Dorfkirche Zerpenschleuse

Dorfkirche Zerpenschleuse

Die Dorfkirche Zerpenschleuse, wegen ihrer Bauart auch Ziegelfachwerkkirche Zerpenschleuse genannt, ist ein Kirchengebäude der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde des ehemaligen selbstständigen Dorfes Zerpenschleuse und gehört zur Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Sie entstand in den 1840er Jahren als Neubau eines abgebrannten Vorgängerbaus.

Die Kirche gehört zur Evangelischen Kirchengemeinde Groß Schönebeck-Zerpenschleuse-Eichhorst mit den Ortskirchen Groß Schönebeck (mit Klandorf und Schluft), Zerpenschleuse und Eichhorst.[1] Sie ist zusammen mit dem zugehörigen Pfarrhaus denkmalgeschützt.[2]

Lage

Die neue Kirche mit rechteckigem Grundriss steht an der Liebenwalder Straße 56, mit der nördlichen Längsseite parallel zum Langen Trödel (dem alten vorfriderizianischen Finowkanal). Sie ist geostet.

Geschichte

Vor- und Baugeschichte

Die einzige Kirche des Ortes wurde als Ziegelfachwerkbau 1844/1845 errichtet und am 24. Dezember 1848 vom Pfarrer Heydemann mit einem Gottesdienst eingeweiht. Sie ersetzte einen zwischen 1739 bis 1741 errichteten Vorgängerbau, ebenfalls eine Fachwerkkirche. Er stand 20 Meter östlich der heutigen Kirche und wurde im Jahr 1832 durch einen Brand zerstört. Die Bauwerksreste wurden nach Einweihung des neuen Sakralgebäudes 1846 für 386 Thaler versteigert.[3]

Der Neubau wurde im Auftrag der preußischen Regierung geplant und mitfinanziert. Er entstand vermutlich nach Plänen des Geheimen Oberbaurats und Mitglied der Ober-Baudeputation Carl August Soller,[4] einem Schinkelschüler.[2]

Erhaltungsarbeiten am und im Kirchengebäude fanden bis auf die Reparatur der Kirchturmuhr 1957 in der DDR-Zeit nicht statt.

Sanierung 1992–2008

Nach der deutschen Wiedervereinigung erfolgten zwischen 1992 und 1999 eine aufwändige Restaurierung und Hüllensanierung des Kirchenbaus mit starker Anlehnung an den ursprünglichen Zustand. Die Innensanierung zog noch bis zum Jahr 2008 hin.[2]

Architektur

Westportal

Die Kirche hat eine Länge von rund 28 Meter, mit Apsis etwa 31 Meter, und eine Breite von 15 Meter.[5] Die Mauern des Kirchengebäudes bestehen aus neuem Fachwerk, ausgefacht mit einer Schicht unverputzt gelassener Ziegelsteine. An jeder Längsseite öffnen sich fünf Fenster, die sich in ihrer Form an gotische Maßwerkfenster anlehnen, und deren Scheiben sich durch eine Bleiverglasung mit einer Rautenstruktur auszeichnen.

Das Haupt-Portal im Turmunterbau wird über drei Stufen erreicht, eine zweiflügelige Holztür unter einem hölzernen Vordach führt in das Innere. An der südlichen Kirchenwand wurde mittig ein weiterer Eingang eingefügt, der stufenlos und damit barrierefrei in das Kirchengebäude führt.

Der Kirchturm an der Westseite hat einen quadratischen Grundriss (Seitenlängen zirka 5,10 m) und mit einem Pyramidendach, das mit einer mehrgliedrigen Turmspitze, die in einem auf einer Kugel postierten Kreuz endet, bekrönt ist. Schallarkaden ziehen sich um alle vier Seiten des Turmes. An jeder Seite befindet sich ein Zifferblatt der Turmuhr.

Die Kirche hat den Grundriss einer dreischiffigen Saalkirche ist mit einer flachen Balkendecke gedeckt, die Seitenschiffe sind durch Holzstützen vom Mittelschiff getrennt, der Chor hat einen geraden Abschluss. Die Empore auf der Westseite zieht sich ein wenig um die Ecken und bildet grundrissmäßig ein kleines U.[6]

Innenausstattung

Die Innenausstattung des Kirchengebäudes stammt fast komplett aus der zweiten Bauzeit. An einigen Stellen der Wände sind bei den Restaurierungsarbeiten der 2020er Jahre ursprüngliche Farbflächen freigelegt und erhalten worden.

