Sopwith Snipe

Sopwith Snipe
Sopwith 7F.1 Snipe
TypJagdflugzeug
Entwurfsland

Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich

HerstellerSopwith Aviation Company
ErstflugOktober 1917
IndienststellungAugust 1918
Produktionszeit

1917–1919

Stückzahl2122

Die Sopwith 7F.1 Snipe (="Schnepfe") war ein einsitziges britisches Doppeldecker-Jagdflugzeug im Ersten Weltkrieg. Sie galt als einer der besten Jäger der Alliierten im letzten Kriegsjahr 1918.

Konstruktion

Die Snipe wurde 1917 vom Chefkonstrukteur der Sopwith Herbert Smith als Nachfolgemodell der erfolgreichen Sopwith Camel entworfen. Die Snipe sollte dem Piloten im Vergleich zur Camel ein wesentlich besseres Sichtfeld bieten, war aber sonst wie ihre Vorgängerin ein kompakter, einstieliger Doppeldecker mit Doppel-MG, Rotationsmotor, mit Tragflächen gleichen Umrisses und dem Heckleitwerk der Camel. Entsprechend hieß es im offiziellen Handbuch der Snipe: „Diese Maschine ist eine Modifikation der des Typs F.1 (Camel) und ähnelt in mehreren Punkten Typen mit Le-Rhône 80PS-Motor.“[1]

Zur Erprobung bestellte das Kriegsministerium unter der Auftragsnummer A.S.31668/17 sechs Prototypen mit den Nummern B9962-B9967, die nach den Konstruktionsunterlagen vom 14. August 1917 mit den bereits bei der Camel verwendeten und bewährten Umlaufmotoren versehen werden sollten. Dabei handelte es sich um den 150 PS (110 kW) BR.1 von Bentley, den 150 PS (110 kW) Gnome Monosoupape, den 130 PS (96 kW) Clerget 9B und den 110 PS (81 kW) Le-Rhône.

  • Die interne Erprobung des ersten Prototyps mit BR.1 begann Ende Sommer.
  • Der zweite, weitgehend identische Prototyp B9963 wurde mit dem Anfang Oktober freigegebenen 230 PS (169 kW) Bentley-BR.2-Umlaufmotor versehen und am 23. November 1917 zur Erprobung durch das Royal Flying Corps nach Farnborough überführt. Dank des starken Motors erzielte das Flugzeug die beeindruckende Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h. Das Flugverhalten war im Flug allerdings durch den Drall des schweren Motors noch stärkeren Torsionskräften ausgesetzt, als sie bereits von der Camel bekannt waren.
  • Der dritte Prototyp B9964, ebenfalls mit Bentley-BR.2-Umlaufmotor, folgte im Dezember. Dieser hatte einen an den Seiten aerodynamisch abgerundeten Rumpf, ein größeres Mittelteil der oberen Tragfläche mit kleinerem Ausschnitt über dem Cockpit und passend dazu nach außen abgespreizte Innenstreben. Um die Stabilität im Horizontalflug zu verbessern erhielt das Flugzeug ein verändertes Heckleitwerk mit ausbalanciertem Seitensteuer. Das Flugzeug zeigte sich bei der Erprobung im Dezember 1917 in Matlesham Heath der bisher genutzten Camel allerdings nur geringfügig überlegen.
  • Der vierte Prototyp (B9965) übernahm den modifizierten Rumpf und das Leitwerk des Vorgängers und erhielt einen längeren Propeller mit einer dicken, runden Propellerhaube nach dem Vorbild der Bristol M.1C, sowie ein umgebautes Kühlungssystem. Die aktuellen militärischen Vorgaben verlangten u. a. die Installation von drei MGs, von Sauerstoffgeräten und einer Metallplatte hinter dem Pilotensitz. Zur Erhöhung der Tragfähigkeit vergrößerte man daher die Flügelflächen, die nun zweistielig abgestützt werden mussten. B9965 wurde ab Februar 1918 in Matlesham Heath getestet, dabei wurde ihm zwar eine gute Sicht aus dem Cockpit bescheinigt, aber u. a. eine zu geringe Steuerungskontrolle und die Buglastigkeit beanstandet. Zwar waren die beiden Vickers-MGs problemlos zu handhaben, aber die ungünstige Positionierung des zusätzlich auf der oberen Tragfläche montierten Lewis-MGs machte dessen Bedienung unmöglich.[2][3] Ab März erfolgte die Einsatzerprobung beim No.1 Aeroplane Support Depot in Saint-Omer in Nordfrankreich.
  • Der fünfte Prototyp B9966 mit anstellbarer Hecktragfläche und größerem Seitenruder wurde ab Juni 1918 in Matlesham Heath getestet. Er wurde bis in den Herbst mehrfach umgebaut, insbesondere um fortlaufende Verbesserungsvorschläge aufgrund der Einsatzerfahrungen in der Serienfertigung umzusetzen.
  • Der sechste und letzte Prototyp B9967, angetrieben von einem A.B.C. Dragonfly Sternmotor, gelangte als Sopwith Snipe Mark II am 11. Mai 1918 zur Erprobung durch die Royal Air Force nach Farnborough gebracht und intensiv getestet, um so den neuen Motortyp zu erproben. Das Flugzeug erzielte die damals unglaubliche Geschwindigkeit von 238 km/h in einer Höhe von 3000 m und wurde später zum Sopwith Dragon weiterentwickelt.

