Parlamentswahl in Frankreich 2024

2022Parlamentswahl in Frankreich 2024
Erster Wahlgang – Ergebnis im Vergleich zur Wahl 2022
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Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2022
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+0,33
−1,98
−3,87
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
a laut offiziellen Angaben ohne UXD von Éric Ciotti (3,90 %), daher hier unter DXD
b laut offiziellen Angaben ohne einige kleine Listen wie z. B. Écologistes (0,57 %, daher hier unter DVG). 2022: NUPES
c laut offiziellen Angaben ohne „Horizons“ (0,72 %), daher hier unter DVC
e Aufgrund der teils unklaren Abgrenzungen zwischen Reconquête, EXD, DSV, UXD und RN, sind hier die ersten vier zusammengefasst.
g Aufgrund der teils unklaren Abgrenzungen zwischen DVC, HOR, UDI und ENS, sind hier die ersten drei zusammengefasst.
h Aufgrund der teils unklaren Abgrenzungen zwischen DVG, SOC, VEC, COM, RDG, FI und NFP, sind hier die ersten sechs zusammengefasst.
Stand nach erstem Wahlgang
       
Insgesamt 577 Sitze
  • NFP: 33
  • ENS: 2
  • DVD: 2
  • LR: 1
  • angesetzte Stichwahl: 500
  • DXD: 2
  • RN: 37

Die Parlamentswahl in Frankreich 2024 (französisch les élections législatives françaises de 2024 oder kurz les élections législatives bzw. les législatives, mit Betonung der Vorzeitigkeit auch les législatives anticipées ‚die vorgezogene Parlamentswahl‘) fand im ersten Wahlgang am 30. Juni statt; am 7. Juli 2024 folgt der zweite Wahlgang. In den zwei Wahlgängen werden die 577 Abgeordneten der 17. Nationalversammlung bestimmt. Die vorgezogene Neuwahl wurde notwendig, nachdem der französische Staatspräsident Emmanuel Macron am Wahlabend der Europawahl am 9. Juni 2024 die Auflösung des Parlaments angekündigt hatte.

Die Wahl war geprägt von einer deutlich gestiegenen Wahlbeteiligung. Nach dem historischen Tiefstand 2022 wurde im ersten Wahlgang mit 66,7 % der höchste Wert seit den Parlamentswahlen 1997 erreicht. Das Rassemblement National ging nach Gesamtstimmen als Sieger aus dem ersten Wahlgang vor dem Nouveau Front populaire hervor. Das Bündnis Ensemble des Präsidenten Macron wurde dahinter nur noch Dritter. In 76 Wahlkreisen konnte sich bereits im ersten Wahlgang ein Kandidat durchsetzen, in den übrigen finden Stichwahlen statt. In 307 Wahlkreisen haben sich für diese Stichwahlen drei Kandidaten qualifiziert, in weiteren fünf gelang dies sogar vier Kandidaten.

Wahlverfahren

In jedem Wahlkreis wird ein Abgeordneter nach einem Mehrheitswahlrecht in höchstens zwei Wahlgängen gewählt. Im ersten Wahlgang ist ein Kandidat gewählt, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erzielt und seine Stimmenzahl mindestens 25 % der Wahlberechtigten seines Wahlkreises entspricht. Wird im ersten Wahlgang kein Kandidat gewählt, findet eine Woche später ein zweiter Wahlgang (Stichwahl) statt, an dem die Bewerber teilnehmen dürfen, deren Stimmenzahl im ersten Wahlgang mindestens 12,5 % der Wahlberechtigten im Wahlkreis entsprach. In jedem Fall qualifizieren sich aber die beiden Bewerber, die im ersten Wahlgang die meisten bzw. zweitmeisten Stimmen erhalten haben, für den zweiten Wahlgang. In diesem treten meist zwei Bewerber gegeneinander an. Im zweiten Wahlgang ist der Bewerber, der die meisten Stimmen erhalten hat, gewählt.

