„Verwaltungsrecht“ – Versionsunterschied

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* [[Verwaltungsrecht (Schweiz)]]
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== Definition ==
== Definition und Abgrenzung ==
Die verschiedenen nationalen Definitionen von ''Verwaltungsrecht'' bzw. dessen Übersetzungen ''administrative law,'' ''droit administratif'' unterscheiden sich erheblich. In der Traditionen des kontinentalen [[Rechtskreis]]es bezeichnet man damit die Organisation und Befugnisse der Verwaltung. In den Ländern des ''common law'' hingegen ist ''administrative law'' hingegen regelmäßig als Synonym zu ''[[judicial review]]'' zu finden, also der gerichtlichen Überprüfung von Verwaltungshandeln – in kontinentaler Diktion ''Verwaltungsgerichtsbarkeit'' bzw. ''contentieux administrative.'' Im Rahmen vergleichender Arbeiten werden regelmäßig beide Ebenen betrachtet, d.h. sowohl die Primärregeln, die das Verwaltungshandeln leiten, als auch die Sekundärregeln, die bei einem möglichen Verstoß durch die Gerichte zur Anwendung kommen.<ref>{{Literatur | Autor=John S. Bell | Titel=Comparative Administrative Law | Herausgeber=[[Mathias Reimann]] und [[Reinhard Zimmermann]] | Sammelwerk=Oxford Handbook of Comparative Law | Verlag=Oxford University Press | Ort=Oxford | Jahr=2008 | ISBN=978-0199535453 | Seiten=1261 sq.
Die verschiedenen nationalen Definitionen von ''Verwaltungsrecht'' bzw. dessen Übersetzungen ''administrative law,'' ''droit administratif'' unterscheiden sich erheblich. In der Traditionen des kontinentalen [[Rechtskreis]]es bezeichnet man damit die Organisation, Befugnisse und Pflichten der Verwaltung. In den Ländern des ''common law'' hingegen ist ''administrative law'' hingegen regelmäßig als Synonym zu ''[[judicial review]]'' zu finden, also der gerichtlichen Überprüfung von Verwaltungshandeln – in kontinentaler Diktion ''Verwaltungsgerichtsbarkeit'' bzw. ''contentieux administrative.'' Im Rahmen vergleichender Arbeiten werden regelmäßig beide Ebenen betrachtet, d.h. sowohl die Primärregeln, die das Verwaltungshandeln leiten, als auch die Sekundärregeln, die bei einem möglichen Verstoß durch die Gerichte zur Anwendung kommen.<ref>{{Literatur | Autor=John S. Bell | Titel=Comparative Administrative Law | Herausgeber=[[Mathias Reimann]] und [[Reinhard Zimmermann]] | Sammelwerk=Oxford Handbook of Comparative Law | Verlag=Oxford University Press | Ort=Oxford | Jahr=2008 | ISBN=978-0199535453 | Seiten=1261 sq.
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Verstanden in diesem weiten Sinne bildet das Verwaltungsrecht neben dem [[Verfassungsrecht]] den wichtigsten Bestandteil des [[Öffentliches Recht|Öffentlichen Rechts]]. Der Unterscheidung von Öffentlichem und Privatrecht kommt in kontinentaler Tradition herausragende Bedeutung sowohl für Gerichtsbarkeit als auch als dogmatische Einteilung zu. Im ''common law'' finden ''[[Public law (Vereinigte Staaten)|public law]]'' und ''private law'' hingegen nur zur pragmatischen Abgrenzung Anwendung, ohne dass diesen Bezeichnungen tiefere rechtsdogmatische Wirkung zukäme.

Für die Abgrenzung des öffentlichem vom Privatrecht lassen sich in vergleichender Methodik zwei Standpunkte gegenüberstellen: Ein ideologischer und ein institutioneller. Die ideologische Abgrenzung sieht das Öffentliche Recht als das Recht, das dem [[Gemeinwohl]] ''(salus publica, common good, bien public)'' dient – eine Abgrenzung die sich auf [[Ulpian]] beruft. Die Definition von ''Gemeinwohl'' kann dabei entweder dem politischen Prozess überlassen bleiben, wie die traditionelle Ansicht meint, oder zur Sicherung von Grundrechtsstandards bestimmte justiziable Merkmale aufweisen. Das Ergebnis des politischen Prozesses divergiert erheblich den unterschiedlichen politischen Traditionen folgend: Nach überkommener französischer Ansicht gehören etwa ÖPNV, Strom- und Gasversorgung zum ''Gemeinwohl'' und ermächtigen die Verwaltung zu besonderen Eingriffen, während man nach niederländischem Verständnis hierin keinen besonderen Gemeinwohlbezug erkennen kann. Auf institutioneller Basis bestehen für die Abgrenzung drei Hauptkriterien: spezifische Funktionen, spezifischer Organisationsaufbau und spezifische Gerichtsbarkeit der Verwaltung.<ref>{{Literatur | Autor=John S. Bell | Titel=Comparative Administrative Law | Herausgeber=[[Mathias Reimann]] und [[Reinhard Zimmermann]] | Sammelwerk=Oxford Handbook of Comparative Law | Verlag=Oxford University Press | Ort=Oxford | Jahr=2008 | ISBN=978-0199535453 | Seiten=1262–1264}}</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 26. Oktober 2013, 00:20 Uhr

Das Verwaltungsrecht ist das Recht der Exekutive, also das der Administrative und der Gubernative. Es regelt insbesondere die Rechtsbeziehungen zwischen einem Staat und seinen Bürgern, aber auch die Funktionsweise der verschiedenen Verwaltungsinstitutionen und deren Verhältnis zueinander sowie den Rechtsschutz des Bürgers gegen Akte der Exekutive.

