„Kuhschubsen“ – Versionsunterschied

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Als '''Kuhschubsen''' oder '''Küheschubsen''' ({{EnS|''cow-tipping''}}) wird ein vermeintlicher Zeitvertreib bezeichnet, dessen Ziel es ist, im Stehen schlafende oder dösende [[Hausrind]]er so anzustoßen, dass diese umfallen. Diese Aktivität soll es angeblich vor allem unter Jugendlichen in ländlichen Gegenden Europas und Nordamerikas geben.
Als '''Kuhschubsen''' oder '''Küheschubsen''' ({{EnS|''cow-tipping''}}) wird ein vermeintlicher Zeitvertreib bezeichnet, dessen Ziel es ist, im Stehen schlafende oder dösende [[Hausrind]]er so anzustoßen, dass diese umfallen. Diese Aktivität soll es angeblich vor allem unter Jugendlichen in ländlichen Gegenden Europas und Nordamerikas geben.


Tatsächlich bestehen jedoch von wissenschaftlicher Seite erhebliche Zweifel daran, ob die dabei zu verwendende Methode überhaupt in der Lage ist, ein ausgewachsenes Rind so anzustoßen, dass es aus dem Stand umkippt. Da Rinder für gewöhnlich auch nicht im Stehen schlafen, ist die oft behauptete weite Verbreitung dieses Spiels noch fragwürdiger, weshalb es sich vermutlich um eine [[Moderne Sage|modernen Mythos]] handelt. Der Versuch, Kühe umzustoßen, erfüllt den Tatbestand der [[Tierquälerei]] und ist damit strafbar.
Tatsächlich bestehen jedoch von wissenschaftlicher Seite erhebliche Zweifel daran, ob die dabei zu verwendende Methode überhaupt in der Lage ist, ein ausgewachsenes Rind so anzustoßen, dass es aus dem Stand umkippt. Da Rinder für gewöhnlich auch nicht im Stehen schlafen, ist die oft behauptete weite Verbreitung dieses Spiels noch fragwürdiger, weshalb es sich vermutlich um eine [[Moderne Sage|modernen Mythos]] handelt.


== Spielprinzip ==
== Spielprinzip ==

Version vom 16. Juni 2011, 13:52 Uhr

Foto einer Gruppe schwarz-weißer Kühe auf einer Bergweide
Stehende und ruhende Kühe im Piemont.

Als Kuhschubsen oder Küheschubsen (englisch cow-tipping) wird ein vermeintlicher Zeitvertreib bezeichnet, dessen Ziel es ist, im Stehen schlafende oder dösende Hausrinder so anzustoßen, dass diese umfallen. Diese Aktivität soll es angeblich vor allem unter Jugendlichen in ländlichen Gegenden Europas und Nordamerikas geben.

Tatsächlich bestehen jedoch von wissenschaftlicher Seite erhebliche Zweifel daran, ob die dabei zu verwendende Methode überhaupt in der Lage ist, ein ausgewachsenes Rind so anzustoßen, dass es aus dem Stand umkippt. Da Rinder für gewöhnlich auch nicht im Stehen schlafen, ist die oft behauptete weite Verbreitung dieses Spiels noch fragwürdiger, weshalb es sich vermutlich um eine modernen Mythos handelt.

Spielprinzip

Ziel des Spiels ist es, stehende Rinder durch gezieltes Anstoßen dazu zu bringen, auf die Seite zu kippen und umzufallen. Da, so die Behauptung, wache Rinder Widerstand gegen solche Angriffe zeigen würden, solle man im Stehen schlafende Rinder als Ziel auswählen. Diese würden weder den Angriff voraussehen, noch schnell genug reagieren können, um sich abzufangen. [1]