Ausgangslage

Bei der Parlamentswahl im Juni 2022 hatte das Parteienbündnis Ensemble des amtierenden Präsidenten Macron deutlich an Stimmen eingebüßt und lag im ersten Wahlgang gleichauf mit der linken Parteienkoalition Nouvelle union populaire écologique et sociale (NUPES). Der Verlust von 105 Mandaten im Vergleich zur vorherigen Wahl bedeutete für Ensemble den Verlust der absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung. Der von Jean-Luc Mélenchon geführten NUPES gelang es, mehr als doppelt so viele Mandate zu erringen wie noch 2017. Die Bildung einer gemeinsamen Fraktion, welche die zweitgrößte im Parlament gewesen wäre, scheiterte jedoch. Dem rechten Rassemblement National, der in der vorherigen Legislaturperiode nur mit acht Mandaten vertreten war, gelang es durch Stimmenzuwächse 2022 seine Position massiv auszubauen und mit 89 Vertretern in die Nationalversammlung einzuziehen. Für Les Républicains setzte sich der Abwärtstrend der vorherigen Wahlen fort, sodass sie fast die Hälfte ihrer Mandate einbüßten und nur noch die viertgrößte Fraktion bildeten.

Europawahl in Frankreich 2024
 %
40
30
20
10
0
31,4
14,6
13,8
9,9
7,2
5,5
5,5
12,1
Vorlage:Wahldiagramm/Wartung/Anmerkungen
Anmerkungen:
a im Bündnis mit LAF
b im Bündnis mit UDI
c im Bündnis mit PP
d im Bündnis mit weiteren Parteien
e im Bündnis mit LC

Bei der Europawahl am 9. Juni 2024 waren 81 der 720 Abgeordnetensitze im europäischen Parlament durch Frankreich zu besetzen. Die vom Rassemblement National angeführte Liste La France revient! (RN – LAF) erhielt 31,4 % der Stimmen und gewann 30 Sitze (7 mehr als bei der Europawahl 2019). Das Wahlbündnis Besoin d’Europe aus Ensemble und UDI kam auf 14,6 % und 13 Sitze (d. h. 10 Sitze weniger als zuvor), ein Verlust von rund zehn Prozentpunkten. Knapp dahinter landete Réveiller l’Europe aus Sozialistischer Partei und Place publique mit 13,8 % und 13 Sitzen (7 Sitze mehr als zuvor). Die Parteien des zur französischen Parlamentswahl 2022 gebildeten Linksbündnisses NUPES (Sozialistische Partei, La France insoumise und Les Écologistes) traten zur Europawahl 2024 getrennt an und erhielten insgesamt etwas mehr Stimmen als bei der Parlamentswahl in Frankreich 2022. Die rechtsextreme Reconquête erhielt 5,5 % und zog mit 5 Abgeordneten erstmals ins Europaparlament ein.

Staatspräsident Macron kündigte am Wahlabend die Auflösung der französischen Nationalversammlung an.[1]

Parteien und Parteienbündnisse

Graffito in Paris, das zur Wahl des Nouveau Front populaire aufruft: Vive l'amour et la Révolution (deutsch: Es lebe die Liebe und die Revolution)
Wahlplakate in Reims (25. Juni 2024)

Aufgrund des französischen Mehrheitswahlrechts in jedem der 577 Wahlkreise gingen die Parteien auch im Vorfeld dieser Wahl verschiedene Kooperationen und Bündnisse miteinander ein. Zu den bedeutenden Kräften bei der Wahl zählen:

