Bezirksamt Neustadt (Baden)

Lage der Bezirksämter in Baden im Jahr 1890

Das Bezirksamt Neustadt war eine von 1813 bis 1939 bestehende Verwaltungseinheit im Süden des Großherzogtums Baden.

Geographie

Das Gebiet des Bezirksamtes erstreckte sich im südöstlichen Schwarzwald rund um den Oberlauf der Wutach. Zunächst mit einem schmalen Streifen im Südwesten reichte es in den Hochschwarzwald bis hin zum Feldberg, in seiner Endphase kamen in dieser Region noch zahlreiche weitere Gemeinden hinzu. Östlich angrenzend lag die Baar.

Geschichte

Historischer Hintergrund

Orte des Bezirksamtes um 1830

Den historischen Kern des Bezirksamtes bildete das fürstenbergische Obervogteiamt Neustadt.[1] Es war eines von fünf Ämtern, in denen Fürstenberg zu Zeiten des Heiligen Römischen Reiches seine Besitzungen in der Baar organisiert hatte.[2] Mit der Rheinbundakte von 1806 wurde das Haus Fürstenberg mediatisiert, ihr Fürstentum zum größten Teil der badischen Landeshoheit unterstellt. Dessen Regierung errichtete daher im Sommer 1807 das standesherrliche Amt Neustadt.

Nach der Gründung

Neustadt und benachbarte Bezirksämter mit Stand 1890.

Nachdem die Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit 1813 eine einheitliche Zuständigkeit der Ämter ermöglicht hatte. wurde das fürstenbergische Amt Neustadt in das landesherrliche Bezirksamt Neustadt umgewandelt. Bei dieser Gelegenheit wurden einige Orte an benachbarte Bezirksämter abgetreten.[3] Die vorgesehene Zuweisung des Großteiles der Orte des aufzulösenden Amtes Löffingen unterblieb. Stattdessen entstand dort das Bezirksamt Löffingen. Bei dessen Aufteilung 1821 kamen, wie ursprünglich vorgesehen, die Orte dann doch zu Neustadt.

1824 wurde dem Haus Fürstenberg erneut die Zuständigkeit für die Rechtsprechung auf der unteren Ebene (die bis 1857 bei den Ämtern lag) zuerkannt. Drei hiervon auch betroffene Orte des landesherrlichen Amtes Triberg wurden daher zum Bezirksamt Neustadt umgegliedert.[4] In der Folge firmierte das Amt nun als gemeinsames großherzoglich-badisches und fürstlich-fürstenbergisches Bezirksamt.[5] Diese Phase endete 1849, die drei Orte verblieben zunächst bei Neustadt.[6]

1857 wurde Neustadt Sitz eines Amtsgerichtes, dessen räumlicher Zuständigkeitsbereich zunächst die 29 Gemeinden des Amtsbezirks umfasste.[7]

Nach 1821 kam es sporadisch zur Neuzuweisung einzelner Ortschaften. Größere Zuwächse ergaben sich 1924 und 1936 aufgrund der Auflösung benachbarter Bezirksämter. Mit Inkrafttreten der Landkreisordnung vom 24. Juni 1939 wurde das Bezirksamt Neustadt in den Landkreis Neustadt umgewandelt.

Orte und Einwohnerzahlen

1825 wurde für das Gebiet des Bezirksamtes von 12.475 Einwohnern berichtet.[8]

1836

1836 waren es 14.392 Menschen, die im Gebiet des Bezirksamtes lebten. Sie verteilten sich auf diese 32 Gemeinden:[9]

1913

1849 wurden Bubenbach und Oberbränd, die bis 1840 zum Stabsamt Bräunlingen gezählt hatten, vom Bezirksamt Donaueschingen nach Neustadt umgegliedert.[10] Im Gegenzug gingen 1850 Schönenbach, Linach, Vöhrenbach und Langenbach an das Bezirksamt Villingen,[11] 1852 Reiselfingen zum Bezirksamt Bonndorf.[12] 1860 wurde die Gemeinde Siedelbach (mit Eckbach) aufgelöst und der Gemeinde Breitnau im Landamt Freiburg eingegliedert.[13] Von dort kamen 1864 Hinterzarten und Waldau hinzu.[14] 1897 wurden Bregenbach und Hammereisenbach zur Gemeinde Hammereisenbach-Bregenbach vereinigt.[15]

1913 lebten im Amtsbezirk 17.344 Menschen in 29 Gemeinden:[16]

  • Löffingen: 1266
  • Neustadt: 4075
  • Altglashütten: 202
  • Bärental: 298
  • Bubenbach: 223
  • Dittishausen: 377
  • Eisenbach: 554
  • Falkau: 439
  • Fischbach: 181
  • Friedenweiler: 301
  • Göschweiler: 456
  • Hammereisenbach-Bregenbach: 380
  • Hinterzarten: 915
  • Kappel: 456
  • Langenordnach: 234
  • (Ober)Lenzkirch: 1194
  • Neuglashütten: 68
  • Oberbränd: 230
  • Raitenbuch: 198
  • Rötenbach: 610
  • Rudenberg: 248
  • Saig: 466
  • Schollach: 400
  • Schwärzenbach: 366
  • Seppenhofen: 350
  • Unterlenzkirch: 584
  • Urach: 563
  • Viertäler: 1292
  • Waldau: 326

zusätzlich, als abgesonderte Gemarkung mit eigener polizeilicher Verwaltung:

  • Grünwald: 78

1939

1921 wurde Hammereisenbach-Bregenbach zum Bezirksamt Donaueschingen umgesetzt.[17] 1924 kamen zum Bezirksamt Neustadt:[18]

1936 wurden dem Bezirksamt Neustadt zugeteilt:[19]

Im April 1939 kamen noch Aftersteg und Muggenbrunn vom Bezirksamt Lörrach hinzu.[20]

Zwei Gemeinden änderten ihre Namen: 1929 Viertäler in Titisee[21] sowie Bärental 1939 in Feldberg (Schwarzwald).[22]

Dem gegenüber reduzierte sich die Zahl der Gemeinden um drei. Betroffen waren 1925 Unterlenzkirch (zu Lenzkirch)[23] sowie im April 1939 Brandenberg (Hauptteil zu Todtnau)[22] und Neuglashütten (zu Altglashütten)[24]

Somit umfasste das Bezirksamt zum Zeitpunkt seiner Umwandlung in den Landkreis Neustadt, neben der Amtsstadt, 52 Gemeinden, Einwohnerzahlen laut Volkszählung im Mai 1939:[25]

  1. Aftersteg: 292
  2. Altglashütten: 336
  3. Bachheim: 328
  4. Bernau: 1181
  5. Blasiwald: 345
  6. Boll: 157
  7. Bonndorf: 1736
  8. Breitnau: 1349
  9. Brunnadern: 141
  10. Bubenbach: 230
  11. Dittishausen: 403
  12. Ebnet: 95
  13. Eisenbach: 640
  14. Ewattingen: 675
  15. Falkau: 454
  16. Faulenfürst: 129
  17. Feldberg (Schwarzwald): 454
  18. Fischbach: 225
  19. Friedenweiler: 425
  20. Göschweiler: 451
  21. Grafenhausen: 1181
  22. Gündelwangen: 351
  23. Häusern: 637
  24. Hinterzarten: 1445
  25. Holzschlag: 172
  26. Kappel: 396
  27. Langenordnach: 249
  28. Lenzkirch: 1641
  29. Löffingen: 1464
  30. Menzenschwand: 461
  31. Münchingen: 230
  32. Muggenbrunn: 263
  33. Neustadt: 4978
  34. Oberbränd: 246
  35. Raitenbuch: 179
  36. Reiselfingen: 469
  37. Rötenbach: 711
  38. Rudenberg: 230
  39. Saig: 518
  40. St. Blasien: 1866
  41. St. Märgen: 1414
  42. Schluchsee: 742
  43. Schönenbach: 140
  44. Schollach: 366
  45. Schwärzenbach: 329
  46. Seppenhofen: 327
  47. Titisee: 1502
  48. Todtnau: 2357
  49. Todtnauberg: 506
  50. Urach: 481
  51. Waldau: 264
  52. Wellendingen: 345
  53. Wittlekofen: 211

Gemeindefreie Gebiete

Im Bereich des Bezirksamtes lag eine Reihe von gemeindefreien Gebiete, die in Baden als Abgesonderte Gemarkung bezeichnet wurden. 1885 waren es:[26]

  • Stallegg mit 14 Einwohnern
  • Weiler mit 25 Einwohnern
  • Kirnberg, unbewohnt
  • Olpenhütte, unbewohnt
  • Reiterswies, unbewohnt
  • Windgfäll, unbewohnt

Das hier, mit 82 Bewohnern, ebenfalls genannte Grünwald hatte als Abgesonderte Gemarkung mit eigener polizeilicher Verwaltung den Status einer teilselbständigen Gemeinde inne.

1913 waren sie alle noch vorhanden.[16] In der Badischen Gemeindeordnung von 1921 war die Auflösung der abgesonderten Gemarkungen festgelegt worden.[27] Daher verschwanden sie in den nachfolgenden Jahren.

