Strohhutfest

2006: Festbieranstich mit Miss Strohhut Corinna Metzger und dem damaligen Oberbürgermeister Theo Wieder

Das Strohhutfest in der rheinland-pfälzischen Stadt Frankenthal ist ein Volksfest und das größte Straßenfest der Pfalz. Alljährlich feiern mehrere 100.000 Menschen[1] – die Stadt selbst hat etwa 50.000 Einwohner – vier Tage lang in der Frankenthaler Innenstadt. Das Fest dauert von Christi Himmelfahrt bzw. Fronleichnam bis zum letzten Festtag am darauf folgenden Sonntag. Der Termin des nächsten Festes lässt sich am Countdown auf der Website der Miss Strohhut ablesen.[2]

Örtlichkeit

Die Festmeile erstreckt sich im Stadtkern innerhalb der beiden historischen Stadttore, dem Wormser Tor im Norden und dem Speyerer Tor im Süden. Der Bereich umfasst von Nord nach Süd die Wormser Straße ab dem Stadttor, den zentralen Rathausplatz und die Speyerer Straße, außerdem Teile der Bahnhof- und der August-Bebel-Straße, die vom Rathausplatz aus nach Westen bzw. Osten führen.

Zahlreiche Jahrmarktsstände und Buden entlang der Häuserfronten, kleine Wein- und Bierzelte, Bühnen und sonstige Attraktionen verleihen dem Strohhutfest das Flair eines großen Volksfestes. Mit Kirchweihrummel hat es wenig gemein; so gibt es keine Fahrgeschäfte außer Kinderkarussell, Autoscooter und gelegentlich einem Riesenrad, das erstmals 2006 am Wormser Tor aufgestellt wurde. Das Fest wird hauptsächlich vom Engagement der ortsansässigen Vereine und der Geschäfte in der Innenstadt getragen. Ausnahme ist die August-Bebel-Straße, wo die sogenannte Gleis4-Meile teilweise vom Frankenthaler Kulturzentrum Gleis4 selbst betrieben, teilweise auch an professionelle Schausteller vermietet wird.

Besucher

Das Fest besitzt eine weite Ausstrahlung in die Region. 2010 beispielsweise wurden nach Angaben der Polizei „deutlich mehr als 300.000 Besucher“ gezählt.[1] In Anbetracht der geringeren Anzahl der Festtage lässt sich das Strohhutfest deshalb hinsichtlich seiner Besucherzahl durchaus mit dem größten Weinfest der Welt, dem Dürkheimer Wurstmarkt, vergleichen, zu dem sich an neun Tagen mehr als 600.000 Menschen einfinden.

Geschichte

Entstehung

Strohhut, wie er am Vatertag und zum Strohhutfest getragen wird

Bevor Frankenthals Innenstadt Mitte der 1970er Jahre zur autofreien Fußgängerzone wurde, wollte die Verwaltung unter dem damaligen Oberbürgermeister Günter Kahlberg (1936–1997, Amtszeit 1972–1983) erproben, welche Auswirkungen es hätte, wenn die Nord-Süd-Achse, also die Wormser und die Speyerer Straße, für den Durchgangsverkehr mit Kraftfahrzeugen gesperrt würde. Anlässlich des Tests 1973 nutzte man die Gelegenheit, entlang der autofreien Straßen Jahrmarktsstände aufzubauen. Bei den Frankenthaler Bürgern und den Vereinen wurde die Initiative mit Begeisterung aufgenommen – ein neues Frankenthaler Fest war geboren. Es findet seit 1975 jedes Jahr statt, und generell wurde die Innenstadt zur autofreien Fußgängerzone.[4]

Name

Das Strohhutfest erhielt seinen Namen, weil es anfangs am christlichen Feiertag Christi Himmelfahrt begann, dem „Vatertag“, an dem in der Pfalz die Väter bei ihren feucht-fröhlichen Ausflügen gerne Strohhüte tragen.[4] Solche Kopfbedeckungen, allerdings mit überdimensionalen Ausmaßen, werden über dem Rathausplatz und der Wormser Straße aufgehängt und machen das Motto des Festes weithin sichtbar.

Dass ein Hut­fabrikant für die Namensgebung verantwortlich gewesen sei, wie von Außenstehenden oft gemutmaßt wird, stimmt nicht; als Namensfinder gilt vielmehr Arno Baumann (* 10. April 1924; † 5. Mai 2007), der von 1971 bis 1999 Präsident des Frankenthaler Carneval-Vereins war.[5] Mittlerweile findet das Strohhutfest alternativ an den vier Tagen ab Christi Himmelfahrt oder ab Fronleichnam statt, je nachdem, welches dieser Feste auf den Zeitraum Ende Mai/Anfang Juni fällt. Fronleichnam als katholisches Fest ist in Rheinland-Pfalz ein gesetzlicher Feiertag wie bundesweit Christi Himmelfahrt.

Miss Strohhut

Oberbürgermeister Martin Hebich mit Jenny Neufeld, Miss Strohhut 2017

Statt einer „Miss Frankenthal“ besitzt die Stadt seit dem zweiten Strohhutfest 1976 eine „Miss Strohhut“. Diese muss volljährig sein und wird jedes Jahr zum Strohhutfest durch eine Jury aus Offiziellen und einigen durch das Los bestimmten Bürgern neu gewählt.[6] Da die neue Miss Strohhut üblicherweise im Rahmen einer Performance auf der Bühne vorgestellt wird, erhöhen tänzerische oder sportliche Qualifikationen einer Kandidatin die Auswahlchancen. Ein Jahr lang repräsentiert die Miss Strohhut die Stadt Frankenthal bei vielen Veranstaltungen.

