Staatszirkus der DDR

Zirkus Busch 1988 in Zeulenroda

Der Staatszirkus der DDR wurde in der DDR 1960 als VEB Zentralzirkus gegründet und erst 1981 umbenannt. Die Gründung erfolgte auf Anordnung des Ministers für Kultur. Es handelte sich hier um den Zusammenschluss von drei ursprünglich privaten Zirkussen (Aeros, Busch und Barlay). Der Staatszirkus der DDR bestand bis zum Jahr 1990.

Betriebsteile

Zirkus Aeros

Aeros (Zirkus) wurde nach dem Tod des Gründers Cliff Aeros im Jahre 1952 vorerst unter Treuhandverwaltung gestellt. Die Erbberechtigten wurden praktisch enteignet, da der Vorwand der Steuerhinterziehung nie nachgewiesen werden konnte. Aeros wurde 1961 dem VEB Zentralzirkus zugeordnet. Zum Unternehmen gehörte bis dahin auch ein festes Spielgebäude in Leipzig, welches ab 1961 von der Stadt Leipzig verwaltet wurde.

Aeros war zu der Zeit das größte und modernste der drei Zirkusunternehmen, wurde jedoch im Bezug auf die technische Ausrüstung in den 1980er Jahren stark vernachlässigt. Nach der Auflösung des Staatszirkus wurde Aeros geschlossen. Erst ab 1993 wurde das Unternehmen noch einmal bis 1997 privat betrieben (siehe Abschnitt BCU). Seit November 2005 spielt ein Familienzirkus unter dem Namen Aeros, welcher zovor unter dem Namen "Circus Atlas" durch die Bundesrepublik zog.

Zirkus Busch

Der Eigentümer des Zirkus Busch, Fritz van der Heydt, verstarb im Jahre 1951, und hinterließ keine Nachkommen. Daher wurde auch diese Unternehmen vorerst unter Treuhandverwaltung gestellt. Der Zirkus Busch in der DDR war übrigens nicht identisch mit dem renommierten Berliner Circus Busch (Paul Busch), sondern wurde von Jacob Busch in Nürnberg gegründet, wo er auch seinen Sitz hatte. Zum Ende des zweiten Weltkrieges befand sich der Zirkus in Meerane in Sachsen. Jacob Busch übergab das Unternehmen seinem Ziehsohn Fritz van der Heydt.

Nach der Auflösung des Staatszirkus der DDR wurden die Namensrechte und ein Teil der technischen Ausrüstung von Heinz Geier, dem Betreiber des Circus Busch-Roland, erworben. Heinz Geier unternahm Anfang der 90er Jahre große Anstrengungen den Zirkus Busch in Berlin wieder zu etablieren. Das Vorhaben scheiterte an fehlenden Investoren und fehlenden Standorten für ein festes Haus. Unter dem traditionsreichen Namen BUSCH reisen nach wie vor mehrere Unternehmen in Deutschland.

Zirkus Berolina

Zirkus Barlay (vormals 'BARLAY' bzw. 'OLYMPIA') wurde 1935 von dem Berliner Artisten Reinhold Kwasnik (Künstlername Harry Barlay) gegründet, und nach dessen Flucht nach Westdeutschland ebenfalls treuhänderisch verwaltet. Zirkus Barlay (später Olympia) war "Gründungsmitglied" des VEB Zentralzirkus, und wurde 1968 anlässlich einer mehrjährigen CSSR-Tournee in Berolina umbenannt. Ursprünglich war geplant das Unternehmen als mittelgroßen Zirkus für die Bespielung ländlicher Regionen zu erhalten. Zirkus Berolina entwickelte sich jedoch bis zur Wende 1989 zum modernsten Großzirkus der RGW-Länder. Das Chapiteau hatte einen Durchmesser von 50m und ein Fassungsvermögen von 3000 Personen.

Im Jahre 1991 wurde Zirkus Berolina mit Zirkus Busch als "Busch-Berolina" zusammengelegt. Nach dem Verkauf der Namensrechte von Zirkus Busch an den Besitzer des Zirkus Busch-Roland durch die Treuhandanstalt, musste das Unternehmen bis zur Schließung 1992 unter dem Namen Berolina firmieren. Von 1993 bis 1997 reiste die Dompteuse Christiane Samel mit dem Material des Zirkus Berolina unter dem Namen "AEROS". Der Name "BEROLINA" wird seit 1996 von einem großen Zirkusunternehmen benutzt, welches vormals "Belli" hieß.

Volksfesteinrichtungen (VFE)

Der Betriebsteil Volksfesteinrichtungen befasste sich mit dem Betrieb mehrerer Fahrgeschäfte im Schaustellerbereich. Die Grundlage bildete eine vom Zirkus Busch mit ins Unternehmen eingebrachte Holzachterbahn. Bis zur Auflösung des Betriebsteils im Jahr 1990 wurden mehrere Achterbahnen sowie Karussells verschiedener Größe betrieben. Ferner gehörte ein Zirkuszelt dazu, welches für verschiedene Veranstaltungen vermietet wurde.

Personen

Dresseure und Artisten, die beim Staatszirkus angestellt waren wurden auch innerhalb der drei Zirkusse ausgetauscht. Zu den berühmtesten Dresseuren zählten: Ursula Böttcher (Nationalpreisträger der DDR) mit ihrer großen Eisbärengruppe, mit der sie u.a. in den USA gastierte; Hanno Coldam (Nationalpreisträger der DDR) mit seiner weltweit seltenen Panthergruppe; Uwe Schwichtenberg mit Exoten; Erhard Samel mit Frau Christiane (gemischte Raubtiergruppe), Gastspiele u.a. in den USA. Chr. Samel leitet heute den "Verein zum Schutz der Schimpansen".

