Benutzer:SeawaterCUBES/Rezirkulierende Aquakultur-Systeme

Ein rezirkulierendes Aquakultur-System (englisch recirculating aquaculture system; abgekürzt RAS), auch geschlossenes Kreislaufsystem oder Kreislaufanlage (KLA) genannt, wird bei Aquarien und vor allem der intensiven Fischzucht eingesetzt, bei welcher der Wasseraustausch begrenzt ist. Das Wasser wird dabei aus dem Fischbecken in eine Wasseraufbereitung geführt und gereinigt, um anschließend wieder zurück in das Haltungsbecken gefördert zu werden (rezirkuliert).


Wasseraufbereitungsprozess

Fische brauchen Futter und scheiden die für sie nicht verwertbaren Bestandteile wieder aus. Um die Wasserqualität in einem Becken mit hoher Besatzdichte zu erhalten, werden verschiedene Behandlungsverfahren mit niedriger Verweilzeit eingesetzt. Zuerst werden gröbere Partikel (Feststoffe) durch mechanische Filter aus dem Wasser entfernt. Es folgen die Biofilter, in denen Bakterien im Wasser gelöste Ausscheidungen in Gase und filtrierbare Partikel (Biomasse) umwandeln. Über Ent- und Begasung sowie optionale Erwärmung/Kühlung und Sterilisation durchläuft das Wasser die Wasseraufbereitung, um eine gesunde Umwelt für die Fische zu gewährleisten. Der Wasseraustausch darf dabei einen Maximalwert von 10 % an täglich zu erneuerndem Wasservolumen des Gesamtwasservolumens nicht überschreiten. [1]

Feststoffentfernung

Die Entfernung der festen Ausscheidungen geschieht durch Filtration und Ausspülung aus dem System. Dies reduziert die Nährstoffe für die Bakterien und somit deren Wachstum, ihren Sauerstoffbedarf und die mögliche Ausbreitung von Krankheiten. Die einfachste Methode zur Entfernung von Feststoffen ist ein Absetzbecken. Diese Methode ist jedoch nicht geeignet für das RAS, da es ein großes Volumen und eine lange Verweilzeit erfordert. Die typische RAS-Feststoffabscheidung besteht aus einem Sandfilter oder Partikelfilter, in dem sich Feststoffe ansammeln und periodisch aus dem Filter rückgespült und entfernt werden können. Eine weitere gängige Methode ist die Verwendung eines Trommelfilters, bei dem das Wasser über ein rotierendes Trommelsieb geleitet wird. Um sehr feine Partikel (Wassertrübung) oder kolloidale Feststoffe zu entfernen, kann zusätzlich Abschäumer, auch Proteinfraktionierer genannt, verwendet werden.

Trommelfilter

Der Trommelfilter ist eine vollautomatische Komponente, mit der schwebende Feststoffe aus dem System entfernt werden können. Im Prinzip besteht er aus einer Trommel, welche mit einem feinen Siebgewebe bespannt ist. Das Wasser der Anlage strömt in die Filtertrommel und aufgrund der Schwerkraft durch das Gewebe in den Außenbereich. Durch den Schmutz im Wasser setzt sich das Filtergewebe langsam zu, wodurch sich der Wasserspiegel verändert. Erreicht dieser den in der Trommel montierten Sensor, gibt dieser ein Signal an die Steuerung und leitet einen Rückspülprozess ein. Durch die Rückspülung werden die angesammelten Feststoffe in eine Sammelrinne befördert und ausgeleitet. Die Dauer und Häufigkeit des Spülprozess kann individuell eingestellt werden, hängt jedoch vor allem von Wasserdurchsatz und -belastung ab. Die Filterauswahl per se richtet sich nach Beckengröße und Fischbesatz. [2]

Abschäumer

Auf dem Gegenstromprinzip beruhend, strömen in einem Behälter dem von oben eingeführten Wasser von unten kleine Luftbläschen entgegen. Diese steigen auf und führen an der Gasblasenoberfläche aufgrund von Amphiphilie anhaftende Substanzen mit. Dadurch bildet sich oben im Abschäumer Schaum, der mit den anhaftenden Partikeln ausgetragen wird. Dieser Vorgang wird durch den Einsatz von Ozon (O3) verstärkt. Dies ist eine sehr effiziente Methode, um die Wassertrübung zu reduzieren.

Absetzbecken

Das Absetzbecken beruht auf dem Prinzip der Sedimentation. Dabei ist die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers so gering, dass sich Feststoffe durch die Schwerkraft absetzen und als Schlämme ausgetragen werden.

