Dies Irae (Adbusting-Kollektiv)

Dies Irae (Adbusting-Kollektiv)
Bekannt für Adbusting
Aktiv seit 2013
Aktiv in Deutschland

Dies Irae ist ein anonymes Adbusting-Kollektiv, das seit 2013[1] bundesweit Plakataktionen im Guerillamarketing-Stil umsetzt.[2] Bekannt ist das Kollektiv für seine Adbusting-Aktionen, bei denen es Werbeflächen im öffentlichen Raum verändert oder mit nicht autorisierten Plakaten bespielt.[3] Die Werke von Dies Irae behandeln gesellschaftlich relevante Themen und arbeiten häufig mit Mitteln der Satire.[4]

Name

Der Name des Kollektivs „Dies Irae“ ist Lateinisch und bedeutet „Tag des Zorns“.[5] Die Wörter „Dies irae“ sind der Anfang eines mittelalterlichen Hymnus über das Jüngste Gericht.[6]

Arbeitsweise

Für ihre Adbusting-Aktionen im Guerilla-Marketing-Stil manipuliert Dies Irae Werbeflächen im öffentlichen Raum.[7] Bei manchen der Aktionen überklebt oder übermalt das Kollektiv Teile von Werbeflächen,[8] um die Werbebotschaft zu verkehren[9] oder den manipulierenden Charakter einer Werbeaussage aufzudecken.

Bei anderen Aktionen schraubt Dies Irae City-Light-Werbeflächen auf und überhängt die Werbemotive mit eigenen nicht autorisierten Plakaten. Dabei entwendet und zerstört das Kollektiv kein Eigentum.[10] Zum Aufschließen der Werbeflächen verwendet das Kollektiv sowohl handelsübliches Werkzeug wie Rohrsteckschlüssel[11][12] als auch speziell angefertigte Werkzeuge. Für die nicht autorisierten Aktionen kleidet sich Dies Irae in der Regel in Warnwesten, um sich als autorisiertes Personal zu tarnen.[13][14][15] Die Plakate bleiben häufig nur wenige Stunden sichtbar, bevor sie von den Werbefirmen oder der Polizei entfernt werden.[16]

Plakat im Stile einer Bild-Schlagzeile über den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, 2022 in Köln
Plakat im Stile einer Bild-Schlagzeile über den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, 2022 in Köln
Straßenszene in Köln mit einem Plakat von Dies Irae über Korruption bei der FIFA
Straßenszene in Köln mit einem Plakat von Dies Irae über Korruption beim Fußball-Weltverband FIFA, 2022

Inhaltlich arbeitet Dies Irae in der Regel mit Mitteln der Satire oder der Persiflage[17]. Teilweise gestaltet das Kollektiv dabei originäre Motive zu gesellschaftlich relevanten Themen. Andere Male wandelt das Kollektiv bereits bestehende Werbeplakate inhaltlich und gestalterisch ab.

„Die Adbuster*innen von Dies Irae (lat. Tag des Zorns) kritisieren mit ihren Plakat-Interventionen immer wieder die kommerzielle Nutzung des öffentlichen Raums durch Außenwerbung. Dabei werden Werbevitrinen mit einem einfachen Universalschlüssel aus dem Baumarkt geöffnet und Plakate ausgetauscht. Statt Konsumbotschaften werden gesellschaftsrelevante Impule in der Stadt sichtbar. Durch die professionelle Anbringung wirken die Interventionen wie autorisierte Werbeplakate, wobei die politischen Inhalte häufig für Irritationen auf der Straße sorgen.“