Einzeldarstellungen

Definition und Abgrenzung

Die verschiedenen nationalen Definitionen von Verwaltungsrecht bzw. dessen Übersetzungen administrative law, droit administratif unterscheiden sich erheblich. In der Traditionen des kontinentalen Rechtskreises bezeichnet man damit die Organisation, Befugnisse und Pflichten der Verwaltung. In den Ländern des common law hingegen ist administrative law hingegen regelmäßig als Synonym zu judicial review zu finden, also der gerichtlichen Überprüfung von Verwaltungshandeln – in kontinentaler Diktion Verwaltungsgerichtsbarkeit bzw. contentieux administrative. Im Rahmen vergleichender Arbeiten werden regelmäßig beide Ebenen betrachtet, d.h. sowohl die Primärregeln, die das Verwaltungshandeln leiten, als auch die Sekundärregeln, die bei einem möglichen Verstoß durch die Gerichte zur Anwendung kommen.[1]

Verstanden in diesem weiten Sinne bildet das Verwaltungsrecht neben dem Verfassungsrecht den wichtigsten Bestandteil des Öffentlichen Rechts. Der Unterscheidung von Öffentlichem und Privatrecht kommt in kontinentaler Tradition herausragende Bedeutung sowohl für Gerichtsbarkeit als auch als dogmatische Einteilung zu. Im common law finden public law und private law hingegen nur zur pragmatischen Abgrenzung Anwendung, ohne dass diesen Bezeichnungen tiefere rechtsdogmatische Wirkung zukäme.

Für die Abgrenzung des öffentlichem vom Privatrecht lassen sich in vergleichender Methodik zwei Standpunkte gegenüberstellen: Ein ideologischer und ein institutioneller. Die ideologische Abgrenzung sieht das Öffentliche Recht als das Recht, das dem Gemeinwohl (salus publica, common good, bien public) dient – eine Abgrenzung die sich auf Ulpian beruft. Die Definition von Gemeinwohl kann dabei entweder dem politischen Prozess überlassen bleiben, wie die traditionelle Ansicht meint, oder zur Sicherung von Grundrechtsstandards bestimmte justiziable Merkmale aufweisen. Das Ergebnis des politischen Prozesses divergiert erheblich den unterschiedlichen politischen Traditionen folgend: Nach überkommener französischer Ansicht gehören etwa ÖPNV, Strom- und Gasversorgung zum Gemeinwohl und ermächtigen die Verwaltung zu besonderen Eingriffen, während man nach niederländischem Verständnis hierin keinen besonderen Gemeinwohlbezug erkennen kann. Auf institutioneller Basis bestehen für die Abgrenzung drei Hauptkriterien: spezifische Funktionen, spezifischer Organisationsaufbau und spezifische Gerichtsbarkeit der Verwaltung.[2]

Literatur

  • John S. Bell: Comparative Administrative Law. In: Mathias Reimann und Reinhard Zimmermann (Hrsg.): Oxford Handbook of Comparative Law. Oxford University Press, Oxford 2008, ISBN 978-0-19-953545-3, S. 1259–1286.
  • Frank Johnson Goodnow: Comparative administrative law: an analysis of the administrative systems, national and local, of the United States, England, France, and Germany. G. P. Putnam's Sons, New York 1897 (Neuauflage 2005, ISBN 978-1-58477-622-2).
  • Hanns Peter Nehl: Administrative Law. In: Jan M. Smits (Hrsg.): Elgar Encyclopedia of Comparative Law. Edward Elgar, Cheltenham/Northampton, M.A. 2006, ISBN 978-1-84542-013-0, S. 18–32.
  • Susan Rose-Ackerman, Peter L. Lindseth: Comparative Administrative Law. Edward Elgar, 2011, ISBN 978-1-84844-642-7 (Inhalt, e-elgar.com – USA, Kontinentaleuropa, British Commonwealth ergänzt um Lateinamerika,, Afrika, Asien).

Einzelnachweise

  1. John S. Bell: Comparative Administrative Law. In: Mathias Reimann und Reinhard Zimmermann (Hrsg.): Oxford Handbook of Comparative Law. Oxford University Press, Oxford 2008, ISBN 978-0-19-953545-3, S. 1261 sq.
  2. John S. Bell: Comparative Administrative Law. In: Mathias Reimann und Reinhard Zimmermann (Hrsg.): Oxford Handbook of Comparative Law. Oxford University Press, Oxford 2008, ISBN 978-0-19-953545-3, S. 1262–1264.