Grazer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft
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Die Grazer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft (vormals Johann Weitzer oder oft schlicht als Graz bezeichnet) war ein österreichisches Maschinenbau- und Fahrzeugunternehmen aus Graz.
Geschichte
1854 gründete der aus Friedberg stammende Sohn eines Webers Johann Weitzer (1832–1902), der bei einem Huf- und Wagenschmied in die Lehre gegangen war, in Graz zusammen mit drei Gesellen ein auf seinen Namen laufendes Unternehmen. Ab 1857 residierte diese Schmiede-, Schlosser-, Tischler- und Anstreicherwerkstätte zur Herstellung von Wagen in einer ehemaligen Kadettenschule. 1861 errichtet Weitzer unter dem Namen Wagen- und Waggonfabrik, Eisen- und Metallgießerei Joh. Weitzer eine neue Fabrik mit angeschlossener Gießerei. Diese lieferte bald auch Fahrzeuge für den Bau des Sueskanals. 1872 wird das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Bezeichnung ändert sich in Grazer Waggon- & Maschinen-Fabriks-Aktiengesellschaft vorm. Joh. Weitzer. Ab den frühen 1890er Jahren war die Fabrik Hauptlieferant für Schmalspurfahrzeuge aller Art und elektrische Triebwagen für Schmal- und Normalspur.
Sie war zu dem der erste und größte Erzeuger von Dieselmotoren im damaligen Österreich, schon 1899 wurde der Bau von Dieselmotoren nach den Patenten von Rudolf Diesel und Lizenzen der MAN aufgenommen. 1926 konnte der 1000. Dieselmotor geliefert werden.[1] Im Frühjahr 1930 übernahm man die Dieselmotorsparte der durch die Weltwirtschaftskrise angeschlagenen Leobersdorfer Maschinenfabrik. [2][3] So stammen die noch heute existierenden Notstromaggregate des ehemaligen Senders Bisamberg (1933) von der Grazer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft. Auch fuhr die MS Oesterreich am Bodensee von 1928 bis in die 1960er Jahre mit Grazer Dieselmotoren. Nachdem bereits ab den 1910er Jahren Elektrolokomotiven gebaut wurden, versuchte man sich Ende der 1920er Jahre auch im Bau von Diesellokomotiven und benzin-mechanischen Triebwagen nach eigenen Konstruktionen und Lizenzen der DWK.
Durch die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre und den dadurch bedingten Produktionsrückgang kam das Unternehmen in den Einflussbereich der Simmeringer Waggonfabrik, zu der bereits ab 1920 engere Beziehungen bestanden. 1934 war ein schweres Jahr für die Firma: infolge der Sanierung des maroden Unternehmens übernimmt die Simmeringer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft die Aktienmehrheit. Die gesamte Produktion und die Dieselmotorfertigung wurden daraufhin nach Simmering verlegt, lediglich die Schmiede noch in Betrieb gehalten. 1935 wurde die Gießerei geschlossen.[4]
Im Zuge des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich hielt Adolf Hitler am 3. April 1938 eine Rede in den leerstehenden Hallen der Grazer Waggonfabrik.[5]
Zuletzt firmierte die Gesellschaft ab 1939 unter Grazer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft, bevor sie 1941 mit der Paukerwerk Aktiengesellschaft und der Simmeringer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft, die beide in Wien ansäßig waren, zur neuen Simmering-Graz-Pauker Aktiengesellschaft für Maschinen-, Kessel- und Waggonbau zusammengeschlossen wurde. Zwischen November 1944 und April 1945 wurde das Werk im Zuge von Bombardements fast vollkommen zerstört. Nach Kriegsende wurde der Betrieb rasch wieder aufgebaut, von nun an war Graz Standort für E-Lok, Waggon und Triebwagenfertigung des SGP-Konzerns, während Diesellokomotiven und -triebwagen sowie Straßenbahnen in Simmering gefertigt wurden. Der Standort existiert unter der Bezeichnung Siemens AG Österreich noch heute und fertigt Drehgestelle für Lokomotiven, Triebwagen und Waggons.
1891 schuf sich Weitzer außerdem mit der Weitzer János Gép,- Waggongyár és Vasöntöde Részvénytársaság im in der ungarischen Landeshälfte gelegenen Arad, das heute zu Rumänien gehört, ein zweites Standbein. Auch dieses Unternehmen besteht unter dem Namen Astra Vagoane Călători noch heute.
Produkte
Die Grazer Waggonfabrik lieferte das ursprüngliche Wagenmaterial für einen Großteil der Straßenbahnen auf dem Gebiet des heutigen Österreich, wie zum Beispiel der Betriebe in Wien, Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg, Klagenfurt, St. Pölten und Gmunden. Auch elektrische Lokalbahnen wie die Florianerbahn, die Innsbrucker Mittelgebirgsbahn, die Übelbacher Bahn, die Stubaitalbahn, die Vorchdorferbahn, die Höllentalbahn Payerbach-Hirschwang und die Gleichenberger Bahn erhielten zur Betriebsaufnahme elektrische Triebwagen aus Graz. 1927 lieferte Graz die Triebwagen der Reihe 220 an die Wiener Lokalbahnen.