Physikalische und biologische Grundlagen

Diesem Prinzip liegt die Überlegung zugrunde, dass der Rinderkörper einen relativ hohen Schwerpunkt aufweist, die Beine nur eine vergleichsweise geringe Standbreite besitzen, um das Gewicht seitlich abzustützen.[1] Tatsächlich sind zumindest Hausrinder standfester, als diese Überlegung unterstellt: Damit das Tier tatsächlich umkippt, muss beim Anstoß der Schwerpunkt senkrecht über die Achse des abgewandten seitlichen Beinpaares hinaus bewegt werden (Dabei wird vorausgesetzt, dass die Reibung zu vernachlässigen ist und das Rind nicht etwa auf dem Untergrund rutscht). Eine Studie von Margo Lilie und Tracy Boechler von der University of British Columbia, die mit einem regelmäßigen Quader als Modellkörper und einer angenommenen durchschnittlichen Masse von 682 kg rechnete (abgeleitet von einem ausgewachsenen Holstein-Rind), kam zu dem Ergebnis, dass je nach Beinhaltung des Tieres (Hufe direkt aneinander gestellt, senkrechte Beinhaltung oder breiter Stand), die Kraft von 3,00 erwachsenen Menschen bei engem Stand beziehungsweise 4,43 bei senkrechter Beinhaltung und 5,75 bei breitem Stand nötig wären, um ein ausgewachsenes Tier umzukippen. Dabei gingen sie davon aus, dass ein Erwachsener durchschnittlich 660 N aufwenden kann und insgesamt eine Massen von je nach Fall 201 bis 385 kg über die Längsachse gehoben werden muss, was 1975 bis 3777 N entspricht. [2] Diese Annahme ist eine vergleichsweise optimistische Schätzung: Andere Autoren gehen von etwa 300 N als Kraftpotential aus, womit eine Größenordnung von 10 Personen nötig wäre, um das Tier bei senkrechter Beinhaltung umzustoßen.[1] Der Rinderkörper absorbiert in der Realität obendrein durch Verformung einen großen Teil der aufgewandten Stoßenergie. Dadurch würde eine größere Kraft nötig, als die von Lilie und Boechler für ihren starren Modellkörper angenommene. Probleme würde in der Praxis auch das tatsächliche Schlafverhalten von Rindern verursachen. Diese schlafen nicht etwa wie behauptet im Stehen, sondern fast ausschließlich im Liegen. Stehende Kühe dösen demnach höchstens und würden Widerstand gegen entsprechende Angriffe zeigen. [3]

Realitätsgehalt

Die physikalischen und biologischen Eigenschaften von Kühen stehen in deutlichem Widerspruch zu Erzählungen, die von eher mühelosem Umstoßen von Kühen berichten. Margo Lilie ist nach eigener Aussage nur ein Fall bekannt, in dem es einer Gruppe von Personen gelang, eine Kuh tatsächlich umzustoßen. Dabei stießen sie jedoch nicht nur zu mehreren auf Widerristhöhe, sondern auch auf der anderen Seite des Tieres gegen die Beine, was es zu Fall brachte. Dies entspricht jedoch nicht dem in den Erzählungen geschilderten typischen Vorgehen. Insgesamt ergeben sich erhebliche Zweifel an der oft behaupteten Beliebtheit und weiten Verbreitung dieser Praxis. [3]

Als Urban Legend fand Kuhschubsen dennoch Eingang in die Populärkultur. Eine Cow Tipping betitelte Folge der Cartoon-Serie Beavis and Butt-Head (1994) widmete sich ausschließlich diesem Thema. Außerdem wird es in Komödien wie Heathers (1989) und Tommy Boy (1995) oder den Zeichentrickfilmen Der tierisch verrückte Bauernhof und Cars (beide 2006) behandelt.

Der englischsprachige Ratgeber The Official Cow-Tippers Handbook von Duke Rightious widmet sich der fiktiven Geschichte und anderen Aspekten des Kuhschubsens.

Literatur

  • Margo Lillie, Tracy Boechler: [Ohne Titel], unveröffentlicht, 2005. (Online als PDF)
  • Steven Vogel: Living in a Physical World XII. Keeping Up Upward and Down Downward. In: Journal of Bioscience 32 (6), September 2007. S. 1067–1081. (Online als PDF)
  • Maggie Wittlin: Udder Impossibility. seedmagazine.com, 18. November 2005. Abgerufen am 12. Juni 2011.

Einzelnachweise

  1. a b c Vogel 2007, S. 1070.
  2. Lilie & Boechler 2005, S. 2–8.
  3. a b Wittlin 2005