„Abbauer“ – Versionsunterschied

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Als '''Abbauer''' bezeichnete man im 18. Jahrhundert in einer von [[Grundherrschaft]] geprägten [[Agrarverfassung]] Norddeutschlands eine Klasse von [[Bauernstand|Bauern]], die kein erbliches [[Dingliches Recht (Deutschland)|dingliches]] [[Nutzungsrecht]] an der [[Allmende]] hatten.<ref>Werner Wittich: ''Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland.'' Leipzig, 1896, S. 108 ff. [https://books.google.de/books?id=aRtBAAAAIAAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false ''google.books.'']</ref> Sie waren keine Gemeindemitglieder und konnten die Gemeindeangehörigkeit auch nicht erwerben.<ref>Reiner Prass: ''Reformprogramm und bäuerliche Interessen: die Auflösung der traditionellen Gemeindeökonomie im südlichen Niedersachsen, 1750–1883.'' Göttingen, 1997, S. 97. [https://books.google.de/books?id=ThjBIBANQt4C&pg=PA97&lpg=PA97&dq=anbauer+abbauer+neusiedler&source=bl&ots=07xM90RqXG&sig=ACfU3U0ga2kcFPRjm0ijPbw19y6QAGP9eA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiChqLRw5r2AhXLgP0HHdf-BgwQ6AF6BAg0EAM#v=onepage&q=anbauer%20abbauer%20neusiedler&f=false ''google.books.'']</ref>
Als '''Abbauer''' oder '''Anbauer''' bzw. auch NeuenAnbauer bezeichnete man im [[Ländlicher Raum|ländlichen Raum]] Neusiedler, die ab etwa 1778 in die [[Dorfgemeinschaft]] eintraten und ein [[Haus]] mit [[Grundstück]], aber keine eigenen [[Landwirtschaftliche Nutzfläche|landwirtschaftlichen Nutzflächen]] besaßen. Sie waren nicht zur Nutzung der [[Allmende]] berechtigt. Abbauer und Anbauer unterschieden sich nur in der Herkunft ihrer Grundstücke. Abbauer ließen sich auf privatem Grund nieder. Anbauer errichteten ihre Stelle auf Boden, der [[Kollektiveigentum|Gemeineigentum]] war. In den Kirchbüchern von Nordhausen-Salza in Nordthüringen, lassen sich die Strukturen gut erkennen da der Pfarrer die Stellung der Einwohner in den Büchern aufführte. Im Gegensatz zu den Alteingesessen, welche auch als Alte Nachbarn bezeichnet werden, nannten man die ersten fremden Siedler dort Colonisten. Diese Menschen kamen aus anderen Gebieten und wurden in Preußen durch Unterstützung Friedrich des Großen in sogenannten Kolonien angesiedelt. Spätere Neusiedler wurden ab 1778 Anbauer dann NeuenAnbauer genannt. Am Beispiel von Salza lässt sich gut die weitere Entwicklung des Ortes nachvollziehen. Die große Anzahl von neuen Siedlern führte schnell zu Unruhen gegen die Alteingesessenen, welche auch besondere Stellung im Ort besaßen. Dazu gehörte zB. auch der feste Sitzplatz in der viel zu kleinen Kirche, welcher im Kirchenstuhlverzeichnis festgehalten wurde. In Salza wurde zB. Beispiel mit Unterstützung des preußischen Königs, die alte Kirche niedergelegt und eine neue größere errichtet, die alte Einwohner und neue Siedler nun gemeinsam nutzten.


Abbauern besaßen keine eigene Hofstelle, sondern hatten auf einer fremden Hofstelle ein Wohnrecht. Sie ließen sich zwar auf einem von einem Hofe abgetrennten Stück nieder,<ref>[https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=abbauer ''Abbauer''] Deutsches Rechtswörterbuch, abgerufen am 25. Februar 2022.</ref> was aber in der Regel nicht zur Teilung der Mutterhofstelle führte. Die Nutzung durch den Abbauern bedeutete nur ein insoweit eingeschränktes Nutzungsrecht des Bauern an seiner Hofstelle.<ref>Werner Wittich: ''Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland.'' Leipzig, 1896, S. 108 ff.</ref>
Die Ab- und Anbauer standen am unteren Ende der dörflichen [[Sozialstruktur]]. Ihre Ansiedlung musste von der [[Kammergut|Domanialkammer]] und der [[Gemeinde]] genehmigt werden. Da sie über kein eigenes Land verfügten, konnten sie ihren Lebensunterhalt nicht durch die [[Landwirtschaft]] bestreiten. Sie arbeiteten als [[Handwerk]]er, [[Hausierer]], [[Händler]] oder [[Landarbeiter]].
Die Ab- und Anbauer standen am unteren Ende der dörflichen [[Sozialstruktur]]. Ihre Ansiedlung musste von der [[Kammergut|Domanialkammer]] und der [[Gemeinde]] genehmigt werden. Da sie über kein eigenes Land verfügten, konnten sie ihren Lebensunterhalt nicht durch die [[Landwirtschaft]] bestreiten. Ihren Unterhalt bestritten sie als [[Handwerk]]er, [[Hausierer]], [[Händler]] oder [[Landarbeiter]] oder sie verrichteten als Gegenleistung für ihr Wohnrecht bestimmte Naturaldienste für den Hofbesitzer wie die [[Hand- und Spanndienste|Spannhilfe]].