  • Ensemble pour la République (Ensemble, ENS): Zum Wahlbündnis von Präsident Macrons eigener Partei Renaissance gehören erneut die Demokratische Bewegung, Horizons sowie der Radikalen Partei. Auch die Union des démocrates et indépendants, die 2022 noch mit Les Républicains kooperierte, ging das Bündnis ein.[2]
  • Nouveau Front populaire (NFP): Wie schon 2022 verständigten sich die meisten linken Parteien auf eine Wahlallianz. Dem Bündnis gehören neben Les Écologistes, La France insoumise, der Kommunistischen Partei Frankreichs und der Sozialistischen Partei weitere kleinere Parteien an.[3]
  • Rassemblement National (RN): Die rechte Partei ging als stärkste aus der Europawahl hervor und weckte Kooperationsbegehren bei anderen Parteien des rechten Spektrums. So werden auch etwa 70 abtrünnige Kandidaten der Les Républicains rund um Éric Ciotti offiziell durch den RN unterstützt.[4]
  • Les Républicains (LR): Die französischen Republikaner zeigen sich tief zerstritten. Nachdem Parteivorsitzender Éric Ciotti offen zu einer Kooperation mit dem Rassemblement National aufgerufen hatte, wurde er von der restlichen Parteiführung zunächst abgesetzt und aus der Partei ausgeschlossen. Ciotti wehrte sich zwar gerichtlich mit Erfolg gegen seinen Ausschluss, die Spaltung wird sich aber auch bei der Wahl zeigen. Während das Lager um Ciotti 70 Kandidaten zählt, kündigte der übrige Parteivorstand 200 offizielle Kandidaturen der LR an. In einzelnen Wahlkreisen werden sich beide Lager direkt gegenüberstehen.[4]
  • Reconquête (REC): Die rechtsextreme Partei um Éric Zemmour startete ebenfalls mit internen Streitigkeiten in die Wahlvorbereitungen. Nachdem Marion Maréchal, Spitzenkandidatin bei der Europawahl, sich um ein Bündnis mit dem Rassemblement National bemüht hatte, bezichtigte Zemmour sie des „Verrats“ und schloss sie ebenso wie drei weitere gerade erst ins Europaparlament gewählte Abgeordnete aus der Partei aus.[4] Zemmour kündigte an, 330 Kandidaten und damit keine Kandidaten gegen den „Architekten der Nationalen Union“ wie Éric Ciotti und Nicolas Dupont-Aignan (DLF) aufzustellen.[5]

Das französische Innenministerium klassifiziert die Kandidaten nach den folgenden sogenannten Nuancen:[6]

Nuance Beschreibung
Parteien/Bündnisse
COM Französische Kommunistische Partei
FI La France insoumise
SOC Sozialistische Partei
RDG Linksliberale
UG Union der Linken
VEC Les Écologistes
REN Renaissance
ENS Ensemble
MDM Demokratische Bewegung
HOR Horizons
UDI Union des démocrates et indépendants
LR Les Républicains
RN Rassemblement National
REC Reconquête
Weitere Klassifikationen
EXG Extrême gauche
DVG Divers gauche
ECO Écologistes
REG Régionaliste
DIV Divers
DVC Divers centre
DVD Divers droite
DSV Droite souverainiste
EXD Extrême droite
UXD Union de l’extrême droite

Prominente Kandidaturen

Kandidat Partei Nuance Wahlkreis
Manuel Bompard Koordinator von La France insoumise UG (NFP) Bouches-du-Rhône IV
Éric Ciotti Partei­vorsitzender von Les Républicains (Dissident) UXD Alpes-Maritimes I
Olivier Faure Erster Sekretär der Sozialistischen Partei UG (NFP) Seine-et-Marne XI
François Hollande Ehemaliger Staatspräsident und Mitglied der Sozialistischen Partei UG (NFP) Corrèze I
Marine Le Pen Rassemblement National RN Pas-de-Calais XI
Stéphane Séjourné Generalsekretär von Renaissance, Außenminister Frankreichs ENS Hauts-de-Seine IX
Fabien Roussel Nationalsekretär der Französischen Kommunistischen Partei UG (NFP) Nord XX

Umfragen

Umfrage von Harris Interactive vom 28. Juni 2024
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Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2022
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−10
+18,3
+2,3
−5,8
−4,4
−2,2
−8,2

Die Tabelle zeigt die Ergebnisse repräsentativer Umfragen über das beabsichtigte Wahlverhalten der Franzosen. Sie lässt noch keine Rückschlüsse auf die Verteilung der Sitze im Parlament zu. Durch das Mehrheitswahlrecht kann die Sitzverteilung in der Nationalversammlung von den hier angezeigten Prozentangaben erheblich abweichen, da aus jedem Wahlkreis nur der Kandidat mit den meisten Stimmen als Abgeordneter in die Nationalversammlung einzieht, während alle anderen Wählerstimmen bei der Sitzverteilung nicht berücksichtigt sind.