Ein schlichter, schrankähnlicher Altartisch befindet sich in der Mitte der Apsis.[7] Das Altarbild mit der Darstellung der Geburt Christi ist die Kopie eines Gemäldes eines flämischen Meisters aus dem 17. Jahrhundert. Außerdem hing im Hauptschiff ein wenig beachtetes Gemälde, das bei Renovierungsarbeiten an dem Gotteshaus Anfang der 2000er-Jahre abgenommen worden war. In den Archivalien fand sich ein Hinweis, dass dieses Bild eine Dauerleihgabe des Berliner Bodemuseums ist, dem es während der Umbauarbeiten zurückgegeben wurde. Die dortigen Kunstexperten fanden heraus, dass das Bild Die Anbetung der drei Heiligen Könige höchstwahrscheinlich aus der Malschule des Peter Paul Rubens stammt und damit etwa 400 Jahre alt ist. Das Museum ließ von der Zerpenschleuser Restauratorin Corinna Bensemann eine modern adaptierte Kopie herstellen, die seit Beginn des Jahres 2008 in der Dorfkirche hängt. Das Original verblieb im Bode-Museum.[8]

Die im Jahr 1845 gegossenen Bronze-Glocken wurden während des Ersten Weltkriegs zwecks Metallgewinnung eingeschmolzen. Neugüsse wurden nach beiden Weltkriegen nicht vorgenommen, deshalb gibt es im Turm keine Glocken.[9]

Orgel

Vor dem Brand der Kirche 1832 gab es bereits eine Orgel. Historiker vermuten, dass diese um 1800 eingebaut wurde und vom Berliner Orgelbauer Ludwig Salomon Hennefuß stammte. Im Neubau wurde 1845 ein Instrument aus der Werkstatt des Potsdamer Orgelbauers Gottlieb Heise auf der Orgelempore installiert.[10] Die beschädigte Hennefuß-Orgel gelangte als Geschenk an die Kirche in Ruhlsdorf.[6] Das Instrument in Zerpenschleuse wurde Ende der 1990er Jahre überarbeitet und ist spielbar.

Sie verfügt über folgende Disposition:

Manual C–f3
Principal8′
Gedact8′
Salicional8′
Principal4′
Rohrflöte4′
Quinte-Octave2 2/3′ + 2′
Mixtur III
Pedal C–d1
Subbass16′
Principal-Bass08′

Darüber hinaus komplettiert seit Anfang des 20. Jahrhunderts ein Harmonium die Ausstattung.[11][12]

Seelsorge

Pfarrer (Auswahl)

  • 1845: Pfr. Weymann
  • ab 2015–2023, Oktober: Sabine Müller (für die Groß Schönebecker Kirchengemeinde)[13]
  • 2012er Jahre: Stephan Flade[14]
  • seit November 2023: Elisabeth Kruse (für den Groß Schönebecker Kirchensprengel)[1]

Pfarrhaus und Gemeindezentrum

Pfarrhaus Zerpenschleuse

Das zugehörige Pfarrhaus steht am Friedenplatz 5 am alten Kanal und ist ebenfalls denkmalgeschützt (Denkmalnummer 09175119). Der Bau wurde in den 1780er Jahren von der Preußischen Wasserbauverwaltung als Schleusenwärterhaus in Auftrag gegeben. Das Haus ist eingeschossig und verfügt über eine zweiflügelige Holztür, die später „aufgedoppelt“ wurde. Der Baukörper ist siebenachsig und schließt mit einem ziegelgedeckten Krüppelwalmdach ab.[15] Über dem Eingangsbereich auf der westlichen Giebelseite befindet sich eine kleine Glocke, deren stählerner Glockenstuhl im Jahr 2019 von einer Gruppe Freiwilliger restauriert wurde.[16]

Das Findbuch des Brandenburgischen Hauptarchivs stellt dagegen dar, dass die Gebäude des Pfarrhauses 1850 bis 1873 errichtet und später (1874 bis 1907) umgebaut bzw. erweitert worden seien.[17]

