„Wilder Streik“ – Versionsunterschied

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Der größte wilde Streik in der neueren europäischen Geschichte war der [[Mai-Unruhen|Mai 1968]] in [[Frankreich]]. Besonders viele wilde Streiks gab es auch in Italien am Ende der 1960er und in den 1970ern. In Italien entstand damals die Theorie des [[Operaismus]] und es wurde der Begriff der [[Arbeiterautonomie]] geprägt. Im anglo-amerikanischen Raum wird ein wilder Streik als ''wildcat strike'' bezeichnet. Diese Bezeichnung wurde manchmal auch in Deutschland verwendet.<ref>http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46266102.html</ref> Von den Anhängern dieser Kampfform werden wilde Streiks als Mittel und Ausdruck der Selbstorganisierung der Streikenden gesehen. Auch Anfang der 1920er Jahre, in der [[Weimarer Republik]] und in der BRD, im September 1969,<ref>''Die Septembersteeiks 1969. Darstellung - Analyse - Dokumentation der Streiks in der Stahlindustrie, im Bergbau, in der metallverarbeitenden Industrie und in anderen Wirtschaftsbereichen''. Redaktion [[Heinz Jung]], [[Josef Schleifstein]], [[Kurt Steinhaus]]. Frankfurt am Main 1969 (Beiträge des IMSF 1).</ref> gab es eine Welle wilder Streiks. Am 2. September 1969, ursprünglich als betrieblicher Konflikt in der Dortmunder [[Westfalenhütte]] mit 5.000 Werktätigen begonnen, stieg die Anzahl der Streikenden bis zum 9. September 1969 auf 140.000 in 69 Betrieben an.
Der größte wilde Streik in der neueren europäischen Geschichte war der [[Mai-Unruhen|Mai 1968]] in [[Frankreich]]. Besonders viele wilde Streiks gab es auch in Italien am Ende der 1960er und in den 1970ern. In Italien entstand damals die Theorie des [[Operaismus]] und es wurde der Begriff der [[Arbeiterautonomie]] geprägt. Im anglo-amerikanischen Raum wird ein wilder Streik als ''wildcat strike'' bezeichnet. Diese Bezeichnung wurde manchmal auch in Deutschland verwendet.<ref>http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46266102.html</ref> Von den Anhängern dieser Kampfform werden wilde Streiks als Mittel und Ausdruck der Selbstorganisierung der Streikenden gesehen. Auch Anfang der 1920er Jahre, in der [[Weimarer Republik]] und in der BRD, im [[Septemberstreiks|September 1969]],<ref>''Die Septembersteeiks 1969. Darstellung - Analyse - Dokumentation der Streiks in der Stahlindustrie, im Bergbau, in der metallverarbeitenden Industrie und in anderen Wirtschaftsbereichen''. Redaktion [[Heinz Jung]], [[Josef Schleifstein]], [[Kurt Steinhaus]]. Frankfurt am Main 1969 (Beiträge des IMSF 1).</ref> gab es eine Welle wilder Streiks. Am 2. September 1969, ursprünglich als betrieblicher Konflikt in der Dortmunder [[Westfalenhütte]] mit 5.000 Werktätigen begonnen, stieg die Anzahl der Streikenden bis zum 9. September 1969 auf 140.000 in 69 Betrieben an.


Am 3. Dezember 2010 meldeten sich über 90 % aller spanischen Fluglotsen krank oder erschienen unangemeldet nicht zur Arbeit. Daraufhin brach der gesamte Flugverkehr über Spanien zusammen.<ref>[http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,732809,00.html "Fluglotsen stürzen Spaniens Luftverkehr ins Chaos"]</ref>
Am 3. Dezember 2010 meldeten sich über 90 % aller spanischen Fluglotsen krank oder erschienen unangemeldet nicht zur Arbeit. Daraufhin brach der gesamte Flugverkehr über Spanien zusammen.<ref>[http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,732809,00.html "Fluglotsen stürzen Spaniens Luftverkehr ins Chaos"]</ref>

Version vom 23. Juni 2017, 13:53 Uhr

Als wilder Streik wird eine kollektive Arbeitsniederlegung einer Belegschaft bezeichnet, die unabhängig von Gewerkschaften einen Arbeitskampf führt. Als Mittel im Arbeitskampf sind Wilde Streiks fester Bestandteil vieler sozialrevolutionärer Bewegungen.