Biofiltration

Nitrifikation

Alle RAS setzen auf Biofiltration, um das von den Fischen ausgeschiedene und im Wasser gelöste Ammoniak (NH3 oder in Form von Ammonium NH4+ als konjugierte Säure) in Nitrat umzuwandeln. Ammoniak ist ein Abfallprodukt des Proteinabbaus und ist schon in geringen Konzentrationen für die meisten Fische giftig. Nitrifizierende Bakterien sind chemoautotroph und beziehen ihre Energie aus der Oxidation von Ammoniak zu Nitrit und dessen anschließende Oxidation zu Nitrat. Nitrat ist weniger giftig als Ammoniak, aber es reichert sich im Wasserkreislauf an. Um die optimalen Wachstumsbedingungen für Fische aufrecht zu erhalten, muss ein Teil des Wassers regelmäßig ausgetauscht (10 %) oder ein denitrifizierender Biofilter eingesetzt werden. Stabile Umgebungsbedingungen und regelmäßige Wartung sind erforderlich, um den effizienten Betrieb des Biofilters sicherzustellen.

Denitrifikation

Wenn kein Sauerstoff im System vorhanden ist, können denitrifizierende Bakterien Nitrat und Nitrit verwenden, um aus der Umsetzung von organischen und anorganischen Substanzen Energie zu gewinnen. Als Abfallprodukt entsteht gasförmiger Luftstickstoff (N2), der das System verlässt.[3]

Be- und Entgasung

Fische benötigen Sauerstoff, um Nahrung zu metabolisieren und zu wachsen, ebenso die Bakteriengemeinschaften im Biofilter. Die Begasung des Prozesswassers mit Sauerstoff ist deshalb ein wesentlicher Bestandteil in Systemen mit hohen Produktionsdichten. Der Gehalt an gelöstem Sauerstoff kann durch zwei Methoden erhöht werden: Belüftung und Sauerstoffversorgung. In der Belüftung wird Luft durch einen Ausströmerstein oder eine ähnliche Vorrichtung gepumpt, um kleine Blasen zu erzeugen, die über die so generierte große Oberfläche viel Sauerstoff ins Wasser bringen. Im Allgemeinen gilt diese Methode aufgrund der langsamen Gaslösung und des hohen Drucks, der erforderlich ist, um kleine Blasen zu erzeugen, als ineffizient. Das Wasser wird stattdessen durch Einpumpen von reinem Sauerstoff versorgt. Der Sauerstoffgehalt des Wassers muss mittels entsprechender Messgeräte sorgfältig überwacht werden. Das von den Fischen ausgeschiedene Kohlenstoffdioxid (Kohlendioxid, CO2) muss aktiv aus dem Wasser entfernt werden. Dies erfolgt über Entgasung wie zum Beispiel mittels einer CO2-Desorption oder durch Verrieselung.

pH-Kontrolle

In allen RAS muss der pH-Wert sorgfältig überwacht und kontrolliert werden. Fische atmen CO2 aus, welches sich im Wasser zu Kohlensäure umwandelt und dadurch den pH-Wert absenkt. Der erste Schritt der Nitrifikation im Biofilter verbraucht Hydrogencarbonat und erhöht den pH-Wert des Systems. Die Einhaltung des pH-Wertes in einem geeigneten Bereich ist entscheidend für die Gesundheit von Fisch und Biofilter. Durch die Zugabe von Kalk (CaCO3) oder Natriumhydroxid (NaOH) gesteuert. Ein niedriger pH-Wert führt zu einem hohen Gehalt an gelöstem Kohlenstoffdioxid, das sich als fischtoxisch erweisen kann. Der pH-Wert kann auch durch Entgasung von CO2 in einer Füllkörperkolonne oder mit einem Belüfter kontrolliert werden, was in intensiven Systemen notwendig ist, insbesondere wenn Sauerstoffzufuhr statt Belüftung in Tanks zur Aufrechterhaltung des O2-Spiegels verwendet wird.

