Kathedrale St. Peter (Genf)

Kathedrale St. Peter in Genf
Blick in das Kirchenschiff
Glasfenster der Makkabäer-Kapelle: „Lasset die kleinen Kinder zu mir kommen“

Die Kathedrale St. Peter (französisch Cathédrale Saint-Pierre) ist die nach dem Apostel Petrus benannte reformierte Hauptkirche der Stadt Genf sowie der Église Protestante de Genève. Vor der Reformation war sie die Kathedrale des Bischofs von Genf.

Geschichte

Der Bau der dreischiffigen Pfeilerbasilika wurde etwa 1160 in romanischen Stil begonnen, hundert Jahre später in gotischem Stil vollendet und im 18. Jahrhundert um einen der Hauptfassade vorgelagerten klassizistischen Säulenportikus erweitert. Am 8. August 1535, nach einer Predigt von Guillaume Farel, der die Prinzipien der Reformation verkündete, wurden in einem Bildersturm die Statuen und das Mobiliar der Kathedrale zerstört und die farbigen Malereien übertüncht. Anschliessend wirkte Jean Calvin 23 Jahre lang als Prediger an der nun reformierten Kathedrale.

1400–1405 wurde die Makkabäerkapelle auf Veranlassung von Kardinal de Brogny im Stil der Flamboyant-Gotik errichtet. Nachdem sie im Zuge der Reformation als Lagerraum und vom 17. bis zum 19. Jahrhundert als dreistöckiges Unterrichtsgebäude verwendet wurde, wurde sie bis 1888 grundlegend restauriert.

Blick auf die Orgel

Am Pfingstsamstag, dem 30. Mai 2020, sollte als Zeichen ökumenischer Gastfreundschaft nach knapp 485 Jahren zum ersten Mal wieder eine katholische Messe in der Kathedrale gefeiert werden.[1] Nach der vorläufigen Aussetzung der Messe durch einen Ratsbeschluss am 10. August 1535 hatte keine katholische Messe mehr stattgefunden.[2] Wegen COVID-19-Pandemie wurde die Feier erst von 2020 auf 2021 verschoben.[3] Die Feier fand schließlich im März 2022 vor 1500 Besuchern statt.[4]

Ausstattung

Der Innenraum besitzt einen reichhaltigen Skulpturenschmuck, vor allem an den Kapitellen.

Orgeln

Auf einen Vorschlag des langjährigen Titularorganisten Pierre Segond hin erhielt die Kathedrale im Jahr 1965 eine neue Orgel. Das Instrument wurde von dem Orgelbauer Metzler & Söhne (Dietikon) erbaut. Das moderne Orgelgehäuse wurde von dem Architekten Poul-Gerhard Andersen (Kopenhagen) gestaltet. Die Disposition orientiert sich an norddeutschen Orgeln des 17. Jahrhunderts und französisch-barocken Instrumenten. Das Instrument hat 67 Register auf vier Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, die Registertrakturen elektrisch.[5]

I Positif de Dos C–a3
Montre08′
Bourdon à cheminée 008′
Quintaton08‘
Prestant04′
Flûte à cheminée04′
Doublette02′
Larigot0113
Sesquialtera II0223
Plein-Jeu IV-V
Cromorne08′
Musette04′
Tremblant
II Grand Orgue C–a3
Montre16′
Montre08′
Dulciane08′
Bourdon08′
Prestant04′
Flûte conique 004′
Quinte0223
Doublette02′
Cornet V08′
Fourniture V
Cymbale III
Bombarde16′
Trompette08′
en chamade
Trompette08′
Clairon04′
III Récit expressif C–a3
Bourdon16′
Flûte08′
Salicional08′
Voix céleste08′
Principal04′
Gemshorn04′
Flûte à fuseau04′
Nasard0223
Flageolet02′
Tierce0113
Piccolo01′
Fourniture IV-V 0
Cymbale III
Douçaine16′
Trompette08′
Hautbois08′
Clairon04′
IV Echo expressif C–a3
Bourdon08′
Flûte04′
Principal02′
Bourdon conique02′
Sifflet01′
Pte Sesquialtera II 0
Cymbale II
Régale16′
Voix humaine08′
Tremblant
Pedale C–g1
Soubasse32′
Principal16′
Soubasse16′
Principal08′
Bourdon08′
Octave04′
Flûte04′
Quintaton02′
Gros Cornet III
Mixture IV
Contrebasson 032′
Bombarde16′
Trompette08′
Régale08′
Clairon04′
  • Koppeln: I/II, III/II, IV/II, I/P, II/P, III/P
«La Clémence»

Zudem verfügt die Kathedrale über eine Walcker-Orgel in der Makkabäerkapelle aus dem Jahre 1889 und eine kleine Chororgel von 1970.

