Liste der Sinfonien Joseph Haydns

1908 erstellte Eusebius Mandyczewski für den Verlag Breitkopf & Härtel eine Liste der Sinfonien Joseph Haydns, die 104 Werke aufführt. Da von vielen frühen Werken kein Kompositionsdatum bekannt war, hatte Mandyczewski die Nummernfolge nach den Daten, die auf den erhaltenen Quellen notiert oder durch Anschaffungs- und Verkaufskataloge bekannt waren, geordnet. Die Nummerierung spiegelt somit nicht die Entstehung, sondern eher die Verbreitung der Werke wider.[1] 1957 wurde diese Liste von Anthony van Hoboken in sein thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis[2] als Gruppe I übernommen und um vier Werke erweitert: die Sinfonia concertante von 1792 (Hob. I: 105), eine damals noch verschollene Sinfonie in D-Dur (Hob. I: 106) und zwei frühe Sinfonien (Hob. I: 107 und 108). Letztere wurden von Howard Chandler Robbins Landon[3] in der von ihm herausgegebenen Gesamtausgabe der Sinfonien mit „A“ und „B“ bezeichnet. Für die Sinfonie Nr. 63 griff Haydn teils auf Sätze aus anderen Werken zurück. Von den zunächst bei dieser Sinfonie unterschiedenen und veröffentlichten zwei Versionen wird heute die erste Version als ungültig angesehen. Ihre beiden Schlusssätze sind zusammen mit den ersten beiden Sätzen einer Ouvertüre als eigenständige Sinfonie veröffentlicht.[4][5]

Die Haydn-Werkausgabe[6] führt auch den Finalsatz D-Dur (Hoboken-Verzeichnis Ia:4) in den Bänden zu den Sinfonien auf. Zu welcher Sinfonie er gehörte, ist unklar (möglicherweise zur Sinfonie 73, siehe dort).

Die Sinfonie Nr. 106 war ursprünglich nur aufgrund der Eintragung der Anfangstakte in Haydns Entwurf-Katalog bekannt. Als eine Abschrift eines D-Dur-Allegros von Haydn wieder aufgefunden wurde, erkannte man darin den Kopfsatz der mutmaßlichen Sinfonie. Aufgrund stilistischer Merkmale vermuteten Haydn-Forscher, dass es sich bei dem Werk um die Ouvertüre zur Oper Le Pescatrici handeln könnte. Diese – möglicherweise im Original dreisätzige – Ouvertüre galt bis dahin als verlorengegangen, vermutlich durch den großen Brand in Eszterháza von 1779.[7]

Die Chronologie der Werkgruppe nach Mandyczewski bzw. nach dem Hoboken-Verzeichnis gilt mittlerweile als überholt; die Hoboken-Zahlen sind dennoch die in Verlags- und CD-Katalogen am weitesten verbreitete Referenzierung von Haydns Sinfonien. Dazu Anton Gabmayer: „Die Beibehaltung der in Literatur und Praxis längst schon etablierten Zählung Hobokens bewahrt damit Haydns umfangreiches Schaffen vor der heillosen Verwirrung, die eintreten müsste, wenn seinen Werken alle paar Jahre neue ‚richtigere‘ Nummern zugewiesen würden.“[8]

Einige Werke tragen programmatische Titel – etwa Die Uhr, Der Bär oder mit dem Paukenschlag –, die aber meist nicht von Haydn stammen. Die Gruppe der Sinfonien Nr. 82–87, 1785–1786 komponiert, wird Pariser Sinfonien[9] genannt. Besonders bekannt sind Haydns letzte Sinfonien (Hob. I: 93–104), die für Londoner Konzerte zwischen 1792 und 1795 geschrieben wurden und darum Londoner Sinfonien genannt werden.

Haydn war wesentlich an der Entwicklung der Formanlage der klassischen Sinfonie – z. B. Viersätzigkeit, Sonatenhauptsatzform – beteiligt.

