbach (Stuttgart)St. JosefIII/P28
196888SinsheimSt. JakobusIII/P36
1971/197298EberbachSt. Johannes Nepomuk
III/P56
1970106Stuttgart–MöhringenSt. HedwigIII/P372022/23 Umbau geplant → Orgel
1972118Stuttgart-UntertürkheimSt. GermanusIII/P42
1975139WalldürnWallfahrtsbasilika St. Georg
III/P40Gehäuse von Johann Christian Dauphin
1977152AschaffenburgKapuzinerkirche St. Elisabeth
III/P37
1979168GöttingenSt. GodehardII/P21
1980175Elsenfeld-SchippachSt. PiusII/P26
1981181Klettgau-ErzingenSt. GeorgIII/P41
1982188HöpfingenSt.-Ägidius-Kirche
II/P23Gehäuse von H. Voit & Söhne aus dem Jahr 1910
1983SchwaningenSt. MartinI/P11Rekonstruktion und Restaurierung der Knauth-Orgel → Orgel
1984200Lauda-Königshofen-KönigshofenSt. Mauritius
II/P22Gehäuse von H. Voit & Söhne aus dem Jahr 1910
1986216Karlsruhe-RüppurrChristkönigkirche
II/P35begonnen von Winfried AlbiezOrgel
1988233Aschaffenburg-SchweinheimMaria Geburt
II/P27
1989/1990245GaibachKreuzkapelleI/P7Restaurierung der Schleich-Orgel von 1699
1991260WürzburgKäppele
II/P32Neubau hinter dem hist. Prospekt von Johann Christian Köhler (1750)
1992Freiburg im BreisgauHeilige Familie
II/P32Orgel
1994290MünchenBürgersaalkirche
III/P50Orgel
1995295PöckingSt. Pius X.
II/P35
1995300AschaffenburgHerz Jesu
IV/P63
1996302SchäftlarnKloster Schäftlarn
II/P31Gehäuse von Anton Bayr um 1762
1996/2007303KitzingenSt. Johannes
III/P54künstlerische Farbfassung durch Jacques Gassmann

Orgel

1996304EbernSt. Laurentius
II/P34Neubau, Disposition in Orientierung an Holzhey
1996305OberrimsingenSt. StephanII/P16Orgel
1997311TaufkirchenMaria HimmelfahrtII/P28Orgel
1997315DachauSt. Jakob
II/P35Orgel
1997317GaibachDreifaltigkeitskirche
I/P12Restaurierung der Orgel von Johann Philipp Seuffert (1748)
1997LandshutSt. Martin
I/P7Truhenorgel
Orgel
1998320JülichPropsteipfarrkirche
III/P45
1998325München-HasenberglSt. Nikolaus
II/P24Orgel
1998326RundingNeue Pfarrkirche St. Andreas
II/P36Künstlerischer Farbfassung von Jacques Gassmann
1998329Schliengen-ObereggenenSchloss Bürgeln
I6Graue Glasorgel der Expo 2000, Aufstellung im Schloss Bürgeln 2016
1999333SchifferstadtPfarrkirche St. JakobusIII/P45künstlerische Farbfassung durch Jacques Gassmann
2002351RiedenburgPfarrkirche St. Johann Baptist
II/P24Orgel
2002355BlindenmarktPfarrkirche St. Anna
III/P30
2002360GeigantSt. Bartholomäus
II/P27
2003PeitingNeuapostolische Kirche
II/P13
2004 / 05Schlüchtern-GundhelmEv. Kirche
II/P10Restaurierung der historischen und denkmalgeschützten Ratzmann Orgel aus 1909.
2005379WürzburgJuliusspital
II/P29künstlerische Farbfassung durch Thomas Lange
2005380StuttgartSt. Fidelis
III/P44künstlerische Farbfassung durch Annina Gröger
2006/2011390Chemnitz-SchloßchemnitzSchloßkirche
III/P48künstlerische Farbfassung durch Jacques Gassmann
2007398LimbachSt. Valentin
II/P26künstlerische Gestaltung gemeinsam mit Gabriele Wilpers
2007RegensburgPriesterseminar (Seminarkirche)
II/P20
2009405Landsberg am Lechehemalige Ursulinenkirche
II/P17Restaurierung der Orgel von H. Koulen & Sohn von 1911
2010/11SiensbachSt. MartinI/P6Restaurierung der Orgel von Wiedemann von 1860 → Orgel
2012418Freiburg im BreisgauSt. Urban
III/P42Restaurierung der Späth-Orgel von 1936 → Orgel
2011/12420Inneringen (Hettingen)St. Martin
II/P20Restaurierung/Rekonstruktion der Orgel von Wilhelm Blessing von 1865 → Orgel
Orgel
2013422HaushamSt. Anton
II/P32Restaurierung der Orgel von H. Koulen & Sohn von 1911
2013423München-LaimNeuapostolische Kirche
II/P11 (14)Neubau im Stil einer symphonischen Chororgel à la Cavaillé-Coll
2015430LeipzigPropsteikirche St. Trinitatis
III/P46Neubau[14]
2015431FrommernSt. PaulusII/P21Neubau → Orgel
2016432GillenfeldPfarrkirche
II/P17Teil-Rekonstruktion der Orgel von Voit (1902), elektro-pneumatisch, ursprünglich pneumatisch
2016433ReichenbachSt. Stephanskirche
II/P25Rekonstruktion der Orgel von Konrad Albiez
2016434HohenpeißenbergWallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt
II/P20Neubau im Gehäuse von Balthasar Freiwiß, Glockenspiel, Cymbelstern, Nachtigall, Tastenheizung
2017437SinsheimSt. Jakobus d. Ä.
III/P36Neuer Spieltisch für Opus 88, dynamische Koppeln
2017/18439AdelsdorfSt. Stephanus
II/P44Restaurierung und Neubau, 15 Register Originalbestand Strebel-Orgel von 1910
2017/18440WürzburgSt. Peter und Paul
III/P55Neubau, 4 Gehäuse an 3 Standorten, mobiler Spieltisch
2018441MoskauRachmaninow-Konzertsaal
IIII/P80Neubau, 4-manualiger Spieltisch für Hauptwerk Orgelsystem, Vorbereitung für Orgelneubau
2018442AlsheimMaria Himmelfahrt
I/P14Restaurierung der Orgel von Johann Ignaz Seuffert (1764)
2018443TigerfeldSt. Stephanus
II/P14Restaurierung, Blessing-Orgel (1864)
2018/2019444DeggendorfMaria Himmelfahrt
III/P43Neubau
2019447DeggendorfMaria Himmelfahrt
II/P21Neubau (Chororgel)
2020454VolkachSt. BartholomäusIII/P27Restaurierung und Neubau, Seuffert-Orgel von 1757
2022UettingenSt. Bartholomäus
I/P13Restaurierung der Orgel von Georg Martin Gessinger (1760)
Orgel

