„Der Nister“ – Versionsunterschied

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* "Gedakht" 1922 (?)
* "Gedakht" 1922 (?)
* "Fun mayne giter" 1929
* "Fun mayne giter" 1929
* "Di mishpokhe Mashber", 1939 (1. Band), 1941 (2. Band) [Deutsche Ausgabe 1990]
* "Di mishpokhe Mashber", 1939 (1. Band), 1941 (2. Band) [Deutsche Ausgabe 1990 unter dem Titel 'Die Brüder Mashber']
* "Khurbones", 1943
* "Khurbones", 1943
* "Dertseylung und eseyen", 1957 (posthum)
* "Dertseylung und eseyen", 1957 (posthum)


Eine Anthologie seiner Erzählungen in deutscher Übersetzung erschein 1988 unter dem Titel "Unterm Zaun"
Eine Anthologie seiner Erzählungen in deutscher Übersetzung erschien 1988 unter dem Titel "Unterm Zaun"


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Version vom 12. Juni 2007, 15:18 Uhr

Pinchas Kahanowitsch (* 1. November 1884 in Berditschew, Ukraine; † 1950 (1952?) in einem sowjetischen Lager) war ein jiddischer Schriftsteller. Kahanowitsch veröffentlichte alle seine Werke unter dem Pseudonym Der Nister (Jiddisch: דער נסתּר ; = der Verborgene).

Der Nister wird in eine chassidische Familie von Kaufleuten geboren. Durch seine Familie erhält er eine traditionelle religiöse Erziehung.

Nach Beendigung des Studiums der Pädagogik veröffentlicht er mit 23 Jahren sein erstes Buch, wie alle seine Werke in seiner Muttersprache Jiddisch: "Gedanken un motivn - lider in proze" (Gedanken und Motive - Gedichte in Prosa), eine Sammlung kurzer, meist philosophischer Betrachtungen. Schon sein Erstling erscheint unter dem Pseudonym 'Der Nister', das er zeitlebens für all seine weiteren Veröffentlichungen verwendet. Das Pseudonym nimmt Bezug auf die alte chassisische Legende der "Sechsunddreissig Gerechten", die verborgen vor der Welt und vor sich selbst, als Rechtfertigung und Grundlage der Existenz der Welt dienen.

Um der Einberufung zur zaristischen Armee zu entgehen, geht Der Nister 1907 nach Schytomyr, wo er als Lehrer für jüdische Waisenkinder arbeitet, deren Eltern den zaristischen Judenpogromen zum Opfer fielen. Hier trifft er weitere jiddischen Künstler und Intellektuelle, unter ihnen Marc Chagall, mit dem er sich anfreundet und der ihm später ein Kinderbuch illustriert.

Zwischen 1907 und 1920 veröffentlicht er eine Reihe von Werken verschiedenster Gattungen und entwickelt allmählich einen unverwechselbaren, stark symbolistischen Erzählstil, der mit den Jahren immer raffinierter und komplexer wird.

1920 wird er, wie viele andere russische und jüdische Intellektuellen, aus seiner Heimat vertrieben. Der Nister zieht nach Berlin, wo er eine zweibändige Sammlung seiner symbolistischen Erzählungen unter dem Titel "Gedakht" ('Gedacht') veröffentlicht. Das Buch begründet einen ersten, bescheidenen literarischen Erfolg. Diese Sammlung wird 1929, zwei Jahre nach seiner Wiedereinbürgerung und der erfolgten Rückkehr nach Kiew, auch in die Sowjetunion veröffentlicht, allerdings mit leichten Veränderungen. Ein dritter Band mit Erzählungen, die bereits für die Berliner Ausgabe angedacht war, erscheint kurz darauf unter dem Titel "Fun mayne giter" ('Von meinen Besitztümern').

In einem komplizierten Geflecht von Metaphern, die in ihrem Themen an die chassidische Mystik - besonders an die Kabbala sowie an die symbolistischen Erzählungen von Rabbi Nachman von Bratslav - anknüpfen, entsteht ein Universum an Bildern und Gleichnissen, die an die romantischen Texte eines E.T.A. Hoffmann, aber auch an Volksmärchen, Kindergedichte oder Abzählreime erinnern. Der hypnotische Rhythmus seiner langen Sätze gibt den Erzählungen einen rätselhaft archaischen Unterton. Nicht zuletzt spiegeln sie aber auch den zunehmenden Druck wieder, der zu jener Zeit durch das Sowjetregime auf jüdische Intellektuelle ausübt wurde.