Während bereits in frühen Jahren kleinere, technisch auf Triebwagen basierende Elektrolokomotiven gebaut wurden, wurde mit der Reihe Ewp der Pressburgerbahn (später ÖBB 1072) 1914 die ersten Vollbahnmaschinen in Graz gebaut.
Bereits 1899 wurde der Bau von Dieselmotoren aufgenommen, die Firma entwickelte sich rasch zum größten Dieselmotor-Produzenten in Österreich-Ungarn. Der erste Dieselmotor Grazer Fertigung leistete 20 PSe und lief noch bis in die 1930er Jahre.[3] Durch ihre soliden Konstruktionen bekamen die Grazer Dieselmotoren einen hervorragenen Ruf. Ab 1926 versuchte die Firma mit den unter der Leitung von Hugo Güldner erzeugten Dieselmotoren Bauart Hesselmann den Bau von Diesellokomotiven mit elektrischer Kraftübertragung aufzunehmen.[3][6] Die Motore mit konstanten Drehzahlen erwiesen sich jedoch als wenig geeignet und hatten hohe Ausfallraten. Von den damals gebauten Maschinen der Reihen BBÖ 2020, VT 70 und BBÖ 2070/s existiert nur mehr die letztere, das Einzelstück 2093.01.
Die Grazer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft war der Hauptlieferant für Schmalspurfahrzeuge in der in Österreich-Ungarn und seinen Nachfolgestaaten weit verbreiteten Bosnischen Spurweite. So stammen u. A. die Wagen der Mariazellerbahn, der Zillertalbahn, Salzkammergut Lokalbahn, Pinzgaubahn sowie den namensgebenden Bosnischen Schmalspurbahnen von Graz. Das Programm umfasse sämtliche Typen an Waggons, wie z. B. Personenwagen, Salonwagen, diverse Güterwagen und Rollwagen zum Transport normalspuriger Waggons. Außerdem lieferte die Grazer Waggonfabrik diverse Normalspurwagen in großen Stückzahlen an die kkStB, die BBÖ und die ÖBB.
Auch heute noch findet man bei Museumsbahnen sehr viele in Graz gebaute Waggons und Triebwagen.
Bildergalerie
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Der Triebwagen 1 der Höllentalbahn wurde 1926 gebaut und zählte zu den größten Schmalspurfahrzeugen in Bosnischer Spurweite
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Der Waggon AB 3 der Zillertalbahn ist ein typischer Vertreter von Schmalspurwagen der ersten Generation, die Graz an fast alle österreichischen Schmalspurbahnen lieferte
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Der im Bild sichtbare rot-weiße Vierachser der Murtalbahn wurde 1928 von Graz für die Salzkammergut-Lokalbahn gebaut. Seine Konstruktion erfolgte nach dem Vorbild von Wagen für die Bosnischen Schmalspurbahnen und war fast ident mit den Mariazellerbahn-Wagen von 1912.
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Dieser in den 1960er Jahren modernisierte Personenwagen der Mariazellerbahn entstammt einer Lieferung aus 1912
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Hofsalonwagen der Salzkammergut-Lokalbahn, gebaut in Graz 1908
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Das Einzelstück 2093.01 war eine der ersten Dieselloks Österreichs, gebaut 1927 in Graz
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Ein typischer altösterreichischer Schmalspurgüterwagen, dreiachsig, wie sie Graz an viele Bahnen lieferte. Erhalten geblieben bei der Gurktalbahn.
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Flachwagen der Mariazellerbahn.
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Sommerwagen der Linzer Pöstlingbergbahn, 1898 von Graz geliefert
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Type K der Wiener Straßenbahn, u.A. von der Grazer Waggonfabrik gefertigt.
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Der Gmundner Triebwagen 5 wurde 1911 gebaut.
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Triebwagen 68 der Grazer Straßenbahn, gebaut in Graz.
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Die Triebwagen der Reihe 220 der Wiener Lokalbahnen lieferte Graz 1927, die elektrische Ausrüstung stammte von Elin. Die Triebwagen fuhren mit Gleich- und Wechselstrom.
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Die sogenannten Haller Triebwagen der IVB stammten auch aus Graz. Sie wurden 1909 geliefert.
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Die 1904 in Graz gebauten Triebwagen der Stubaitalbahn waren die ersten Wechselstromfahrzeuge in Österreich. Sie fuhren bis in die 1980er Jahre
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Zur Betriebsaufnahme der St. Pöltner Straßenbahn lieferte die Grazer Waggonfabrik 1911 drei Triebwagen, welche bis zur Betriebseinstellung 1976 verkehrten.