Liste der Sinfonien Joseph Haydns

Hob.[2]TonartBeinameEntstehungszeit[8]Huss[10]
001D-Dur1757001
002C-Dur1757/59005
003G-Dur1761019
004D-Dur1757/60009
005A-Dur1760/61015
006D-Dur„Le matin“1761020
007C-Dur„Le midi“1761021
008G-Dur„Le soir“1761022
009C-Dur1762023
010D-Dur1758/60010
011Es-Dur1760/61016
012E-Dur1763027
013D-Dur1763028
014A-Dur1762025
015D-Dur1761013
016B-Dur1763007
017F-Dur1760/61008
018G-Dur1757/59003
019D-Dur1760/61004
020C-Dur1758/60012
021A-Dur1764031
022Es-Dur„Der Philosoph“1764032
023G-Dur1764033
024D-Dur1764034
025C-Dur1760/61024
026d-Moll„Lamentatione“1768046
027G-Dur1757/60018
028A-Dur1765038
029E-Dur1765036
030C-Dur„Alleluja“1765035
031D-Dur„Hornsignal“1765037
032C-Dur1760/61014
033C-Dur1761/62017
034d-Moll1763039
035B-Dur1767041
036Es-Dur1762026
037C-Dur1757/58002
038C-Dur„Echo“1767043
039g-Moll1765040
040F-Dur1763029
041C-Dur1768047
042D-Dur1771052
043Es-Dur„Merkur“1770/71051
044e-Moll„Trauer-Sinfonie“1770/71049
045fis-Moll„Abschiedssinfonie“1772056
046H-Dur1772054
047G-Dur„Das Palindrom“1772055
048C-Dur„Maria Theresia“1769048
049f-Moll„La Passione“1768044
050C-Dur1773/74058
051B-Dur1773053
052c-Moll1771050
053D-Dur„L’Impériale“1778/79075
054G-Dur1774/76061
055Es-Dur„Der Schulmeister“1774062
056C-Dur1774063
057D-Dur1774064
058F-Dur1767045
059A-Dur„Feuer“1768042
060C-Dur„Il distratto“1774060
061D-Dur1776069
062D-Dur1780074
063C-Dur„La Roxelane“1779070
064A-Dur„Tempora mutantur“1773059
065A-Dur1769057
066B-Dur1774/75 ca.065
067F-Dur1774/75 ca.066
068B-Dur1774/75 ca.067
069C-Dur„Laudon“1774/75 ca.068
070D-Dur1778/79072
071B-Dur1778/79073
072D-Dur1763030
073D-Dur„La Chasse“1781 ca.077
074Es-Dur1780076
075D-Dur1779071
076Es-Dur1782?078
077B-Dur1782?079
078c-Moll1782?080
079F-Dur1784081
080d-Moll1784082
081G-Dur1784083
082C-Dur„L’Ours“ (Der Bär)1786?087
083g-Moll„La Poule“ (Die Henne)1785084
084Es-Dur1786088
085B-Dur„La Reine“ (Die Königin)1785?085
086D-Dur1786089
087A-Dur1785086
088G-Dur1787090
089F-Dur1787091
090C-Dur1788092
091Es-Dur1788093
092G-Dur„Oxford“1789094
093D-Dur1791, UA 17. Februar 1792097
094G-Dur„Mit dem Paukenschlag“1791, UA 23. März 1792098
095c-Moll1791, UA Frühjahr 1791096
096D-Dur„Le Miracle“ (Das Wunder)1791, UA 11. März 1791095
097C-Dur1792, UA 3. oder 4. Mai 1792100
098B-Dur1792, UA 2. März 1792099
099Es-Dur1793, UA 10. Februar 1794102
100G-Dur„Militär“1794, UA 31. März 1794103
101D-Dur„Die Uhr“1794, UA 3. März 1794104
102B-Dur1794, UA 2. Februar 1795105
103Es-Dur„Mit dem Paukenwirbel“1795, UA 2. März 1795106
104D-Dur„Salomon“ oder „London“1795, UA 13. April 1795107
105B-DurSinfonia concertante1792101
106D-DurOuvertüre zu „Le pescatrici“ (Die Fischerinnen)?17690
107B-DurSinfonie A1760/61011
108B-DurSinfonie B1762006
0C-DurSinfonie in C (früher teils zur Sinfonie 63 gezählt)1773/74?0