Literatur

  • Freunde der Propsteimusik Leipzig e.V. im Gudrun Schröder Verlag Leipzig (Hrsg.): Die Vleugels-Orgel in der Propsteikirche St. Trinitatis Leipzig – Festschrift zur Weihe der Orgel am 27. September 2015 in Leipzig. Leipzig 2015, ISBN 978-3-926196-73-6 (59 S.).
Commons: Vleugels Orgel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer. Florian Noetzel Verlag, Heinrichshofen 1994, ISBN 3-7959-0598-2, S. 428.
  2. Christkönigskirche in Rüppurr.
  3. Hermann J. Busch, Matthias Geuting: Lexikon der Orgel. Laaber-Verlag, Laaber 2007.
  4. Zitiert aus Hermann J. Busch, Matthias Geuting: Lexikon der Orgel. Laaber-Verlag, Laaber 2007.
  5. Kitzingen (Memento des Originals vom 18. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kt-st-johannes.pg-st-hedwig-kitzinger-land.de
  6. Blindenmarkt
  7. Krefeld
  8. Lampertheim (Memento vom 18. Januar 2016 im Internet Archive)
  9. Emmelshausen
  10. Bericht über den Orgelneubau in der Chemnitzer Schloßkirche (abgerufen am 21. November 2009)
  11. Orgel in Hardheim, abgerufen am 18. Januar 2016.
  12. Markus Zimmermann: Ein Oberton-Crescendo: Die Walcker-Orgel von 1856 in Loffenau. In: Ars Organi. Band 53, 2005, ISSN 0004-2919, S. 99–103.
  13. a b Die Orgel wird in der Schwedischen Wikipedia als Werk Max Baders geführt, dessen Werkstatt Vleugels im Jahr 1958 übernommen hatte, bevor er 1967 die Vleugels GmbH gründete. Obwohl die Opusliste Vleugels mit dem Opus 1 im Jahr 1959 beginnt, ist davon auszugehen, dass die bis 1966 erstellten Instrumente unter dem Firmennamen Baders erbaut wurden.
  14. Freunde der Propsteimusik Leipzig e.V. im Gudrun Schröder Verlag Leipzig (Hrsg.): Die Vleugels-Orgel in der Propsteikirche St. Trinitatis Leipzig – Festschrift zur Weihe der Orgel am 27. September 2015 in Leipzig. Leipzig 2015, ISBN 978-3-926196-73-6 (59 S.).