Staatszirkus

Neben den Zirkussen gehörte noch der Betriebsteil "Volksfesteinrichtungen" mit mehreren Karussells sowie einer mobilen Disco zum Unternehmen. Der Staatszirkus fungierte aufgrund der 1958 geschaffenen Lizenzordnung auch als zentrale Lenkeinrichtung für die vier privaten DDR-Zirkusse Hein (Hein), Olympia (Kaufmann), Probst (Probst), Rolandos (Krämer) (Stand:1990). So wurde z.B. die Tourneeplanung durchgeführt. Generaldirektor war von 1960 bis 1987 Otto Netzker, und von 1987 bis 1990 Gerhard Klauß.

Neben den drei reisenden Zirkusunternehmen gab es auch einen weltweiten Austausch von ganzen Zirkusensembles. Auch einzelne Gruppen wurden ins Engagement geschickt, unter anderem um Devisen für die DDR zu erwirtschaften. Die Mitarbeiter waren in der Regel festangestellt. So bekamen alle Mitarbeiter in der Spielfreien Winterpause (November bis März) ihr volles Gehalt, ohne dass nennenswerte Einnahmen erwirtschaftet wurden. Verpflegung und Unterkunft im Wohnheim bzw. Wohnwagen waren ganzjährig kostenlos. Die Betriebsleitung befand sich in Berlin in der Hessischen Straße.

Jährlich fand im Zirkuszelt eines der drei Betriebsteile in Kooperation mit dem Fernsehen der DDR die Veranstaltung "Nacht der Prominenten" statt. Dieses war eine Wohltätigkeitsveranstaltung bei der Prominente aus Funk und Fernsehen Zirkusdarbietungen einstudierten, und sie den Zuschauern präsentierten. Ein analoges Format dazu gab es auch in der Bundesrepublik unter dem Namen "Stars in der Manege"

Eine enge Kooperation bestand auch mit dem Kulturpark Berlin im Plänterwald, (später Spreepark). Hier wurden Karussels betrieben, bzw. gastierte auch jedes Jahr einer der Zirkusse auf dem Gelände. Nach 1990 betrieb das Nachfolgeunternehmen des Staatszirkus, die BCU, einen festen Zirkus mit ständig wechselndem Programm im Spreepark.

Winterquartier

Das gemeinsame Winterquartier der Betriebsteile lag in Dahlwitz-Hoppegarten, östlich von Berlin direkt hinter der Galopprennbahn und gliederte sich in Objekt1 und Objekt2. In Objekt1 befanden sich die Wohnheime, Kantine, Stallanlagen, Werkstätten, sowie ein Teil der Verwaltung. In Objekt2, befanden sich Unterstellhallen, Werkstätten und eine überdachte Probiermanege, welche aus Teilen des Barlay-Baues bestand, der dem neuen Friedrichstadtpalast weichen musste. Das weiträumige Objekt1 wurde 1999 völlig dem Erdboden gleichgemacht, um einem Gartencenter Platz zu machen.Heute ist davon nichts mehr über.

Berliner Circus Union (BCU)

1990 wurde der Betrieb als Berliner Circus Union GmbH (BCU) unter Treuhandverwaltung gestellt. Während AEROS an den privaten Zirkusbetreiber Joachim Kaufmann vermietet wurde, schloss man BEROLINA und BUSCH zu BUSCH-BEROLINA zusammen. Das Unternehmen wurde technisch auf den neuesten Stand gebracht. So erhielten alle Wagen eine Zweikreisbremse, und es wurden 18 nagelneue LIAZ-LKWs angeschafft. Auch wurde ein neues Chapiteau der italienischen Firma Canobbio gekauft.

AEROS stellte noch im gleichen Jahr den Betrieb ein. BUSCH-BEROLINA wurde an die Agentur der Ruhrfestspiele verkauft, und ging ein Jahr später in Konkurs. 1993 kaufte die Dompteuse Christiane Samel die Namensrechte an ZIRKUS AEROS und reiste mit dem Material von BUSCH-BEROLINA noch bis 1997 mehr oder weniger erfolgreich. Nach all diesen gescheiterten Privatisierungsversuchen wurde die BCU 1999 beschleunigt abgewickelt.

Tiere wurden an andere Zirkusse und Tierparks abgegeben. Einige der Tiere sind z.B. im Wildpark Johannesmühle bei Baruth untergekommen. Die verbliebene Technik war bei vielen Zirkusunternehmen sehr begehrt. So findet man heute in einigen Zirkussen noch die Wagen des Staatszirkus der DDR. In Berlin findet man noch einige Wagen beim Kinder- und Jugendprojekt "CABUWAZI" und beim Rüdersdorfer Kinder- und Jugendzirkus "BUNTER HUND".

Heute existierende Unternehmen haben mit dem DDR-Staatszirkus ausnahmslos nichts zu tun, sondern haben lediglich die Namen übernommen.

Literatur

  • Dietmar Winkler "Wie beerdigt man einen Zirkus" Das langsame Sterben des Staatszirkus der DDR ISBN 3-8311-1855-8
  • Bodo Liese und Dietmar Winkler "Es kamen 60 Millionen" Der Staatszirkus der DDR in Zahlen und Fotos ISBN 3-8334-4142-9