Die Ehe der Maria Braun

Filmdaten
Titel:Die Ehe der Maria Braun
Produktionsland:Deutschland
Erscheinungsjahr:1979
Länge:120 Minuten
Originalsprache:deutsch
Altersfreigabe:FSK 12
Crew
Regie:Rainer Werner Fassbinder
Drehbuch:Peter Märthesheimer, Pea Fröhlich
Musik:Peer Raben
Kamera:Michael Ballhaus
Schnitt:Rainer Werner Fassbinder (als Franz Walsch), Juliane Lorenz
Produktion:Albatros / WDR
Darsteller
Maria Braun:Hanna Schygulla
Hermann Braun:Klaus Löwitsch
Karl Oswald:Ivan Desny
Mutter:Gisela Uhlen
Betti Klenze:Elisabeth Trissenaar
Willi Klenze:Gottfried John
Senkenberg:Hark Bohm
Bill:Greg Eagles
Hans Wetzel:Günter Lamprecht
Frau Ehmke:Lilo Pempeit

Die Ehe der Maria Braun ist ein Film von Rainer Werner Fassbinder. Er wurde 1979 veröffentlicht und war sein international erfolgreichstes Werk.

Handlung

Die Handlung des Films setzt in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs ein. Maria Braun (Hanna Schygulla) heiratet den Soldaten Hermann (Klaus Löwitsch), der nach der Hochzeit wieder zurück an die Front muss. Die Zeremonie findet statt, während die Stadt, in der sie sich aufhalten, von Flugzeugen bombardiert wird.

Nach Kriegsende trifft die Nachricht ein, Hermann sei im Krieg umgekommen, und Maria wendet sich nun dem farbigen amerikanischen Soldaten Bill (Greg Eagles) zu. Die Vertrautheit von Maria im Umgang mit Bill nimmt immer mehr zu. Es kommt jedoch zu einer Wende im Geschehen, als eines Tages Hermann im Türrahmen ihres Schlafzimmers erscheint. Er schaut dem Liebestreiben von Maria und dem Soldaten für einige Zeit zu, wird dann entdeckt. Es kommt zu einer Rangelei zwischen ihm und dem Amerikaner. Im Zusammenhang mit diesem Konflikt zerschlägt Maria auf dem Kopf des Soldaten eine Flasche und tötet ihn damit.

Maria wird von einem amerikanischen Gericht des Mordes angeklagt. In dieser Verhandlung erklärt Hermann jedoch, dass er der Mörder sei. Gleich die nächste Szene zeigt ihn als einen, der zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.

Auf einer Zugfahrt gelingt es Maria, den französischen Industriellen Karl Oswald (Ivan Desny) auf sich aufmerksam zu machen. Schon recht bald erhält sie das Angebot, Oswalds persönliche Referentin zu werden. Auf ihrem neuen Posten zeigt sie sich sehr ehrgeizig. Zusammen mit Karl Oswald und dessen Buchhalter (Hark Bohm) bildet sie das Führungstrio der Firma.

Maria legt es darauf an, ihren Chef zu verführen und sie erreicht ihr Ziel. Der Umgang von Maria und Oswald entwickelt sich zu einer Dauerbeziehung. Maria bleibt dabei aber mit ihrer Liebe bei ihrem Ehemann.

Sie pflegt in dieser Zeit die Gewohnheit, ihren Mann regelmäßig im Gefängnis zu besuchen. Bei einem dieser Besuche beichtet sie ihren Seitensprung. Später entschließt sich auch Karl Oswald zu einem Besuch bei Marias Mann. Es bleibt allerdings zunächst unklar, zu welchen Ergebnissen der Besuch führt.

Hermann wird aus dem Gefängnis entlassen. Maria, die gekommen war, um ihn abzuholen, erfährt, dass er die Haftanstalt bereits verlassen hat. Einem Brief von ihm entnimmt sie, dass er sich entschlossen hat, ins Ausland zu gehen um "wieder zu einem Menschen zu werden". Als Zeichen seiner Verbundenheit wird er ihr jeden Monat eine Rose schicken.