Institut Datum ENS NFP LR RN REC Sonstige
LFI PCF EÉLV PS
Harris Interactive[7] 28.06.2024 20 % 28 % 6 % 37 % 2 % 7 %
Ipsos[8] 28.06.2024 20 % 29 % 8 % 36 % 1 % 10 %
Ifop[9] 28.06.2024 20,5 % 29 % 7 % 36,5 % 1,5 % 5,5 %
Elabe[10] 27.06.2024 20 % 27,5 % 9 % 36 % 1,5 % 6 %
OpinionWay[11] 27.06.2024 20 % 28 % 6 % 37 % 1 % 8 %
Ifop[12] 24.06.2024 20,5 % 29,5 % 7 % 36 % 1 % 6 %
Elabe[13] 21.06.2024 20 % 27 % 10 % 36 % 1,5 % 5,5 %
Ifop[14] 21.06.2024 21,5 % 29 % 6,5 % 35 % 1,5 % 6,5 %
OpinionWay[15] 20.06.2024 22 % 28 % 6 % 35 % 1 % 9 %
Cluster17[16] 19.06.2024 19 % 30 % 7 % 32 % 2,5 % 9,5 %
Ifpop[17] 14.06.2024 19 % 26 % 7 % 35 % 3 % 10 %
Cluster17[18] 13.06.2024 18 % 28,5 % 7 % 29,5 % 3,5 % 13,5 %
OpinionWay[19] 12.06.2024 19 % 25 % 9 % 32 % 4 % 11 %
Elabe[20] 12.06.2024 18 % 28 % 6,5 % 31 % 4 % 12,5 %
Ifop[21] 11.06.2024 16 % 11 % 2 % 6 % 13 % 8 % 35 % 3,5 % 5,5 %
17 % 11 % 19 % 8 % 34 % 4 % 7 %
18 % 25 % 9 % 35 % 4 % 9 %
OpinionWay[22] 10.06.2024 18 % 23 % 8 % 33 % 5 % 13 %
Harris Interactive[23] 10.06.2024 19 % 22 % 9 % 34 % 4 % 12 %

Schätzungen zur Sitzverteilung

Wegen des Mehrheitswahlrechts mit zwei Wahlgängen lässt sich aus dem aufgrund von Umfragen prognostizierten Stimmenanteil der Parteien bzw. Bündnisse nicht unmittelbar auf die zu erwartende Sitzverteilung in der Nationalversammlung schließen. Projektionen der Sitzverteilung gelten deshalb als „sehr, sehr unsicher“.[24]

Nach einer vom 27. bis zum 28. Juni durchgeführten Umfrage und der darauf basierenden Schätzung der Verteilung der Sitze in der französischen Abgeordnetenkammer durch das Meinungsforschungsinstitut Harris Interactive kommen die Parteien bzw. Parteienbündnisse auf folgende Anzahl von Abgeordneten im künftigen Parlament. Angegeben sind die möglichen Schwankungsbereiche, in dem sich das Ergebnis voraussichtlich bewegt:[25]

  • Nouveau Front Populaire (linke Parteien): 120–150
  • Majorité présidentielle (die den Staatspräsidenten stützenden Parteien): 80–130
  • Les Républicains: 30–50
  • Rassemblement National und Unterstützer: 240–295

Eine vom 26. bis 27. Juni 2024 durchgeführte Odoxa-Umfrage kam zu folgendem Ergebnis:[26]

  • Nouveau Front Populaire (linke Parteien): 150–190
  • Majorité présidentielle (die den Staatspräsidenten stützenden Parteien): 70–110
  • Les Républicains: 15–45
  • Rassemblement National und Unterstützer: 265–305

Eine vom 26. bis 27. Juni 2024 durchgeführte Elabe-Umfrage kam zu folgendem Ergebnis:[27]

  • Nouveau Front Populaire (linke Parteien): 155–175
  • Majorité présidentielle (die den Staatspräsidenten stützenden Parteien): 85–105
  • Les Républicains: 30–40
  • Rassemblement National und Unterstützer: 260–295

Eine vom 21. bis 24. Juni durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop ergab ebenso wie eine frühere Umfrage dieses Instituts schwächere Werte für RN und das Präsidentenlager sowie stärkere Werte für NFP:[28]

  • Nouveau Front Populaire (linke Parteien): 185–215
  • Majorité présidentielle (die den Staatspräsidenten stützenden Parteien): 70–90
  • Les Républicains: 30–50
  • Rassemblement National und Unterstützer: 220–260.