Temperatur-Kontrolle

Alle Fischarten haben eine bevorzugte Temperatur über der und unter der diese Fische negative gesundheitliche Auswirkungen haben und schließlich sterben. Warme Wasserarten wie Tilapia und Barramundi bevorzugen 24 °C Wasser oder wärmer, während kalte Wasserarten wie Forelle und Lachs eine Wassertemperatur unter 16 °C bevorzugen. Die Temperatur spielt auch bei der Konzentration von gelöstem Sauerstoff (DO für dissolved oxygen) eine wichtige Rolle, wobei höhere Wassertemperaturen niedrigere Werte für die DO-Sättigung aufweisen. Die Temperaturregelung erfolgt durch den Einsatz von Unterwasserheizungen, Wärmepumpen, Kühlern und Wärmetauschern. Alle vier können verwendet werden, um ein System auf der optimalen Temperatur zu halten, um die Fischproduktion zu maximieren.

Schutz vor Krankheiten

Krankheitsausbrüche treten leichter auf, wenn man mit hohen Besatzdichten umgeht, die typischerweise in intensiven RAS eingesetzt werden. Ausbrüche können reduziert werden, indem mehrere unabhängige Systeme in demselben Gebäude betrieben werden und der Wasser-Wasser-Kontakt zwischen den Systemen durch die Reinigung von Geräten und Personal, das sich zwischen den Systemen bewegt, isoliert wird. Auch der Einsatz eines Ultraviolett- (UV) oder Ozon-Wasserbehandlungssystems reduziert die Anzahl der sich frei bewegenden Viren und Bakterien im Systemwasser. Diese Behandlungssysteme reduzieren die Krankheitsbelastung, die bei gestressten Fischen auftritt, und verringern so die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs.

Futtermittel

Zur Fütterung der Fische werden gepresste Pellets verwendet, die aus Fischmehl und -öl, Soja- und Weizenproteinen, Vitaminen, Mineralien und Bindemitteln bestehen.[3] Alternativ kann es auch aus Schlachtabfällen bestehen. Das Futter muss auf die jeweilige Fischart abgestimmt werden.

Vorteile

  • Reduzierter Wasserbedarf im Vergleich zu Laufbahn- oder Teichaquakultursystemen.
  • Süß- und salzwassertauglich (landbasierte Meerwasser-Aquakultur wird wirtschaftlich durch den geringen Wasserbedarf).
  • Reduzierter Flächenbedarf durch die hohe Besatzdichte.
  • Flexibilität bei der Standortwahl und Unabhängigkeit von einer großen, sauberen Wasserquelle.
  • Gleichzeitige Produktion unterschiedlicher Arten möglich.
  • Durch regionale Produktion entfallen lange Transportwege und Kühlketten.
  • Reduzierung des Abwasseraufkommens.
  • Abwässer in Kanalisation einleitbar.
  • Erhöhte Biosicherheit und Leichtigkeit bei der Behandlung von Krankheitsausbrüchen.
  • Fähigkeit zur genauen Überwachung und Kontrolle der Umgebungsbedingungen, um die Produktionseffizienz zu maximieren.
  • Unabhängigkeit von Witterung und variablen Umgebungsbedingungen.

Nachteile

  • Hohe Vorabinvestitionen an Material.
  • Hohe Betriebskosten, vor allem durch Strom und Systemwartung.
  • Für die Überwachung und Bedienung des Systems ist ausgebildetes Personal erforderlich.

Spezielle Typen von RAS

IRAS

Das integriert-rezirkulierende Aquakultur-System führt die gesamte Wasseraufbereitung im Tank durch. Der Aufbau zu einer herkömmlichen RAS unterscheidet sich dahingehend, dass die Biofiltration in den einzelnen Becken (z. B. Rundbecken) integriert ist, wodurch Kosten durch z. B. Verrohrung und Energiebedarf gesenkt werden können. Das System ist somit beliebig erweiterbar und mehrere IRAS-Becken ergeben zusammen eine „Fischfarm“ In einem Bypasskreislauf befindet sich die mechanische Klärtechnik (Trommelfilter und Abschäumer). Durch die interne Wasseraufbereitung wird im Krankheitsfalls nicht das gesamte System in Mitleidenschaft gezogen, wie bei einer zentralen Klärtechnik der Fall. Außerdem kann eine separate Kohlenstoffquelle entfallen, da der notwendige Kohlenstoff aus den Futterresten und den Fischexkrementen bezogen wird.

Aquaponik

Die Kombination von Pflanzen und Fischen in einem RAS wird als Aquaponik bezeichnet. In einem solchen System wird das von den Fischen produzierte Ammoniak nicht nur in Nitrat umgewandelt, sondern auch von den Pflanzen aus dem Wasser entfernt. In einem Aquaponiksystem versorgen die Fische die Pflanzen effektiv, wodurch ein geschlossener Kreislauf entsteht, in dem sehr wenig Abfall entsteht und der Input minimiert wird. Die Aquaponik bietet den Vorteil, dass sie mehrere Kulturen produziert, die verkauft werden können.