Produktion

Ein erster Auftrag über 1700 Snipes wurde wie folgt zur Fertigung auf sieben Hersteller verteilt: [4]

HerstellerAnzahlSeriennummern
Sopwith300E7987-E8286
Boulton & Paul Ltd.400E6137-E6536
Coventry Ordnance Works150E6537-E6686
Napier150E6787-E6936
Nieuport & General100E6937-E7036
Portholme Aerodrome100E8307-E8406
Ruston Proctor500E7337-E7836

Noch während der Erprobung von B9966 lief die Serienproduktion auf Basis dieses Prototyps mit noch etwas vergrößertem Leitwerk, großem Sichtausschnitt in der oberen Tragfläche und ohne das zusätzliche Lewis-MG an. Auch Sauerstoffversorgung und beheizbare Pilotenbekleidung gehörten nun zur Ausstattung. Die Flugzeuge erhielten vorzugsweise den Bentley BR.2-Motor, aber ersatzweise auch den 200 PS (147 kW) Clerget 11Eb.[5] Die erste Order wurden ständig durch Nachbestellungen ergänzt. Bis Ende 1918 wurden vermutlich noch rund 500 Maschinen ausgeliefert; als 1919 die Produktion der Snipe endete sollen insgesamt 2122 Maschinen gebaut worden sein.[6] Die letzten Snipes der RAF wurden 1926 außer Dienst gestellt.

Einsatz

Zwischen August und dem 30. September 1918 wurden 161 Snipes von der R.A.F. übernommen.[7]

  • Die No. 43 Squadron der Royal Air Force setzte ihre Sopwith Snipes am 23. September 1918 erstmals auf einem Feindflug ein. Die Squadron leistete bis Kriegsende Begleitschutz für die D.H.9 der No. 107 Squadron und gab der Maschine ein gutes Zeugnis.[3]
  • Anschließend tauschte die No.4 Squadron des Australian Flying Corps (AFC) ihre Camels gegen Snipes aus. Damit bestand sie am 26. Oktober einen Luftkampf zwischen neun ihrer Snipes mit 15 Fokker D.VII über Tournai, bei dem eine Fokker brennend abgeschossen wurde, eine zweite schwer beschädigt wurde und drei Feindflugzeuge steuerlos abtrudelten. Zwei Tage später schossen zehn ihrer Snipes alle sechs Fokker einer deutschen Formation über Ath ab.
  • Im Oktober folgte die No. 208 Squadron, R.A.F., die in Bettoncourt stationiert war und die Fernbomber der Independent Force mit ihren Jägern begleitete.
  • Der bekannteste Einsatz wurde von dem kanadischen Major William George Barker im Dienst der No. 201 Squadron am 27. Oktober 1918 geflogen. Barker schoss ein zweisitziges deutsches Flugzeug ab und wurde danach von einer Fokker D.VII angegriffen, die er ebenfalls abschoss. Danach griffen weitere sechs Fokker D.VII Barker an. Bei der Kollision mit einer D.VII erlitt er schwere Verletzungen, konnte aber trotzdem noch seine beschädigte Snipe hinter den britischen Linien landen. Barker wurde danach mit dem Victoria Cross ausgezeichnet.
  • Die Sopwith Snipes E8111 und E8112 wurden als Bordflugzeuge im Oktober an 1918 die Royal Navy geliefert. Außerdem erprobte die Marine mit der Sopwith Snipe E8068 erfolgreich Wasserlandungen bei der Isle of Grain. Dazu wurde dieses Flugzeug mit abwerfbarem Fahrgestell und aufblasbaren Schwimmkörpern ausgerüstet.
  • Die Erprobung einer Snipe als Nachtjäger durch die IV Brigade der Home-Defence verlief ebenso erfolgreich; auch hier sollte im Januar 1919 der Austausch der Camels gegen Snipes beginnen.