Eine im selben Zeitraum durchgeführte Umfrage von Harris Interactive bewertete die Linke hingegen schwächer, das Präsidentenlager deutlich stärker:[29]

  • Nouveau Front Populaire (linke Parteien): 150–180
  • Majorité présidentielle (die den Staatspräsidenten stützenden Parteien): 85–130
  • Les Républicains: 30–50
  • Rassemblement National und Unterstützer: 230–275.

Eine vom 19. bis 21. Juni 2024 durchgeführte und am 22. Juni veröffentlichten Elabe-Umfrage kam zu folgendem Ergebnis:[30][13]

  • Nouveau Front Populaire (linke Parteien): 150–170
  • Majorité présidentielle (die den Staatspräsidenten stützenden Parteien): 90–110
  • Les Républicains: 35–45
  • Rassemblement National und Unterstützer: 250–280.

Die französische Abgeordnetenkammer umfasst insgesamt 577 Sitze.

Ergebnis (erster Wahlgang)

Vorläufiges Ergebnis

Karte der Wahlkreise und Darstellung der politischen Zugehörigkeit des Kandidaten, der im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten hat
Parteien 1. Wahlgang 2. Wahlgang Mandate
Gesamt
Anzahl % Mandate Anzahl % Mandate
RNRassemblement National 9.377.297 29,2 37
NFPNouveau Front populaire 8.974.566 28,0 32
ENSEnsemble ! 6.425.217 20,0 2
LRLes Républicains 2.104.918 6,6 1
UXD – Union de l’extrême droite (LR Dissidenten – RN) 1.251.210 3,9 1
DVDDivers droite 1.172.548 3,7 2
DVGDivers gauche 491.069 1,5
DVCDivers centre 391.408 1,2
EXGExtrême gauche 367.158 1,1
REGRégionaliste 335.823 1,0
RECReconquête 240.006 0,7
HORHorizons 231.667 0,7
ECOÉcologistes 181.989 0,6
UDIUnion des démocrates et indépendants 163.072 0,5
DIV – Divers 142.866 0,4
DSVDroite souverainiste 90.090 0,3
EXDExtrême droite 59.679 0,2 1
SOCParti socialiste 29.242 0,1
RDGParti radical de gauche 12.434 0,0
FILa France insoumise 12.223 0,0
COMParti communiste français 3.125 0,0
VECLes Écologistes 2.668 0,0
Gesamt 32.060.277 100 76 100 501 577
Leere Stimmzettel 582.471 1,8
Ungültige Stimmzettel 268.140 0,8
Wähler 32.911.133 66,7
Wahlberechtigte 49.332.761
Quellen: Innenministerium Frankreich: [1]

Prognose zur Sitzverteilung

Basierend auf den Ergebnissen des ersten Wahlgangs wird erwartet, dass die Parteienblöcke nach Beendigung des zweiten Wahlgangs folgende Anzahl von Sitzen in der Abgeordnetenkammer der Nationalversammlung erreichen können:[31]

  • Rassemblement National und Unterstützer: 250–300
  • Le Nouveau Front Populaire (Linksparteien): 130–170
  • Präsidentenlager und Unterstützer (DVC): 65–105
  • Les Républicains mit DVD: 30–50
  • Weitere: 24–30.

Eine Partei oder ein Bündnis erreicht die absolute Mehrheit in der Abgeordnetenkammer mit mindestens 289 Sitzen.

Projektionen der Sitzverteilung nach dem ersten Wahlgang müssen jedoch laut den sie wiedergebenden Medien mit großer Vorsicht betrachtet werden.[32][33] Insbesondere durch den taktischen Rückzug von Kandidaten vor dem zweiten Wahlgang oder Wahlempfehlungen der ausgeschiedenen Kandidaten können die Ergebnisse stark abweichen.[34]

Rezeption

Demonstration in Reims am 14. Juni 2024: Le 30 juin on vote Front populaire (deutsch: Am 30. Juni wählen wir den [Nouveau] Front populaire).
Demonstration in Reims am 14. Juni 2024: Le fascisme c'est la gangrène : on l'élimine ou on en crève (deutsch: Der Faschismus ist ein Geschwür: [entweder] man beseitigt es, oder man krepiert daran.