Maria bekommt nun tatsächlich jeden Monat eine Rose geschickt. Sie ist beruflich ausgesprochen erfolgreich, wird aber ihres Lebens nicht froh. Am deutlichsten zeigt sich das in einer Szene, in der sie sich Oswalds Sekretärin gegenüber sehr überheblich und sarkastisch zeigt. Sie bekommt auch von ihrem Umfeld, etwa von ihrer Mutter, bestätigt, dass sie bei all ihrem Erfolg keinen richtig lebendigen Eindruck macht.

Sie kauft sich ein Haus, das sie alleine bewohnt. Über viele Jahre hinweg bereitet sie sich auf ein zukünftiges gemeinsames Leben mit Hermann vor. Von ihrem Chef Oswald war früher schon zu erfahren, dass er totkrank war. Maria befindet sich an ihrem Arbeitsplatz, als die Nachricht eintrifft, dass er verstorben ist.

Bald darauf ist Hermann wieder da. Maria fällt ihm wie ein Mensch, der schon lange am Ende seiner seelischen Kräfte ist, in die Arme. Sie bekommen jetzt Besuch von einer Notarin, die das Testament von Oswald mitgebracht hat und es ihnen gegenüber verliest. In dem Testment ist vorgegeben, dass das Vermögen von Oswald je zur Hälfte an Maria und an Hermann geht. Sie werden jedoch nicht dazu kommen, ihr neues Vermögen auszukosten. Ein Unglücksfall reißt Maria aus dem Leben.

Interpretation

Fassbinder hat die Geschichte der Maria Braun als eine Geschichte angelegt, die exemplarisch für die Situation im Nachkriegsdeutschland stehen soll. Er richtet einen sehr skeptischen Blick auf die deutsche Gesellschaft der Fünfziger Jahre. Wie die meisten anderen verlegt sich auch Maria vor allem darauf, für wirtschaftlichen Erfolg und materiellen Wohlstand zu sorgen. Das will auch gelingen. Die Rezepte, mit denen sich zu einem ausgeglichenen Gefühlsleben finden ließe, stellen sich dagegen nicht ein.

Kritiken

In den Kritiken zu dem Film wird hervorgehoben, dass es Fassbinder meisterlich verstanden hat, Zeitkolorit einzufangen. Er liefert Anschauungsmaterial zu den Themen, die für das Alltagsleben im Nachkriegsdeutschland prägend waren: Die Suche nach im Kriege verschollenen Angehörigen, der Schwarzmarkt-Handel, Begegnungen mit den Soldaten der Besatzungsmächte und der nachfolgende wirtschaftliche Wiederaufbau.

Besonders in ausländischen Rezensionen wird "Die Ehe der Maria Braun" als ein Film gesehen, der viel Aufschluss über die Seelenlage der deutschen Bevölkerung nach dem zweiten Weltkrieg gibt.

Maria

Hanna Schygulla präsentiert eine Maria, die einerseits ehrgeizig ist, bei all ihrem Einsatz aber doch immer wieder wie über den Dingen des Alltags schwebend erscheint. Diese Maria scheint durchaus alle Anlagen für Sinnlichkeit und Lebensfreude zu haben, zeigt sich jedoch den ganzen Film hindurch im Gefühlsausdruck sehr verhalten.

Über weite Strecken ist von ihren sehr persönlichen Ausrichtungen nur zu erfahren, dass sie auf ein zukünftiges Zusammenleben mit Hermann setzt. Zunächst wartet sie darauf, dass Herrmann aus dem Krieg zurückkehrt, dann wartet sie darauf, dass er aus dem Gefängnis entlassen wird. Danach wartet sie darauf, dass er seinen Auslandsaufenthalt beendet.

Es ist typisch für die Art, in der Maria präsentiert wird, dass niemals zu erfahren ist, was es für ihr Innenleben bedeutet, dass sie zu einer Mörderin oder Totschlägerin geworden ist. Dass es ihr Mann ist, der für ihre Tat büßt, wird in dem Film niemals als Ausgangspunkt für besondere Verstrickungen dargestellt.

Es bleibt der Einschätzung des Zuschauers überlassen zu bestimmen, was Maria dazu bringt, gefühlsarm aufzutreten. Sind es Verstörungen, die die Kriegsjahre mit sich gebracht haben? Hat das soziale Umfeld, in dem sie sich bewegt, eine ungünstige Wirkung? Erlebt sie die Gesamtsituation nach 1945 als in hohem Maße fordernd, sodass sie darüber niemals zur Besinnung kommen kann?

