Dinner for One

Dinner for One oder Der neunzigste Geburtstag ist eine Fernsehproduktion des NDR aus dem Jahr 1963. Es handelt sich um einen 18-minütigen Sketch des englischen Komikers Freddie Frinton mit seiner Partnerin May Warden. „Offizielle“ Regie führte Heinz Dunkhase, wenngleich Frinton der eigentliche Schöpfer der Inszenierung ist. Autor des Sketches ist der Brite Lauri Wylie.

Inhalt

Miss Sophie (May Warden) feiert ihren 90. Geburtstag. Wie in jedem Jahr lädt sie dazu ihre vier engsten Freunde ein: Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom. Die Geschichte hat nur einen Haken: Miss Sophie ist nicht mehr die Jüngste, und die Herren sind mittlerweile alle verstorben. Da sie aus verständlichen Gründen nicht persönlich anwesend sein können, muss Butler James (Freddy Frinton) die Rolle aller vier Herren übernehmen.

Er sieht sich genötigt, nicht nur seiner Arbeitgeberin das Essen (Mulligatawny Soup, Schellfisch, Hühnchen und Obst als Nachtisch), sondern auch den vier imaginären Herren die jeweils passenden Drinks (Sherry, Weißwein, Champagner und Portwein) zu servieren, in ihre Rolle zu schlüpfen, in dieser auf die Gastgeberin einen Trinkspruch auszubringen und den Drink zu leeren. Da er das für vier tut, wird er zunehmend betrunken, leert schließlich statt der Gläser Blumenvasen und treibt albernste Späße, wobei teilweise unklar bleibt, wie weit er die Trunkenheit der gespielten Gäste nachspielt und wie weit er selbst betrunken ist. Freddy Frinton treibt die Rolle zum Äußersten und zeigt unzählige Varianten des Einschenkens und Abtragens; nebenher gelingt es ihm noch, ebensoviele Möglichkeiten zu demonstrieren, wie man über den Kopf eines ausgelegten Tigerfells stolpern - oder eben nicht stolpern - kann.

Vor jedem Gang und zunehmend lallend fragt Butler James: “The same procedure as last year, Miss Sophie?” Diese erwidert regelmäßig: “The same procedure as every year, James”, wobei die Betonung auf “every” liegt. (Deutsch: „Der selbe Ablauf wie im vergangenen Jahr, Miss Sophie?“ – „Der selbe Ablauf wie in jedem Jahr, James.“ mit Betonung auf „jedem“.)

Schließlich beendet Miss Sophie den Abend mit einem Augenaufschlag und einem einladenden “I think I'll retire”, was James nach dem obligatorischen “The same procedure as last year? – The same procedure as every year.” mit einem Augenzwinkern und einem nonchalanten “Well, I'll do my very best” quittiert, um sich dann mit ihr in die oberen Räumlichkeiten zurückzuziehen.

Silvester-Fernsehprogramm

In Deutschland ist der Sketch stehender Bestandteil des Silvester-Fernsehprogramms der dritten Programme der ARD-Rundfunkanstalten. Er ist die am häufigsten wiederholte Sendung des deutschen Fernsehens und wurde 1988 im Guinness-Buch der Rekorde als weltweit am häufigsten wiederholte Fernsehproduktion aufgeführt. Allein 2003 wurde der Sketch in Deutschland 19 mal ausgestrahlt, seit 1963 insgesamt 231 mal. Im Schweizer Fernsehen wird er seit 1989 jeweils am letzten Tag des Jahres ausgestrahlt. Auf dem Berner Lokalsender Tele Bärn läuft er zu Silvester sogar stündlich. Die Sendung hat einen enormen Kultstatus und ist fester Bestandteil des Silvestertagesablaufs vieler Haushalte. So sahen beispielsweise im Rekordjahr 2004 insgesamt 15,6 Millionen Deutsche den stolpernden Butler. Auch in der Schweiz erfreut sich die Sendung großer Beliebtheit, wie 47 Prozent Marktanteil im Jahre 1997 zeigen. Dinner for One ist zwar komplett in englischer Sprache, aber dennoch leicht verständlich.