Glocken

In den beiden Türmen hängen acht läutbare Glocken des 15. bis 21. Jahrhunderts. 1897 wurden vier Glocken um bis zu einem Halbton tiefer gestimmt. 1946 wurde die Anlage durch die Firma Muff aus Triengen elektrifiziert. Die kleinste Glocke, Le Rappel, ist händisch per Seilzug bedienbar. Solistisch erklingt sie beispielsweise zur Bundesfeier oder kurz vor Mitternacht an Silvester. Mittags um 12 Uhr läutet Glocke 2. Jeden Samstag um 19 Uhr und sonntags vor dem Gottesdienst um 10 Uhr erklingt das Sonntagsgeläut aus den Glocken 6, 5, 4, 3 und 2. La Clémence (1) wird an hohen Festtagen ergänzt.[6]

Das 19-stimmige Carillon und die Cloche des Heures (Stundenglocke) sind im durchbrochenen Turmhelm des spitzen Vierungsturms untergebracht.[7] Ferner gibt es noch eine Feuerglocke (Le Tocsin, II), die im Südturm untergebracht ist.

GlockeNameGussjahrGiesser, GussortDurchmesserMasseNominalTurm
1La Clémence1902H. Rüetschi, Aarau2190 mm6238 kgNord
2L’Accord1845S. Treboux, Vevey1560 mm2080 kgc′Süd
3La Bellerive1473Nicolas Guerci1400 mm1500 kge′Nord
4La Collavine16091140 mm1012 kgg′Süd
5L’Espérance2002H. Rüetschi, Aarau930 mm475 kga′Süd
6L’Eveil1845S. Treboux, Vevey750 mm261 kgc″Süd
7Le Rappel15. Jh.590 mm133 kge″Süd
ILa Cloche des Heures14601290 mm1610 kge′Vierung
IILe Tocsin1509760 mm270 kgcis″Süd

Umgebung

Neben der Kathedrale steht der Temple de l’Auditoire aus dem 15. Jahrhundert, der Johannes Calvin und Théodore de Bèze als Hörsaal für theologische Vorlesungen diente.

Unter der Kathedrale sind Ausgrabungen zu besichtigen. Diese zeigen, dass die Kirche eine komplexe Baugeschichte hat; kirchliche Bauten gehen bis ins 4. Jahrhundert zurück.

Darunter hat man die Überreste eines allobrogischen Häuptlingsgrabes freilegen können, das über lange Zeit Gegenstand kultischer Verehrung gewesen ist.

Literatur

Commons: Kathedrale St. Peter (Genf) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Katholische Messe in Kathedrale der Reformierten. In: Deutschlandfunk. 31. Mai 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/www.deutschlandfunk.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2024. Suche in Webarchiven)
  2. Publication de l’association pour la restauration de Saint-Pierre, Saint-Pierre Ancienne Cathédrale de Genève, Genf, 1982, S. 67.
  3. Weiter warten auf historisches Ereignis. In: Domradio. 2. Juni 2020, abgerufen am 24. Januar 2024.
  4. Hannah Brockhaus: First Mass in nearly 500 years celebrated at historic cathedral. In: Catholic News Agency. 10. März 2022, abgerufen am 24. Januar 2024 (amerikanisches Englisch).
  5. Nähere Informationen zur Orgel
  6. Les Cloches Savoyardes: Genève – Cathédrale Réformée Saint Pierre (französisch)
  7. Philippe Demolis: Les cloches de la cathédrale Saint-Pierre de Genève. In: Bundesamt für Kultur BAK Sektion Heimatschutz und Denkmalpflege (Hrsg.): Glocken – Lebendige Klangzeugen. Des témoins vivants et sonnants. Heft 5, UD Print, Luzern 2008, ISSN 1660-6523, S. 173–185.

Koordinaten: 46° 12′ 4″ N, 6° 8′ 55″ O; CH1903: 500428 / 117449