Augustiner-Chorherrenstift Pfaffen-Schwabenheim

Romanische Apsis der Propsteikirche

Das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift Pfaffen-Schwabenheim ist die größte unverändert erhaltene barocke Klosteranlage in Rheinland-Pfalz. Die in den barocken Gebäudekomplex einbezogene ehemalige Propsteikirche (sogenannte Klosterkirche, heute katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt) ist eine der bemerkenswertesten spätromanischen Kirchen in Rheinland-Pfalz und steht unter dem Schutz der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten. Seit August 2012 ist die Kirche auch Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

In der Klosterkirche vereinigen sich niederrheinische und oberrheinische Romanik mit Elementen der aus Frankreich kommenden Gotik zu einer einzigartigen harmonischen Raumwirkung. Ihr verwandte Bauten sind die Propsteikirche in Offenbach-Hundheim und die Marienkirche in Gelnhausen. Alle drei Kirchen liegen an der alten Handelsstraße zwischen Metz und Leipzig.

Geschichte

Das Stift wurde um 1040 vom Seligen Eberhard VI. von Nellenburg und seiner Mutter Hedwig gegründet. Um 1124 kam als Mitgift der Nellenburger Erbin Hedwig von Mörsberg an die Grafschaft Sponheim. 1130 wurde es im Zuge des Wormser Konkordats an den Mainzer Erzbischof übergeben und durch diesen mit Augustiner-Chorherren besetzt. Die Schirmvogtei übte die Linie der Grafen von Sponheim, die die Burg Dill auf dem Hunsrück besaß. 1468 wurde das Stift an die Windesheimer Kongregation angeschlossen. Im Zuge der Reformation wurde es 1566 aufgehoben, aber 1697 im Zuge der Rekatholisierungspolitik von Pfalz-Neuburg wiedererrichtet und mit Augustiner-Chorherren aus Klausen besetzt. Ab 1699 wurden unter Propst Anton Ignaz von Martels (* 1669 in Schloss Dankern; † 1740 in Pfaffen-Schwabenheim) sämtliche ehemaligen Liegenschaften des Klosters von der geistlichen Güteradministration der Kurpfalz in Pacht genommen und eine rege Bautätigkeit entfaltet. Die Augustiner-Chorherren versahen die Pfarrseelsorge auch in den Nachbarorten Badenheim, Ober-Hilbersheim, Sprendlingen, Welgesheim und Zotzenheim. 1802 wurde das Stift im Zuge der Säkularisierung unter Napoleon aufgelöst. Gleichzeitig kam die Wallfahrt zur Maria, Königin des Friedens, die Mitte des 18. Jahrhunderts eingesetzt hatte, zum Erliegen.

Die Kirche kam 1808 im Zuge der zweiten Neuorganisation des Bistums Mainz nach dem Reichsdeputationshauptschluss als Filialkirche an die Pfarrei Badenheim. Mit der Zirkumskriptionsbulle Provida solersque vom 16. August 1821 verordnete Papst Pius VII. die endgültige Aufhebung des Stifts. In den Propsteigebäuden wurde schon 1811 ein Altersheim für emeritierte Priester eingerichtet, das bis 1826 bestand. 1832 wurden die lange leerstehenden Klostergebäude - mit Ausnahme der Kirche und des Nordflügels - an die politische Gemeinde verkauft, die im östlichen Ende des Südflügels eine Schule einrichtete. 1833 wurden der gesamte Ost- und Westflügel sowie der übrige Teil des Südflügels an Privatpersonen weiterverkauft.

1972 wurde die Wallfahrt zur Maria, Königin des Friedens wiederbelebt. Seit 1980 werden die Propsteigebäude durch die privaten Eigentümer restauriert. 2001 erfolgte eine umfassende Restaurierung des barocken Teils der Klosterkirche; 2013/14 wurden umfangreiche konservatorische Maßnahmen an der Fassade des spätromanischen Ostchors und eine Holzschädlingsbekämpfung in den barocken Ausstattungsgegenständen durchgeführt.

Beschreibung

Die ehemalige Propsteikirche und heutige katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt besteht aus zwei Bauteilen unterschiedlicher Zeitstellung: dem spätromanischen Chorraum und dem spätbarocken Kirchenschiff. Das spätromanische, gleichschenklige Chortrapez wird von einer von Rundtürmen flankierte Apsis geschlossen und wurde von um 1230 bis 1248 errichtet. Das 1260 vollendete Querhaus ist heute verschwunden. 1308 erfolgte die Schlussweihe, deren 700. Jahrestag durch ein Pontifikalamt mit Karl Kardinal Lehmann gefeiert wurde. Der spätbarocke Saal wurde 1766 dem spätromanischen Chor angefügt und 1848 mit einem Dachreiter versehen.

Die zwischen 1723 und 1764 errichteten Konventsgebäude bilden eine barocke Dreiflügelanlage mit Mansarddächern und aufwändigen Stuckdecken der Mainzer Bandelwerkschule. Hervorzuheben ist die über 90 m² große, farbgefasste Stuckdecke im ehemaligen Refektorium, als deren Stifter Kurfürst Karl III. Philipp inschriftlich bezeugt ist. Letzte Reste der Ringmauer, die das Stift umschloss, gingen 2003 im Zuge der Ausweisung eines Neubaugebietes unter.

Literatur

Koordinaten: 49° 50′ 59,5″ N, 7° 57′ 12,3″ O