Jahr der Wahl Miss Strohhut[7]
1976 Bärbel Pulsfort, später Müller
1977 Pia Garst, später Garst-Schmitz
1978 Ursula Westerburg, später Roos
1979 Sonja Fries, später Kissel
1980 Susanne Denig, später Wintermeyer
1981 Dagmar Scupin
1982 Läticia Claudia Gebhardt, später Hylton
1983 Rita Galante
1984 Ute Tritt
1985 Margret Schulz, später Eck
1986 Caroline Messingschlager, später Wornath
1987 Anke Jendahl
1988 Martina Baum
1989 Alexandra Hickethier, später Hessel
1990 Petra Ziegeler, später Jarchow
1991 Astrid Klughammer, später Philippi
1992 Cristiane Hintemann, später Hintemann-Semrau
1993 Andrea Bletscher, später Koch
1994 Barbara Heidl, später Weber
1995 Sabine Greiner, später Clair
1996 Katja Bentz, später Baumgärtner
1997 Jenny Ekström
1998 Sabine Strohhäusl, später Clemens
1999 Jessica Graichen, später Butsch
Jahr der Wahl Miss Strohhut[7]
2000 Teresa Di Napoli, später Celestino
2001 Sarah Keller, später Knoll
2002 Johanna Mayer, später Stock
2003 Tanja Gräf, später Klawitter
2004 Annette Pawliczek, später Keth
2005 Magali Petermann, später Leidig-Petermann
2006 Corinna Metzger
2007 Jutta Kaiser
2008 Julia Fast, später Merdian
2009 Domenica Lenczyk, später Mochmann
2010 Nina Rein, später Reibold
2011 Laura Engert
2012 Constanze Fuhrmanski, später Rogala
2013 Catharina Müller
2014 Sandra Jäger
2015 Nina Semrau
2016 Franziska Ratz
2017 Jenny Neufeld
2018 Emily Matejcek
2019 Vanessa Quietzsch
2020 Fest ausgefallen wegen Corona-Pandemie
2021 Fest ausgefallen wegen Corona-Pandemie
2022 Sonja Erbach

Begleitereignisse

Musik

Strohhut mit Festbuttons

Im Jahre 2000 veröffentlichte die Frankenthaler Rockband GRABOWSKY den Titel „Strohhutfest“, der seither als Hymne des Festes angesehen wird. Text und Musik stammen von Bandmitglied Alexander Hüther.

Buttons

Seit 2001 werden „Strohhutfestbuttons“ verkauft, die jedes Jahr von einem anderen ortsansässigen Künstler gestaltet sind und sich inzwischen zu Sammelobjekten entwickelt haben. Am ersten Festtag machen die Miss Strohhut und der Frankenthaler Oberbürgermeister einen Rundgang über die Festmeile und verkaufen dabei die Buttons. Der Erlös kommt wechselnden Frankenthaler Bürgerprojekten zugute, z. B. 2007 der Sanierung des historischen Kanalhafens.[8]

Sport

Seit 2004 findet am Festsonntag der Strohhutfestlauf statt. Die 5340 m lange Strecke kann sowohl durch Teilnahme am traditionellen Volkslauf als auch in der Disziplin Nordic Walking absolviert werden.

Film

Nach einem ersten Versuch mit einem Videofilm produzierten die beiden Frankenthaler Martin Svoboda und Robert Kwiatek seit 2007 unter der Bezeichnung „StrohhutfestTV“ schon mehrere Kinofilme über das Fest. Bei der Premiere des ersten Films in den Frankenthaler LuxKinos am 17. November 2007 fanden vom Nachmittag bis in die Nacht sechs vollbesetzte Aufführungen mit fast 800 zahlenden Zuschauern statt; in der August-Bebel-Straße vor dem Kino wurde – angesichts der niedrigen Temperaturen bei Glühwein – spontan ein „Strohhutfest“ gefeiert, an dem 2000 Feierwillige teilnahmen.[9]

Weblinks

Commons: Strohhutfest – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. a b Besucherrekord beim Strohhutfest. In: Die Rheinpfalz, Gesamtausgabe. Ludwigshafen 7. Juni 2010.
  2. Miss Strohhut. miss-strohhut.net, abgerufen am 29. Dezember 2017 (Countdown zum nächsten Fest oben auf der Startseite).
  3. Speyerer Str. 50, Geburtshaus von August von Parseval (1861–1942).
  4. a b Strohhutfest-Historie. miss-strohhut.net, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  5. Theo Wieder: Brief des Oberbürgermeisters an Frankenthaler in aller Welt. (PDF; 418 kB) Stadtverwaltung Frankenthal, Dezember 2007, S. 15, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2015; abgerufen am 13. Dezember 2015.
  6. Wahlverfahren. miss-strohhut.net, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  7. a b „Club der Ehemaligen“. miss-strohhut.net, abgerufen am 11. Dezember 2015.
  8. Kanalhafen. Stadtverwaltung Frankenthal, abgerufen am 9. August 2021.
  9. Alles wie im Sommer – nur kälter. In: Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthaler Zeitung. Ludwigshafen 19. November 2007.