Die Snipe war am Ende des Krieges unter den alliierten Jagdflugzeugen zwar nicht die schnellste Maschine, dafür aber sehr manövrierfähig, bewies eine enorme Steigrate und zeigte im Vergleich zu ihren Vorgängern noch in großer Höhe ausgezeichnete Flugleistungen. So konnte sie sich mit den besten deutschen Jägern messen und galt durch ihre Wendigkeit und Stabilität als bestes Jagdflugzeug auf Seite der Alliierten.[8]

Bis Kriegsende konnten allerdings nur drei Squadrons vollständig auf Snipes umgerüstet werden.[8] Am 31. Oktober 1918 zählte die R.A.F. 97 und die Royal Navy 3 Snipes in ihrem Bestand, und die Zahl der bestellten Snipes war auf 4515 Stück gestiegen; die meisten Bestellungen wurden nach dem Waffenstillstand annulliert.[9] Das Ziel, die Sopwith Camel abzulösen, wurde erst nach Kriegsende erreicht.

Nach dem Krieg bekam auch die kanadische Luftwaffe (Canadian Air Force) (CAF) diesen Flugzeugtyp; diese Maschinen flogen bis 1923 in der CAF, ein Jahr vor der Umgliederung in die Royal Canadian Air Force.

Leistungsvergleich

Leistungsvergleich von Jagdeinsitzern im Fronteinsatz zum Ende des Ersten Weltkriegs:

NameStaatErstflugIndienst­stellungMotor­leistungmax. Ge­schwin­digkeitStart­masseBe­waff­nung (MG)Gipfel­höheStück­zahl
Albatros D.IIIDeutsches Reich Deutsches Reich1916-08-011917-01-15170 PS165 km/h886 kg25.500 m1352
S.E.5aVereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich1916-11-221917-03-15200 PS222 km/h880 kg25.185 m5205
Sopwith CamelVereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich1916-12-311917-06-15130 PS185 km/h659 kg25.791 m5490
Sopwith DolphinVereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich1917-03-231918-02-15200 PS211 km/h890 kg26.100 m2072
Albatros D.VaDeutsches Reich Deutsches Reich1917-04-151917-07-15185 PS187 km/h937 kg26.250 m2562
Pfalz D.IIIaDeutsches Reich Deutsches Reich1917-04-151917-08-15180 PS181 km/h834 kg26.000 m750
SPAD S.XIIIDritte Französische Republik Frankreich1917-04-301917-05-31220 PS222 km/h820 kg26.650 m8472
Nieuport 28Dritte Französische Republik Frankreich1917-06-141918-03-15160 PS195 km/h740 kg25.200 m300
Fokker Dr.IDeutsches Reich Deutsches Reich1917-07-051917-09-01130 PS160 km/h585 kg26.500 m420
Sopwith SnipeVereinigtes Konigreich 1801 Vereinigtes Königreich1917-10-311918-08-30230 PS195 km/h955 kg26.100 m497
L.F.G. Roland D.VIaDeutsches Reich Deutsches Reich1917-11-301918-05-15160 PS190 km/h820 kg25.500 m353
Siemens-Schuckert D.IVDeutsches Reich Deutsches Reich1917-12-311918-08-15160 PS190 km/h735 kg28.000 m123
Fokker D.VIIDeutsches Reich Deutsches Reich1918-01-241918-04-15180 PS189 km/h910 kg26.000 m800
Fokker D.VIIFDeutsches Reich Deutsches Reich1918-01-241918-04-15226 PS205 km/h910 kg27.000 m200
Pfalz D.VIIIDeutsches Reich Deutsches Reich1918-01-241918-09-15160 PS190 km/h740 kg27.500 m120
Pfalz D.XIIDeutsches Reich Deutsches Reich1918-03-311918-07-15160 PS180 km/h902 kg25.640 m750
Fokker D.VIIIDeutsches Reich Deutsches Reich1918-05-311918-07-31110 PS204 km/h605 kg26.300 m289