Literatur

  • Howard Chandler Robbins Landon: The Symphonies of Joseph Haydn. Universal Edition & Rocklife, London 1955, archive.org
  • Sonja Gerlach: Die chronologische Ordnung von Haydns Sinfonien zwischen 1774 und 1782. In: Haydn-Studien, Band II/1, März 1969, S. 34–66.
  • Sonja Gerlach: Joseph Haydns Sinfonien bis 1774. Studien zur Chronologie. In: Haydn-Studien, Band VII/1–2, Mai 1996, S. 1–287.
  • Anthony Hodgson: The Music of Joseph Haydn. The Symphonies. The Tantivy Press, London 1976, ISBN 0-8386-1684-4.
  • Walter Lessing: Die Sinfonien von Joseph Haydn. Dazu: Sämtliche Messen. Ausgabe in 3 Bänden. Südwestfunk, Baden-Baden 1987–89.
  • Armin Raab, Christine Siegert, Wolfram Steinbeck (Hrsg.): Das Haydn-Lexikon. Laaber-Verlag, Laaber 2010, ISBN 978-3-89007-557-0.
  • Michael Walter: Haydns Sinfonien. Ein musikalischer Werkführer. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-44813-3.
  • A. Peter Brown: The Symphonic Repertoire. Volume II. The First Golden Age of the Vienese Symphony: Haydn, Mozart, Beethoven, and Schubert. Indiana University Press, Bloomington / Indianapolis 2002, ISBN 0-253-33487-X.
  • Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 1 bis 18. (Gesamtausgabe der Sinfonien in 18 Bänden.) G. Henle-Verlag, München 1963 bis 2016.

Einzelnachweise

  1. Ullrich Scheideler: Sinfonien um 1761–1765. In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 2. G. Henle-Verlag, München 2012, ISMN 979-0-2018-5011-5 (Suche im DNB-Portal), Seite VI.
  2. a b Anthony van Hoboken: Joseph Haydn: thematisch-bibliographisches Werkverzeichnis. Band 1. Schott, Mainz 1957
  3. Howard Chandler Robbins Landon (Hrsg.): Joseph Haydn. Kritische Ausgabe sämtlicher Sinfonien. Philharmonia-Ausgabe. Universal Edition, Wien.
  4. Andreas Friesenhagen, Ulrich Wilker: Sinfonien um 1770–1774. In: Joseph Haydn–Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 5b. G. Henle-Verlag, München 2013, ISMN 979-0-2018-5044-3 (Suche im DNB-Portal), Seite XIII ff.
  5. Stephen C. Fischer, Sonja Gerlach: Sinfonien um 1777–1779. In: Joseph Haydn–Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 9. G. Henle-Verlag, München 2002, ISMN 979-0-2018-5081-8 (Suche im DNB-Portal), Seite XIII ff. sowie 272 ff.
  6. Heide Volckmar-Waschk, Stephen Fisher: Sinfonien um 1780/81. In: Joseph Haydn-Institut Köln (Hrsg.): Joseph Haydn Werke. Reihe I, Band 10. G. Henle-Verlag, München 2016, ISMN 979-0-2018-5091-7 (Suche im DNB-Portal).
  7. Walter Lessing: Die Sinfonien von Joseph Haydn, dazu: sämtliche Messen. Eine Sendereihe im Südwestfunk Baden-Baden 1987–89. Band 2. Baden-Baden 1989, S. 37.
  8. a b Haydn-Festspiele Eisenstadt: Haydn 100&7. Informationsseite zu den Sinfonien von Joseph Haydn. (Memento vom 14. Oktober 2013 im Internet Archive) Abruf 9. November 2012.
  9. gleicher Populärname Pariser Sinfonie für die 31. Sinfonie Mozarts
  10. Zählung nach: Manfred Huss: Joseph Haydn. Klassiker zwischen Barock und Biedermeier. Roetzer, Eisenstadt 1984, ISBN 3-85374-094-4.