Aquarium

Heimaquarien und Binnengewässer sind eine Form der RAS, bei der die Wasserqualität sehr sorgfältig kontrolliert wird und die Besatzdichte der Fische relativ niedrig ist. In diesen Systemen ist es das Ziel, die Fische darzustellen, anstatt Nahrung zu produzieren. Biofilter und andere Formen der Wasseraufbereitung werden jedoch immer noch verwendet, um den Wasseraustausch zu reduzieren und die Klarheit des Wassers zu erhalten. Allerdings muss hingegen zu herkömmlichen RAS regelmäßig Wasser entfernt werden, um zu verhindern, dass sich Nitrat und andere giftige Chemikalien im System ansammeln. Die Denitrifikation mit zusätzlichem Abschäumer würde dabei zu kostenintensiv sein oder ohne Abschäumer ein zu hohes Risiko für die Fische darstellen. Küstenaquarien haben oft einen hohen Wasseraustausch und werden aufgrund ihrer Nähe zu einem großen Teil des sauberen Wassers typischerweise nicht als RAS betrieben.

Kritik

Seit Jahren ist die Aquakultur aufgrund des hohen Einsatzes von genmodifizierten Nahrungsmitteln, Antibiotika, Medikamenten und Hormonen verrufen. Jedoch wird EU-weit durch den Nationalen Rückstandskontrollplan sichergestellt, dass alle Fleischprodukte die festgesetzte Höchstmenge an Medikamentenrückständen nicht überschreiten. Weiterhin sind keine Fischpathogene bekannt, die für den Verbraucher gesundheitsgefährdend sind.[4] Sofern ein geschlossener Kreislauf besteht, wie es in einem RAS der Fall ist, gelangen an sich keine Rückstände in die Umwelt. Bewiesen wurde jedoch, dass durch die herkömmliche Aquakultur (z. B. Netzkäfige) Antibiotika-Resistenzgene im Meer verbreitet werden.[5] Dadurch können diese auch in unsere Nahrungskette gelangen.

Literatur

  • Martin Sander: Aquarientechnik in Süß- und Seewasser. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1998, ISBN 978-3800173419.
  • Christian Steinbach: Entwicklung eines Substrates für Fließbett-Denitrifikationsstufen in Fluidkreisläufen der Marikultur. Masterthesis, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken 2014.
  • Andreas Müller-Belecke: Biotechnologische Ansätze in der Aquakultur: I) Der Selbstreinigende Innertgas Denitrifikations-Reaktor II) Untersuchungen zur Erstellung steriler Hybridstreifenbarsche. Herausgegeben vom Institut für Binnenfischerei e.V. Potsdam-Sacrow, Bd. 33., 99 S., 2013 ([1]).
  • Josef Draxler, Matthäus Siebenhofer: Verfahrenstechnik in Beispielen. Problemstellungen, Lösungsansätze, Rechenwege. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2014.
  • Daniel S. Christen: Praxiswissen der chemischen Verfahrenstechnik. Handbuch für Chemiker und Verfahrensingenieure. 2. bearbeitete und ergänzte Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2010.
  • Matthias Kraume: Transportvorgänge in der Verfahrenstechnik. Grundlagen und apparative Umsetzungen. 2. Auflage, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2012.
  • Horst Chmiel, Dirk Weuster-Botz: Bioprozesstechnik. Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature, 2018.

Einzelnachweise

  1. Kreislaufsysteme in der Aquakultur. Food and Agriculture Organization of the United Nations (UNFAO), abgerufen am 07. März 2019.
  2. Trommelfilter, Technik, Funktion, Bewertung. Koi-Hobby, abgerufen am 18. März 2019.
  3. a b Aquakultur im Kreislauf. Vom Fisch zur Mikroalge zum Fisch. Frédéric Lapierre und Uwe Waller, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, abgerufen am 07. März 2019.
  4. Antibiotika in der Nutztierhaltung – rechtlicher Rahmen und Kontrollorgane Herausgegeben vom Leibniz Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin, abgerufen am 08. März 2019.
  5. Der Fisch auf unserem Teller kann Antibiotika-resistent machen. In: Stern, 01. September 2017, abgerufen am 08. März 2019.

Kategorie: AquakulturKategorie: Wasseraufbereitung