Abbauern unterschieden sich von Anbauern nur in der Herkunft ihrer Grundstücke.<ref>Werner Wittich: ''Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland.'' Leipzig, 1896, S. 101 ff.</ref> Abbauer ließen sich auf privatem Grund nieder. Anbauer errichteten ihre Stelle auf Boden, der [[Kollektiveigentum|Gemeineigentum]] war.
== Belege ==

In den Kirchbüchern von Nordhausen-Salza in Nordthüringen sind die Strukturen aufgeführt. Im Gegensatz zu den Alteingesessen, welche auch als Alte Nachbarn bezeichnet wurden, nannte man die ersten fremden Siedler dort Colonisten. Diese Menschen kamen aus anderen Gebieten und wurden in Preußen durch Unterstützung [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]] in sogenannten [[Friderizianische Kolonisation|Kolonien]] angesiedelt. Spätere Neusiedler wurden ab 1778 Anbauer, dann Neue Anbauer genannt.<ref>[https://www.dwds.de/wb/dwb2/anbauer ''anbauer, m.''] [[Deutsches Wörterbuch]] von [[Brüder Grimm|Jacob und Wilhelm Grimm]], Band 2, Spalte 756, Zeile 45. Neubearbeitung (1965–2018). Digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 26. Februar 2022.</ref> Die große Anzahl von neuen Siedlern führte schnell zu Unruhen unter den Alteingesessenen, welche eine besondere Stellung im Ort besaßen. Dazu gehörte z.&nbsp;B. auch der feste Sitzplatz in der viel zu kleinen Kirche, welcher im Kirchenstuhlverzeichnis festgehalten wurde. In Salza wurde mit Unterstützung des preußischen Königs die alte Kirche niedergelegt und eine neue größere errichtet, die alte Einwohner und neue Siedler gemeinsam nutzten.

== Literatur ==
* [[Wolfgang Jürries]], [[Berndt Wachter]] (Hrsg.): ''[[Wendland-Lexikon]].'' Band 1: ''A–K.'' 2. Auflage. Druck- und Verlagsgesellschaft Köhring & Co., Lüchow 2008, ISBN 978-3-926322-28-9, S.&nbsp;15, 54.
* [[Wolfgang Jürries]], [[Berndt Wachter]] (Hrsg.): ''[[Wendland-Lexikon]].'' Band 1: ''A–K.'' 2. Auflage. Druck- und Verlagsgesellschaft Köhring & Co., Lüchow 2008, ISBN 978-3-926322-28-9, S.&nbsp;15, 54.
* Heinz Georg Röhrbein: ''Quellenbegriffe des 16. bis 19.&nbsp;Jahrhunderts. Heute unbekannte Begriffe der Quellensprache des 16. bis 19.&nbsp;Jahrhunderts aus dem ländlichen Raum, erläutert am Beispiel der alten Ämter Calenberg und Blumenau.'' Verlag August Lax, Hildesheim 1991, ISBN 3-7848-5105-3, S.&nbsp;9, 13.
* Heinz Georg Röhrbein: ''Quellenbegriffe des 16. bis 19.&nbsp;Jahrhunderts. Heute unbekannte Begriffe der Quellensprache des 16. bis 19.&nbsp;Jahrhunderts aus dem ländlichen Raum, erläutert am Beispiel der alten Ämter Calenberg und Blumenau.'' Verlag August Lax, Hildesheim 1991, ISBN 3-7848-5105-3, S.&nbsp;9, 13.
* Kirchbuch Nordhausen-Salza St.-Laurentius-Kirche.


== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Feudalismus (Deutschland)]]
[[Kategorie:Preußische Geschichte (18. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Agrarrechtsgeschichte]]
[[Kategorie:Agrarrechtsgeschichte]]
[[Kategorie:Agrarsoziologie]]
[[Kategorie:Agrarsoziologie]]
[[Kategorie:Landwirtschaft (Preußen)]]
[[Kategorie:Personenbezeichnung (Landwirtschaft)]]

Aktuelle Version vom 27. Februar 2022, 10:21 Uhr

Als Abbauer bezeichnete man im 18. Jahrhundert in einer von Grundherrschaft geprägten Agrarverfassung Norddeutschlands eine Klasse von Bauern, die kein erbliches dingliches Nutzungsrecht an der Allmende hatten.[1] Sie waren keine Gemeindemitglieder und konnten die Gemeindeangehörigkeit auch nicht erwerben.[2]

Abbauern besaßen keine eigene Hofstelle, sondern hatten auf einer fremden Hofstelle ein Wohnrecht. Sie ließen sich zwar auf einem von einem Hofe abgetrennten Stück nieder,[3] was aber in der Regel nicht zur Teilung der Mutterhofstelle führte. Die Nutzung durch den Abbauern bedeutete nur ein insoweit eingeschränktes Nutzungsrecht des Bauern an seiner Hofstelle.[4]

Die Ab- und Anbauer standen am unteren Ende der dörflichen Sozialstruktur. Ihre Ansiedlung musste von der Domanialkammer und der Gemeinde genehmigt werden. Da sie über kein eigenes Land verfügten, konnten sie ihren Lebensunterhalt nicht durch die Landwirtschaft bestreiten. Ihren Unterhalt bestritten sie als Handwerker, Hausierer, Händler oder Landarbeiter oder sie verrichteten als Gegenleistung für ihr Wohnrecht bestimmte Naturaldienste für den Hofbesitzer wie die Spannhilfe.

Abbauern unterschieden sich von Anbauern nur in der Herkunft ihrer Grundstücke.[5] Abbauer ließen sich auf privatem Grund nieder. Anbauer errichteten ihre Stelle auf Boden, der Gemeineigentum war.

In den Kirchbüchern von Nordhausen-Salza in Nordthüringen sind die Strukturen aufgeführt. Im Gegensatz zu den Alteingesessen, welche auch als Alte Nachbarn bezeichnet wurden, nannte man die ersten fremden Siedler dort Colonisten. Diese Menschen kamen aus anderen Gebieten und wurden in Preußen durch Unterstützung Friedrichs des Großen in sogenannten Kolonien angesiedelt. Spätere Neusiedler wurden ab 1778 Anbauer, dann Neue Anbauer genannt.[6] Die große Anzahl von neuen Siedlern führte schnell zu Unruhen unter den Alteingesessenen, welche eine besondere Stellung im Ort besaßen. Dazu gehörte z. B. auch der feste Sitzplatz in der viel zu kleinen Kirche, welcher im Kirchenstuhlverzeichnis festgehalten wurde. In Salza wurde mit Unterstützung des preußischen Königs die alte Kirche niedergelegt und eine neue größere errichtet, die alte Einwohner und neue Siedler gemeinsam nutzten.

Literatur

  • Wolfgang Jürries, Berndt Wachter (Hrsg.): Wendland-Lexikon. Band 1: A–K. 2. Auflage. Druck- und Verlagsgesellschaft Köhring & Co., Lüchow 2008, ISBN 978-3-926322-28-9, S. 15, 54.
  • Heinz Georg Röhrbein: Quellenbegriffe des 16. bis 19. Jahrhunderts. Heute unbekannte Begriffe der Quellensprache des 16. bis 19. Jahrhunderts aus dem ländlichen Raum, erläutert am Beispiel der alten Ämter Calenberg und Blumenau. Verlag August Lax, Hildesheim 1991, ISBN 3-7848-5105-3, S. 9, 13.

Einzelnachweise

  1. Werner Wittich: Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland. Leipzig, 1896, S. 108 ff. google.books.
  2. Reiner Prass: Reformprogramm und bäuerliche Interessen: die Auflösung der traditionellen Gemeindeökonomie im südlichen Niedersachsen, 1750–1883. Göttingen, 1997, S. 97. google.books.
  3. Abbauer Deutsches Rechtswörterbuch, abgerufen am 25. Februar 2022.
  4. Werner Wittich: Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland. Leipzig, 1896, S. 108 ff.
  5. Werner Wittich: Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland. Leipzig, 1896, S. 101 ff.
  6. anbauer, m. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Band 2, Spalte 756, Zeile 45. Neubearbeitung (1965–2018). Digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 26. Februar 2022.