Die Auflösung der Nationalversammlung am Abend der Europawahl durch den Staatspräsidenten Emmanuel Macron wurde von den meisten Beobachtern mit Überraschung aufgenommen.[35] Julia Borutta vom ARD-Hörfunkstudio in Paris bezeichnete es als „völlig unverantwortlich“, dass Macron glaube, das Wahlergebnis der Neuwahlen werde sich stark von dem der Europawahl unterscheiden. Das zeuge von „Selbstüberschätzung und Realitätsverlust“. Ein Premierminister der extremen Rechten und die daraus folgende Cohabitation wären „gefährlich für das ganze Land“.[36] Im Land herrsche nun eine große Unsicherheit über die weitere Regierung, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung.[37] Im Deutschlandfunk hieß es dagegen, es sei nicht „die Aufgabe französischer Politikerinnen und Politiker, auf Biegen und Brechen eine Brandmauer gegen den Rassemblement National aufrechtzuerhalten, wenn der Wählerwille ein anderer ist.“[38]

Die deutschen Einschätzungen wurden in der europäischen Presse weitgehend geteilt,[39] während der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy das Vorgehen Macrons verteidigte: „Angesichts dieses Durchmarschs [der Rechten] gab es zwei mögliche Haltungen: Entweder den Kopf in den Sand stecken […] oder sich der Situation offen zu stellen“, schrieb er in der italienischen Tageszeitung La Repubblica.[39][40]

Seit dem 14. Juni 2024 kam es in ganz Frankreich zu Demonstrationen von hunderttausenden Menschen gegen den Rechtsruck. Sie begannen in Bayonne, Toulon und Valenciennes, in Paris war die Place de la République Ziel der Protestierenden.[41][42][43]

Aufsehen erregte die Wahlempfehlung von Beate und Serge Klarsfeld für das Rassemblement National, die sie mit dem Antisemitismus von La France Insoumise begründet hatten.[44] In einem Beitrag, der zwischen den beiden Wahlgängen in der Zeit erschien, widersprach die Soziologin Eva Illouz dieser Einstellung mancher Juden in Frankreich entschieden. Sie räumte ein, dass La France Insoumise sich nach dem Überfall der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 nicht nur auf die Seite der Hamas und gegen die israelische Gegenwehr gestellt hatten, sondern sich auch nicht an den Protesten gegen den Antisemitismus in Frankreich beteiligt haben. Auch am Abend nach dem ersten Wahlgang war Jean-Luc Mélenchon neben Rima Hassan, die eine Kufiya trug, im Fernsehen aufgetreten. Der Rassemblement National sei nur deshalb nicht für die Hamas eingetreten, weil dies „ihre einzige Möglichkeit war, sich als respektable Partei zu etablieren“ und sich einer „populistische[n] Internationale“ anzuschließen, zu der sie Viktor Orbán auf eine Stufe neben Benjamin Netanjahu stellt.[45]

Kritisch beobachtet wurde die Rolle der rechts einzuordnenden Medien im Wahlkampf, insbesondere derjenigen des Medienunternehmers Vincent Bolloré. In dem von ihm kontrollierten Nachrichtenfernsehsender CNews untersagte er, das Rassemblement National als rechtsextrem zu bezeichnen. Auch gehörten dort 54 % der Interviewgäste den rechten Parteien an. Außer CNews gehören Bolloré auch der Fernsehsender Canal+, der Hörfunksender Europe 1, mehrere Zeitungen, darunter der Journal du Dimanche, und der Verlag Hachette.[46]

Literatur (Auswahl)

  • Michael Hempelmann: Ist die V. Republik sterblich? In: Verfassungsblog. 18. Juni 2024, ISSN 2366-7044, doi:10.59704/e3ff2c388faa84c9 (verfassungsblog.de [abgerufen am 20. Juni 2024]).
  • Arnold Münster: Vor den Parlamentswahlen: Was in Frankreich auf dem Spiel steht. In: Die Tageszeitung: taz. 20. Juni 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 20. Juni 2024]).
  • Yann Wernert: Drei Wochen zur Entscheidung: Die Neuwahlen zur französischen Nationalversammlung. Hrsg.: Hertie School. Jacques Delors Centre (= Policy Brief). Berlin 14. Juni 2024 (delorscentre.eu [abgerufen am 20. Juni 2024]).
Commons: Parlamentswahl in Frankreich 2024 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Macron löst Parlament auf: Frankreich stehen Neuwahlen bevor. In: tagesschau.de. 10. Juni 2024, abgerufen am 11. Juni 2024.
  2. ENSEMBLE – Majorité présidentielle pour les élections législatives du 30 juin et du 7 juillet. In: ensemble-2024.fr. Abgerufen am 14. Juni 2024 (französisch).
  3. Nouveau Front Populaire. Abgerufen am 14. Juni 2024 (französisch).
  4. a b c Rudolf Balmer: Frankreich vor den Parlamentswahlen: Knatsch bei den Rechten. In: taz.de. 17. Juni 2024, abgerufen am 18. Juni 2024.
  5. Législatives 2024 : Éric Zemmour annonce l’investiture de 330 candidats Reconquête aux élections. In: yahoo.com. Abgerufen am 19. Juni 2024 (französisch).
  6. Rappel nuances – Elections Législatives 2024 – Publication des résultats des élections en France. In: interieur.gouv.fr. Abgerufen am 20. Juni 2024.
  7. Baromètre d’intentions de vote. (PDF) In: harris-interactive.fr. 28. Juni 2024, abgerufen am 30. Juni 2024 (französisch).
  8. ELECTIONS LÉGISLATIVES 2024 INTENTIONS DE VOTE. (PDF) In: ipsos.com. 28. Juni 2024, abgerufen am 30. Juni 2024 (französisch).
  9. Rolling Ifop –Elections législatives 2024. (PDF) In: ifop.com. 28. Juni 2024, abgerufen am 30. Juni 2024 (französisch).
  10. Elabe. (PDF) In: elabe.fr. Abgerufen am 30. Juni 2024.
  11. LegiTrack2024. (PDF) In: f.dviz.factoviz.com. 27. Juni 2024, abgerufen am 27. Juni 2024 (französisch).
  12. Rolling Ifop – Elections législatives 2024. (PDF) In: ifop.com. 24. Juni 2024, abgerufen am 27. Juni 2024 (französisch).
  13. a b Les Français et les élections législatives. (PDF) In: elabe.fr. 22. Juni 2024, abgerufen am 25. Juni 2024 (französisch).
  14. Rolling Ifop –Elections législatives 2024. (PDF) In: ifop.com. 21. Juni 2024, abgerufen am 21. Juni 2024 (französisch).
  15. LegiTrack2024. (PDF) In: f.dviz.factoviz.com. 21. Juni 2024, abgerufen am 21. Juni 2024 (französisch).
  16. Intentions de vote aux élections législatives. (PDF) In: cluster17.com. 21. Juni 2024, abgerufen am 21. Juni 2024 (französisch).
  17. Le climat législatif à deux semaines du vote du 30 juin. (PDF) In: ifop.com. 14. Juni 2024, abgerufen am 21. Juni 2024 (französisch).
  18. Intentions de vote aux élections législatives. (PDF) In: cluster17.com. 14. Juni 2024, abgerufen am 18. Juni 2024 (französisch).
  19. OpinionWay pour CNEWS – Europe 1 – Le JDD – Baromètre législatives 2024 – 14 juin 2024. (PDF) In: opinion-way.com. 13. Juni 2024, abgerufen am 14. Juni 2024 (französisch).
  20. Les Français et les élections législatives. (PDF) In: elabe.fr. 12. Juni 2024, abgerufen am 14. Juni 2024 (französisch).
  21. Les intentions de vote des Français aux élections législatives. (PDF) In: ifop.com. 11. Juni 2024, abgerufen am 14. Juni 2024 (französisch).
  22. OpinionWay pour CNEWS – Europe 1 – Le JDD – Baromètre législatives 2024 – 10 juin 2024. (PDF) In: opinion-way.com. 10. Juni 2024, abgerufen am 14. Juni 2024 (französisch).
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  24. Romain Geoffroy, Romain Imbach: Comment les instituts de sondage estiment les résultats des élections législatives dès 20 heures. In: Le Monde, 28. Juni 2024.
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  28. Rolling Ifop – Elections législatives 2024. (PDF) In: ifop.com. 24. Juni 2024, abgerufen am 25. Juni 2024 (französisch).
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  30. Elections législatives 2024 : quelle répartition des sièges dans la future Assemblée nationale ? In: touteleurope.eu. 24. Juni 2024, abgerufen am 25. Juni 2024 (französisch).
  31. Michaël Bloch: Législatives 2024 : les résultats du 1er tour en sept points clefs. In: lesechos.fr. 1. Juli 2024, abgerufen am 1. Juli 2024 (französisch).
  32. Résultats des législatives 2024 : on vous explique pourquoi il faut prendre les projections en sièges avec des pincettes. France Info, 1. Juli 2024.
  33. Justine Faure: Pourquoi il faut regarder avec prudence les projections en sièges de la future Assemblée nationale. TF1 Info, 1. Juli 2024.
  34. Victor Mérat: Résultats législatives : pourquoi les projections en sièges à l’Assemblée nationale pourraient encore beaucoup varier. In: Le Figaro, 1. Juli 2024.
  35. Rudolf Balmer: Neuwahlen in Frankreich: Coup oder Kurzschluss. In: Die Tageszeitung: taz. 10. Juni 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 15. Juni 2024]).
  36. Julia Borutta: Kommentar: Macrons gefährliche Selbstüberschätzung. In: tagesschau.de. 10. Juni 2024, abgerufen am 12. Juni 2024.
  37. Niklas Záboji: Fragiles Frankreichd. In: faz.net. e, 10. Juni 2024, abgerufen am 12. Juni 2024.
  38. Christiane Kaess: Es lastet eine große Verantwortung auf Frankreichs Wählern. In: deutschlandfunk.de. 10. Juni 2024, abgerufen am 12. Juni 2024.
  39. a b Frankreich: Le-Pen-Partei auf dem Durchmarsch? In: Eurotopics. Bundeszentrale für politische Bildung, 13. Juni 2024, abgerufen am 15. Juni 2024.
  40. Bernard Henry-Levy: Salvate il soldato Francia. In: La Repubblica. 12. Juni 2024, abgerufen am 15. Juni 2024 (italienisch).
  41. Frankreich vor Neuwahlen: Hunderttausende demonstrieren gegen Rechtsruck. In: tagesschau.de. 15. Juni 2024, abgerufen am 15. Juni 2024.
  42. jj/pg (afp, dpa, ap): Landesweiter Protest gegen Frankreichs Rechtspopulisten. In: Deutsche Welle. 15. Juni 2024, abgerufen am 15. Juni 2024.
  43. Lea Fauth: Frankreich vor den Parlamentswahlen: Linke rauft sich zusammen. In: Die Tageszeitung: taz. 17. Juni 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 17. Juni 2024]).
  44. Lea Fauth: Ehepaar Klarsfeld über Frankreich: „Ich kann nicht für die anderen kämpfen“. In: Die Tageszeitung: taz. 23. Juni 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 3. Juli 2024]).
  45. Eva Illouz: Jüdische Wähler in Frankreich: Rechts? Oder? Links? In: Die Zeit. 3. Juli 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 3. Juli 2024] in der gedruckten Ausgabe Nr. 29/2024 auf Seite 47 unter dem Titel: „Rechts? Oder? Links? Zwischen den Wahlgängen in Frankreich wird klar: An den Juden kristallisiert sich die Krise der Demokratie heraus“.).
  46. Stefanie Markert: Wahlkampf in Frankreich: Wie rechte Medien Le Pens Partei stärken. In: tagesschau.de. 5. Juli 2024, abgerufen am 5. Juli 2024.