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Der 1914 gebaute Posttriebwagen Nr. 4 der ehemaligen St. Pöltner Straßenbahn ist der einzige erhaltene seiner Art in Österreich.
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Dieser Sommerwagen der ehemaligen Salzburger Eisenbahn- und Tramwaygesellschaft wurde 1886 in Graz gebaut. Erhalten geblieben bei der Museumstramway Mariazell.
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Die 1928 vom Stapel gelaufene MS Oesterreich, das erste Motorschiff am Bodensee, wurde ursprünglich von Grazer Dieselmotoren angetrieben
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Dieselmotor des Senders Bisamberg von 1933
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Wärmemotor "Patent Diesel", Fabriks-Nr. 561, gebaut von Graz 1915. Erhalten im Technischen Museum Wien. Leistung 58 kW, gekoppelt mit einem Gleichstromgenerator. Im Vordergrund die Pressluftflaschen zum Anwerfen der Maschine.
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Die historischen Vorstellwagen der Schneebergbahn wurden ebenfalls von der Grazer Waggonfabrik gebaut, sie besitzen unterflur Wassertanks, um die Lokomotiven während der Bergfahrt mit Wasser zu versorgen. Geliefert ab 1898.
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Triebwagen EM1 der Florianerbahn, von Graz gebaut
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Innenraum des Florianerbahn-Beiwagens EP3.
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Der in den 50er Jahren modernisierte Triebwagen ET 23.103 von Stern & Hafferl wurde 1921 für die Traunseebahn gebaut.
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Beiwagen der Florianerbahn aus 1913 und ein ehemaliger Triebwagen der Straßenbahn Unterach-See am Mondsee (1907), beide von der Grazer Waggonfabrik geliefert. Erhalten bei der Attergaubahn.
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Triebwagen und Sommerbeiwagen der Straßenbahn Dubrovnik, 1912 von der Grazer Waggonfabrik an das damals österreichische Ragusa geliefert.
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Von 1907 bis 1953 existierte in Ybbs an der Donau ein Straßenbahnbetrieb, dessen einzigen beiden Wagen Graz lieferte.
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Historischer Triebwagen 10 der Straßenbahn Brünn
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Auch im Österreichischen Seebad Abbazia gab es ab 1908 eine meterspurige Straßenbahn, deren Wagenmaterial aus Graz kam.
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Der historische Triebwagen der Straßenbahn Triest-Opicina wurde in 1902 Graz gebaut
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Die E41 der Gleichenberger Bahn lieferte Graz 1931, sie ist immer noch im Einsatz.
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Die Wechselstromlokomotiven der Pressburgerbahn, später ÖBB 1072, waren die ersten von Graz gebauten Vollbahnmaschinen.
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Triebwagen der mittlerweile eingestellten Haager Lies.
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Normalspuriger Gleichstrom-Triebwagen der Lokalbahn Lambach – Vorchdorf-Eggenberg von 1912.
Weblinks
- Firmenportrait der Grazer Waggon- & Maschinen-Fabriks-Aktiengesellschaft vorm. Joh. Weitzer auf www.albert-gieseler.de
- Johann Weitzer, Industrieller auf www.graz.at
- Dokumente und Zeitungsartikel zur Grazer Maschinen- und Waggonbau-Aktiengesellschaft in den Historischen Pressearchiven der ZBW
Einzelnachweise
- ↑ ÖNB-ANNO - Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines. Abgerufen am 28. Dezember 2019.
- ↑ Albert Gieseler -- Grazer Waggon- & Maschinen-Fabriks-Aktiengesellschaft vorm. Joh. Weitzer. Abgerufen am 23. Mai 2019.
- ↑ a b c Hugo Güldner: Neuzeitliche österreichische Dieselmaschinen. In: Elektrotechnischer Verein in Wien (Hrsg.): Elektrotechnik und Maschinenbau. 48. Jahrgang. Verlag des Elektrotechnischen Vereines, Wien 1930, S. 881.
- ↑ Albert Gieseler -- Grazer Waggon- & Maschinen-Fabriks-Aktiengesellschaft vorm. Joh. Weitzer. Abgerufen am 23. Mai 2019.
- ↑ DÖW - Erkennen - Ausstellung - 1938 - Graz - "Stadt der Volkserhebung" - Hitler in Graz - Propaganda für die Volksabstimmung. Abgerufen am 23. Mai 2019.
- ↑ O. Nebesky: Diesellokomotive mit elektrischer Kraftübertragung, Reihe 2020 der Österreichischen Bundesbahnen. In: Elektrotechnischer Verein in Wien (Hrsg.): Elektrotechnik und Maschinenbau. 46. Jahrgang, Nr. 52. Verlag des Elektrotechnischen Vereines in Wien, Wien 1928, S. 1 ff.