So wird auch Der Nister Opfer der sowjetschen Zensur. Als die russischen, jiddische Zeitung "Di royte velt" ('Die rote Welt') 1929 seine letzte Erzählung "Unter a ployt" ('Unterm Zaun') abdruckt, wird er dafür heftig kritisiert. Der damalige Präsident des russischen Verbandes Jiddischer Schriftsteller, Moyshe Litvakov, initiiert eine Verleumdungskampagne, an deren Ende sich Der Nister vom literarischen Symbolismus lossagen muss. Er bemüht sich nun, seine literarische Arbeit im Sinne des vorherrschenden Sozialistischen Realismus zu verfassen, zunächst mit wenig Erfolg.

In den Dreissiger Jahren betätigt er sich als Journalist und Übersetzer, u. a. von Leo Tolstoi, Victor Hugo und Jack London, während sich seine eigene literarische Arbeit auf vier kleinen Sammlungen mit Erzählungen für Kinder beschränkt. Zur selben Zeit beginnt er mit der Arbeit an seinem eigentlichen Hauptwerk: "Di mishpokhe Mashber" ('Die Familie Mashber' bzw. 'Die Familie Krise', Mashber=Krise), einer realistisch geschriebenene Familiensaga um das jüdische Leben in seiner Geburtsstadt Berditschev während des 19. Jahrhunderts.

Der erste Band der 'Familie Mashber' erscheint 1939 in Moskau. Der zweite Band, zwei Jahre später veröffentlicht, wird von der Kritik fast einhellig gelobt. Doch der Erfolg währt nicht lange: die limitierte Auflage des zweiten Bandes ist schnell ausverkauft, der Zweite Weltkrieg und der Einmarsch deutscher Truppen in die Sowjetunion 1941 machen eine zweite Auflage unmöglich. Zu Sowjetzeiten wird das Werk nicht wieder gedruckt werden. Das Manuskript eines dritten Bandes, dessen Fertigstellung Der Nister in einem Brief erwähnt, ist bis heute verschollen. Die ersten beiden Bände wurden 1990 erstmals in deutscher Sprache herausgegeben.

Während des Zweiten Weltkriegs schreibt Der Nister Erzählungen über die Gräuel der Judenverfolgung im von den Deutschen besetzten Polen, die ihm von Bekannten aus erster Hand beschrieben worden waren. Diese gesammelten Erzählungen erscheinen 1943 unter dem Titel "Khurbones" ('Zerstörung') in Moskau. Zeitgleich engagiert sich Der Nister, wie seine jiddischen Schriftstellerkollegen Itzik Feffer, Peretz Markish und Samuel Halkin, in dem vom Intendanten des Jiddischen Staatstheaters Moskau Solomon Mikhoels geleiteten 'Jüdischen Antifaschistischen Komittee' und verfasst Texte und Bittbriefe als Hilferufe gegen die nazionalsozialistischen Pogrome. Die Texte werden u. a. auch in US-amerikanischen Zeitungen abgedruckt.

1947 wird er nach Birobidjan nahe der chinesischen Grenze verbannt, um über eine vom Sowjetregime in dieser Gegend vorgesehene, selbstverwaltete jüdische Siedlung zu berichten. 1949 wird er schließlich verhaftet, im Zuge der vom sowjetischen Staatsapparat befohlenen Ausrottung jüdischer Schriftsteller und der Vernichtung der jüdischen Kultur auf sowjetischem Boden. Der Nister stirbt 1950 in einem unbekannten, sowjetischen Gefängniskrankenhaus.

Der Nister erscheint als Figur im 2006 veröffentlichten Roman "The World to Come" (Dt. 'Die kommende Welt') von Dara Horn.


Werke (Auswahl)

  • "Gedanken un motivn - lider in proze", 1907
  • "Hekherfun der Erd", 1910
  • "Gezang un gebet", 1912
  • "Gedakht" 1922 (?)
  • "Fun mayne giter" 1929
  • "Di mishpokhe Mashber", 1939 (1. Band), 1941 (2. Band) [Deutsche Ausgabe 1990 unter dem Titel 'Die Brüder Mashber']
  • "Khurbones", 1943
  • "Dertseylung und eseyen", 1957 (posthum)

Eine Anthologie seiner Erzählungen in deutscher Übersetzung erschien 1988 unter dem Titel "Unterm Zaun"

Vorlage:PND

[1] Artikel aus Zeitschrift 'Trieste contemporanea' zu 'Der Nister' von Dr. Daniela M. Kromer, Dozentin für Hebräische und Jüdische Literatur an der Universität Heidelberg, auf Englisch.

[2] Derselbe Artikel auf Italienisch.

[3] Kurzbiographie von Der Nister in Englisch.