Übergeordnete Behörden

Die, im Rahmen der Verwaltungsgliederung des Landes übergeordneten Behörden waren:

Leiter der Verwaltung

Die Leitung der Verwaltung, mit unterschiedlichen Titeln und später Landrat, hatten inne:[28]

Weitere Entwicklung

Der Landkreis Hochschwarzwald wurde Anfang 1973 aufgelöst, dabei kam der überwiegende Teil mit der Stadt Neustadt zum Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Mehrere Gemeinden wechselten zum Landkreis Waldshut, eine zum Schwarzwald-Baar-Kreis. Bereits 1971 war der Hauptort mit zwei weiteren Gemeinden zur Stadt Titisee-Neustadt vereinigt worden.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Abschnitt zum Obervogteiamt Neustadt im Staats- und Addresshandbuch des schwäbischen Reichs-Kraises, 1799, Band 1, S. 388f.
  2. Franz Ludwig Baumann: Die Territorien des Seekreises. Badische Neujahrsblätter, Viertes Blatt, 1894, S. 37.
  3. Beilage A: Ämtereinteilung, veröffentlicht im Badischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 30. Juli 1813, Heft XXII, S. 133
  4. Entsprechende Verordnung vom 29. April 1824, veröffentlicht am 8. Mai 1824 im Großherzoglich Badischen Staats- und Regierungsblatt, Heft X, S. 67
  5. Siehe diese Bekanntmachung vom 6. Mai 1825, veröffentlicht im Großherzoglich-Badischen Anzeige-Blatt für den Dreisam-Kreis.
  6. Entsprechende Verordnung vom 8. September 1849, veröffentlicht im Großherzoglich Badischen Regierungsblatt am 21. September 1849, Heft LVI, S. 377.
  7. Hof- und Staats-Handbuch des Grossherzogthums Baden, Jahrgang 1858, S. 174f.
  8. Friedrich Dittenberger: Geographisch-statistische-topographische Beschreibung des Großherzogthums Baden. Karlsruhe 1825, S. 80f.
  9. Hof- und Staats-Handbuch des Grossherzogthums Baden, Jahrgang 1834, S. 150–152.
  10. Entsprechende Verfügung vom 23. Oktober 1849, veröffentlicht am 8. November 1849 im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt, Heft LXX, S. 556.
  11. Entsprechende Verfügung vom 27. Juli 1850, veröffentlicht am 3. August 1850 im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt, Heft XXXVII, S. 267.
  12. Entsprechende Verfügung vom 28. September 1852, veröffentlicht am 23. Oktober 1852 im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt, Heft XLVI, S. 442.
  13. Entsprechendes Gesetz vom 24. Mai 1860, veröffentlicht am 21. Mai 1860 im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt, Heft XXVIII, S. 193.
  14. Verordnung, die Eintheilung des Großherzogthums für die Einführung der neuen Gerichtsverfassung und der neuen Organisation der inneren Verwaltung betreffend. Veröffentlicht im Großherzoglich-Badischen Regierungsblatt am 25. Juli 1864, S. 311.
  15. Entsprechendes Gesetz vom 7. Mai 1896, veröffentlicht am 8. Mai 1896 im Gesetzes- und Verordnungsblatt für das Großherzogthum Baden, Heft XI, S. 76.
  16. a b Hof und Staats-Handbuch des Grossherzogthums Baden 1913, Statistischer Anhang Digitalisierte Version auf der Website der Badischen Landesbibliothek, S. 352f.
  17. Entsprechende Verordnung vom 3. Juni 1921, veröffentlicht im Badischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 7. Juni 1921, Heft 32, S. 137.
  18. Entsprechende Verordnung vom 18. Januar 1924, veröffentlicht im Badischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 22. Januar 1924, Heft 3, S. 9. und ergänzende Korrektur vom 19. März 1924, veröffentlicht ebenda am 26. März 1924, Heft 16, S. 51.
  19. Gesetz über die Neueinteilung der inneren Verwaltung vom 26. Juni 1936.
  20. § 31 des Gesetzes über die Landkreisselbstverwaltung in Baden, veröffentlicht im Badischen Gesetz- und Verordnungsblatt am 28. Juni 1939, Heft 11, S. 99
  21. Statistisches Jahrbuch für das Land Baden. 44. Jahrgang, Karlsruhe 1938, S.7
  22. a b Gemeinderechtliche Zusammenfassung des Feldberggebiets. Beschluss vom 31. März 1939, veröffentlicht im Ministerialblatt für die Badische innere Verwaltung am 6. April 1939, Heft 14, Sp. 349–351
  23. Statistisches Jahrbuch für das Land Baden. 44. Jahrgang, Karlsruhe 1938, S.7.
  24. Entsprechender Beschluss vom 24. März 1939, veröffentlicht im Ministerialblatt für die Badische innere Verwaltung am 6. April 1939, Heft 14, S. 352
  25. Statistik des Deutschen Reichs. Band 550: Amtliches Gemeindeverzeichnis für das Deutsche Reich aufgrund der Volkszählung 1939, Berlin, 1940, S. 211.
  26. Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Baden. Neue Folge, zweites Heft, zugleich 48. Heft der Reihe: Die Volkszählung vom 1. Dezember 1885, 2. Teil: Ortsverzeichnis. S. 48
  27. Badische Gemeindeordnung von 1921, § 105
  28. Wolfram Angerbauer: Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg : 1810 bis 1972. Herausgegeben 1996 von der Arbeitsgemeinschaft der Kreisarchive beim Landkreistag Baden-Württemberg.