Das Gemeindezentrum hat eine Nutzfläche von rund 95 m2 und steht direkt am langen Trödel in einiger Entfernung zur Kirche. Es ist ein zweiteiliges Bauwerk in unterschiedlichen Höhen. Die südliche Dachfläche ist komplett mit Solarpanels belegt. Ein variabel zu bestuhlender Veranstaltungsraum, eine Küche und Sanitäranlagen sind vorhanden.[18]

Gemeindeleben

Im Kirchenraum finden auch Veranstaltungen des Bläserchors Stolzenhagen statt, der ebenfalls zu diesem Kirchensprengel gehört. Zudem gibt es Auftritte einer Musikschule in dieser Kirche unter dem Motto „Musikschulen öffnen Kirchen“. Es fanden beispielsweise Muttertagskonzerte (2022, 2021) statt und es treten Ensembles oder Solisten auf (Ode an die Freude, 2020).[19] Auch die Reihe Brandenburgische Sommerkonzerte war im Jahr 20022 in der Ziegelfachwerkkirche zu Gast.[20]

Die Kirche wird auch für Ausstellungen genutzt. Beispielsweise gab es hier im Jahr 2021 (Juli/August) die Wanderausstellung: Vorgängerinnen – Der Weg von Frauen in das geistliche Amt.[21]

Commons: Dorfkirche Zerpenschleuse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Kirche Barnim; die dem KK Großschönebeck zugeordneten Dorfkirchen. Abgerufen am 5. August 2024.
  2. a b c Kirche Zerpenschleuse; Denkmalnummer 09175424. Brandenburgisches Denkmalamt, abgerufen am 5. August 2024.
  3. Zerpenschleuse (Memento vom 27. Dezember 2016 im Internet Archive), abgerufen=2023 (erneut abgerufen am 2. August 2024).
  4. Soller, A., Geh. Ober-Baurat und Mitglied der Ober-Bau-Deputation. In: Berliner Adreßbuch, 1945, Teil I, S. 445.
  5. Bauwerksmaße grob gemessen mit dem Tool von Google Earth.
  6. a b Orgel der Dorfkirche Zerpenschleuse. Abgerufen am 3. August 2024 (mit dem Bild der Orgel auf der Empore).
  7. Ansicht der Altarnische der Zerpenschleuser Kirche. radtouren-brandenburg.de, abgerufen am 6. August 2024.
  8. Rubens in Zerpenschleuse? In: Bürger- und Besucherinformation Wandlitz, Sommer 2008, S. 15.
  9. Die Kirchenglocken Zerpenschleuse (Findbuch 1924–1927). Brandenburgisches Landes-Hauptarchiv, abgerufen am 6. August 2024.
  10. Zerpenschleuse (ev. Kirche) Orgellandschaft Brandenburg, abgerufen am 6. August 2024
  11. Kirchengemeinden und Kirchen in Wandlitz. Abgerufen am 3. August 2024 (Zum Abschnitt „Dorfkirche Zerpenschleuse“ herunterscrollen).
  12. Großschönebeck, Kirche Zerpenschleuse (Memento vom 27. Dezember 2016 im Internet Archive), abgerufen am 27. Dezember 2016 (erneut abgerufen am 2. August 2024).
  13. Es ist noch Raum da; Einladung zu einer Veranstaltung der Kirche mit der christlichen Vereinigung Lechlecha, spezielle Thematik Frauen in der Kirche. 2018, abgerufen am 5. August 2024.
  14. Vom Amtsantritt des Pfarrers Stefan Flade 2012 in Zerpenschleuse. 2012, abgerufen am 5. August 2024.
  15. Das Pfarrhaus Zerpenschleuse. Brandenburgisches Denkmalamt, 2023, abgerufen am 6. August 2024.
  16. Arbeiten am Pfarrhaus Zerpenschleuse, abgerufen am 6. August 2024.
  17. Bau und Unterhaltung der Pfarrgebäude in Zerpenschleuse. Abgerufen am 6. August 2024..
  18. Kurzdarstellung zum Zerpenschleuser Gemeindezentrum. Abgerufen am 6. August 2024.
  19. Ensembles und Solisten der Musikschule Barnim – Ode an die Freude. 3. Oktober 2020, abgerufen am 6. August 2024.
  20. Jahresprogrammheft 2022 > Seite 68, abgerufen am 6. August 2024.
  21. Info zur Wanderausstellung in der Zerpenschleuser Kirche, abgerufen am 5. August 2024.

Koordinaten: 52° 51′ 22,7″ N, 13° 30′ 32,7″ O