Entstehungsgeschichte

Der Autor des Sketches ist Lauri Wylie, der ihn in den 1920er Jahren geschrieben haben soll. Nach einigen Quellen führte Freddie Frinton das Dinner for One bereits ab 1945 im englischen Variete-Theater Winter Gardens auf und zahlte entsprechend Gebühren an Wylie. 1950/1951 habe er dann Wylie alle Rechte abgekauft. Offiziell wurde das Stück 1948 im Londoner Theater Duke of Yorks uraufgeführt.

Schwierig zu erklären ist jedoch, wie dies mit der Tatsache vereinbart werden kann, dass das Stück unter anderem 1953 in einer Revue aufgeführt wurde, dem John Murray Anderson's Almanac, am Imperial Theatre am Broadway London (mit Hermione Gingold in der Rolle der alten Dame, Billy DeWolfe als Butler und offenbar fünf verstorbenen Freunden) - der Show, in der auch Harry Belafonte in der Anfangszeit seiner Karriere erschien.

Frinton hatte mit diesem Sketch in England großen Erfolg und tourte mit verschiedenen Partnerinnen durchs Land. Pointen und Handlung verbesserte er im Laufe der Jahre.

Im Deutschen Fernsehen lief der Sketch das erste Mal am 9. Dezember 1961 in der Live-Sendung Lassen Sie sich unterhalten, moderiert von der Sängerin Evelyn Künneke. Von dieser Ausstrahlung gibt es jedoch keine Aufzeichnung.

1963 wurde Dinner for One von Peter Frankenfeld und dem Regisseur Heinz Dunkhase im englischen Blackpool, einer Hochburg des Varieté-Theaters, für das Fernsehen wiederentdeckt. Am 8. März (laut NDR) bzw. Mai (laut WDR) 1963 wurde der Sketch in der von Peter Frankenfeld moderierten Live-Sendung Guten Abend, Peter Frankenfeld gezeigt und am 8. Juli 1963 im Theater am Besenbinderhof vor Publikum wiederholt und aufgezeichnet (Kamera: Frank Banuscher, im Abspann nicht erwähnt). Interessant daran ist, dass Freddie Frinton eigentlich nicht in Deutschland auftreten wollte. Er war Truppenbetreuer im Zweiten Weltkrieg und hatte keine hohe Meinung von Deutschland, so dass er sich weigerte, den Sketch auf Deutsch aufzuführen. In diesem Zusammenhang ist auch seine jeweilige Frage “Must I?” („Muss ich?“) zu sehen, wenn es bei seiner Runde um den Tisch an der Zeit ist, den Platz des Gastes „Admiral von Schneider“ (ausgesprochen „won Schneider“) einzunehmen. Vordergründig bezieht sich diese Bemerkung darauf, dass James als Admiral die Hacken zusammenknallen muss.

Dinner for One war eine der ersten MAZ-Aufzeichnungen des deutschen Fernsehens und ist eine der wenigen Sendungen, die im deutschen Fernsehen unsynchronisiert auf Englisch gezeigt werden; es existiert allerdings eine deutschsprachig kommentierte Version für Sehbehinderte. Die Einleitung wurde von Heinz Piper gesprochen und die Titelmelodie „Charmaine“ von Lew Pollack komponiert, die bekannteste Version stammt vom Orchester Mantovani. In der Sendung ist eine Fassung mit kleiner Besetzung zu hören. Laut Angaben des NDR erhielt Frinton für diesen Auftritt genau DM 4.150,–.

Bei dem häufig im Sketch zu hörenden lauten hysterischen Lachen einer Frau handelt es sich um das Lachen einer damaligen NDR-Mitarbeiterin, das beinahe zum Abbruch der Aufzeichnung geführt hätte, da sie sich kaum noch beherrschen konnte.

Die Sendung wurde vier Mal in ARD und N3 wiederholt und bekam schließlich 1972 den festen Fernsehplatz an Silvester. An diesem Tag wird sie alljährlich von allen dritten Programmen der ARD gezeigt.

In England selbst wurde Dinner for One nur bruchteilhaft ausgestrahlt und ist dort bis heute weitgehend unbekannt. In anderen Ländern, zum Beispiel der Schweiz, Österreich, Norwegen, Schweden, Südafrika, Dänemark, ist Dinner for One jedoch ähnlich wie in Deutschland ein alljährliches Kult-Ereignis. In Schweden wurde die Aufzeichnung allerdings zuerst für sechs Jahre, bis 1969 aufs Eis gelegt, sie galt als „ungeeignet“, da James im Sketch zuviel Alkohol trank.

Versionen

Version des Schweizer Fernsehens

Das schweizerische Fernsehen drehte im März 1963 eine eigene Version des Sketches, ebenfalls mit Freddie Frinton und May Warden. Regie führte bei dieser Studioaufnahme Franco Marazzi. Die ganzen Drehaufnahmen sollen nicht einmal anderthalb Stunden gedauert haben. Der Film wurde noch im gleichen Jahr gesendet. Die nächste Ausstrahlung erfolgte aber erst im November 1982.

Die Schweizer Ausgabe unterscheidet sich in vielen Details. Sie wird statt der deutschen in Norwegen und Schweden und natürlich in der Schweiz gezeigt. Die Handlung ist die gleiche. Die Version unterscheidet sich unter anderem wie folgt:

  • Sie dauert nur 11 Minuten statt 18.
  • Der deutschen Version wird eine erläuternde Einleitung vorangestellt (Sprecher: Heinz Piper), diese fehlt in der Schweizer Version.
  • Die weiße Tischdecke und die Kerzenständer fehlen in der Schweizer Version und die Kulisse ist insgesamt weniger gediegen.
  • Miss Sophie erscheint, ohne dass James den Gong anschlägt.
  • Nach dem ersten Stolperer des Butlers über den Tigerkopf bückt er sich in der deutschen Version und streicht das Fell wieder zurecht. Dieses Zurechtstreichen fehlt in der Schweizer Version.
  • Die Frage des Butlers “Must I?” und die zugehörige Antwort von Miss Sophie fehlen in der Schweizer Version.
  • Einige weitere Gags und Einzelheiten, etwa “Is that a dry sherry?”, fehlen ebenfalls.

Abwandlungen des deutschen Films

1968 wurde eine Farbaufzeichnung des Sketches geplant, die aufgrund von Frintons plötzlichem Tod jedoch nicht mehr realisiert wurde.

Bei der Aufzeichnung des Sketches unterlief dem Sprecher der deutschen Einleitung, Heinz Piper, ein Grammatikfehler: er zitierte James’ Frage als “same procedure than last year?” und Sophies Antwort darauf als “same procedure than every year”. Die wiederholte Ausstrahlung dieses Grammatikfehlers führte immer wieder zu Protestreaktionen von Englischlehrern und anderen Sprachkennern, so dass sich der NDR dazu entschloss, die Tonspur durch einen Ausschnitt aus einer Probeaufzeichnung zu ersetzen. Seit 1988 heißt es daher auch in der Einleitung grammatikalisch korrekt: “The same procedure as last year?” – “The same procedure as every year”.

Im Jahre 1999 wurde die Aufzeichnung mit dem Computer nachcoloriert und zum Jahreswechsel 1999/2000 erstmals ausgestrahlt. Sie erfreute sich keiner großen Beliebtheit. In einigen Ländern kam es zu öffentlichen Protesten. Im Allgemeinen wird daher wieder die Schwarzweiß-Version gezeigt. Außerdem existiert seit dem Jahre 1998 eine Hörfassung für Blinde und seit dem Jahre 1999 eine Version des Sketches auf Plattdeutsch („op Platt“).

Andere Fassungen

In Dänemark wurde eine erfundene Parodie-Version gedreht, mit dem Untertitel „… Der achtzigste Geburtstag“, in der die Freunde von Miss Sophie noch lebend am Tisch sitzen.

2003 entstand für den Kinderfernsehsender KiKa eine weitere Parodie des Sketches unter dem Titel Dinner für Brot. Darin spielen die Puppen-Figuren Bernd das Brot und seine Freunde Chili und Briegel den Sketch auf ihre Weise nach.

Im Laufe der Jahrzehnte sind weltweit viele weitere Varianten, Parodien, und auch ein Puppenspiel entstanden. Die deutschen und schweizerischen Fernsehaufzeichnungen gelten jedoch als die Originale in den Ländern, in denen sie traditionell gezeigt werden.

In einer Hamburger Einkaufpassage wird der Sketch jedes Jahr live aufgeführt.