„Das Plakat zeigt den ehemaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer mit einer Augenklappe auf dem rechten Auge. Es kritisiert auf satirische Weise Seehofers Umgang mit Rassismus bei der Polizei. Das Plakat hat dabei die Anmutung eines offiziellen Werbeplakates, so wie das beim Adbusting, also dem Verändern von Werbeplakaten und dem künstlerischen Spiel mit der Verfälschung üblich ist. Als Text steht auf dem Plakat: „Augenklappe ‚Korpsgeist‘. Die einfache Lösung gegen Rechtsextremismus! Der rechte Rand verschwindet sofort! 100% blickdicht! Undurchlässig für Aufklärung! Macht Studie zu rassistischer Polizei überflüssig!“ Darunter ist in typischer Polizeischrift der Hashtag #Polizeiproblem zu sehen.“

Markus Reuter: Netzpolitik.org[19]

2017 wurde die Gruppe durch die Biermarke Quartiermeister mit 1000 Euro gefördert.[20]

Aktionen

Plakat über das 9 Euro-Ticket im Stile eines FDP-Wahplakates von Christian Lindner, 2023 in Köln
Plakat im Stile eines FDP-Wahlplakates von Christian Lindner zum 9 Euro-Ticket, 2023 in Köln

Dies Irae führt bundesweit in unregelmäßigen Abständen Guerilla-Aktionen durch, bei denen das Kollektiv Werbung auf öffentlichen Werbeflächen abwandelt oder mit nicht autorisierten Plakaten überhängt. Einige Beispiele für ihre Aktionen sind:

Strafrechtliche Verfolgung

Plakat „#Polizeiproblem“ mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer, 2022 in Köln
Plakat „#Polizeiproblem“ mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer, 2022 in Köln

Wegen ihrer Adbusting-Aktionen wird Dies Irae in einigen Fällen von den persiflierten Firmen verklagt. Diese werfen dem Kollektiv unter anderem Sachbeschädigung vor sowie Diebstahl von Plakaten[27] oder Beleidigungen[28]. Bisher wurde das Kollektiv in allen Fällen freigesprochen.[27]

Die deutsche Staatsanwaltschaft ermittelte aufgrund des Plakates „#Polizeiproblem“ über den ehemaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer gegen Dies Irae wegen „verfassungsfeindlicher Verunglimpfung“.[29] Im Zuge des Verfahrens wurden DNA-Spuren und Fingerabdrücke sichergestellt. Das Verfahren wurde im Juni 2022 eingestellt.[30]