Die Ehe der Maria Braun ist ein Film, der in der Ausgestaltung der Filmszenerie nach Realismus strebt, bei der Personencharakterisierung jedoch nicht. Der Zuschauer bekommt stilisierte Darstellungen geboten. Während in einem realistischen Film der Eindruck vorherrschen würde, dass sich jede Szene aus dem Vorhergehenden ergibt, bleibt bei Die Ehe der Maria Braun hinter den Szenen der Regisseur erkennbar, der vorgegeben hat, welche Haltungen die Personen in der jeweiligen Szene zeigen sollen. Speziell für die Figur der Maria gilt, dass sie in ihren Ausdrucksweisen und Verhaltensweisen häufig von dem abweicht, was der Zuschauer jeweils erwarten wird.

So gesehen ist Die Ehe der Maria Braun das Gegenteil von einem "Heile Welt"-Film. Eher handelt es sich um einen Film, von dem Beunruhigendes ausgeht. Der Film zeigt Menschen, die sich neue Orientierungen suchen mussten, und auch für den Zuschauer wird sich das Gefühl einstellen, dass das eine Welt ist, in der man sich nicht so leicht orientieren kann.

Das Ende des Films

Zum Ende des Films bleibt für den Zuschauer die Frage offen, ob Maria Selbstmord begeht oder ob es sich bei der Gasexplosion in ihrem Haus um einen Unglücksfall handelt.

Die meisten Rezensenten gehen davon aus, dass die Testamentseröffnung Maria zu dem Schluss führen musste, dass es eine Kungelei zwischen Hermann und Oswald gegeben haben muss. Allem Anschein nach hatte Hermann sich bereit erklärt, seine Frau dem Oswald für seine letzten Lebensjahre zu überlassen und hatte sich wegen dieser Absprache mit Oswald über Jahre hinweg im Hintergrund gehalten.

Letztlich kann man aber einfach feststellen, dass "Die Ehe der Maria Braun" ein Film ist, zu dem ein Happy End nicht gepasst hätte. Fassbinder wollte eine kühle Welt zeigen, in der es sehr vielen Leuten nicht gelingt, für ihre persönlichen Problematiken Lösungen zu finden. Es war nicht seine Absicht, zum Schluss eine wundersame Auflösung aller Verstrickungen vorzuführen.

Besonderheiten

Es gibt mehrere Szenen, in denen im Hintergrund Töne aus dem Radio zu hören sind. Teilweise ist das Radio so laut zu hören, dass die Gespräche der handelnden Personen überdeckt werden. Es handelt sich um diese Radioberichte:

  • Benachrichtigungen für einzelne Personen, die es nach dem Krieg im Zusammenhang mit der Suche nach vermissten Soldaten gegeben hat.
  • Eine Rede von Konrad Adenauer, in der er erklärt, dass für die Bundesrepublik Deutschland keine Wiederbewaffnung vorgesehen sei.
  • Eine Rede von Konrad Adenauer, in der er die Wiederbewaffnung verteidigt.
  • Die letzten Szenen des Films sind unterlegt mit der berühmten Radioreportage von Herbert Zimmermann vom Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 1954, das zwischen Deutschland und Ungarn ausgetragen wurde.

In der zweiten Hälfte des Films gibt es häufig als Hintergrundgeräusche den Lärm von Presslufthämmern zu hören. Man kann das Hämmern als ein Zeichen für rege Bautätigkeit sehen. Die ratternden Geräusche können aber auch wie der Nachklang zu den Maschinengewehrfeuern des zweiten Weltkriegs wirken.

Sämtliche Geräuschuntermalungen sorgen für Verfremdungseffekte. Der Zuschauer wird davon abgehalten, sich sehr mit der Protagonistin zu identifizieren und sich an das Geschehen auf der Leinwand zu verlieren.


"Die Ehe der Maria Braun" ist Bestandteil einer Trilogie, in der sich Fassbinder mit der frühen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beschäftigte. Die anderen beiden Filme dieser Trilogie sind Lola (1981) und Die Sehnsucht der Veronika Voss (1982).

Zitate

"Ich bin eine Meisterin der Täuschung - ein Werkzeug des Kapitalismus bei Tag und bei Nacht eine Agentin der proletarischen Massen. Die Mata Hari des Wirtschaftswunders."