Nachkriegseinsatz

Nach dem Krieg kam die Snipe im russischen Bürgerkrieg 1919 gegen die Bolschewiki zum Einsatz. Einige Snipes wurden von diesen erbeutet und ebenfalls eingesetzt.

Bilder

Technische Daten

KenngrößeDaten
Besatzungein Pilot
Länge5,84 m
Spannweite9,47 m
Flügelfläche25,46 m²
Höhe2,90 m
Leermasse590 kg
Startmasse955 kg
Antriebein Bentley-BR.2-Umlaufmotor mit 230 PS (ca. 170 kW)
Höchstgeschwindigkeit195 km/h in 3050 m Höhe
Flugdauer3 h
Dienstgipfelhöhe6100 m
Bewaffnungzwei 7,7-mm-Vickers-MG, max. vier 9-kg-Cooper-Bomben[9]

Siehe auch: Liste von Flugzeugtypen

Literatur

  • Enzo Antolucci, Paolo Matricardi: Flugzeuge von den Anfängen bis zum 1. Weltkrieg. Falken-Verlag, Wiesbaden 1975, ISBN 3-8068-0391-9.
  • J. M. Bruce: War Planes of the First World War. Band 3: Fighters. Macdonald, London 1969, ISBN 0-356-01490-8.
  • J. M. Bruce: The Sopwith 7F.I Snipe. In: Profile Publications. Nr. 50, Profile Publications Ltd., Leatherland/Surrey o.J.
  • Karlheinz Kens, Hanns Müller: Die Flugzeuge des Ersten Weltkriegs 1914–1918 – Eine Flugzeugtypensammlung. Heyne-Verlag, München 1966, ISBN 3-453-00404-3.
  • Kenneth Munson: Kampfflugzeuge 1914–1919. Orell Füssli-Verlag, Zürich 1968, S. 156/157
  • Heinz Nowarra: Die Entwicklung der Flugzeuge 1914–1918. München 1958.
Commons: Sopwith Snipe – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. J. M. Bruce: The Sopwith 7F.I Snipe. Profile Publications No.50. Profile Publications Ltd., Leatherland/Surrey o.J.
  2. J. M. Bruce: War Planes of the First World War. Volume 3: Fighters. Macdonald, London 1969, ISBN 0-356-01490-8, S.21/22
  3. a b J. M. Bruce: The Sopwith 7F.I Snipe. In: Profile Publications Nr. 50. Profile Publications Ltd., Leatherland/Surrey o.J., S. 5.
  4. J. M. Bruce: The Sopwith 7F.I Snipe. Profile Publications No.50. Profile Publications Ltd., Leatherland/Surrey o.J., S. 6
  5. J. M. Bruce: War Planes of the First World War. Volume 3: Fighters. Macdonald, London 1969, ISBN 0-356-01490-8, S. 21ff
  6. Owen Thetford, Alec Lumsden: On Silver Wings – Sopwith Snipe. In: Aeroplane Monthly. November 1991, ISSN 0143-7240, S. 668.
  7. Kenneth Munson: Kampfflugzeuge 1914–1919. Orell Füssli-Verlag, Zürich 1968, S. 156f
  8. a b Karlheinz Kens, Hanns Müller: Die Flugzeuge des Ersten Weltkriegs 1914-1918 – Eine Flugzeugtypensammlung. Heyne-Verlag, München 1966, ISBN 3-453-00404-3, S. 58
  9. a b Kenneth Munson: Kampfflugzeuge 1914–1919. Orell Füssli-Verlag, Zürich 1968., S. 156/157