Referenzen

  1. Verena von Keitz: Werbebotschaften okkupieren. In: Deutschlandfunk Nova. Deutschlandradio, 1. September 2015, abgerufen am 23. Juni 2024.
  2. Hannah Knuth: Freital: Heimliche Guerilla-Aktion gegen Rassismus. In: Der Spiegel. 24. Juli 2015, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. Juli 2024]).
  3. Designblicke: Dies Irae (Adbusting) | MK&G. 23. März 2022, abgerufen am 4. Juli 2024.
  4. deutschlandfunkkultur.de: Ermittlungen wegen Seehofer-Plakat - "Peinliche Posse für den Staat“. Abgerufen am 4. Juli 2024.
  5. Lars Becker: Plakate mit Gerhard-Schröder-Kritik in Uelzen aufgehängt. In: az-online. 3. Mai 2022, abgerufen am 4. Juli 2024.
  6. katholisch.at: Kardinal Schönborn meditiert über Mozart-Requiem. Abgerufen am 4. Juli 2024.
  7. Hyun-Ho Cha: "Stadtschmutz"-Plakat verspottet Dortmunds Rechtsextreme. 13. August 2015, abgerufen am 4. Juli 2024.
  8. 9-Euro-Ticket-Aktion in Darmstadt: Hier ist sogar Lindner für die Fortsetzung. 30. August 2022, abgerufen am 4. Juli 2024.
  9. Nadja Öffner: Fake-Plakate von FDP-Chef Lindner in Stuttgart - „Kein Geld für ÖPNV? Sollen sie doch Porsche fahren“. 23. September 2022, abgerufen am 4. Juli 2024.
  10. Linus Knappe: Interview mit Dies Irae. In: FETZ. Plakatmagazin der Hochschule Düsseldorf. Nr. 2. Hochschule Düsseldorf, 1, ISSN 2748-1409, DNB 1253822875.
  11. Jonas Mayer: Aktivist über Adbusting: „Die Leute sind irritiert“. In: Die Tageszeitung: taz. 28. April 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 4. Juli 2024]).
  12. Sebastian Pohl: Adbusting in Köln: Geben und Nehmen. In: Die Tageszeitung: taz. 31. März 2017, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 23. Juni 2024]).
  13. Jonas Mayer: Aktivist über Adbusting: „Die Leute sind irritiert“. In: Die Tageszeitung: taz. 28. April 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 23. Juni 2024]).
  14. Verena von Keitz: Werbebotschaften okkupieren. In: Deutschlandfunk Nova. Deutschlandradio, 1. September 2015, abgerufen am 23. Juni 2024.
  15. Kunst als Handarbeit — Unterwegs mit Dies Irae. In: VETO Magazin. 16. April 2019, abgerufen am 4. Juli 2024 (deutsch).
  16. Kunst als Handarbeit — Unterwegs mit Dies Irae. In: VETO Magazin. 16. April 2019, abgerufen am 4. Juli 2024 (deutsch).
  17. Dies Irae: Beitrag von Dies Irae (@nervtjeden) am 23.10.2021 um 07:13 Uhr. In: X (ehemals Twitter). 23. Oktober 2021, abgerufen am 5. Juli 2024.
  18. https://www.mkg-hamburg.de/veranstaltungen/designblicke-irae-adbusting
  19. Satire zu #Polizeiproblem: Einschüchternde Ermittlungen wegen Seehofer-Plakat auf netzpolitik.org, abgerufen am 8. Juli 2024
  20. Dies Irae — QUARTIERMEISTER. In: Quartiermeister. Zum Wohle aller. 1. Oktober 2017, abgerufen am 12. Juli 2024.
  21. Hannah Knuth: Freital: Heimliche Guerilla-Aktion gegen Rassismus. In: Der Spiegel. 24. Juli 2015, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. Juni 2024]).
  22. Dieses Plakat steht vor der türkischen Botschaft - und dürfte Erdogan ärgern. In: Stern. G + J Medien GmbH, 13. April 2016, abgerufen am 23. Juni 2024.
  23. Markus Reuter: Einschüchternde Ermittlungen wegen Seehofer-Plakat. In: Netzpolitik.org. Netzpolitik.org e.V., 9. März 2022, abgerufen am 5. Juli 2024.
  24. Thomas Schubert und Alexander Rothe: Berlin: Satire-Werbung übt scharfe Kritik an Gerhard Schröder. 10. Juni 2022, abgerufen am 23. Juni 2024.
  25. Marie Bonnet: Dortmund: „Skandal“-Plakate mit Gerhard Schröder aufgetaucht – DAS steckt dahinter. In: DerWesten.de. 1. Juni 2022, abgerufen am 23. Juni 2024 (deutsch).
  26. Werbeflächen „gekapert“: „Sollen sie doch Porsche fahren“. 2. September 2022, abgerufen am 23. Juni 2024.
  27. a b Rudolf: Dies Irae Adbustings vor Gericht. In: URBANSHIT. 7. Oktober 2019, abgerufen am 4. Juli 2024 (deutsch).
  28. Unverhältnismäßigkeit der Mittel. 8. September 2020, abgerufen am 4. Juli 2024.
  29. Markus Reuter: Einschüchternde Ermittlungen wegen Seehofer-Plakat. In: Netzpolitik.org. netzpolitik.org e. V., 9. März 2022, abgerufen am 5. Juli 2024.
  30. Markus Reuter: Ermittlungen wegen Seehofer-Plakat eingestellt. In: Netzpolitik.org. Netzpolitik.org e.V., 22. Juli 2022, abgerufen am 5. Juli 2024.