Beispiele

Der größte wilde Streik in der neueren europäischen Geschichte war der Mai 1968 in Frankreich. Besonders viele wilde Streiks gab es auch in Italien am Ende der 1960er und in den 1970ern. In Italien entstand damals die Theorie des Operaismus und es wurde der Begriff der Arbeiterautonomie geprägt. Im anglo-amerikanischen Raum wird ein wilder Streik als wildcat strike bezeichnet. Diese Bezeichnung wurde manchmal auch in Deutschland verwendet.[1] Von den Anhängern dieser Kampfform werden wilde Streiks als Mittel und Ausdruck der Selbstorganisierung der Streikenden gesehen. Auch Anfang der 1920er Jahre, in der Weimarer Republik und in der BRD, im September 1969,[2] gab es eine Welle wilder Streiks. Am 2. September 1969, ursprünglich als betrieblicher Konflikt in der Dortmunder Westfalenhütte mit 5.000 Werktätigen begonnen, stieg die Anzahl der Streikenden bis zum 9. September 1969 auf 140.000 in 69 Betrieben an.

Am 3. Dezember 2010 meldeten sich über 90 % aller spanischen Fluglotsen krank oder erschienen unangemeldet nicht zur Arbeit. Daraufhin brach der gesamte Flugverkehr über Spanien zusammen.[3]

Die Rolle der Gewerkschaften

Wilde Streiks werden häufig nicht nur von den Unternehmen, sondern auch von den Gewerkschaften als Bedrohung empfunden, da sie sich (wenigstens tendenziell) der Kontrolle der Gewerkschaftsbürokratien entziehen. Sie werden deshalb auch als selbständige Streiks bezeichnet.

Rechtliche Aspekte

Ein Streik, der ohne vorherigen Aufruf durch die Gewerkschaft erfolgt, ist nach geltender deutscher Rechtsauffassung rechtswidrig, da er von keiner tariffähigen Partei geführt wird. Es handelt sich in solch einem Fall um eine bloße Arbeitsverweigerung, gegen die der Arbeitgeber individualrechtlich vorgehen kann (Abmahnung, Kündigung). Allerdings kann laut Bundesarbeitsgericht die Gewerkschaft einen solchen Streik nachträglich übernehmen und somit rechtfertigen. [4]

Zitat

"Heute sind die wilden Streiks die einzigen wirklichen Klassenkämpfe der Arbeiter gegen den Kapitalismus." (Anton Pannekoek)[5]

Literatur

Originaltexte aus Streikbewegungen

  • Ratgeb (das ist Raoul Vaneigem): Vom wilden Streik zur generalisierten Selbstverwaltung, Hamburg :MAD Verlag , 1975
  • Revolutionsbräuhof (Hrsg.):Dranbleiben - einmal klappts bestimmt. Strategie und Taktik für den Betriebskampf, Wien: Edition Revolutionsbräuhof, 1996

Periodika

  • Die Zeitschrift Wildcat, ehem. Karlsruher Stadtzeitung

Sekundärliteratur

Länderübergreifend

Italien

Deutschland

Dänemark

Österreich

  • Ferdinand Karlhofer:"Wilde" Streiks in Österreich : Entstehungs- u. Verlaufsbedingungen industrieller Konflikte in d. siebziger Jahren, Wien u.a. : Böhlau, 1983.

Niederlande

Frankreich

  • Xavier Vigna: L’insubordination ouvrière dans les années 68. Essai d’histoire politique des usines, PU Rennes, 2007

Vereinigte Staaten

  • Giesela Bock: Die andere Arbeiterbewegung in den USA von 1909 bis 1922. Die Industrial Workers of the World, München 1976
  • Jeremy Brecher: Streiks und Arbeiterrevolten. Amerikanische Arbeiterbewegung 1877–1970, Frankfurt a.M. 1975
  • Bertrand Russell: Die syndikalistische Revolte. In: B. Russell: Wege zur Freiheit. Sozialismus, Anarchismus, Syndikalismus, Frankfurt a.M. 1971 (Erstveröffentlichung 1918)

Hong Kong

  • John Cooper: Colony in conflict : the Hong Kong disturbances, May 1967 - January 1968, Hong Kong : Swindon Book, 1970

Zeitdokument

  • Der Spiegel. 3. September 1973, 27. Jahrgang. Nr. 36. Titelgeschichte: Wilde Streiks - Lohnpolitik auf eigene Faust.

Filme

  • Coup par coup, Frankreich /BRD, 1971 - Regie: Marin Karmitz - Dokumentarischer Spielfilm über einen wilden Streik, in dem Arbeiterinnen sich selbst spielen
  • Les Lip. L’imagination au pouvoir, Frankreich 2007, Regie: Christian Rouaud, Dokumentarfilm, 118 mn, Les films du paradoxe

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46266102.html
  2. Die Septembersteeiks 1969. Darstellung - Analyse - Dokumentation der Streiks in der Stahlindustrie, im Bergbau, in der metallverarbeitenden Industrie und in anderen Wirtschaftsbereichen. Redaktion Heinz Jung, Josef Schleifstein, Kurt Steinhaus. Frankfurt am Main 1969 (Beiträge des IMSF 1).
  3. "Fluglotsen stürzen Spaniens Luftverkehr ins Chaos"
  4. BAG vom 5. September 1955 - 1 AZR480/04
  5. Anton Pannekoek: 5 Thesen über den Kampf der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus