Großer Preis von Monaco 1930

Rennsieger René Dreyfus
Louis Chiron im Bugatti vor dem Hôtel de Paris

Der II. Große Preis von Monaco (II Grand Prix de Monaco) fand am 6. April 1930 auf dem Stadtkurs von Monte Carlo in Monaco statt. Das Rennen wurde als Formula-Libre-Rennen ohne Vorgabe einer Rennformel über 100 Runden à 3,180 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 318,0 km entsprach. Es war damit in diesem Jahr noch kein Grande Épreuve und auch nicht als Lauf zur Automobilweltmeisterschaft vorgesehen.

Sieger wurde René Dreyfus auf einem privat eingesetzten Bugatti Type 35B.

Rennen

Schon mit seiner überaus erfolgreichen Premiere hatte sich der Grand Prix von Monaco unter den bedeutendsten Rennveranstaltungen etabliert. So konnte der Automobilclub von Monaco jetzt beinahe unter fast der gesamten europäischen Elite auswählen, um auch 1930 wieder ein dem besonderen Ambiente des Austragungsorts angemessenes, international breit gefächertes Feld zusammenzustellen, in dem Teilnehmer aus nicht weniger als neun Nationen vertreten waren. Besonders bezeichnend war dabei, dass darunter nun auch Bugatti und sogar Maserati mit ihren Werksteams vertreten waren und einzig Alfa Romeo noch Zurückhaltung zeigte.

Klarer Favorit war natürlich der Lokalmatador Louis Chiron, der zusammen mit Vorjahressieger William Grover-Williams (unter dem Pseudonym „W. Williams“) und Guy Bouriat für die offizielle Bugatti-Mannschaft an den Start ging. Das Team setzte dabei wie üblich auf seine bewährten Rennwagen Bugatti Type 35C mit 2-Liter-Reihenachtzylinder, die dank ihres ausgewogenen Handlings für die verwinkelte Streckenführung hervorragend geeignet waren. Luigi Arcangeli und Baconin Borzacchini mussten dagegen noch mit ihren älteren und etwas schwerfälligen 2-Liter-Maserati-26B vorlieb nehmen, weil das neue Grand-Prix-Modell Maserati 26M noch nicht einsatzbereit war. Gar nicht mit dabei war in diesem Jahr aufgrund von Missverständnissen und Meinungsverschiedenheiten mit dem Veranstalter Rudolf Caracciola, der im Vorjahr so viel Farbe ins Rennen gebracht hatte. Eher ein Versehen war dagegen wohl die Einladung an den Briten Bobby Bowes, der schon im Training mit seinem Frazer Nash unter der versammelten Grand-Prix-Elite völlig deplatziert wirkte und daraufhin keine Startgenehmigung für das Rennen bekam.

Neben dem ehemaligen Grand-Prix-Talbot der Scuderia Materassi von Clemente Biondetti, dem bulligen, aber schwergewichtigen Mercedes-Benz SSK von Max von Arco-Zinneberg und dem etwas unhandlichen Austro-Daimler ADM-R von Hans Stuck wurde das insgesamt 17 Teilnehmer starke Feld durch acht privat gemeldete Bugattis mit verschiedenen Motorisierungen vervollständigt. Etwas ganz Besonderes hatte sich dabei der Franzose René Dreyfus einfallen lassen, der in seinen vom erfahrenen Bugatti-Haudegen Ernest Friederich betreuten 2,3-Liter-Bugatti Type 35B auf dem Beifahrersitz einen 30 Liter fassenden Zusatztank eingebaut bekommen hatte, so dass er damit im Gegensatz zu seinen Markenkollegen ohne Tankstopp über die Renndistanz kommen konnte.

Die drei Bugatti-Werksfahrer hatten Plätze in den ersten beiden Startreihen zugelost bekommen und konnten so von Beginn an das Rennen kontrollieren, während sich Dreyfus erst durchs Feld nach vorne kämpfen musste. Dennoch war er der einzige, der Chirons Tempo an der Spitze folgen konnte, so dass er nach dem frühzeitigen Ausfall von „W. Williams“ schließlich nach dem ersten Drittel des Rennens an Bouriat vorbei auf den zweiten Rang vorrücken konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon fast eine Runde Rückstand auf den Führenden, der das Rennen nun locker zu kontrollieren schien und seinen Verfolger bis auf etwa 1,5 Minuten herankommen ließ. In der 83. Runde kam Chiron schließlich zum fälligen Tankstopp, bei dem er nach 50 Sekunden Aufenthalt unmittelbar vor seinem Kontrahenten wieder auf die Strecke zurückkam. Beide hatten nun ungefähr die gleiche Menge Benzin an Bord und so konnte sich Dreyfus dank der etwas stärkeren Leistung seines 2,3-Liter-Motors – und wegen eines klemmenden Gaspedals bei Chiron – schließlich in der 85. Runde vorbeikämpfen und seinem Gegner kurz darauf auch noch die Sonderprämie für die schnellste Runde entreißen. Für den wütenden Ettore Bugatti war die Niederlage gegen einen seiner Kunden doppelt schmerzlich, weil ihm neben der entgangenen Siegprämie auch Werbeeinnahmen verloren gingen, hatte Dreyfus doch Verträge mit anderen Zulieferern als das Stammwerk abgeschlossen.

Ergebnisse

Meldeliste

TeamNr.FahrerInfoChassisMotorReifen
Deutsches Reich Max von Arco-Zinneberg02Deutsches Reich Max von Arco-ZinnebergMercedes-Benz SSKMercedes-Benz M06 7.1L I6 KompressorC
Deutsches Reich Rudolf Caracciola04Deutsches Reich Rudolf CaracciolaEXC⁠aMercedes-Benz SSKMercedes-Benz M06 7.1L I6 KompressorC
Deutsches Reich Bugatti Team Deutschland06Deutsches Reich Ernst Günther BurggallerBugatti T37ABugatti 1.5L I4 Kompressor
Deutsches Reich Hans Stuck08Deutsches Reich Hans StuckAustro-Daimler ADM-RAustro-Daimler 3.6L I6S
OsterreichÖsterreich Emil Frankl10Osterreich Emil FranklDNASteyr VI SportSteyr 4.6L I6S
Belgien Georges Bouriano12Belgien Georges BourianoBugatti T35BBugatti 2.3L I8 Kompressor
Chile Juan Zanelli14Chile Juan ZanelliBugatti T35BBugatti 2.3L I8 Kompressor
Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti16Dritte Französische Republik Guy BouriatBugatti T35CBugatti 2.0L I8 KompressorM
18Monaco Louis Chiron
28Vereinigtes Konigreich William Grover-Williams
Dritte Französische Republik Michel Doré20Dritte Französische Republik Michel DoréBugatti T37ABugatti 1.5L I4 Kompressor
Dritte Französische Republik Ecurie Friederich22Dritte Französische Republik René DreyfusBugatti T35BBugatti 2.3L I8 Kompressor
Dritte Französische Republik Philippe Étancelin24Dritte Französische Republik Philippe ÉtancelinBugatti T35CBugatti 2.0L I8 Kompressor
Dritte Französische Republik Marcel Lehoux26Dritte Französische Republik Marcel LehouxBugatti T35BBugatti 2.3L I8 Kompressor
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Bobby Bowes30Vereinigtes Konigreich Bobby BowesEXCbFrazer NashAnzani 1.5L I4
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Malcolm Campbell30Vereinigtes Konigreich Malcolm CampbellDNADelage Type 15 S 8Delage 1.5L I8 Kompressor
Italien 1861 Officine Alfieri Maserati32Italien 1861 Luigi ArcangeliMaserati 26BMaserati 2.0L I8 KompressorP
34Italien 1861 Baconin Borzacchini
Italien 1861 Scuderia Materassi36Italien 1861 Clemente BiondettiTalbot-Darracq 700Talbot 1.5L I8 Kompressor
38Dritte Französische Republik Edmond BourlierDNAc
Italien 1861 Scuderia Ferrari40Italien 1861 Enzo FerrariDNAdAlfa Romeo P2Alfa Romeo 2.0L I8 KompressorE
Italien 1861 Giuseppe CampariDNAd
Italien 1861 Goffredo Zehender42Italien 1861 Goffredo ZehenderBugatti T35BBugatti 2.3L I8 Kompressor
Jugoslawien Konigreich 1918 Tomás Veličkovič44Jugoslawien Konigreich 1918 Tomás VeličkovičDNABugatti T37ABugatti 1.5L I4 Kompressor
Schweiz Hans Stuber46Schweiz Hans StuberBugatti T35CBugatti 2.0L I8 Kompressor
a 
In den Quellen heißt es mehrheitlich, Caracciola sei vom Veranstalter ausgeschlossen worden, die Darstellungen sind jedoch zum Teil widersprüchlich. Mehrheitlich wird angegeben, dass das Auto in der technischen Abnahme abgelehnt wurde. Es wird jedoch vermutet, dass der eigentliche Grund in Caracciolas wiederholten Zu- und wieder Absagen seiner Teilnahme zugunsten seines Starts bei der Mille Miglia gelegen hat.
b 
Nach Campbells Absage wurde Bowes als Ersatz in die Teilnehmerliste aufgenommen. Aufgrund zu schlechter Trainingsleistungen wurde er jedoch dann von der Teilnahme am Rennen ausgeschlossen.
c 
Auto nach Gastone Brilli-Peris tödlichem Unfall beim Gran Premio di Tripoli noch nicht wieder rennbereit.
d 
Auto nicht rennfertig.

Startaufstellung

Sie Startpositionen wurden ausgelost.

Vereinigtes Konigreich WilliamsItalien 1861 BorzacchiniSchweiz Stuber
Dritte Französische Republik BouriatMonaco ChironChile Zanelli
Dritte Französische Republik LehouxItalien 1861 ZehenderDritte Französische Republik Doré
Dritte Französische Republik DreyfusItalien 1861 ArcangeliDritte Französische Republik Étancelin
Italien 1861 BiondettiDeutsches Reich StuckDeutsches Reich von Arco-Zinneberg
Belgien BourianoDeutsches Reich Burggaller

Rennergebnis

Pos.FahrerKonstrukteurRundenStoppsZeitStartSchnellste RundeAusfallgrund
01Dritte Französische Republik René DreyfusDritte Französische Republik Bugatti10013:41:02,600102:07,000
02Monaco Louis ChironDritte Französische Republik Bugatti1001+ 23,8005
03Dritte Französische Republik Guy BouriatDritte Französische Republik Bugatti1001+ 8:17,8004
04Italien 1861 Goffredo ZehenderDritte Französische Republik Bugatti1001+ 10:37,0008
05Dritte Französische Republik Michel DoréDritte Französische Republik Bugatti1001+ 31:04,0009
0(6)Schweiz Hans StuberDritte Französische Republik Bugatti94+ 6 Runden3abgewunken
Chile Juan ZanelliDritte Französische Republik Bugatti92DNF6Mechanik
Deutsches Reich Ernst Günther BurggallerDritte Französische Republik Bugatti62DNF17Motorschaden
Dritte Französische Republik Philippe ÉtancelinDritte Französische Republik Bugatti50DNF12defekte Benzinpumpe
Dritte Französische Republik Marcel LehouxDritte Französische Republik Bugatti47DNF7Achsbruch
Deutsches Reich Hans StuckOsterreich Austro-Daimler31DNF14Kupplungsschaden nach Bremsdefekt
Vereinigtes Konigreich William Grover-WilliamsDritte Französische Republik Bugatti29DNF1Mechanik
Italien 1861 Luigi ArcangeliItalien 1861 Maserati29DNF11Differentialschaden
Italien 1861 Clemente BiondettiDritte Französische Republik Talbot14DNF13Mechanik
Belgien Georges BourianoDritte Französische Republik Bugatti14DNF16Lenkungsbruch
Italien 1861 Baconin BorzacchiniItalien 1861 Maserati15DNF2Unfall nach Bremsdefekt
Deutsches Reich Max von Arco-ZinnebergDeutsches Reich Mercedes1DNF15Unfall
Commons: Großer Preis von Monaco 1930 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien